Michael Miersch / 01.03.2007 / 14:00 / 0 / Seite ausdrucken

Einspruch: Energiesparlampen sind doch besser!

Die vorherige Meldung hat heftigen Widerspruch von Lesern provoziert, die sich offenbar gut in dem Thema auskennen. Danke für diese schnelle Reaktion, die einem sachlichen Vergleich der Vor- und Nachteile dieser Technik dient.  Hoffentlich wird achgut.de jetzt nicht zum Energiesparlampen-Forum. Hier die Argumente aus den ersten drei E-mails:

Einspruch 1:
Das erscheint mir eine etwas gewagte Behauptung:
“Es ist allgemein bekannt, dass allein das Einschalten dieser Lampen mehr Strom verbraucht als eine Stunde Glühbirnenbetrieb”
Beispiel 60 Watt-Birne verraucht in einer Stunde 60 Wh, nehmen wir an, der Einschaltvorgang dauere 2 Minuten - in dieser Zeit sollen also 60 Wh verheizt werden.
Das ergäbe eine Leistung von (60 Wh * (60 Minuten / 2 Minuten)) / Stunde .. womit man also auf 1800 Watt käme, ließe man also zwei Energiesparlampen über eine Leitung laufen, müsste in kürzester Zeit jede Haussicherung rausfliegen ...
Außerdem bezweifle ich, dass das Entsorgen der Energiesparlampen so große Probleme bereiten soll, Quecksilber und Schwermetalle werden auch anderswo gebraucht.
Den verbreiteten Einsatz von E-Lampen unter “Klimaschutz” zu subsummieren ist aber wahrscheinlich doch etwas übertrieben.
Diese Seite bietet etwas andere Daten (verifizieren kann ich sie natürlich nicht):
http://www.dellekom.de/info/energiesparlampen-faq
beste Grüße,
t.s.

Einspruch 2:
Ich schätze ihre kritische und mainstreamresistente Berichterstattung über Umweltfragen sehr. Aber was die in diesem Artikel verbreiteten Gerüchte über Energiesparlampen (Kompaktleuchtstofflampen) angeht, der zwar nicht von ihnen verfasst wurde, aber doch offenbar zustimmt von ihnen zitiert, häufen sich hier gleich Irrtümer und Gerüchte.
Preis: eine Energiesparlampe ist zwar in der Anschaffung bis zu zehnmal teurer als eine herkömmliche Glühlampe, gleicht dies aber durch eine ebenso viel größere durchschnittliche Laufzeit mindestens aus.
hoher Energieverbrauch beim Einschalten: habe ich selbst mit drei Exemplaren getestet, die ich zufällig zur Hand hatte, und zwar einen erhöhten Stromverbrauch nach dem Einschalten festgestellt; dieser überstieg aber nicht einmal das, was eine herkömmliche Lampe im normalen Betrieb verbraucht.
Farbwiedergabe: Energiesparlampen sind heute auch mit natürlichen Farbtemperaturen erhältlich. Mit den Dreibanden- und Fünfbandenleuchtstofflampen lässt sich eine natürliche Lichtwiedergabe erreichen.
Flimmern und Defekte bei häufigem Einschalten: sind nur bei alten Lampen und Billigprodukten ein Problem. Die meisten Produkte verfügen heute über eine elektronische Vorsteuerung, mit der diese Effekte vollkommen kompensiert werden. Diese haben außerdem gegenüber den alten Modellen nochmals eine erhöhte Lebensdauer.
Quecksilber: (nach Wikipedia) eine Kompaktleuchtstofflampe enthält 2,5-5 mg Quecksilber, bei fachgerechter Entsorgung gelangt dieses jedoch nicht in die Umwelt. Zusätzlich wird im Wiki-Artikel in Betracht gezogen, dass auch bei Energieerzeugung im Kohlekraftwerk Quecksilber frei wird, und dies beim derzeitigen Energiemix etwa die selbe Menge ausmacht.
Was tatsächlich bleibt, sind einige Nachteile von Leuchtstofflampen beim kurzen Betrieb. Einige Modelle haben eine Vorglühzeit von einigen Sekunden bevor sie zünden, andere brauchen stattdessen bis zu drei Minuten bis sie den vollen Lichtstrom erreichen.
Außerdem lassen sich nur besondere Energiesparlampen zum Dimmen verwenden. Ansonsten sind die vorgebrachten Argumente gegen Leuchtstofflampen entweder längst vom technischen Fortschritt bewältigt oder in den Bereich der Mythen zu verweisen.
Die Empörung gegen die von Gabriel vorgebrachten Vorschläge ist natürlich vollkommen berechtigt (auf achgut.de war neulich einmal treffend-polemisch von einer Talibanisierung der Energiepolitik die Rede), dem aber mit Halbwahrheiten entgegenzutreten hilft wirklich niemandem weiter.
In vielen Fällen kommen heute bereits Energiesparlampen zum Einsatz, wo dies sinnvoll ist (die Energiesparlampe in der Abstellkammer oder mit Bewegungsmelder in der Garageneinfahrt gehören sicherlich nicht dazu). Auch wenn das Einsparpotential begrenzt ist, da der Stromverbrauch zur Lichterzeugung eben nur einen recht überschaubaren Anteil des gesamten Energieverbrauchs ausmacht, so sollte doch überlegt werden, wie der Einsatz von Energiesparlampen befördert und die technischen Möglichkeiten auf diesem Gebiet noch besser genutzt werden können - Verbote sind dazu kein angemessenes Mittel.
Das beste Argument gegen Gabriels Vorschläge ist doch, das einzig der Verbraucher darüber entscheiden kann, ob die Art der Nutzung den Einsatz von Energiesparlampen sinnvoll macht oder nicht. Vielleicht tragen sie ja dazu bei, das dies möglich wird, indem sie einige wirkliche Fakten über die Vor- und Nachteile von Energiesparlampen auf ihrer Website darstellen?
Mit freundlichen Grüßen
R. B.

Einspruch 3:
Die Argumente ihre Beitrags halten zumindestens den Infos in
http://de.wikipedia.org/wiki/Kompaktleuchtstofflampe
nicht stand, ich habe sie im Anhang gegenübergestellt. Wikipedia ist mit Vorsicht zu
geniessen, richtig, aber der Artikel nennt für viele Angaben halbwegs
vernünftige Quellen, und die Ausführungen sind zumindestens für mich als
Laien nachvollziehbar und, äh, einleuchtend.
Die Braunkohle ist nach Erkenntnis der Wissenschaftler der
gefährlichste Klimakiller
Scheint mir auch so, und den Aktionismus bei Leuchtstofflampen speziell
und Umweltschutz generell sehe ich ebenfalls kritisch, das Kontra von
achgut finde ich meist lobenswert - aber dieser Beitrag überzeugt mich
überhaupt nicht: man muß nicht versuchen, *jeden* Ball ins Tor zu
treten - weniger ist manchmal mehr. Sollte Wikipedia ganz oder teilweise
falsch liegen, bin ich für seriöse Quellen natürlich dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
M. M.
Anhang:
“mit einem grässlichen kalten Licht”
WP: Kompaktleuchtstofflampen sind in den verschiedensten
Farbtemperaturen erhältlich. Damit kann die Lichtfarbe optimal auf die
Beleuchtungssituation angepasst werden. Sowohl gemütliches, gelbes Licht
(warmweiß, extra-warmweiß) als auch eher sachliches Licht (neutralweiß,
tageslichtweiß) für den Arbeitsplatz ist möglich
“Kopfschmerz erzeugenden Flimmerns inklusive”
WP: Das Flimmern von Energiesparlampen, d.h. Lichtschwankungen im
100-Hz-Rhythmus, ist ein Problem nur bei Leuchten mit konventionellen
Vorschaltgeräten. Es führt zu Ermüdung und verbietet den Einsatz an
bewegten Maschinen (Stroboskopeffekt).
Moderne Energiesparlampen sind meist mit elektronischen Vorschaltgeräten
ausgestattet und besitzen in diesem einen Elektrolytkondensator zur
Glättung der gleichgerichteten Wechselspannung, sie flimmern daher so
gut wie nicht. Das elektronische Vorschaltgerät selbst arbeitet mit
einer Frequenz um 40 Kilohertz, der das menschliche Auge nicht folgen
kann.[6] Zusätzlich haben die Leuchstoffe eine gewisse Nachleuchtdauer.
Netzspannungsschwankungen führen bei Energiesparlampen zu geringeren
Lichtschwankungen als bei Glühlampen.

“Bereits in der Herstellung sind sie viel teurer als Glühbirnen und ...
mit einer grauenhaften Energiebilanz”
WP: Auch die Energiebilanz unter Berücksichtigung des Energieverbrauchs
bei der Produktion fällt für die Energiesparlampe positiv aus. Die
Produktion einer Energiesparlampe benötigt zwar etwa das zehnfache der
Energie einer Glühlampe, durch die lange Lebensdauer wird dies aber
deutlich überkompensiert

“Es ist allgemein bekannt, dass allein das Einschalten dieser Lampen
mehr Strom verbraucht als eine Stunde Glühbirnenbetrieb”
WP: Dass Leuchtstofflampen oder auch Energiesparlampen beim Start
übermäßig viel Energie verbräuchten, ist ein unzutreffendes Vorurteil.
Die Zündung erfordert lediglich sehr kurzzeitig (ca. 0,1 bis 1 Sekunde)
etwa 30…50 Watt, was aber gegenüber der Betriebsdauer keine Rolle spielt

“Wenn sie defekt sind, müssen sie als schwermetallhaltiger Sondermüll
entsorgt werden”
Nicht ganz falsch und nicht ganz wahr, cf.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kompaktleuchtstofflampe#Entsorgung_und_Recycling

 

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