Thomas Heinlein, Gastautor / 21.08.2019 / 12:00 / 64 / Seite ausdrucken

Einladung zur Vermüllung: Hersteller haften für ihre Kunden.

Von Thomas Heinlein.

Uns steht eine weitere Posse der Bundesregierung bevor. Ein Schauspiel, das an Traurigkeit kaum zu überbieten ist. Es geht um den Plan von Umweltministerin Svenja Schulze, die Hersteller von Wegwerfartikeln an Reinigungskosten zu beteiligen. Die Rede ist von einer „regelrechten Müllflut" in manchen Städten, in öffentlichen Parks und belebten Straßen. Verursacht durch Einwegbecher und Zigarettenkippen. So weit, so richtig. Die Vermüllung der Landschaft und der Weltmeere ist eine Schande und ohne Zweifel eines der größten Probleme unserer Zeit.

Dass jetzt aber die Hersteller von Wegwerfartikeln an den Kosten der Stadtreinigung beteiligt werden sollen, wirkt schwer nach einer weiteren Abkehr von Verursacherprinzipien. Nicht die Hersteller tragen zu Müllbergen in den Städten bei, sondern Bürger, die ihren Abfall nicht ordnungsgemäß entsorgen. Im Falle einer vorbildlichen Entsorgung würden die in Deutschland hervorragend funktionierenden Sammel- und Verwertungssysteme greifen. Für welche, nebenbei bemerkt, durch Beiträge zum Dualen System etc. bereits durch die Hersteller bezahlt wird.

Leider sind die regierenden Parteien allerdings zu feige, unsachgemäße Müllentsorgung mit abschreckenden Strafen zu versehen. Denn das wäre unpopulär und würde Wählerstimmen kosten. Und zwar viele Wählerstimmen, wie sich an den Müllmengen abschätzen lässt. Deswegen wälzt Frau Schulze das Thema lieber auf die Hersteller ab, die allerdings für die Misere überhaupt nichts können.

Würde das achtlose Wegschmeißen eines Kaffeebechers oder der beherzte Wurf der Kippe aus dem Autofenster allerdings mit Strafen von beispielsweise 1.000 Euro bestraft werden, käme ein positiver Umwelteffekt zustande, und die Einnahmen würden die zusätzlichen Kontrollen finanzieren. Innerhalb kürzester Zeit wären die Autobahnauffahrten, Parkplätze etc. müllfrei.

Man muss nur den Mut haben, das umzusetzen. Und man braucht das Rückgrat, den überwachenden Beamten den Rücken zu stärken, statt sie zum Prügelknaben der Nation verkommen zu lassen. Aber das ist ein anderes Thema. Abgesehen davon wäre es auch hilfreich, die Bevölkerung zuallererst in die Lage zu versetzen, dass sie ihren Abfall in der Stadt ordnungsgemäß entsorgen kann. Überquellende Mülleimer sind hierfür keine angemessene Infrastruktur.

Sind Autohersteller schuld an Raserei?

Also, Frau Schulze, haben Sie den Mut, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Der Umwelt zuliebe. Sie haben jetzt die historisch einmalige Möglichkeit hierzu, denn schließlich kann Ihre Partei auch bei den unliebsamsten Maßnahmen in der Wählergunst nicht weiter sinken. Die Umwelt wird es Ihnen danken.

Außerdem würde eine Beteiligung der Hersteller an den Reinigungskosten überhaupt nichts zum dringend zu entwickelnden Umweltbewusstsein der Bevölkerung beitragen. Allein die Diskussion hierüber regt die Umweltverschmutzer an, mit ihrem Verhalten fortzufahren. Frei nach dem Motto: "Jetzt erst recht. Die Hersteller zahlen ja schließlich für die Säuberung".

Solange der Verursacher nicht zur Kasse gebeten wird, wird sich an dem Verhalten auch nichts ändern. Wenn ich allerdings genauer darüber nachdenke, wäre die generelle Abkehr vom Verursacherprinzip doch wünschenswert. Wenn ich meinen Hund zukünftig auf die Straße knödeln lasse, gebe ich die Strafe einfach an den Züchter weiter. Nach der im Bundesumweltministerium vertretenen Logik ist das schließlich der Verursacher.

Oder wenn ich in Zukunft Strafzettel für zu schnelles Fahren einfach an die Automobilkonzerne weitergeben kann, käme mir das doch sehr entgegen. Das wäre immerhin folgerichtig, denn das sind die Hersteller der Autos – und ich nur der Verursacher der Ordnungswidrigkeit.

 

Thomas Heinlein, Jahrgang 1973, ist von Beruf Kaufmann. Er lebt in Brühl und ist seit vielen Jahren in der kunststoffverarbeitenden Industrie tätig.

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u.witteck / 21.08.2019

Ich muss gestehen, ich weiß nicht genau, in welchem Land es bei Verschmutzung von Straßen, öffentliche Einrichtungen (Bahnhöfen, Flughäfen) Stockschläge gibt. War es Thailand oder Singapur? Jedenfalls ist es dort sehr sauber! Ob das mit den Strafen zu tun hat? Falls dem so ist, wäre ich sofort dafür. Ich denke, innerhalb kürzester Zeit wäre es überall blitzblank. Ohhh, dann braucht es keine Müllabfuhr mehr. Zehntausende/Hunderttausende Arbeitslose? Ist alles Quatsch, wer soll´s denn kontrollieren? Bei den rd. 4/5/6 Millionen Arbeitslosen fehlt es doch an Fachkräften…..

Roland Müller / 21.08.2019

Insbesondere Goldstücke, die ihren gesamten Müll durch die Fenster entsorgen, haben von deutschen Behörden absolut nichts zu befürchten, weil die zuständigen Beamten und Politiker befürchten, als Rassisten gebrandmarkt zu werden, wenn sie etwas gegen die Schweinerei unternehmen. Woher weiss ich das? Aus eigener leidvoller Erfahrung natürlich.

Michael Dost / 21.08.2019

Dieser Artikel hinterlässt bei mir einen schalen Geschmack. Die Idee, die sicherlich nicht zielführende Inanspruchnahme der Hersteller durch ein Verbots- und Überwachungssystem im Dienste des “Guten” zu ersetzen, riecht mir doch verdammt grün. Wie wäre es einfach mit etwas mehr Anstand und Wiedereinführung der entsprechenden Erziehung für nachwachsende Generationen? Wenn z.B. kein Papierkorb in der Nähe ist, verstaue ich das Bonbonpapier in der Hosentasche und entsorge es bei späterer Gelegenheit. Zu naiv?

J.G.R. Benthien / 21.08.2019

Um die Verursacherkette fortzusetzen: Die Hersteller nehmen die Chemieindustrie in Regress, die Chemieindustrie die Erdölförderunternehmen, die Erdölförderunternehmen die Erdöl fördernden Staaten, also Iran, Venezuela, etc. Sie merken schon, wie absurd der Gedanke bereits am Anfang der Kette ist. In Singapur — wie hier schon häufiger geschrieben — wird das Verursacherprinzip knallhart durchgezogen. Wer Müll entsorgt, wird zu Kasse gebeten, so sehr, dass es schmerzt. In Deutschland geht man wieder den Nazi- & Stasi-Weg: Alle Bürger werden kriminalisiert und müssen deshalb die Rechnung durch Mehrkosten bezahlen. So gehen durch falsche Prioritäten und falsche Gesetze immer mehr Freiheiten verloren. Mein Vorschlag: Beim ersten Mal illegaler Müllentsorgung (fängt beim Kaugummi, Zigarettenkippe, Schokoriegel Verpackung an) 1.000 Euro, Feststellung der Personalien. Beim zweiten Mal verdoppelt sich der Betrag, weil ein Abgleich mit den Personendaten gemacht wird. Beim dritten Mal wiederum eine Verdoppelung, d.h. 4.000 Euro oder die Pfändung des KFZ und Einzug des Führerscheins. Ich garantiere jedem, dass Deutschland innerhalb eines Jahres mit Singapur zu den saubersten Ländern der Welt gehört.

Stefan Lanz / 21.08.2019

Super! Endlich kann ich alles einfach neben mich hin bzw. aus dem Auto schmeissen! Wenn ich dabei ermahnt/erwischt werde, setze ich mein unschuldiges Gesicht auf und entgegne, dass mein Verpackungshersteller die Entsorgung schon bezahlt hat… Genial!

Jürgen Hahn / 21.08.2019

Als ich 2006 in den USA war ( Washington, Oregon, California ), konnte ich an den Auf- und Abfahrten der Interstates lesen: “Littering 1000$”. Das Ergebnis war, dass man tatsächlich keinen Müll sah. Wahrscheinlich hat man diesen Hinweis sehr ernst genommen. Also: geht doch.

R.E.Rath / 21.08.2019

Auch Vermüller sind Wähler - auch sie wollen bepampert werden und Wählerstimmen stinken bekanntlich nicht.

reiner Körtel / 21.08.2019

Ja das sollte Schule machen. Ich bereite mich schon darauf vor Aldi zu verklagen. Wegen der fettigen Wurst habe ich schon 15 Kilo zugenommen. Ich möchte dafür Schmerzensgeld und eine Diät bezahlt bekommen.

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