Thilo Schneider / 03.07.2021 / 10:00 / 65 / Seite ausdrucken

Einhornpastete für Annegret

Die Bundeswehr hatte einen ganz schlechten Monat: Zuerst wurden in Mali zwölf deutsche Soldaten bei einem Anschlag verletzt, dann hat sich die Bundeswehr fast schon klammheimlich aus Afghanistan zurückgezogen. Auf einen offiziellen Empfang der letzten Kriegsheimkehrer in Deutschland wurde verzichtet. Wegen Corona. Nicht, dass noch jemand krank wird. Das wäre schade. Der offizielle Empfang wurde auf Ende August verschoben.

In Afghanistan blieben 59 Kameraden, 35 durch Feindeinwirkung, 24 durch Unfälle, natürliche Tode oder Selbstmorde. In 20 Jahren wurden über 160.000 deutsche Soldaten und Soldatinnen durch die ISAF-Mission geschleust, mit teilweise mangelhaftem Material, mangelhafter Ausrüstung, mangelhaftem Auftrag und mangelhafter politischer Rückendeckung. „Nun waren sie halt da“, um eine berühmte Strategin zu zitieren. Der zu den beiden genannten Vorgängen im Juni leider keine zitierwürdigen Kommentare eingefallen sind. Ehrlich gesagt, sind ihr gar keine Kommentare dazu eingefallen, weil die Vorgesetzte der hoffnungslos überforderten Annegret Kramp-Karrenbauer das tut, was sie am Besten kann: schweigen. Wie zu ganz vielen Dingen. Welch große Philosophin und Weltendenkerin an der einsamen Spitze dieses Landes!

Nun sollten sowohl die Soldaten als auch deren regierungsamtliche Vorgesetzte und Parlamentarier diesen Einsatz auswerten und Problemstellungen benennen, um diese künftig zu vermeiden und zu beheben. Einen Irrtum in einem Beruf wie dem des Soldaten begeht man meist nur ein einziges Mal.

Und tatsächlich hat sich bereits ein furchtbares Problem ausfindig machen lassen, das künftig behoben werden wird: Das sogenannte EPa, die berühmt-berüchtigte „Ein-Mann-Packung“, soll umbenannt werden, weil der Name „den Grundsätzen der Gleichstellung widerspricht“. Das „Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr“ (kurz „BAIUDBw“, was es irgendwie auch nicht besser macht) ist derzeit damit beschäftigt, „einen Vorschlag für die Änderung des Begriffes zu erarbeiten“. Noch einmal in langsam: Es wird ein „Vorschlag“ zur Änderung des Begriffes „erarbeitet“. Darf ich als steuerzahlender Bürger dezent fragen, was diese Arbeit kostet? Zumal von einer Behörde, die sich selbst „BAIUDBw“ abkürzt? Dazu aber gleich mehr.

Den Vorgaben der Gleichstellung gerecht werden

Gut, seit 20 Jahren dienen auch Frauen in der Bundeswehr. In Afghanistan waren es von permanent rund 1.100 präsenten Soldaten rund 75 Soldatinnen (Stand April 2021), die das Glück oder Pech hatten, durch die malerischen Landschaften militärstreifen zu dürfen. War das nun eine Bevorzugung oder Benachteiligung? Gab es dazu irgendwelche Eingaben wegen mangelnder Frauenquote oder Benachteiligung?

Wenigstens eine Beschwerde muss es bezüglich des EPa gegeben haben. Von irgendwem. Sonst käme die BAIUDBw wohl kaum auf die Idee, das „EPa“ umzubenennen. War es ein Manöver, auf dem Frühobergefreite Uschi Krarrenbauer-Kamp auf ihr EPa starrte und verkündete: „Datt kannsch nisch essen, da tut nix von Frauen drauf schtehn un da ist auch wieder keine Jogurette bei“? Oder stand sie weinend bei der EPa-Ausgabe und bekam SCHON WIEDER MAL keine Ration, weil sie doch kein Mann ist?

Wie auch immer, das Problem und die Zeit drängen. Einmann-rationalere Menschen und Pragmatiker wie ich würden jetzt einfach das Wort „Einmannpackung“ durch das definitiv genderneutrale und sachlich korrekte Wort „Fraß“ oder durch das freundlich und nach Schulausflug klingende „Fresspaket“ ersetzen, aber so einfach ist das natürlich mal wieder nicht. Denn: Das Kürzel „EPa“ soll erhalten bleiben, aber „den Vorgaben der Gleichstellung gerecht“ werden. Sonst muss das auf jedem Befehl ersetzt werden, und der altgediente Kamerad tut sich bekanntlich mit Änderungen schwer.  

Zehn wertschätzende Vorschläge

Für den Erfindenden der neuen Bezeichnung gilt, dass er Angehörig*in der Bundeswehr*In ist, und neben ewigem Ruhm seiner Kreation auf den traurigen Hartkeksverpackungen winken ihm gleich zehn neue und knackfrische Kampfrationen.

Aber ich will ja nicht immer nur maulen, sondern kreativ mitarbeiten. Nun denn, Kamerad*Innen: Holt Euch die ewige Frische ins Zwei-Man… in die Dackel*Innengarage, hier kommen meine zehn geschlechtsneutralen und wertschätzenden Vorschläge. Auch in der Hoffnung, Steuergelder für das BAIUDBw zu sparen:

Ens-Packung – frei nach dem Sprachnassforschenden Lann Hornscheidt, der ALLE Geschlechter meint

Energypack – hat was von Batterie und motiviert zum Weiterkämpfen! Klingt international und grün!

Essenspaket – freundlicher als „Fresspaket“, ist jedoch militärisch profan, freudlos und sachlich 

Ewigpackung – nach der Haltbarkeit des Inhalts

Eventpackage – klingt nach Ferienlager, Freizeit, Spaß und hat was von „Jochen Schweizer“

Ekelpaket – nach dem Inhalt der Packung und Alfred Tetzlaff, dem großen Denker und Philosophen

Endpackung – ein hübscher anderer Name für „Henkersmahlzeit“

Europack – voll integrativ und hat was von „Europalette“. Ist auf jeden Fall ein Bekenntnis zu Europa

Ecopads – hübsch grün und international klingende Umschreibung für die Hartkekssammlung

Mein persönlicher Favorit wäre:

Einhornpastete – klingt das nicht wahnsinnig freundlich und irgendwie nach Regenbogen und Diversity und Blumenwiesen, über die schwangerengerechte Panzer mit Elektroantrieb traut ihrem (Friedens-) Einsatz entgegenflüstern?

Leider bin ich kein Angehöriger der Bundeswehr, denn nur die dürfen bis zum 30. September mitmachen. Sollte sich aber eine/r der hier lesenden und einreichenden Kamerad*Innen sozusagen für einen der Vorschläge erwärmen und den Zuschlag kriegen, dann freue ich mich über eine Erfolgsbeteiligung von fünf Einmann-Packungen. Bitte mit dem alten Namen. Und mit einem Messer dazu. Denn das ist das Lieblingsarbeitsinstrument von #Einmann. Wann kommt endlich der Militärpunsch? In die Feldflasche? Pfeile los, Bogenschütz*Innen!

(Weitere Packungen des Autors unter www.politticker.de)  

 

Von Thilo Schneider ist in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Leserpost

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Karsten Dörre / 03.07.2021

Im “Nordkurier” steht, dass ca. 800 Namens-Vorschläge aus der Truppe eingegangen sind. Da soll noch wer behaupten, die Bundeswehr sei nicht verteidigungsbereit oder es herrsche dort Langeweile.

Alexander Schilling / 03.07.2021

Mit einer genderneutralen Alternative für EPa kann ich leider nicht aufwarten, aber für den Fall, dass die BW noch nach Namensgeber:innen für solche Munitionsdepots sucht, die auf Blindgänger spezialisiert sind, sollten die Verteidigungsminister:innen der Merkel’schen Kabinette sich doch eigentlich recht gute Chancen ausrechnen dürfen——zumindest solange, bis die Bundesmarine den ersten windkraft-und solarbetriebenen Flugzeugträger in Dienst stellen wird.

Burkahrt Berthold / 03.07.2021

Erinnert sich noch jemand an den Früchtereis? Eine wahre Fürchtespeis´.

Johannes Schuster / 03.07.2021

Nachtrag: Der Gummipümpel ist ein Plagiat: Auf youtube gibt es ein video unter dem Titel: “Kaffee und Kuchen bei Oma” dort ist ein einsamer Gummigenosse von der SPD (Situation Permanenten Durchfalls) in einer sehr ähnlichen Situation zu sehen. Skandal vor und nach der Wahl.

Rudolf Dietze / 03.07.2021

Wie die Soldaten so nebenbei aus Afgahnistan zurück beordert und empfangen wurden, sagt viel über den Auftrag und die Politiker. Die erreichten Ziele? sind nur Makulatur, die morgen weggewischt sein werden. Es wird und wurde Opium angebaut, hat irgendwer Einfluss genommen? Das Fazit ist es war der sinnloseste Einsatz überhaupt. Afgh. ist und bleibt ein islamistisches Shithole ebenso wie Somalia oder Jemen. Da gelte: Was geht mich fremdes Elend an. Die Bundeswehr sollte lieber die endlosen Übergriffe von Islamisten auf Christen in an sich souveränen Staaten bekämpfen helfen.

Benjamin Weinrich / 03.07.2021

Probieren wir es doch mal mit der Einhornpastete.

Sebastian Weber / 03.07.2021

@Petra Wilhelmi: Bei der Bundeswehr ist das korrekte Gendern inzwischen wichtiger als die Kampfbereitschaft. Können wir uns evtl. auf „Soldatenden“ einigen?

Gerhard Schmidt / 03.07.2021

Gegen den Fraß in der damaligen Mannschaftskantine war die EPa ein Genuss (Wehrdienst 1991/92)...

Sabine Heinrich / 03.07.2021

Ein wenig abseits von der Einmannpackung: Ich frage mich schon seit Jahren, welche Menschen heutzutage noch der Bundeswehr beitreten (wie auch der Polizei - obwohl - ebenfalls seit Jahren - jedem denkenden Menschen klar geworden sein muss, dass er von den Regierend-*Innen vera….t und ausgenutzt wird.- Dieser Nicht- Empfang der Heimkehrer, die sicher viel Schlimmes gesehen und erlebt haben, müsste dem letzten Möchte-gern-Soldaten die Augen geöffnet haben. Einsatz für unser Land und die Freiheit am Hindukusch? Das fand ich schon immer völlig abstrus. - Ich hoffe, dass die Heimkehrer jedwede Unterstützung erhalten, falls sie unter den Folgen ihres Auslandsaufenthaltes leiden.

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