Rainer Bonhorst / 05.12.2019 / 16:00 / 18 / Seite ausdrucken

Einen Tod müssen wir sterben

Zu den schönen, makabren Traditionen gehört es, mit dem Tod Scherz zu treiben. Da mache ich gerne mit. Denn ich stehe vor der schwierigen Entscheidung, ob ich lieber den Hitzetod oder den Kältetod sterben soll. Der Hitzetod bedroht mich wegen der Erderwärmung. Der Kältetod droht mir wegen der steigenden Heizkosten. Zu wenig Energiewende oder zu viel Energiewende: Beides ist mein Untergang.

Noch gehe ich ergebnisoffen mit dieser Frage um. Mein Gefühl sagt mir, dass der Hitzetod angenehmer, weil wärmer ist als der Kältetod. Andererseits liest man bei alten Polarforschern, dass ihnen ganz warm ums Herz wurde, ehe sie im ewigen Eis das Zeitliche segneten. Ist der Kältetod womöglich ein verkappter Hitzetod? 

Wie auch immer: Wir befinden uns in einer wunderbar ausweglosen Situation, ganz nach dem Herzen unserer panischen deutschen Mitbürger. Da muss man doch zugreifen, wenn man beides haben kann: Hitzetod als Folge der Erderwärmung und Kältetod als Folge der dank Energiewende dramatisch erhöhten Heizkosten. Und das Schönste daran: Wir sterben einen politisch verwendbaren Tod. Zu langsamer C02-Ausstieg gegen zu schnellen Atomausstieg. Links steht der eine Tod, rechts der andere.

Die deutsche Todessehnsucht, ob sie nun aus der Energiewende (hohe Heizkosten) oder der Energieverschwendung (Erderwärmung) ihre Energie bezieht, ist führend in der Welt. Wir mögen nicht mehr Exportweltmister sein, aber die Weltuntergangs-Meisterschaft nimmt uns keiner. In dieser Hinsicht sind wir – ob Ost, ob West, ob Nord, ob Süd – ein Volk.

Dabei sind regionale Unterschiede gerade in den klimatisch begründeten Todesursachen durchaus denkbar. So kann ich mir vorstellen, dass im zeitweise subtropischen Freiburg eher der Hitzetod droht, während im sibirischen Winter von Mecklenburg-Vorpommern eher mit dem Kältetod zu rechnen ist. Ein eindeutiges Nord-Süd-Gefälle der Todesarten gibt es allerdings nicht. So kann hoch im Süden, etwa in Berchtesgaden, die kalte Todesvariante lauern, während weiter nördlich, an der weinseligen Mosel schon mal die Sonne lebensgefährlich hernieder scheint. Auf jeden Fall leben wir in Deutschland mit einer permanenten Near-Death-Erfahrung.

Das deckt sich allerdings nicht ganz mit meiner persönlichen Erfahrung. Die lautet nämlich: Es gibt ein Leben vor dem Erfrieren beziehungsweise vor dem Erschwitzen. Ich selbst habe schon einige Jahrzehnte ohne Near-Death-Erfahrung hinter mich gebracht. Erst wenn es eines Tages so weit ist, werde ich endgültig sagen können, ob der Atomausstieg oder die SUV-Benziner schuld an meinem Ableben sind. Wenn ich es dann noch schaffe, werde ich versuchen, die endgültige Antwort auf diese Frage der Nachwelt zu hinterlassen.

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Leserpost

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A. Ostrovsky / 05.12.2019

Es ist weniger die Todesart, die uns erschrecken sollte, als vielmehr die Infantilität der Mitmenschen. Aus dem “Bedenke Mensch, dass du sterblich bist!” entsteht nicht die Reife des Erwachsenen, der das Leben annimmt, sondern das endlose Kreischen des Kindes, das den Tod fürchtet. Noch gibt es aber beide Entwicklungen, auch wenn die Zahl derer, die intellektuell im Vorschulalter feststecken sichtbar und hörbar zunimmt. Sicher gibt es jetzt wieder Kommentator*innen, die mir Zynismus vorwerfen, aber das muß man ertragen wie einen kalten Regen.  Man soll Kinder nicht zu früh mit der Sterblichkeit konfrontieren, nicht bevor sie das Leben verstehen. Wie könnte man mit solchen Leuten objektiv die Chancen und die eventuell möglichen Maßnahmen debattieren? Wo Angst regiert, versagt die Vernunft. Ich fühle mich nicht wohl unter denen, die mir erzählen, dass hier in neun Jahren Durchschnittstemperaturen von 48 Grad herrschen. Aber mich zieht auch nichts zu denen hin, die triumphierend ausrufen “Begreift Ihr nun, dass Plutonium Leben ist.” Das sind nur zwei Erscheinungsformen der selben Krankheit. Wo ist die Vernunft geblieben, die früher so wichtig erschien. Und welche kosmischen Wellen bewirken diese Umnachtung? Ist es wahr, dass die Menschen abstammen von Flüchtlingen vom Mars, wo vor 200 Millionen Jahren zwei thermonukleare Explosionen das Leben für immer vernichteten und damit auch die Atmosphäre und das Wasser? Der Mars als Planet des Krieges hat diese Spezies hervorgebracht, jähzornige Selbstzerstörer, denen Macht und Gold der Sinn des Lebens ist? Sind wir immer noch diese, ohne jede Entwicklung? Dann hat das Leben keinen Sinn?

Sepp Kneip / 05.12.2019

Es ist ja schön und gut, sich über die Klimahysterie satirisch zu äußern. Nur, mit Satire wird das Problem nicht gelöst. Oder ist auch hier Deutschland genau in der Mitte geteilt? Die eine Hälfte stürbe lieber den Kälte-, die andere lieber den Hitze-Tod. Wenn es hier Halbe-Halbe steht, brauchte doch die Politik gar nichts mehr weiter zu machen. Die Kälte-Toten fallen der Energiewende zum Opfer und die Hitze-Toten der, ungeachtet dieser Wende, eintretenden Erderwärmung. Dann hat jeder was er will. Jetzt weiß ich auch, warum die Deutschen immer die gleichen Parteien wählen. Egal, was sie wählen, es wird Kälte-Tote und es wird Hitze-Tote geben. Also ist man zufrieden.

Frances Johnson / 05.12.2019

Gerade gelesen: Frau (Audrey Schoeman) starb in einem Schneesturm in Girona, Spanien, Herzstillstand. Aktuell. Sie war hiking oder sowas. Verdurstet wäre sie nicht so schnell. Der Fall wurde reportiert, weil ihr Herz nach sechs Stunden wieder einsetzte und das außergewöhnlich ist. Schneesturm bei Girona. Das ist in den Bergen hinter der Costa Brava. Nur zur Kenntnisnahme.

Roland Stolla-Besta / 05.12.2019

Werter Herr Bonhorst, danke für diesen herrlichen auf Endzeit einstimmenden Artikel. Zwar soll nach Georg Kreisler der Tod „a Weana sein“, aber jener wollte uns nur dieses Vorrecht rauben. Aber da Sie in Ihrem Text auch die Mosel und ihre traurigen Aussichten ansprechen: wir sollten doch nicht auch die positiven Aspekte der so schröcklichen wärmeren Zukunft aus dem Auge verlieren – etwa den Wein, der an der Mosel unübertroffene Spitzenlagen zur Folge haben wird, und sogar im hohen Norden Schleswig-Holsteins werden die Trauben reifen. Um eine grünliche Seherin (Göring) zu zitieren: „...und ich freue mich darauf!“

Dr. Gerhard Giesemann / 05.12.2019

Also wenn “wir” sterben, dann ist ja die Ursache für den Klimawandel, die Klimashoa weg. Irgendeiner dieser alten Griechen hat mal - in der Wärme hockend - gesagt: “Der Tod geht uns Lebende nix an - denn solange wir leben, ist er nicht da, ist er da, dann leben wir nicht mehr”. Diese Weisheit verhilft mir, meine Restlaufzeit gut zu ab zu reißen und die Aussicht auf einen verkappten Wärmetod im Eis, das hat schon was, Erlebnis pur. Meine Sorge gilt den Jungen heute, die zu Recht eine gewisse Panik verspüren über ihre versaute Zukunft - wobei ihnen “das” Klima bestimmt nichts versauen wird, da sind Andere schneller, viel schneller. Es sei denn, der Norden, also Europa, die USA/Kanada, Russland, Japan rotten sich zusammen, um die islamisch-afrikanische Zumutung ab zu wehren. Ansätze dazu sehe ich in Syrien, ohne das hier näher zu erläutern. Was China macht ist unsicher, das kann jederzeit hochfetzen. Mexiko, Mittel- und Südamerika? Sind eingeladen mit zu machen - wenn sie wollen. Bis dahin ist der Zaun von Trump ein Wink. A tip of a wink.

Wolfgang Janßen / 05.12.2019

Lieber Herr Bonhorst, eines kann ich Ihnen leider nicht glauben - dass tote Polarforscher noch aufschreiben, wie sie gestorben sind. Sonst sehr amüsant.

Udo Kemmerling / 05.12.2019

Ich kann Sie trösten, Sie werden ganz sicher erfrieren!

Thomas Klingelhöfer / 05.12.2019

Antizyklisch handeln ist das Gebot der Stunde. Wenn die Klimaflüchtlinge aus Afrika alle hierher ins Sozialsystem kommen, wandere ich aus in die wärmeren Gefilde ohne Diesel-Fahrverbote, an Raub grenzende Steuern und irrationalen Endzeitsekten anhängende Politiker. No pasaran!

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