Thilo Schneider / 07.08.2019 / 12:00 / Foto: Timo Raab / 48 / Seite ausdrucken

Eine Spucklänge Abstand

Eine gar nicht mal so neue Sportart macht sich in Deutschland neben „Gleisschubsen“ breit: Spit the Jew. Ob in HamburgBerlinDüsseldorf oder München, jeder darf jetzt Juden bespucken. Selbstverständlich nicht offiziell und das ist auch nicht nett, gehört aber augenscheinlich zum „Aushandeln des täglichen Zusammenlebens“. Und obwohl „der Jude an sich“ ja laut den „Israelkritikern“, die man früher auch schlicht „Antisemiten“ nannte, „ein Händler ist“, scheinen deutsche Juden einmal mehr „die Verhandlungen“ zu verlieren. Die Speichelspender sind, wie stets, #Einmann, gelegentlich auch Zweimänner und seit neuestem, wie in München, Einefrau.

Deutsche Spitzenpolitiker, allen voran Özils Vizepräsident Steinmeier, können gar nicht so schnell um den Spuckelefanten im Raum herumrennen, wie der Speichel fliegt. Selbstverständlich stets mit einem gerüttelt Maß an „Abscheu und Empörung“, denn wie sagt der Mieter im Schloss Bellevue? „Jede Form des Extremismus und Antisemitismus ist Gift für unsere freiheitliche und offene Gesellschaft. Es ist oberste Aufgabe des Staates und Verpflichtung für uns alle, Antisemitismus in all seinen Erscheinungsformen zu bekämpfen und ihm gemeinsam entgegenzutreten."  

„Ja“, wird da Rabbi Teichtal freudig klatschend ausgerufen haben, „mach mal! Endlich!“ Denn dieser „bekämpfende“ und „entgegentretende“ Staat hängte bereits vor zehn Jahren lieber eine Israelfahne ab, als einen brüllenden Mob mit Fackeln und Forken auszubremsen. Aber dafür hat er sich dann ja auch entschuldigt. Der Staat. Nicht der Mob. Man bestraft lieber einen unschuldigen Juden als zweihundert brüllende Fanatiker. Ist auch einfacher und ökonomischer.

Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Es gibt knapp 100.000 Juden in Deutschland. Das sind zwar zu viele, als dass man sie alle schützen könnte, aber zu wenige, als dass sich ein Schutz politisch lohnen würde. Ihr Einfluss ist, auch wenn das manch einer kaum glauben mag, einfach zu gering und mit 100.000 putzigen Kippa-Trägern in den paar Metropolregionen lässt sich auch keine Revolution machen. 

Da sind, sozusagen überschlägig, 4,5 Millionen Muslime, durch die, laut BMI, Deutschland „religiös und kulturell vielfältiger geworden ist“, eine ganz andere Hausnummer. Wenn Du die als Staat verärgerst, dann brennt im buchstäblichen Sinne die Berliner Luftluftluft, was ganz schlecht für das ökologische und gesellschaftliche Klima ist. Da muss man als Staat auch schon mal alle blinden Augen zudrücken und aggressiv antisemitisches Verhalten unter „kultureller Folklore“ wegbuchen, sonst hagelt es wieder eingeschnappte und traurige Tweets von Sawsan Chebli – und das kann niemand bei klarem Verstand ernsthaft wollen. 

Taschentuch zum moralischen Krokodilstränentrocknen

Was will unser aufrecht linkes und sich empörendes und verabscheuendes politisches Spitzenpersonal auch machen? Da hat man den armen Juden extra ein schickes Holocaustdenkmal für hübsche Selfies bauen lassen, „das Tagebuch der Anne Frank“ zur Schullektüre friedenserklärt, verschleppt waggonweise Schulklassen nach Auschwitz und spielt außerdem bei nahezu jeder Gedenkfeier für tote Juden Lagerorchestermusik. Von der aufwändigen Suche nach Holocaustüberlebenden oder deren Kindern und Enkeln als Stichwortgeber und Gedenkstaffage mal ganz zu schweigen. Und trotzdem reicht das immer noch nicht. Ja, das ist verabscheuungswürdig. Fragt sich nur, von wem?

Was also wäre zu tun? Stolpersteine sind zu teuer, um ab „FönffOhrfönfondförrzzig zurückgeworfen“ zu werden, also lässt sich der Staat lieber selbst unter der schalmeienden Begleitung wohlfeiler Sprechblasen um 80 Jahre zurückwerfen. Ich bin, so rein menschlich und als Autor, nur etwas enttäuscht, dass die Spuckgetroffenen neben der mit augenzwinkernden Ausschlussklauseln versehenen Versicherung des „entschlossenen Bekämpfens“ von „Israelkritik“ kaum weitere Verhaltensempfehlungen für die täglichen Aushandelsgeschäfte erhalten.

Wie wäre es mit „Tragen Sie halt keine Kippa und keinen Davidstern“ oder „Halten Sie eine Spucklänge Abstand“ oder „Betreten Sie bestimmte Stadtteile nicht“ oder „Gehen Sie nicht aus dem Haus“ oder „Hauen Sie doch nach Israel ab, wenn es Ihnen hier nicht passt“? Das wäre doch sinnvoll und allemal ehrlicher als die Handreichung eines Taschentuchs zum moralischen Krokodilstränentrocknen? Gut, Felix Klein, der Antisemitismusbestrafte der Buntenregierung, hat es wenigstens versucht, das muss ich ihm lassen. Müssen sich halt „de Jodn“ auch mal an Schutztipps halten, dann passiert auch nichts. Jedenfalls nicht gleich.  

Sicher mag es der ein oder andere politisch-religiotische Kleinlautsprecher „unerträglich finden“, dass es so ein bisschen Antisemitismus gibt, aber er muss ihn ja auch nicht ertragen. Ertragen müssen ihn die hier lebenden Juden, deren Vergehen es ist, hier lebende Juden zu sein.

Aber ich will ja nicht nur schimpfen: Ein ehrlicher erster Schritt könnte es sein, endlich den Elefanten im Raum zu benennen, der mitnichten nur aus der Nähe der ornithologischen Exkrementenkenner kommt. Am meisten lernen Menschen durch die Erfahrung, die sie selbst machen. Im zweiten Schritt bräuchte es also humorvolle Richter, die unter Sozialstunden nicht „Kartoffelschälen bei der Caritas“ verstehen, sondern Synagogen putzen lassen oder einen Speichellecker einmal selbst mit Kippa ins Getümmel schicken. Möglichst in einer anderen Stadt, die nicht seine Hood ist. Die kleinen Gröfatzkes sind nicht mit einem erhobenen Zeigefinger zu belehren, sondern müssen in die Lage ihrer Opfer versetzt werden. Vielleicht – nur vielleicht – ist so etwas für einen Antisemitismuskranken mal eine wirksame Medizin. Weil es die ist, die er selbst verabreicht hat. 

Foto: Timo Raab

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Ilse Polifka / 07.08.2019

Ich bin gespannt, wie es Frau Knobloch, Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, wieder schaffen wird aus diesem "Vorfall" eine dramatische Gefahr von Rechts zu basteln.

Anton Weigl / 07.08.2019

Es wäre erst einmal zu klären, welcher Gruppe diese Spucker angehören.Die Täter gehören dann dingfest gemacht.

J. Polczer / 07.08.2019

Man kann in Grunde genommen nur hoffen, dass "die Gefahr" bald an die Haustüre der Verantwortlichen klopft. Viele Menschen würden ohne wenn und aber andere über die Klinge springen lassen, solange es ihnen gut geht. Nur die Erkenntnis, dass man selbst ja auch "unter die Räder" kommen kann, wirkt oftmals heilend auf den geistigen Zustand des Betroffenen. Mögen die Insassen dieses großen Irrenhauses beizeiten gesunden!

Wolfgang Richter / 07.08.2019

Man kann auch nach Frankreich schauen, von der Lieblings-Politik-Freund "unserer" Regierenden noch das Zepter schwingt. Dort verlassen die Juden inzwischen das Land gen Israel, offenbar in immer größeren Gruppen, weil sie ihr Eigentum und vor allem Gesundheit der gesamten Familien nicht mehr als vom Gewaltmonopol des Staates geschützt sehen. Und während Macron die Demos der Geldwesten ziemlich brutal zusamemn schlagen läßt, steht die selbe Polizei den plündernden und brandschatzenden Arabischstämmigen und Korangläubigen eher statisch gegenüber, weil ein durch Polizeaktion Verletzter dieser Horden zur Randale der Clans ins den französischen Städten landesweit führen würde. So geht Gesinnungs- und Willkürsystem, dies im Herzen der EU, unter Beachtung der ständig propagierten angeblichen "Werte". Im übrigen sei der Vollständigkeithalber noch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der inzwischen flächendeckend anzutreffende Antisemitismus nicht von Springerstiefelträgern einheimischer Urbevölkerung ausgeht, sondern vom mit Teddybären begrüßtem importierten Islamgläubigen, sehr schön thematisiert in der vor Monaten fertiggestellten WDR/Arte - Doku, die man erst einmal wegen der politisch unkorrekten Rechercheergebnisse nicht ausstrahlen wollte.

Susanne antalic / 07.08.2019

So lange sich Herr Schuster, Frau Knobloch oder Friedmann an die Seiten der Herrschenden stellen, wo ständig gegen Israel gehetzt wird und in der UN gegen Israel gestimmt wird, wird sich nich viel verändern. Diese Herrschaften sonnen sich in Dunstkreis der Herrschenden und das einzige was sie machen, ist das ewige Lied gegen Rechts. Daran sieht man, dass denen gar nicht um Juden in Deutschland geht, aber genau wie bei den Politiker um sich selbst. Manchmall, wenn ich mir die Jüdische Allgemeine anschaue und die schöne Bildchen von Herr Schuster sehe, mit all den Politikern, lächeln und die gleiche Worte sagend, wie die Politiker, bekomme ich Würgerreiz. Alles Palleti in Deutschland nur die AFD stört, die Linken und moslemische Judenhasser, das sind die GUTEN. Gott sei dank , haben wir wenigsten noch den Herr Broder und Herr Wolfsohn, die sich auch öffentlich äussern dürfen-NOCH.

Marc Blenk / 07.08.2019

Lieber Herr Schneider, natürlich sind die 4,5 Millionen Muslime zu viel, als das auf die Länge in Deutschland noch jüdisches Leben möglich wäre. Zumal das komplette 'linksliberale' Milieu ja völlig einverstanden ist mit dem Antisemitismus der Muslime und sogar der Präsident an seiner Männerbrust den Judenhass nährt.

Thomas Taterka / 07.08.2019

P.S. : Übrigens bin ich KEIN jüdischer Buchhändler, - aber in diesen Zeitenist man besonders angehalten, sich zuvergewissern, wem man " Te Tschuten "ausliefert. In meinem ehemaligen Ladensteht jetzt da, wo der Franz Kafka imSchaufenster stand, der kleine Mo..., nein, nicht der Moritz, sondern der Mohammed mit dem Marschallstab. In diesem Sinne : Heil Hynkel !

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