Vera Lengsfeld / 19.03.2007 / 23:47 / 0 / Seite ausdrucken

Eine Reise in die Antarktis (2)

Drake Passage, Südshetlandinseln, Lemairekanal, Vernadskiy Station


Die Drakepassage ist die einsamste und gefährlichste Wasserstraße der Welt. Hier treffen sich die Wasser von Atlantik und Pazifik. Hier verläuft die sogenannte antarktische Konvergenz, die Grenze des antarktischen zirkumpolaren Wasserrings, der Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean zu einem globalen System verbindet. Es herrschen ganzjährig heftige Winde. So wurde auch der Entdecker Francis Drake auf seiner Weltumsegelung 1577 durch diese Winde weit in den Süden getrieben und befuhr so unfreiwillig als Erster die nach ihm benannte Wasserstraßezwischen Südamerika und den noch zu entdeckenden Südkontinent.
Es vergingen fast dreihundert Jahre ehe der britische Kaufmann William Smith auf seinem Schiff wieder durch einen Sturm weit nach Süden getrieben wurde und dabei die dem antarktischen Festland vorgelagerten Südshetlandinseln entdeckte. Als er jedoch den britischen Behörden von seiner Entdeckung berichtete, brachte ihm das keine Anerkennung ein, sondern er wurde auf seinem eigenen Schiff zum Lotsen degradiert. Woran man sieht, dass auch in früheren Jahrhunderten abweichende Meinungen nicht geschätzt wurden.
Smith hielt das nicht von seinen Forschungen ab. Unter seinem neuen Kapitän Bransfield suchte er weiter nach dem unbekannten Südland und entdeckte es schließlich.Auf der Rückkehr begegneten sie den russischen Schiffen Vostok und Mirnyi des baltendeutschen Kapitäns Thaddeus von Bellingshausen,. der am 27.01.1820 als erster Mensch das antarktische Festland gesichtet hatte. Das wurde allerdings erst in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entdeckt, als die Angaben Bellingshausens, der sich als russischer Offizier an den Julianischen Kalender gehalten hatte, in den Gregorianischen Kalender übersetzt wurden. Wegen eben dieser Kalenderdifferenz wird die Oktoberrevolutionso genannt, obwohl sie im November stattfand
Die Südshetlandinseln geben einen Vorgeschmack auf die spektakuläre antarktische Küste,mit ihren Gletschern und felsigen Bergen. Auf Half Moon Island sehen wir die erste Pinguinkolonie. Hier sind Zügelpinguine beheimatet, die so zerbrechlich wirken, dass es unfassbar erscheint, dass sie vor 60 000 000 Jahren schon genauso dastanden, als die Dinosaurier von der Erde verschwanden. Sie waren schon fertig, als die Evolution gerade begann, die Voraussetzungen für die Entstehung der Menschen zu schaffen.
Wir müssen unsrer Anlandung leider nach kurzer Zeit abbrechen. Eigentlich ist noch Sommer, aber der Herbst hat in diesem Jahr ungewöhnlich früh begonnen, mit Schneestürmen undKälte. Die Wellen werden binnen Kurzem so hoch, dass sie die Rückkehr zum Schiff fürStunden unmöglich machen können. Wenn das Wasser nicht so bewegt wäre, würde sich eine Eisdecke bilden, die in der unglaublichen Geschwindigkeit von 48 qkm/min entsteht.Auf der Weiterfahrt zum Lemairekanal können wir das Phänomen beobachten, nachdem der Wind wieder abgeflaut ist.Der Lemairekanal wurde 1873 entdeckt und erst 25 Jahre später zum ersten mal durchfahren.Die Passage ist schwierig, denn der 11km lange Kanal hat nur eine Breite von 1,6 km , ist von
steil aufragenden Felswänden begrenzt und voller Untiefen. Als wir uns seiner Einfahrt nähern, liegt ein Band von Eisschollen davor, wie ein Polizeikordon, als ob uns die Natur signalisieren wollte, nicht weiterzufahren. Zusätzlich behindert dichter Nebel die Sicht. Aber unser Schiff tastet sich so vorsichtig durch die Hindernisse, dass wir am Ende der Durchfahrt mit Sonnenschein und klarer Sicht belohnt werden.
Unser Ziel, die ukrainische Forschungsstation Vernadskiy, wurde ursprünglich von den Briten auf der Galindezinsel errichtet und nach Faraday benannt. Hier wurde 1982 erstmals das Ozonloch entdeckt. Im Jahr der Unabhängigkeit der Ukraine wurde die Station an den jungen Staat übergeben. Die Ukrainer halten die britische Tradition aufrecht und widmen sich vor allem der Klimaforschung. Ihre Ergebnisse sind überraschend.
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