Ralf Balke / 24.03.2007 / 13:15 / 0 / Seite ausdrucken

Eine nette Hitlergemeinde

Es war eine der unzähligen Saalschlachten zwischen Kommunisten und Nazis gegen Ende der Weimarer Republik. „Ich wurde Zeuge, wie ein befreundeter SA-Mann durch einen Revolverschuss schwer verletzt wurde“, erzählt Ludwig Buchhalter über dieses Ereignis, das ihn nachhaltig prägen sollte. Denn der politisch noch unbedarfte junge Mann trat kurz darauf genau deshalb der NSDAP bei. Eigentlich nichts Besonderes, schließlich taten das damals Hunderttausende von Deutschen. Doch beinhaltet der Fall eine gewisse Pikanterie: Ludwig Buchhalter stammte aus Jerusalem, wohin er nach seiner Ausbildung im württembergischen Nagold auch zurückkehrte. Dort nahm er eine Stelle als Lehrer an der Deutschen Schule an und wurde nur wenig später Ortsgruppenleiter der NSDAP.

Die NSDAP-Ortsgruppe in Jerusalem war Teil eines nationalsozialistischen Netzwerks, das bald unter der Bezeichnung >Landesgruppe der NSDAP in Palästina

< firmieren sollte. Und wie in Jerusalem rekrutierte sich die Mehrheit ihrer Mitglieder aus der Tempelgesellschaft, einer pietistischen Abspaltung der württembergischen Landeskirche, deren Zentrale in Deutschland heute in Stuttgart-Degerloch beheimatet ist. Ihre schwäbische Anhängerschaft hatte sich gegen Mitte des 19. Jahrhunderts nichts Geringeres als die „Errichtung des Reichs Gottes auf Erden“ auf ihre Fahnen geschrieben, das sie natürlich nirgendwo anders aufzubauen gedachten, als im >Heiligen Land

< selbst. 1868 begann die Übersiedlung der ersten Templer in die osmanische Provinz Palästina. Zwar fiel der fromme Traum der Templer mangels Masse ins Wasser, ihr Kolonisationsprojekt war aber immerhin der erste erfolgreiche Versuch einer europäischen Ansiedlung in der Region seit den Kreuzzügen. Auch galten die sieben deutschen Siedlungen lange Zeit als Vorbild für die jüdischen Pioniere, die nach ihnen kamen. Genau diese Aufbauarbeit der Palästina-Deutschen wird zurzeit in Tel Aviv mit einer Ausstellung gewürdigt, die unter dem Titel „Chronik einer Utopie – Die Templer im Heiligen Land 1868 – 1948“ im Eretz Israel Museum zu sehen ist. Leider wird dabei das Thema Landesgruppe der NSDAP in Palästina in nur zwei Sätzen abfrühstückt, was eigentlich verwundert. Denn ohne einen Blick auf die Jahre nach 1933 lässt sich kein vollständiges Bild darüber vermitteln, was aus der Utopie der Templer im Laufe der Jahrzehnte eigentlich werden sollte.

Über drei Generationen hinweg lebte die palästina-deutsche Minorität im Lande. Zu Beginn der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zählte sie knapp zweieinhalbtausend Personen, eine im Vergleich zur jüdischen und arabischen Bevölkerung verschwindend kleine Zahl, die aber über einen bemerkenswert hohen Lebensstandard verfügte. Doch hing dieser weitestgehend von billigen arabischen Arbeitskräften und einem stetig expandierenden jüdischen Markt ab, so dass sie sich genau an der Schnittstelle des aufkeimenden Konflikts zwischen Juden und Arabern befanden. Trotzdem lebten die schwäbischen Siedler strikt abgeschottet von allem Nicht-Deutschen in Palästina. Mit einer gehörigen Portion Chauvinismus blickten sie auf die Araber herab, die für sie nur „das Brot der Faulheit“ aßen und betrachteten voller Missgunst den Erfolg der Zionisten, der ihre Hoffnungen zunichte machte, irgendwann einmal das Land zu beherrschen. Gemäß der palästina-deutschen Diktion konnte dieser nur durch die „Macht des jüdischen Goldes“ zustande gekommen sein. Schon frühzeitig lässt sich beobachten, wie ein religiös motivierter Antijudaismus unter den Templern durch Anspielungen auf die unerschöpfliche Finanzkraft eines als omnipotent halluzinierten >

Weltjudentums< ersetzt und später durch rassebiologische Antisemitismen angereichert wurde. Wenig verwundern darf es daher, wenn 1935 die >Warte des Tempels

<, das Zentralorgan der Tempelgesellschaft, stolz verkündete, dass man sich seit Generationen „in der Rassenfrage ganz im nationalsozialistischen Sinne verhalten“ habe. „Blut, Boden, Rasse als gottgeschenkte Wirklichkeiten“, so lautete bald das Credo der Pietisten, die Zeit ihrer Existenz in Palästina sich das Gefühl bewahrt hatten, ethnisch einer sehr exklusiven Gruppe anzugehören. Folgerichtig gab es in rund achtzig Jahren weniger als eine Handvoll Eheschließungen mit Partnern, die keine Deutschen in ihrem Sinne waren. Und wer es doch wagte, hatte mit der sozialen Stigmatisierung als Konsequenz zu leben.

Wie die Biographie Ludwig Buchhalters zeigt, leitete das Jahr 1933 eine für die Palästina-Deutschen verhängnisvolle Wende ein: Die Etablierung der Hitler-Diktatur deuteten sie als Beginn einer Renaissance Deutschlands. Infolge ergriff die deutschen Siedler eine bis dato unbekannte Politisierung. Schon 1932 hatte Karl Ruff, ein in Haifa ansässiger Architekt, erste Kontakte zur Nazi-Partei geknüpft. Die Auslands-Organisation der NSDAP, zuständig für die Mitglieder der Partei jenseits der Reichsgrenzen, reagierte prompt und hoffte, „besonders in Palästina eine Landesgruppe ins Leben rufen“ zu können. Das Resultat war zunächst recht mager, gerade sechs Personen besaßen vor 1933 das braune Parteibuch. Aber bereits im November 1933 registrierte man zweiundvierzig Mitglieder, eine Zahl, die auf über dreihundertdreißig im Januar 1938 anwuchs. Das waren rund siebzehn Prozent aller Palästina-Deutschen, oder mit anderen Worten: Jeder dritte Erwachsene war in der NSDAP. Angesichts der Tatsache, dass nur fünf Prozent der Deutschen im Ausland NSDAP-Parteimitglieder waren, ein Spitzenwert.

Am Charisma der lokalen Parteimatadore konnte es garantiert nicht gelegen haben, dass es mit der NSDAP in Palästina so rasant aufwärts ging. Denn genau wie ihre großen Vorbilder im Dritten Reich legten diese einen ausgesprochenen Hang zu Intrigen und gegenseitigen Denunziationen an den Tag, der die Parteiarbeit eher lähmte als ihr förderlich war. Aber dennoch: „Es ist schon eine ganze nette Hitlergemeinde hier, welche regelmäßig zu den Reden kommt, auch kommen immer junge Leute, die auch schon begeistert sind“, schreibt der Cornelius Schwarz seinem Sohn Erwin schon im März 1933 nach Kairo, der dort mit dem Aufbau der Landesgruppe der NSDAP in Ägypten beschäftigt war. Gerade die Korrespondenz des späteren Landesgruppenleiters liefert Einblicke in die mentalen Befindlichkeiten der Palästina-Deutschen und zeigt exemplarisch, warum die NS-Ideologie unter den palästina-deutschen Siedlern auf solch positive Resonanz stoßen konnte.

Zum einen lässt sich erkennen, dass es mit der Verbundenheit der Palästina-Deutschen zur Tempelgesellschaft nicht mehr zum Besten bestellt war. Dies hinterließ ein gewisses Vakuum, das die NSDAP erfolgreich zu füllen vermochte. Zum anderen wurde die Gegenwart als eine Epoche der Krise gedeutet. Nicht nur für Cornelius Schwarz leitete der Aufstieg Adolf Hitlers daher die lang ersehnte „Zeitenwende“ ein. Bemerkenswert ist in diesem Kontext die nach wie vor fast ausschließlich sich an religiösen Kategorien orientierende Deutung des Nationalsozialismus. Hitler-Reden im Rundfunk hatten für die Palästina-Deutschen den Charakter eines „wahren Gottesdienstes“ und in der Machtübernahme durch die NSDAP sahen sie ein historisches Ereignis, das allein mit der Reformation zu vergleichen sei. Folglich nimmt Adolf Hitler darin die Rolle eines Vollenders des von Martin Luther begonnenen, aber damals, so jedenfalls drückt es Cornelius Schwarz aus, auf nationaler Ebene unvollendeten Reformationsprozesses ein. Das Mystische und Spirituelle der Reformation des 16. Jahrhunderts verschob sich in ihrer Wahrnehmung zur erlebten Realität der Gegenwart und die politischen Umwälzungen in Deutschland mutierten zu einer nationalen Revolution, die durch die „Kraft von Oben“ initiiert und abgesegnet wurde.

Zudem bot die politische Betätigung zahlreichen Palästina-Deutschen die Perspektive, abseits der Tempelgesellschaft und ihrer tradierten Hierarchien Einfluss und Prestige zu gewinnen. „Viele von den Jüngeren, so um die 20 Jahre herum, sind von dem neuen Reiche begeistert“, berichtete Cornelius Schwarz. Wie der 1910 in Alexandria geborene Ludwig Buchhalter waren die ersten Parteimitglieder zumeist Angehörige der jungen Generation. Gleich ihm befanden sich darunter viele Lehrer, die zu Multiplikatoren nationalsozialistischer Ideen wurden und regelmäßig nach Deutschland fuhren, um dort unter anderem auf speziellen Schulungen Nachhilfe in Sachen Rassenkunde zu erhalten. Mit Dr. Eugen Koch hatte die Landesgruppe vor Ort sogar einen eigenen „Beauftragten des Rassepolitischen Amtes“. Auch glaubten zahlreiche palästina-deutsche Siedler an die geschickt von der Auslands-Organisation der NSDAP propagierten Formel vom „Auslandsdeutschtum als integralem Bestandteil des deutschen Volkskörpers“, die im Krisengeschüttelten Palästina der dreißiger Jahre auf besonders fruchtbaren Boden fiel.

Wehe aber denjenigen, die sich in einer so kleinen und abgeschotteten Gemeinschaft nicht der Autorität der Funktionäre der Landesgruppe unterwarfen. Besonders deutsche Diplomaten gerieten dabei schnell in die Schusslinie. So fragte bereits 1932 die Auslands-Organisation an, ob sich „in dem Judenland“ unter den Konsulatsangehörigen „Freimaurer, Judengenossen oder Zentrumsleute“ befänden. Karl Ruff lieferte nur allzu gerne die gewünschten Informationen. So fahre der Reichsvertreter in Jerusalem, Generalkonsul Nord, kein deutsches Auto und amüsiere sich „lieber mit fremdrassigen Divas am Strande“, meldet er zurück. Welche Dynamik diese Denunziationen auslösen konnten, bekam Nords Nachfolger Heinrich Wolff zu spüren. Seine guten Kontakte zur Jewish Agency machten ihn in den deutschen Gemeinden zur persona non grata. Der frisch gebackene Ortsgruppenleiter Ludwig Buchhalter äußerte im Dezember 1933 den Vorschlag, den vermuteten „jüdischen Einschlag“ von Frau Wolff verstärkt ins Spiel zu bringen. Mit Erfolg, denn nach unzähligen Beschwerdebriefen wurde der >

Sachverständige für Rassenforschung des Reichsministeriums des Inneren

< auf den Fall aufmerksam und forderte das Auswärtige Amt zum Handeln auf. Heinrich Wolff wurde im Sommer 1935 aus dem diplomatischen Dienst entfernt und gegen Walter Doehle ausgetauscht, einem Mann, der „wirklich auf dem Boden des Nationalsozialismus steht“.

In nur wenigen Jahren hatten sich in jeder deutschen Siedlung Ortsgruppen der NSDAP etabliert. Sehr erfolgreich kopierte man das aus dem Dritten Reich bekannte Spektrum an Organisationen. Viele Details aus dem palästina-deutschen Alltag unter dem Hakenkreuz, wie etwa die Hebräisch-Sprachkurse, angeboten von der Hitler-Jugend in Haifa, erscheinen aus heutiger Sicht eher skurril. Doch sind sie Ausdruck einer erfolgreichen Gleichschaltung der Deutschen in Palästina, die absolut freiwillig über die Bühne ging. Denn im Unterschied zu Deutschland verfügte die lokale NSDAP über keinen Repressionsapparat. Niemand, der ein oppositionelles Verhalten an den Tag gelegt hätte, wäre mit Leib und Leben gefährdet gewesen. Zurecht lässt sich diese unwidersprochene und auf keinerlei Opposition stoßende Gleichschaltung daher auch als eine Art Selbstnazifizierung charakterisieren.

Für die Beziehungen der Palästina-Deutschen zu ihrer Außenwelt hatte diese Entwicklung recht desaströse Folgen. Teilweise verlieh sie ihnen aber auch eine privilegierte Position, insbesondere in den Unruhejahren zwischen 1936 und 1939. Die jüdischen Bewohner Palästinas verdächtigten sie der Parteinahme zugunsten arabischer Aufständischer, diese wiederum sahen in den deutschen Siedlern aufgrund der antisemitischen und gegen Großbritannien gerichteten Politik des Dritten Reiches die geborenen Verbündeten im Kampf gegen Juden und britisches Mandat. Last but not least zerbrachen auch die traditionell freundschaftlichen Beziehungen zur britischen Verwaltung, die in ihnen eine potenzielle „Fünfte Kolonne“ sahen.

Die Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges muten daher gelegentlich wie die Szenen eines absurden Theaters an. So forderten die Araber beim Passieren der von ihnen kontrollierten Gebiete explizit die Hakenkreuzfahne als Erkennungszeichen an deutschen Autos, damit keine Verwechslungen mit Juden oder Briten geschehen konnten. Und Landesgruppenleiter Cornelius Schwarz empfahl allen Palästina-Deutschen, das Hakenkreuzabzeichen zu tragen, egal ob Parteimitglied oder nicht. Diese Ausnahmesituation hatte aber wiederum zur Folge, dass sich der auf jüdischer und britischer Seite bestehende Verdacht einer deutschen Nähe zu den arabischen Aufständischen nur noch weiter erhärtete. Ludwig Buchhalter bekam dies einmal hautnah zu spüren, als er auf einer Fahrt von Jerusalem nach Jaffa dank seiner Hakenkreuzfahne am Wagen die arabischen Dörfer zwar ungehindert durchfahren konnte, dann aber aus einem jüdischen Fahrzeug unter Feuer genommen wurde. Auch der zwischen der deutschen Siedlung Wilhelma und Jerusalem täglich pendelnde Molkereiwagen führte eine Hakenkreuzfahne an Bord, die von den gelegentlich mitfahrenden jüdischen Passagieren geschwenkt werden musste.

Dennoch kamen die Palästina-Deutschen in den Jahren des arabischen Aufstandes vergleichsweise sehr glimpflich davon. Aber nicht etwa, weil die ortsansässigen Araber übermäßig Sympathien für die deutschen Siedler empfanden, sondern auf Seiten der Aufstandsbewegung die Hoffnung bestand, militärische Hilfe aus Deutschland beziehen zu können. Ausführlich berichtet Generalkonsul Walter Doehle zudem über das Wohlwollen der arabischen Bewohner Palästinas für das Dritte Reich und wie er persönlich dabei mehrfach zum „Gegenstand starker arabischer Sympathiebekundungen“ wurde und wie beliebt Adolf Hitler doch unter den Arabern sei. Nicht ohne eine gehörige Portion Süffisanz meldet er nach Berlin, dass er sogar ungehindert durch Gegenden fahren kann, in die sich kein britischer Beamte aus Furcht vor Übergriffen mehr traut.

Nach Angaben des Generalkonsuls existierten zwar zwischen ihm als Vertreter des Dritten Reiches und der Aufstandsbewegung offiziell keinerlei Kontakte, aber so ließ er es unterschwellig durchblicken, bestanden dank der „unterirdischen Verbindungen der Kolonisten zu den Kreisen der Aufständischen“ indirekte Mittel und Wege der Kommunikation, schließlich gehörten nicht wenige ihrer arabischen Arbeiter genau dieser an. Dennoch, anders als nach dem Krieg von israelischer Seite oft behauptet, gab es keine aktive palästina-deutsche Unterstützung der Aufständischen - wohl aber wurden Schutzgelder an die unter der Bezeichnung >

Streikkomitees< firmierenden Gruppen gezahlt, die zahlreiche Terrorakte gegen die jüdische Zivilbevölkerung verübten. Auch waren deutsche Siedler nicht in Spionageaktivitäten für Deutschland verwickelt. Dafür gab es in Palästina einen Herrn Dr. Franz Reichert, der als Vertreter der Nachrichtenagentur DNB getarnt, für den Sicherheitsdienst der SS in der Region unterwegs war. Dieser bildete einen wichtigen Brückenkopf für die deutsche Propaganda in der Region, bestach er doch häufig arabische Journalisten, um Deutschlandfreundliche Meldungen zu lancieren. Ferner traf er sich mit Repräsentanten der Aufstandsbewegung und versprach ihnen immer wieder Unterstützung, die sie letztendlich, wenn auch in geringem Umfange, 1939 vom militärischen Geheimdienst unter Admiral Wilhelm Canaris erhielten. Warum Dr. Franz Reichert dabei nicht mit der Landesgruppe der NSDAP zusammenarbeitete, hatte ganz banale Gründe. Weil er wenig Motivation verspürte, sich der Autorität der für ihre Geltungssucht berüchtigten lokalen Parteiführer zu unterwerfen, war er mit den Vertretern der NSDAP vor Ort in inniger Abneigung verbunden. Wohl aber griff er im Einzelfall auf das Wissen und die Sprachkenntnisse einiger Palästina-Deutscher zurück. Doch generell arbeitete er derart stümperhaft, dass der britische Geheimdienst über jeden seiner Schritte bestens informiert war.

Der Zweite Weltkrieg brachte das Ende für die deutschen Siedlungen und damit auch für die Landesgruppe der NSDAP in Palästina. Ein Teil der Wehrpflichtigen, unter ihnen der Jerusalemer Ortsgruppenleiter, konnte zwar unmittelbar vor Ausbruch der Kampfhandlungen das Land auf dem Seeweg verlassen. Die übrigen Palästina-Deutschen wurden kurzfristig als Angehörige einer feindlichen Nation verhaftet, durften aber nach wenigen Wochen unter bestimmten Auflagen in ihre Häuser zurückkehren. Der Vormarsch Rommels in Nordafrika, der, so brachten es jüngst neu entdeckte Quellen ans Tageslicht, im Falle eines Erfolges auch die Vernichtung der Juden in Palästina zur Folge gehabt hätte, bot den Briten den Anlass, über fünfhundert noch verbliebene Palästina-Deutsche nach Australien zu verschiffen. Dort wurden sie in einem Internierungslager untergebracht, wo sie voller Hoffnung auf den Endsieg noch im April 1945 Hitlers Geburtstag im Outback feierten.

Eine Rückkehr der deutschen Siedler nach Palästina war nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unmöglich geworden. Das allzu offene Bekenntnis der Palästina-Deutschen zum Nationalsozialismus sollte sich nun bitter rächen, denn bis zur Gründung des Staates Israels 1948 mussten die letzten von ihnen das Land verlassen. Damit verlor die Tempelgesellschaft Palästina, den langjährigen Mittelpunkt ihres religiösen und sozialen Lebens. Die Angehörigen der Tempelgesellschaft lebten fortan nur noch in Deutschland und Australien. Ihr Neubeginn wurde ihnen dadurch erleichtert, dass Israel 54 Millionen DM aus der Summe der bundesdeutschen Zahlungen zur Entschädigung für das konfiszierte palästina-deutsche Eigentum verwenden musste – das jedenfalls sah eine Passage in dem so genannten Wiedergutmachungsabkommen zwischen dem jüdischen Staat und der Bundesrepublik Deutschland vor. Ungeachtet seiner politischen Vorgeschichte profitierte auch Ex-Ortgruppenleiter Ludwig Buchhalter davon. Der bis zu seiner Pensionierung 1975 im Schuldienst Baden-Württembergs stehende Lehrer wurde für sein nur wenige Wochen vor Kriegsausbruch bezogenes Haus in Jerusalem in den fünfziger Jahren mit einem fünfstelligen Betrag fürstlich entschädigt.

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