Rainer Bonhorst / 20.05.2018 / 06:15 / Foto: Mark Jones / 30 / Seite ausdrucken

Eine Insel der Fröhlichen

Am besten, ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Wer sich die Hochzeit von Harry und Meghan angeschaut hat, erlebte auch als republikanisch gefestigter Kontinentaleuropäer, was für einen Verlust sich Europa mit dem Ausscheiden Englands aus der Union leistet. 

Jawohl, leistet. Denn Brüssel hat kräftig zur Verabschiedung beigetragen. Auch das zeigten die Hochzeitsbilder sonnenklar: Wie soll sich eine Nation, die so stolz und so fröhlich in ihrer Tradition lebt, auf Dauer von Brüsseler Bürokraten vorschreiben lassen, welche Form ihre Bananen und wieviel Zucker ihr Gebäck haben soll? Es genügt ja schon, dass ihnen in bestimmten Fällen vorgeschrieben wird, wie ihre Richter Recht zu sprechen haben. Und dies von einem Verein, von dessen Mitgliedern viele erst vor kurzem gelernt haben, was Demokratie und unabhängige Gerichte sind.  

Nur die Briten können eine Party schmeißen, die zugleich so stilvoll und so unbeschwert, so traditionell und so sicher in der Gegenwart verankert ist. Und dieses grandiose Schauspiel hat durchaus eine Menge mit Politik zu tun. Da feierte ein Volk, das, trotz des Verlustes eines Weltreichs, sich in seiner Identität erstaunlich gewiss ist. Und das wiederum hat einiges mit dem Hochadel zu tun, mit dem sich die Briten bis heute schmücken.

Die Gabe der Flexibilität

Was haben diese Briten nur an und von ihrer Königsfamilie? Eine Menge. Die „Firma“ steht bis heute so stabil da, weil es dem britischen Königshaus – von einem relativ kurzen Zwischenspiel unter Oliver Cromwell abgesehen – immer wieder gelungen ist, seine Krisen klug zu überstehen. Dabei half die Gabe der Flexibilität, wie sie dem späten deutschen Kaiser nicht gegeben war. Die Arroganz und Dummheit unseres letzten Kaisers hat uns – mit einem scheußlichen nazistischen Zwischenspiel – allesamt zu Republikanern gemacht. Das ist auch gut so. Wir hätten wohl nie ein so lockeres Königtum hinbekommen wie heutzutage die Briten und einige andere unserer royalen Nachbarn. Dass es geht, muss wohl an der speziellen Inselatmosphäre liegen. Schließlich haben dort sogar die vielen deutschstämmigen Herrscher nach und nach die Kunst des englischen Durchwurschtelns erlernt. Erst in den Adern der jüngeren Generation ist der Anteil deutschen Blutes stark reduziert.  

Das royale Phänomen Englands erklärt sich am ehesten aus dem Kontrast zu unserer Verfasstheit: Die innere Sicherheit, das trotz vieler Erschütterungen unerschütterte nationale Selbstbewusstsein, zu dem Englands Queen und ihr Anhang ganz wesentlich beitragen, haben wir deutschen Republikaner nie erreicht. Nichts gegen Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender. Aber sie und ihre Vorgänger sind eher belanglose Verzierungen des prosaischen Alltags unserer Politik. Elizabeth und Philip, William und Kate, Harry und Meghan und von mir aus auch Charles und seine unter PR-Gesichtspunkten nicht ganz glückliche Camilla bedeuten für England viel mehr. Sie bilden allesamt eine Art Kitt, der die Nation immer wieder zusammenhalten kann. Nicht jeden Tag, es geht oft heftig her in der innerbritischen Debatte, aber doch zu besonderen Gelegenheiten, und dann umso verlässlicher.

Die Flexibilität, die Britanniens Königshaus über das republikanische Zeitalter hinweg hat überleben lassen, ist bei dieser Hochzeit deutlicher denn je sichtbar geworden. Da saß Dorian Ragland, die dunkelhäutige Mutter der Braut, die aus einem gesellschaftlich nicht gerade vielversprechenden kalifornischen Milieu kommt, tief gerührt in der 500 Jahre alten St. Georges Kapelle, die größer und prächtiger ist als manche Kathedrale. Sie wurde vom Bräutigam-Vater Charles an der Hand genommen und erlebte, wie ihre Tochter durch ihr Ja-Wort zur Duchess of Sussex wurde. Solche Märchen hat nun mal kein republikanisches System zu bieten.

Keine Jubeltürken oder Jubelrussen

Und die dazu passende Kulisse kann auch nicht jeder hinstellen: die Rundfahrt von der altehrwürdigen Kapelle durch liebliche Parklandschaft zurück zum Windsor-Prachtschloss in offener Kutsche, vorbei an jubelnden Mengen. Und das waren keine Jubeltürken oder Jubelrussen, mit denen sich Leute wie Erdogan und Putin umgeben müssen. Das war das Volk einer fröhlichen Insel, auch wenn der Alltag vieler Insulaner oft nicht fröhlich ist. Die Kunst der unbeschwerten Heiterkeit gehört durchaus zu den englischen Tugenden, die vom Kontinent meist nicht wahrgenommen werden. Da ist man fast ein bisschen italienisch und kein bisschen preußisch.

Und wenn auf der regenreichen Insel die Sonne scheint, dann erstrahlt das Land. Kaiserwetter hätten wir früher gesagt. Heute müssten wir republikanisch von Präsidentenwetter sprechen. Die Briten kümmert weder das eine noch das andere. Sie genossen überrascht das Glück der Vorsommersonne, hätten ihr königliches Paar aber auch bei strömendem Regen gefeiert.

So sind sie, die Briten. Unsere Eurokraten haben diese Insulaner oft als Störenfriede empfunden, die nicht ganz ins kontinentale Vereinsleben passen. Sind sie und waren sie und wollen sie auch sein. Aber gerade wegen ihrer britischen Eigenheit sind sie so wertvoll für die Union. Und gerade deswegen wird ihr Abschied ein herber Verlust an Lebensart und politischer Klugheit.

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Leserpost

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Andreas Mamminger / 20.05.2018

Danke für den schönen Beitrag. Ich habe die Feierlichkeiten nur am Rande verfolgt, aber ich war ebenfalls sehr beeindruckt, mit welcher Selbstverständlichkeit die Extreme integiert wurden. Da gibt es eine sehr selbstbewusste Orientierung in die Zukunft und gleichzeit ein tiefer Stolz auf die eigene Geschichte und Tradition. Das fehlt in Deutschland völlig, bestenfalls wird ein “Verfassungspatriotismus” beschworen, der alles und nichts beinhalten kann - und dem Rituale und Sinnlichkeit fehlen und immer nur an den Kopf appeliert. Als Bayer fühle ich mich immer wieder an die eigene bayerische Geschichte erinnert. Hier gibts noch Reste einer tiefen Verbindung zu Geschichte, ein Stolz auf seine Heimat - und ja, auch Stolz und Verbundenheit mit der Monarchie. Dieses Gefühl ergreift einen immer wieder mal und das kann man keinem im übrigen Deutschland erklären… Die Dänen verstehen es, die Briten auch.  

Th.F. Brommelcamp / 20.05.2018

Ein Königinnen Tag, jetzt Königs Tag, wie in den Niederlanden sollten Deutsche Anschauen, als Unterricht in Nationalgefühl und Demokratie. Klar haben wir auch Darmtraktgrüne, die in jedem Kopftuch eine Kultur erkennen. Aber die haben meist zuviel deutsches Fernsehen gesehen.

Rolf Menzen / 20.05.2018

Auch im UK ist längst nicht mehr alles wie früher. Man denke nur an Rotherham, schaue sich Städte wie Bradford an, in denen man sich fragt ob man noch in Europa ist oder die Möglichkeit, dass ein Ewiggestriger wie Corbyn Premier werden könnte.

A. Witzgall / 20.05.2018

Welche Hochzeit könnte Deutschland vereinen? Alice Weidel heiratet Antonia Hofreiter,  Claudia Roth und Alexander Gauland als Trauzeugen. Kipping und Wagenknecht Brautjungfern. Das BAMF organisiert das Hochzeitsessen, Wladimir P. ist der Vorkoster und Henryk M. Broder der Festredner. Als Sponsor fungiert die Anti-Abschiebe-Industrie und für die Hochzeitsfahrzeuge sorgt Ursula v. d. L. und für die Sicherheit ist eine gewisse “Erika” verantwortlich. Identität konnte nicht genau festgestellt werden, Sie hat ihre Akte verloren. Aber vielleicht treibt Wladimir P. sie ja noch rechtzeitig auf, damit dem Fest nichts mehr im Wege steht.

Karla Kuhn / 20.05.2018

“Wer sich die Hochzeit von Harry und Meghan angeschaut hat, erlebte auch als republikanisch gefestigter Kontinentaleuropäer, was für einen Verlust sich Europa mit dem Ausscheiden Englands aus der Union leistet. ” Ich habe bisher nicht gemerkt, daß die Engländer ui der EU sind und werde es auch nicht merken, wenn sie nicht mehr in der EU sind. Die Engländer haben noch rechtzeitig den Absprung geschafft, ehe die EU von Macron und Co. wahrscheinlich noch unattraktiver gemacht wird.  Macrons Wünsche werden Deutschland zum größten Nettozahler machen, die Vereinheitlichung der Schulden, werden wahrscheinlich die Sparer aber auch die Käufer zu spüren bekommen. nein, dieser Mann bringt mit Sicherheit keinen Segen und Merkel nickt anscheinend seine Pläne einfach ab. Abgesehen davon ist England bestimmt keine Insel der Seligen mit seinem unglaublich hohen Migrantenanteil. Freunde von mir leben seit Jahrzehnten in Bristol, die erleben den ALLTAG !! Die royalen Hochzeiten sind doch auch dazu da, daß die breite Masse mal wieder ein Schmankerl bekommt zur Beruhigung. Bei denen wird ja auch fast jeder royale “Furz”  breitgetreten.

alexander meyer / 20.05.2018

Die Briten haben uns enorm bereichert,schon immer mit der unerreichbaren Würde u Tradition des Hochadels,u in der Neuzeit in Sachen Musik u Kultur. Den Brexit werden sie locker wegstecken,denn schon vor dieser EU waren wir in den 60-gern vermutlich mehr Brüder im Geiste als heutzutage !

Sebastian Gumbach / 20.05.2018

Teile Großbritanniens, speziell Nordengland, sind verloren - schon jetzt gibt es dort eine muslimische Mehrheit. Andere Teile des Vereinigten Königreichs werden folgen. Die Besiedelung Europas mit Muslimen aus Nordafrika und dem Nahen Osten ist nicht auf die EU beschränkt, sondern auch auf Länder wie England/Schottland/Wales/Nordirland oder die Schweiz. Zwar gibt es in diesen Ländern unterschiedliche Geschwindigkeiten, aber das, wovon Frans Timmermans und Nicolas Sarkozy sprachen - die Multiethnisierung, die ‘Vermischung der Rassen’ (O-Ton Sarkozy, der auch betonte, dass das mit Zwang geschehen könnte) - ist ein Plan, der in ganz Europa umgesetzt wird. Es gibt nur ein paar Staaten, die sich dem aktiv widersetzen: Visegrad und z.T. Österreich. Bei den Visegrad-Staaten wartet man vermutlich auf andere Anführer, wobei der Widerstand dort nicht an die Anführer gebunden ist, sondern den Völkern, die ein sehr feines Gespür für die Besetzng anderer Länder haben - hinsichtlich Österreichs bin ich sehr gespannt, wie die Regierung Sebastian Kurz auf die massiven Umsiedlungspläne der EU/UN reagieren wird. Eigentlich kann das Kurz seinen Wählen nicht vekaufen, die FPÖ schon gar nicht. Eigentlich.

Frank Pressler / 20.05.2018

Wie schön, Herr Bonhorst, dass auch Ihnen das prächtige Erziehungsschauspiel gefallen hat, das uns die alte undemokratische adlige „Elite“ und die undemokratische neuadlige „Elite“ des Showbusiness und des Sports mit der gnädigen Hilfe der Medien vorgeführt hat. Wir, die republikanische Plebs, haben jetzt endlich einen festen Orientierungsrahmen und wissen, wie unsere Lebensführung als gelungen gelten kann.

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