Claudio Casula / 20.04.2023 / 16:00 / Foto: pixabay.de / 29 / Seite ausdrucken

Eine flog über das Terrornest

Eine monitor-Reportage von der Restle-Rampe zeigt einmal mehr leidende Palästinenser (Kinder!) und bedient das gängige Narrativ von der schlimmen Besatzung als Ursache.

Es gibt in Deutschland viele einseitige, gleichwohl vom moralischen Hochsitz aus gedrehte Nahost-Reportagen, in denen der mediale Beobachter über die „Gewalt auf beiden Seiten“ den Kopf schüttelt. Jetzt gibt es noch eine mehr. Ein neuer monitor-Beitrag von der Restle-Rampe, betitelt „Die Märtyrer-Kinder – Im Herzen des Nahostkonflikts“ (Donnerstagabend um 21.45 Uhr im Ersten, hier in der ARD-Mediathek zu sehen), haut in die sattsam bekannte Kerbe: Eine „ewige Spirale von Gewalt und Gegengewalt“ sei da im Gange. Und wie fast immer wird nur die palästinensische Seite gezeigt, 24 der 26 Minuten zeigen Szenen aus der Stadt Jenin im Westjordanland: „Für das israelische Militär ist sie eine Terrorhochburg, für die Palästinenser hingegen ein Zentrum des Widerstands gegen die israelische Besatzung.“ 

Und hier haben wir auch schon das Problem: den Elefanten im Raum, den man nicht sehen will. Der historische Hintergrund wird im Film ausgeblendet, nur erwähnt, dass Jenin im Norden des Autonomiegebiets liegt und dass laut UN das Westjordanland „völkerrechtswidrig von Israel besetzt“ werde. Im „Flüchtlingslager“ von Jenin, so heißt es im Begleittext zur Sendung, „leben tausende Palästinenserinnen und Palästinenser, deren Familien vor Jahrzehnten den israelischen Gebietsansprüchen weichen mussten.“ Kurzer Faktencheck: eine irreführende Behauptung, denn die Besetzung der bis dahin von Jordanien annektierten Westbank war eine direkte Folge des Sechstagekriegs im Juni 1967, den Ägypten, Syrien und Jordanien zu verantworten hatten; mit „israelischen Gebietsansprüchen“ hatte das nichts zu tun.  

Als Folge des „Friedensprozesses“ von Oslo wurde Dschenin 1996 eine autonome palästinensische Stadt, und damit begann der ganze Schlamassel für seine Bewohner, insbesondere mit der im Herbst 2000 von Yassir Arafat vom Zaun gebrochenen „Al-Aqsa-Intifada“. Aber dass es eben die palästinensische Autonomiebehörde ist, die erst unter Arafat und dann unter Mahmoud Abbas („Abu Mazen“) seit drei Jahrzehnten die Kontrolle über Jenin besitzt, dass jeder Fortschritt im sogenannten „Friedensprozess“ von diesen torpediert wurde und dass die Existenz der „Jenin-Brigade“ und aller anderen Terrororganisationen in der Westbank nur der Fatah-Herrschaft dort zu verdanken sind, muss der Zuschauer ja nicht wissen.

Klar, „die neue, extrem rechte Regierung in Israel“ ist schuld

Es muss reichen, wenn man die Menschen in Jenin besucht, „für die der Nahostkonflikt ein täglicher Kampf ums Überleben ist“. Zwar nicht wegen Israel, sondern wegen der kompromisslosen Palästinenserführung, die nach vor auf einen Staat nicht neben dem, sondern anstelle des jüdischen erpicht ist und dafür eine Generation nach der anderen zum Kanonenfutter heranzüchtet, aber auch das ist kein Thema für die deutschen Journos. Die registrieren schon, dass die palästinensischen Terroranschläge und die dagegen notwendigen Kommandoaktionen der Israelis seit geraumer Zeit zugenommen haben, aber sie sagen es so: „Unter der neuen, extrem rechten Regierung in Israel verschärfen sich die Spannungen noch weiter.“

Denn wenn monitor draufsteht, dann ist auch monitor drin. Die einseitige Momentaufnahme ist das Mittel der Wahl, das Gefühl des Zuschauers wird angesprochen, der Bauch, nicht der Verstand. Restles Team zeigt, wie schlimm die Lage ist, wie vor allem eine Seite darunter leidet, und den Rest wird sich der Medienkonsument schon zusammenreimen, zumal ihm zuverlässig suggeriert wird, wer an der fatalen Situation in Nahost die Schuld trägt:

„Auch während der Dreharbeiten des MONITOR-Teams finden Razzien des israelischen Militärs statt, es kommt zu Ausschreitungen mit palästinensischen Milizen, ein unbeteiligter 14-jähriger Junge wird angeschossen. Das Team wird Zeuge davon, wie er wenig später verstirbt. Es sind solche Fälle, die Wut und Hass unter den Palästinensern immer neu schüren.“

Es geht um Emotionen, immer.

Zwar kann der einzige Israeli, der kurz zu Wort kommt, ein Sprecher der IDF, grundsätzlich bestätigen, dass der Tod von Zivilisten den Hass weiter nährt, auch klarstellen, dass Militäreinsätze gegen Terroristen nun einmal notwendig seien („Sollen wir nichts tun? Sollen wir sie nicht aufhalten?“) und man sich als Zivilist tunlichst von einer Antiterror-Razzia fernhalten sollte, aber das wird umgehend als völlig unmöglich dargestellt, indem man gleich den Fall eines unschuldigen palästinensischen Sportlehrers schildert, der laut seiner Tochter dabei erschossen worden sein soll, als er einen verletzten „Kämpfer“ von der Straße ziehen wollte.

Und wieder schlägt die anekdotische Evidenz – aus recht trüben, jedenfalls einseitigen Quellen – die Ursachenforschung. Es geht um Emotionen, immer. Und zwar auf palästinensischer Seite. Trauer, Bangen, Verzweiflung, Wut – da weiß der Zuschauer gleich, mit welcher Seite er sich identifizieren soll. Da sind allerdings auch noch der Hass und die Racheschwüre, reichlich ekelhaft und ebenso wie die mit ausrangierten Waffen spielenden Kinder und die allgegenwärtigen Poster mit „Märtyrer“-Porträts nicht zu übersehen:

„In den Straßen der Stadt feiern sie die Ermordung israelischer Zivilisten und glauben fest daran, durch den eigenen Tod zu Märtyrern zu werden.“

Das ist der Punkt. Der Schlüssel zum Verständnis des Nahostkonflikts. Die Kultur des Todes, die man in dem seit 30 Jahren von Arafats Leuten und islamistischen Fanatikern beherrschten Gebiet zelebriert: Gut, wenn die Juden getötet werden – und auch gut, wenn es die eigenen Leute erwischt, dann werden sie zu Märtyrern, die man der Welt als Opfer präsentieren kann und den Rachedurst der eigenen Leute anstacheln. Maximale Opferzahlen auf beiden Seiten, das ist das Ziel – bei den Israelis ist es genau umgekehrt. Auf die Reportage oder die Doku, die sich diesem entscheidenden Thema widmet, warten wir seit Jahrzehnten. Und wir werden noch ein paar Jahrzehnte darauf warten müssen, nämlich so lange, wie Machwerke à la „Die Märtyrer-Kinder“ gedreht werden, die wir mit 18,36 Euro im Monat mitfinanzieren müssen, so wie wir die Palästinenser mitfinanzieren, die Kinder zu „Märtyrern“ erziehen. Aber das sind antisemitische Sünden der Gegenwart, die in den Sonntagsreden unseres Bundespräsidenten nicht vorkommen.

 

Claudio Casula arbeitet als Autor, Redakteur und Lektor bei der Achse des Guten.

Foto: pixabay.de

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Gustav Kemmt / 20.04.2023

Vielen Dank! Der Spuk wird so lange weitergehen, wie man nicht davon Abstand nimmt, von “Palaestinensern” zu sprechen. Es handelt sich naemlich um ‘Islamaraber’. Palaestina existierte als britisches Mandatsgebiet, das in zwei Teile aufgeteilt wurde: Israel und Jordanien. Israel reicht damit von mindestens der Mitte des Jordan bis zum Mittelmeer, inklusive des beruechtigten Gazastreifens und inklusive des Westjordanlandes. Ganz einfach: es gibt israelische Araber und es gibt (durch und durch antisemitische) Islamaraber. Die haetten schon zu Zeiten der Aufteilung des Mandatsgebiets nach Jordanien gehen koennen, um dort ihr Islamunwesen auszuleben. Der sogenannte Islam ist fuer sich Antireligion und Antizivilisation, die Apologie der Barbarei. Das teilt das Unwesen mit der Sowjetideologie, den sogenannten Linken als Gesamtkomplex Antidemokratie, Zensur und Imperialismus. Beide, das Islamunwesen und das Unwesen des Sozialismus treffen sich auf der Restle-Rampe und feiern gewissermassen den Gottesstaat, die Negation der Souveraenitaet als Apologie der Unmenschlichkeit.

Marcel Seiler / 20.04.2023

Die Bewohner Gazas und der Westbank könnten unendlich profitieren, wenn sie Frieden machten und mit dem technisch, wirtschaftlich, wissenschaftlich und bildungsmäßig erfolgreichsten Land der Region – Israel – zusammenarbeiteten. Aber ihr Hass und ihre Rachegefühle sind ihnen wichtiger. Und sie lassen es zu, dass sie von den Warlords der Gegend missbraucht werden. Mit den Folgen dieser Entscheidung müssen sie dann auch leben.

S. Malm / 20.04.2023

Ich werde nie vergessen, wie ein Beitrag der Tagesschau eine von den Israelis beschossene palestinensische Schule zeigte und ein fast identischer Beitrag bei Sky News dazu auch den Schulhof mit der palestinensischen Artilleriestellung. Das war in den Neunzigern. Lügen mit Bildern hat Tradition im ÖRR.

giesemann gerhard / 20.04.2023

Der Gazastreifen ist zehn Mal so dicht besiedelt wie NRW - und DAS ist schon eine Sauerey. Laut wiki 540 vs. 5.4oo po km². Daran leiden die Kinderchen.

Andreas Rühl / 20.04.2023

Woran erkennt man, dass das persische Volk klüger ist als das deutsche? Dort schaut keiner das Staatsfernsehen.

S. Marek / 20.04.2023

Das “palästinensische Volk” wurde aus Propagandagründen erfunden, eine Fiktion, die ein durchschlagender Propagandaerfolg war.  . Warum wird in keiner der Reden der arabischen Führer vor dem Krieg von 1948 oder vor dem Krieg von 1967 das “palästinensische Volk” erwähnt? Warum taucht das “palästinensische Volk” in den transkribierten Aufzeichnungen der endlosen arabischen Reden vor der UNO plötzlich erst nach dem Sechstagekrieg auf?  Es war Zuheir Mohsen, der Anführer der palästinensischen Terrorgruppe As Saiqa, der in einem Moment der Offenheit 1970 in einem Interview mit James Dorsey für die niederländische Zeitung Trouw erklärte, warum das “palästinensische Volk” erfunden worden war:  Das palästinensische Volk gibt es nicht. Die Schaffung eines palästinensischen Staates ist nur ein Mittel, um unseren Kampf gegen den Staat Israel für unsere arabische Einheit fortzusetzen.  Alles andre ist Humbug und eine gigantische Lüge um den Staat Israel als einzigen Jüdischen Staat zu vernichten !

Gerhard Schmidt / 20.04.2023

1972 (mein Geburtsjahr) zerstörten diese arabischen .... die Olympischen Spiele. Meine Erinnerungen setzen 1977 ein, als die selben… den Flugkapitän der “Landshut” ermordeten und die Leiche aus dem Fenster stießen. Wohl eines meiner frühesten Fernseh-Erlebnisse, Tagesschau. Die Verachtung für diese… reicht für ein Leben. Und jeder kriegt, was er verdient.

Sam Lowry / 20.04.2023

Der Atomkrieg steht vor der Türe, doch man schwelgt in Dingen wie “Bin ich Mann, bin ich Frau, bin ich Salatgurke” in ARD und ZDF. Dafür will man immer Geld haben und ist nicht mehr bereit, vernünftigen Journalismus zu bieten. Dazu der ganze Müll wie Tatort, Tagesschau und Tagesthemen. Wer sowas anschaut, der muss ja geistig zurückbleiben. Und ist es eh schon lange…

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Claudio Casula / 25.04.2024 / 06:00 / 89

Boris der Große im ZDF

Ein Film über Verteidigungsminister Boris Pistorius im ZDF wird als Meisterwerk der Hofberichterstattung in die Fernsehgeschichte eingehen. Vor einer Woche zeigte das ZDF die Doku „Mensch Merz!…/ mehr

Claudio Casula / 24.04.2024 / 06:25 / 58

Mit Inhalierscham das Klima retten

Schlechte Nachrichten für die 6,1 Millionen Patienten in Deutschland, die auf Inhalatoren angewiesen sind: Sie sind von einer neuen EU-Verordnung betroffen. Die Verordnung über fluorierte Treibhausgase und…/ mehr

Claudio Casula / 20.04.2024 / 06:15 / 77

Corona-Ticker (15): Die Geister lassen sich nicht verjagen

Wie sieht es aus mit der Aufarbeitung der Corona-Zeit? Die Politik wehrt sich, die Medien zieren sich und die Justiz macht weiter wie bisher.  Mit…/ mehr

Claudio Casula / 19.04.2024 / 12:55 / 127

Der Baerbock-Bibi-Kompetenz-Vergleich

Annalena Baerbock will Benjamin Netanyahu belehren. Was befähigt sie dazu? Wie Bild meldet, hat sich Außenministerin Annalena Baerbock beim Versuch, Israels Ministerpräsidenten mit der Warnung…/ mehr

Claudio Casula / 17.04.2024 / 06:15 / 135

Triumph des Willens

Ein KI-Video zeigt ein dystopisches Deutschland nach der Machtübernahme der „Blauen" und der erzwungenen Remigration aller Ausländer. Wer produziert so was?  Enkelin: „Oma, wie schlecht kann…/ mehr

Claudio Casula / 16.04.2024 / 13:57 / 8

Texte zur falschen Zeit

Die wachsende unabhängige Medienlandschaft ist um eine dissidente Plattform reicher: Die politische Halbjahreszeitschrift casa|blanca trägt den schönen Untertitel „Texte zur falschen Zeit“. Laut Editorial will man „auf…/ mehr

Claudio Casula / 15.04.2024 / 12:20 / 66

Die allerschärfsten Reaktionen auf den Iran-Angriff

Als der Iran Israel attackierte, war im deutschen Fernsehen kaum etwas dazu zu sehen. Auch die Politiker schwiegen. Aber nicht für immer, was noch schlimmer…/ mehr

Claudio Casula / 12.04.2024 / 16:00 / 49

Bundestag erlaubt den Griff nach dem neuen Geschlecht

Heute hat der Bundestag das umstrittene „Selbstbestimmungsgesetz“ verabschiedet. Die Aussprache war für den Beobachter ein ganz zähes Stück Fleisch. Dafür, dass so lange und erbittert um…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com