Seit die „Antidiskriminierungsstelle“ des Bundes bekannt gegeben hat, dass jede zweite Frau schon einmal Opfer oder Zeugin einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz geworden ist, sehen wir die Welt mit anderen Augen. Auf der Straße, beim Einkauf, bei Lidl und Aldi, in der Tram oder im Park, wenn wir heimlich auf Susi warten, überall fragen wir uns, wer von denen, die gerade vorbei gehen, neben uns stehen oder sitzen, ringt darum, mit der schlimmen Erfahrung fertig zu werden.
Nach den Ermittlungen des Sozialwissenschaftlichen Umfragezentrums Duisburg müssten uns die Geprüften auf Schritt und Tritt begegnen. Selbst die Männer drängen sich unterdessen in die Opferstatistik. Fast jeder zehnte will schon einmal sexuell belästigt worden sein will. Aber wenn dem so ist, grübeln wir weiter, wenn die Mehrzahl der repräsentativ Befragten zu den Belästigten gehören möchte, wo kommen dann die Täter her?
Wer könnte dem Beuteschema der Sex-Bessenen entsprechen? Sind es die Dünnen, sind es Dicken, die Frauen, die sich längst mit ihren „Pfunden“ angefreundet haben? Oder die Männer, „die sich an den Theken den Schaum von den Lippen wischen“, wer mag sie derart belästigen, dass sie fürs Leben traumatisiert sind?
Wie kann das sein, wo doch die Belästigung für den Belästiger mit einem gewissen Lustgewinn verbunden sein soll? Heißt das am Ende, dass heute einfach so drauf los belästigt wird, ohne sich das Objekt der Belästigung überhaupt noch anzusehen? Oder könnte eben das, diese mangelnde Beachtung, manche und manchen verführen, sich auszumalen, was denn schlimmsten Falls passieren würde?
So wie es neben der messbaren eine gefühlte Temperatur gibt, mag es inzwischen auch eine gefühlte Belästigung geben - mit durchaus schwerwiegenden Folgen. Vor Jahren wurde in Darmstadt ein Lehrer zu mehrjähriger Gefängnisstrafe verurteilt, weil sich eine seiner Kolleginnen in dem Gefühl wiegen wollte, von ihm belästigt, schließlich anal missbraucht worden zu sein. Der Mann kam hinter Gitter. Als sich dann schließlich herausstellte, dass das vermeintliche Opfer seiner Phantasie erlegen war, war der vermeintliche Täter bereits an Herzversagen gestorben.
Ein Einzelfall, mag sein, aber doch einer, der zeigt, mit welcher Vorsicht zu betrachten ist, was wir in Sachen sexueller Belästigung allemal für bare Münze zu nehmen geneigt sind. Das Thema ist schlagzeilenträchtig. Wer nicht von vornherein schluckt, was ihm da aufgetischt wird, darf sich auf eine mediale Abreibung gefasst machen. Er gerät leicht in den Verdacht, die Opfer zu verhöhnen. Dass auch die Trittbrettfahrer der sexuellen Belästigung, diejenigen, denen die Phantasie mehr vormacht, als sie erleben, Opfer aufgebauschter Kampagnen sind, wird dabei nur allzu gern übersehen.
Sicher gibt es Menschen, um die sich die Gesellschaft kümmern und die sie rechtlich schützen muss, weil sie nachhaltig verletzt worden sind. Ebenso wie es Menschen gibt, die Grund haben, mit ihrem biologisch zugewiesenen Geschlecht zu hadern, weil sie sich davon mehr oder anderes erwarten, als ihnen das Leben geben vermag. Alles das stimmt und kann von Fall zu Fall schlimme bis tragische Folgen haben, ändert aber nichts daran, dass es nun einmal Frauen und Männer gibt, auf deren sexuelles Verlangen wir nicht nur biologisch angewiesen sind.
Auch ein Großteil dessen, was uns die Kulturgeschichte bisher hinterlassen hat, in Kunst, Literatur, Musik und nicht zuletzt im Brauchtum, in den Religionen sowie in den Moralvorstellungen, verdankt sich der erotischen Spannung zwischen den Geschlechtern. In den großen Opern, in Figaros Hochzeit, in La Traviata oder im Rosenkavalier, in der Malerei, bei Rubens wie bei Picasso oder Manet (man denke nur an sein „Frühstück im Grünen“), überall geht es um das, was heute den Tatbestand der „sexuellen Belästigung“ erfüllen würde - um eine Diskriminierung, der nun behördlich der Kampf angesagt werden soll.
Die politischen Schaumschläger stehen bereits in den Startlöchern. Gleich mit der Publikation der Umfrageergebnisse zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz gab die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bekannt, dass nun umgehend eine „Kommission“ gegründet wird, die gesetzliche und andere Maßnahme gegen die sexuelle Belästigung vorschlagen soll. Die Unternehmen dürfen wohl schon einmal die Kosten für einen Antibelästigungsbeauftragten, den sie demnächst einstellen müssen, kalkulieren.
Den Vorsitz der neuen Expertenrunde soll Klaus Wowereit übernehmen. Tatsächlich ist er, was die Brisanz des Themas anlangt, nicht ganz unerfahren.
In seiner Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin wurde ein Spielkoffer für Kindergärten und Grundschulen entwickelt, der helfen sollte, Erstklässlern und Vorschulkindern die „Vielfalt des Sexuallebens“ vorzuführen. Jungen und Mädchen im Alter von fünf, sechs Jahren wurden damit in die „Sexualwelt“ von „Schwulen, Lesben, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen“ eingeführt. „Probehalber“ hatte man „ein lesbisches oder schwules Wochenende“ ins Auge gefasst. „Rollenspiele“ sollten dazu dienen, „ein Coming-out zu üben“.
Die Kinder waren und sind dem pädagogisch bemäntelten Missbrauch hilflos ausgeliefert. Sie werden frühzeitig zu den Opfern abgerichtet, mit deren Betreuung sich die Politiker nachher aufspielen können.
Eine dekadente Schmierenkomödie sondergleichen, bestens besetzt mit dem Bock als Gärtner.