Katharina Szabo / 04.01.2015 / 12:02 / 6 / Seite ausdrucken

Ein Wort, und schon ist man ein Nazi

„Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‘Gerechtigkeit’, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‘Freiheit’ zum Privilegium wird“, so ein viel zitierter Ausspruch der Kommunistin Rosa Luxemburg.

Herangezogen wird dieser Satz gerne von Menschen, die sich selbst als ‚anders Denkende‘ definieren und darauf hinweisen wollen, als Vertreter eines vermeindlich herausgehobenen Denkens die Wortführerschaft inne zu haben. So ist und war der Ausspruch aber nicht gemeint, selbst nicht von Rosa Luxemburg. Der anders Denkende ist als der politische Widersacher zu betrachten, dem man zum Wohle der Freiheit und im Sinne politischer Belebung eine Meinung zugestehen sollte.

In Zeiten der Bedrohung durch Pegida ist dieses erzliberale Rezept eines friedlichen politischen Miteinanders außer Kraft gesetzt. Gilt es den Anfängen zu wehren, ist schließlich alles erlaubt. Es wird beschimpft, gemobbt, ausgegrenzt und lächerlich gemacht. Und jedem, der auch nur ansatzweise zur Vernunft mahnt oder aber Verständnis für Positionen der Demonstranten äußert, muss flugs und ohne lange Umschweife eine finstere Absicht gepaart mit völkischer Gesinnung attestiert werden. Oder am besten gleich ein lupenreiner Nazi zu sein. Sicher ist sicher.

Ob es sich tatsächlich um Menschen nationalsozialistischer Gesinnung handelt, die sich derzeit auf den Straßen Dresdens versammeln, weiß niemand so genau, es ist sogar eher unwahrscheinlich, tut aber nichts zur Sache. Wer wie Pegida gegen eine Islamisierung des Abendlandes demonstriert, ist ein Nazi. Zwar ist die Islamisierung des Abendlandes nichts gegen die inzwischen vollzogene Islamisierung des Morgenlandes, gegen die zu demonstrieren wohl angebrachter wäre, auch aus Sympathie zu den dort geknechteten Muslimen; allerdings behaupten die Pegida-Demonstranten ebenso von sich, den Anfängen wehren zu wollen. Da haben sie Recht, das Morgenland ist verloren, präventiv kann man sich also nur auf das Abendland konzentrieren.

Eine wirkliche Bedrohung der Muslime dieser Welt durch Pegida-Demonstranten ist unwahrscheinlich. Im Unterschied zu den Katholiken, gegen die auch häufig und mit vermutlich ungleich höherem Hass im Herzen demonstriert wird, sind sie bis an die Zähne bewaffnet, verfügen über Ölvorkommen, Atombomben und beste Kontakte zu Linken und Grünen. Darum geht es aber auch nicht. Der Nazijäger von heute ist schließlich nicht bescheuert und setzt sich daher auch nicht dem Risiko aus, gegen tatsächliche Bedrohungen anzukämpfen. Hätte er außerdem vor, den Geißeln der Menschheit aus Genozid, Folter, Versklavung, Kindermord, Krieg und Unterdrückung die Stirn zu bieten, böte sich gemäß politischer Weltlage derzeit ohnehin nur eine Option: der Islam. Dies wiederum würde den Nazijäger aber zum Nazi machen. Und ihn darüber hinaus neben der gesellschaftlichen Ächtung auch einer nicht abzuschätzenden Gefahr für Leib und Leben aussetzen. Bekanntlich gibt es einzelne Muslime, die keinen Spaß verstehen, wenn man sie oder ihren Gott kritisiert.

Eine derartige Situation meidet jeder vernunftbegabter Mensch, der für das Gute in der Welt, also Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Liberalismus zu Felde zieht. Schließlich wird er hier noch gebraucht, heute mehr denn je. Hier lauert das wahre Böse, das enttarnt, gemeldet und zur Strecke gebracht werden muss. 

Irgendwer muss die Drecksarbeit ja tun.

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Leserpost

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Detlef Wolters / 05.01.2015

“Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden” Andere forsch als Dumpfbacken zu bezeichnen zeigt, wie weit einige Menschen sich in ihrer Arroganz von der Freiheit bereits entfernt haben und dennoch intellektuell nicht in der Lage sind, diesen Widerspruch zu erkennen. Das ist das, was mich hoffnungslos macht.

Helmut Driesel / 05.01.2015

Rosa Luxemburg war eine gebildete und politisch erfahrene Persönlichkeit, aber sie war nicht reif genug, um die Tendenzen der sozialen Bewegungen in Mitteleuropa realistisch einschätzen zu können. Ihre eigenen klassenkämpferischen Intentionen waren totalitär genug, um diese Freiheit der anders Denkenden im politischen Alltag nicht einmal den damaligen rechten Sozialdemokraten zu zugestehen. Es ist insofern sehr schade, dass es wegen ihrer frühen Ermordung keine späteren Texte von ihr geben konnte. Deshalb war das Zitat zum Herumtragen auf Demonstrationen schon zu früheren Gelegenheiten ungeeignet. Als Nazi wird man heute sehr schnell bezeichnet, schaut man sich mal auf den Webseiten linker Antifa-Aktivisten um, da wird wenig Unterschied zwischen Nazi, Faschist und Totalitarist gemacht. Ich erinnere mich an einen sehr guten Artikel von Richard Wagner hier zur Gegenseitigkeit rechter und linker Meinungen. Es gibt ja kurioserweise sogar eine Art nationalsozialistische Internationale, die sich auf dem reinen Antisemitismus und der Gegnerschaft zur totalitären Linken gründet. Aber wenn man versucht, klare Definitionen zu finden, gerät man sehr schnell ins Beliebige. Alle Faschisten sind auf die ein oder andere Weise Anhänger der Thesen Machiavellis. Sie glauben daran, dass es grundsätzlich erlaubt, also im ethischen wie im religiösen Sinne nicht verwerflich ist, wenn eine Clique oder Einzelpersonen ihre erlangte (zugefallene oder erkämpfte) Macht dazu benutzen die eigenen Interessen über die der gesamten Gesellschaft zu stellen. Faschisten haben aber ebenso die alttestamentarischen Thesen von der Auserwähltheit des Volkes Abrahams adaptiert. Die reine Idee vom Faschismus ist uralt und verbindet sich über T. Herzl mit dem modernen weltumspannend machtgreifenden Zionismus wie auch über die Jüdin Margherita Sarfatti direkt zu Mussolini, dem “gefühlten” Begründer des modernen Faschismus. Und über die Jüdin und KP-Gründerin Rosa Luxemburg verbindet sich dieser israelitische Machtbegriff auch mit dem totalitären Stalinismus des letzten Jahrhunderts. Es gibt also wenig zu differenzieren und gute Gründe, warum die Journalisten und Experten in ihren analytischen Urteilen gerne diffus bleiben.

Katharina Szabo / 05.01.2015

Sehr geehrter Herr Herok, die Idioten von Hoyerswerda waren das direkte Produkt einer sozialistischen Diktatur, die jeden zum faschistischen Klassenfeind erklärte, der auch nur einen Millimeter von der vorgegebenen Linie abwich. Genau das kommt dann dabei heraus. Lernfähigkeit war leider noch nie eine Stärke der Sozialisten. Gruß, Katharina Szabo

Bernhard Szirnik / 05.01.2015

Der Widerstand gegen Adolf Hitler wird bekanntlich stärker, je länger er tot ist.

Philipp Döbbe / 05.01.2015

Bei dem Zitat von Rosa Luxemburg darf man zwei Dinge nicht vergessen: 1. Sie hat es nie veröffentlicht. Es wurde in ihrem Nachlass gefunden. 2. Es war nur auf Kommunisten bezogen. Mit ihm sollte ein pluralistischer Diskurs innerhalb (!) der revolutionären Linken ermöglicht werden. Auf Bürgerliche, Konservative, Liberale und andere “konterrevolutionäre” Kräfte sollte es nie Anwendung finden (und hat es durch Kommunisten wie die Geschichtes des Sozialismus zeigt auch nie).

Wolfgang Herok / 05.01.2015

” Freiheit ist immer Freiheit des anders Denkenden. “ Das sehe ich auch so. Genau aus diesem Grunde finde ich es völlig legitim, wenn jeder Mensch hier in Deutschland, sei es ein Politiker, oder ich seine Meinung zu den Dumpfbacken der Pegida hier frei äussern darf. Erinnern Sie sich noch an die applaudierenden Biedermänner und -frauen , als in Hoyerswerda die Häuser brannten?

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