Seit dem Wochenende ist ein Video im Netz viral gegangen, das den Geschäftsführer des thüringischen Landesverbandes des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) in Aktion zeigt. Der Mann heißt Sebastian Scholz und empfiehlt sich in der Sequenz als Vorstopper für Die Mannschaft. Da können Jogis Waisen echt noch was lernen. Mit einem kundigen Tritt in die Beine bringt Scholz einen vor der Polizei fliehenden Demonstranten zu Fall und der Mann stürzt mit der Nase auf den Asphalt. This live does not matter. Vermutlich hat der Geschäftsführer Merkels Notbremse irgendwie falsch verstanden. So ein gestrecktes Bein wird auf dem Platz normalerweise mit einer roten Karte geahndet (in der Kabine aber gibt’s stehenden Beifall). Auf ersteres können wir lange warten, letzteres dürfte bereits geschehen sein.
Der Autor dieser Zeilen erinnerte sich angesichts der Szene spontan an seine Korrespondenz mit dem DJV (respektive dessen bayrischen Landesverbandes BJV) vom Ende 2019. Ich war gefühlt seit der Zeit der Pharaonen Mitglied in diesem Verein und schickte vor zwei Jahren kommentarlos meine Kündigung. Der Geschäftsführer wollte es dabei nicht bewenden lassen und sandte mir eine nachfragende Mail:
„Leider haben Sie uns nicht mitgeteilt, aus welchem Grund Sie aus dem BJV austreten. Haben Sie konkrete Kritikpunkte an der Arbeit des BJV bzw. Anregungen, welche Angebote wir unterbreiten sollten?“
Meine Antwort war von gewohnt prophetischer Qualität:
„Weil Sie danach fragen, möchte ich Ihnen eine Antwort mit dem Grund meines Ausscheidens geben. Bei der Lektüre des Magazins „Journalist“ und angesichts diverser Einlassungen des DJV-Vorsitzenden Frank Überall (siehe etwa hier und hier) hatte ich zunehmend das Gefühl, Mitglied einer Kampfsportgruppe gegen „rechts“ anzugehören. Inzwischen ist es unerträglich. Das entspricht aber nicht meinem Selbstverständnis als Journalist. Ich hege keinen Groll, macht das, wie Ihr wollt. Ich habe nur keine Lust mehr, da dabei zu sein“.
Aber, aber, liebe Kollegen, kaum lässt man euch alleine, rastet ihr komplett aus. Musstet ihr das mit der Kampfsportgruppe wirklich so wörtlich nehmen? Was macht ihr als nächstes? Einen eigenen Wasserwerfer anschaffen? Ich empfehle Sebastian Scholz als Kanonier, der Mann ist eine Zierde für jeden Schützenpanzer. Eigentlich wirkt er recht harmlos, der Basti, und setzt sich für die Rechte der Schwachen und Beladenen ein, etwa am Tag der Pressefreiheit (3. Mai), auf einer Veranstaltung der Friedrich Ebert Stiftung.
„Die Tatsache, dass aufgrund der Digitalisierung nahezu jeder publizieren kann, sich gleichzeitig aber mitnichten journalistischen Standards unterwerfen muss, ist eine weitere Gefahr für die freie und unabhängige Berichterstattung“, heißt es dort, „immer wieder ist bspw. bei Demonstrationen zu beobachten, wie sich vermeintliche Journalist*innen plötzlich zu Aktivist*innen wandeln.“ Ja der Basti, der ist ein Tausendsassa. Und wie stilvoll er sich als Antifant verkleiden kann.
Die journalistische Entsprechung von Dr. Jekyll und Mr. Hyde heißt künftig Dr. Scholz und Mr. Katsche, frei nach dem legendären Verteidiger Hans-Georg alias Katsche-Schwarzenbeck. Auf der Seite des FC-Bayern wird ihm höchstes Lob gezollt:
„Man nannte ihn den „treuen Vasallen“ oder den „Adjutanten“... Zu seiner Zeit gab es noch den typischen Vorstopper, den ‚Ausputzer‘, eine Rolle, die ihm glänzend lag. Denn wenn einer in der Abwehr der Nationalelf oder beim FC Bayern abräumte, was sich so in Tornähe befand, dann war es des „Kaisers Bodyguard“. Katsche fiel in seiner Profikarriere nie groß auf, aber war letztlich sehr effektiv für das Spielsystem des deutschen Rekordmeisters“.
Wobei der Vergleich in einer Hinsicht hinkt. Katsche Schwarzenbeck muss man nämlich in einem entscheidenden Punkt in Schutz nehmen: Er war stets ein fairer Gegner.
Nachdem ich meine prophetischen Qualitäten in diesem Beitrag ausreichend belegt habe, möchte ich daher eine weitere Vorhersage treffen: Vor- und Nachtretern wie Sebastian Scholz stehen im deutschen Journalismus großartige Zeiten bevor. Wasser marsch!