Redaktion / 20.08.2021 / 16:12 / 47 / Seite ausdrucken

„Ein Tucholsky unserer Zeit“ – Zu Henryk Broders 75.

Henryk M. Broder, Mitbegründer und Spiritus rector von achgut.com, ist heute 75 geworden. Wir dokumentieren Auszüge aus den Gratulationen in der Presse.

In der WELT schreibt Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender von Axel Springer:

„Broder war nie Mainstream. Immer Ironiker. Und gelegentlich Polemiker. Polemik ist in Deutschland verpönt. Sie gilt als unfein. Dabei ist sie eine so wichtige Ingredienz, um intellektuellen Einheitsbrei zu verhindern. Der Polemiker wirkt auf unterhaltsame Weise verstörend. Er enttarnt mit Temperament und Sprachwitz Vorurteile, Klischees und Denkfaulheit.“

„Broders Texte sind Stachel im trägen Fleisch des Juste Milieu. Er betreibt ironische Provokation als gesellschaftspolitisch nötige Kunstform – und ist der unbestrittene Florettmeister der polemischen Zuspitzung. Broder schafft es, dass 20-jährige Studenten sich genauso aufregen wie 80-jährige Pensionäre. Seine Kommentare und Interviews sind gefürchtet, weil er mit Pointen entwaffnet.“

„Broder ist ein herausragender Journalist und Autor – sprachlich und gedanklich in der Tradition eines Alfred Polgar und Karl Kraus. Oder besser noch: ein Tucholsky unserer Zeit, auch wenn das politisch auf den ersten Blick verwundern mag. Aber eben nur auf den ersten Blick. Und wenn man das Antiautoritäre als Grundmotiv nimmt, eben gar nicht mehr.“

Und zum Schluss fragt Döpfner: „PS: Warum bekommt so jemand eigentlich nicht das Bundesverdienstkreuz?“

Thilo Sarrazin schreibt in der Jungen Freiheit:

„Henryk M. „Broders Waffe war und ist die scharfsinnige Analyse unübersichtlicher, auch verlogener Verhältnisse und deren Entlarvung durch Satire und Ironie, oft polemisch zugespitzt“

„Hinter Broders publizistischer Rastlosigkeit und seiner oft polemischen Schärfe verbirgt sich ein sensibler Charakter, der häufig Angst um Deutschland hat. Er sieht dunkle Wolken über der freiheitlichen Republik, in die seine Eltern 1957 mit ihm auswanderten.“

Sarrazin, selbst hart im Nehmen, wünscht Broder „gute Gesundheit, mehr Distanz und Optimismus. Davon aber auch nicht zuviel, denn dann wäre Broder nicht mehr Broder“.

„Unser aller Vorbild, unser Vorkämpfer“

WELT-Chef Ulf Poschardt lobt seinen Autor in der Jüdischen Allgemeinen:

„Henryk M. Broder hat das Geheimnis der Renitenz gelüftet: Sie hält jung.“ Und diese Renitenz habe er „mit einer Art Superwaffe versehen: dem Humor. Es gibt keinen Text von ihm, dem vorbildlichen und wunderbaren und unermüdlichen Kollegen und Idol, in dem ich beim Lesen nicht mindestens einmal laut auflache. Staunend sehe ich mir Sätze oder Wortreihen an, weil Broder damit stets Dinge macht, auf die man nur kommt, wenn man auch der Grammatik und Syntax eine fast romantische Renitenz entgegenbringt. Es entsteht dabei die ganz unverwechselbare Broder-Melodie, lieblich und heiter, mit Pointen, hinter denen sich ein Abgrund auftun kann.“

„In der Heerschar der Gleichgestreichelten ist Broder der radikale Gegenentwurf. Wie alle echten Rebellen, die nicht verhätschelte Rebellendarsteller sind, nimmt er sich stets mit aufs sogenannte Korn.“

„Broder ist ein melancholischer Existenzialist. Er riskiert mehr, als sich Radikalitätsdarsteller das vorstellen können.“

„Henryk M. Broder ist unser aller Vorbild, unser Vorkämpfer, eine genialische Mischung aus Tuvia Bielski und Ludwig Börne.“

Und auch der Theater-Mann und Achgut-Autor Gerd Buurmann weiß Henryk Broder in seiner Laudatio zu würdigen, indem er ihn mit Heine vergleicht:

„Heute wissen wir, was der Hauptgrund für das Heine-Bashing war: Heine war immer klar und direkt. Er war ein spöttischer Denker, ein humorvoller Philosoph, ein Reisender mit Witz. Oft lüftete er das Mieder der deutschen Sprache. Er kritisierte Religionen und Majestäten auf das Schärfste. Seine Kritik traf Rechte wie Linke.

Henryk, Du bist wie Heine. Du bist ein Charakter, der sich selbst keinen Maulkorb verpasst, aus Angst, die Falschen könnten ihn zitieren. Du schreibst aus Liebe und Lust zum Leben.“

Chaim Nolls Hommage zu Henryk Broders 75. auf Achgut.com finden Sie hier.

Schauspieler und Blogger Gerd Buurmann schreibt: "Ich bin mir sicher, an dem Tag, da zukünftige Generationen Deinen 175. Geburtstag begehen, werden sie auf jene, die Dich heute so unanständig diffamieren, mit so viel Unverständnis blicken wie wir heute auf jene blicken, die einst nur Gemeinheiten über Heinrich Heine von sich gaben". Dazu gibt es sogar ein Video.

 

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Kerstin Behrens / 21.08.2021

Man liest täglich billigste Schlagzeilen in ehemals renommierten Zeitungen. Das läuft bei Achgut.com etwas anders. Ich bedanke mich bei Herrn Broder, der nicht nur mit Textsicherheit überzeugt, sondern auch mit 75 Jahren eine Chuzpe an den Tag legt, über die man im jüngeren Alter kaum verfügt.

Krause_Fr / 20.08.2021

Meine besten Wünsche zum Geburtstag, bleiben Sie weiterhin so kritisch reflektierend, dann halte ich den Journalismus in D noch nicht für komplett vereinnahmt.

Dr. Kathleen Hengstenberg / 20.08.2021

Ein grosser Hoffnungsträger des lebendigen und kritischen Geistes. Eine geistige Verjüngungskur für den Leser inmitten alt-verkrusteter Denkschablonen. Stets unterfüttert mit humorvoller Aufmüpfigkeit und wenn es nottut, mit wohlfeilem Sarkasmus. Ein grosser intellektueller Gewinn im Journalismus. Danke, danke, lieber Henryk Broder! Werden Sie bitte so „alt“, wie Sie es sich wünschen!

Thomas Heiland / 20.08.2021

Ludwig Wittgenstein beginnt das Vorwort zu seinem “Tractatus logico-philosophicus”  mit folgenden Sätzen: “Dieses Buch wird vielleicht nur der verstehen, der die Gedanken,  die darin ausgedrückt sind - oder doch ähnliche Gedanken - schon selbst einmal gedacht hat. - Es ist also kein Lehrbuch. - Sein Zweck wäre erreicht, wenn es Einem, der es mit Verständnis liest Vergnügen bereitete.” Sie, verehrter Herr Broder, haben mit Ihren Essays eben dies erreicht - dafür ganz großen Dank! Bleiben Sie uns noch lange erhalten, die meisten Leser der Achse sind nun mal vergnügungssüchtig.

Detlef Fiedler / 20.08.2021

@Wolf Hagen: Was für ein Blödsinn. Sie kennen Herrn Broder nicht persönlich, versuchen aber den “Umstand der Kritiklosigkeit” zu beenden. Klingt unheimlich logisch. Das hätten Sie zu jeder anderen Zeit hier genauso tun können, wenn er einen Beitrag veröffentlicht. Und was den Hund betrifft: Ob Herr Broder seinen Hund behält oder weggibt, ob er ihm eine Zwiebel ans Bein bindet und ihn in die Bratröhre schiebt oder nicht, das ist allein seine Sache.

Dirk Brauner / 20.08.2021

Alles Gute zum 75. Geburtstag, lieber Herr Broder! - Bleiben Sie unbequem!

Peter Woller / 20.08.2021

Hallo Herr Broder, Glückwunsch zum 75. Geburtstag. Ich hab fast alle Ihre Bücher gelesen “Der ewige Antisemit”, “Hurra, wir kapitulieren”, “Die Irren von Zion”, “Das ist ja irre - Mein Deutsches Tagebuch”, “Kritik der reinen Toleranz”, “Vergesst Auschwitz! - Der deutsche Erinnerungswahn und die Endlösung der Israel-Frage”. Alle Ihre Bücher habe ich mehrmals mit Gewinn und Lust gelesen. Glückwunsch auch zu Ihrer “Achse des Guten”, auf der ich ja immer wieder einmal kommentiere. Ich werde wohl allerdings bald als Ungeimpfter von der Bildfläche verschwinden. Liebe Grüße von Peter Woller

Martin Schott / 20.08.2021

“PS: Warum bekommt so jemand eigentlich nicht das Bundesverdienstkreuz?” - Weil der BuPrä ahnt, dass Broder es fertigbringt und ihm das Bundesverdienstkreuz vor die Füße wirft, wenn Frank-Walter mal wieder einen seiner berüchtigten Geistesblitze hat?

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