Kein rechtsstaatlich gesonnener Mensch kann sich wünschen, dass dem Staat das Instrument der Todesstrafe zur Verfügung stehen sollte. Zunächst ist die Todesstrafe nach dem heute überwiegend geteilten staatstheoretischen Modell des Gesellschaftsvertrages eine Absurdität. Nach dem Gesellschaftsvertrag schließen sich Menschen gerade deswegen zu Gemeinwesen zusammen, um vom Staat mindestens ihr individuelles Leben garantiert zu bekommen. Dazu stünde es im Widerspruch, dem Staat zu erlauben, Menschen zwecks Strafe das Leben zu nehmen. Sodann ist es im Rechtsstaat nicht ein einfaches “Für oder wider”, sondern der Staat bräuchte eine Rechtfertigung für die Todesstrafe, wenn er sie einführen will. Immerhin ist sie ein staatlicher Akt. Und hier wird es z.B. unter dem Grundgesetz eng. Selbst wenn die Abschaffung der Todesstrafe nicht ausdrücklich in Art. 102 GG stünde, gäbe es immer noch die Menschenwürde, zu deren Kern a) das Leben des Menschen gehört und gemäß der b) niemand nur zum Objekt staatlicher Gewalt gemacht werden darf. Beides würde durch die Todesstrafe verletzt. Es kann auch nicht nur darum gehen, grundsätzlich für oder gegen die Todesstrafe zu sein. Wenn sich ein Staat dafür entscheidet, ist eigentlich niemand mehr sicher: Wer sagt, dass sie nur bei Mord oder ähnlich schweren Straftaten verhängt wird? Vielleicht hält auf einmal jemand ganz andere Delikte für entsprechend strafwürdig. Vielleicht zählt auch irgendwann die Unschuldsvermutung nicht mehr so viel. Ich will es mir nicht vorstellen. Damit wären wir bei einem weiteren Aspekt: Die Todesstrafe ist ein klassisches Instrument des Machtmissbrauchs. Die ultimative Drohung, gepaart mit der Abwesenheit eines Rechtsstaats hält vernünftige Menschen davon ab, legitime Dinge zu tun. In Rechtsstaaten hat die Todesstrafe hingegen keine höhere Abschreckungswirkung als die Freiheitsstrafen, die für entsprechende Delikte angedroht werden. Und von unschuldig Verurteilten habe ich noch nicht einmal angefangen…
@Nikolaus Szczepanski: ich schicke voraus, dass ich selbst 4 Kinder geboren und großgezogen habe. Einen Abbruch habe ich nie in Erwägung gezogen. Dafür gab es auch keinen Grund, weil ich Kinder mag. Mehr als manchen Erwachsenen! Ich habe also Erfahrung auf diesem Gebiet, im Gegensatz zu Herrn Szczepanski. Dieser hanebüchene Vergleich ist unerträglich. Zunächst kann man sich gern einmal um die geborenen Kinder bemühen. Da ist noch viel Luft nach oben. Wir haben keine Probleme, unsere geborenen Söhne in den Krieg zu schicken. Das finde ich viel schlimmer! Was das mit den Familien macht, lässt sich kaum beschreiben. Die kommenden Traumata werden hier gerade wieder gegründet. Diese Kinder, sind auch unsere Kinder, haben aber kein Gesicht. Sie sind nur Zahlen in einem elenden Spiel. Es ist noch nicht lange her, dass in Polen eine junge Frau elendig krepiert ist, weil man ihr den Schwangerschaftsabbruch verweigert hat. Jetzt hat man die Genugtuung, dass die Mutter, wie auch das Kind gestorben sind. Für mich war das unterlassene Hilfeleistung, wenn nicht gar Totschlag! Dann kann man vielleicht einmal realisieren, dass die Natur selbst, jede 3. Schwangerschaft beendet und zwar auf natürlichem Weg. Sieht man hier großartige Unterschiede? Tut mir leid, ich bin der Auffassung, dass man kein Recht hat, ständig Frauen, die sich in einer Notlage befinden, das Gewissen abzusprechen. So eine Entscheidung macht sich keine Frau leicht, egal, was hier behauptet wird. Über die Verantwortung der Herren, die Frauen erst in diese Lage bringen, darf man ja auch gern einmal reflektieren Schade, dass Sie meine Mutter nie kennengelernt haben, die 1930 unehelich zur Welt gekommen ist. Den “Papi” hat das Zeit seines Lebens nicht geschert, der wollte die Frucht seiner Lenden nie sehen. Das ist die Verantwortung der Herren!
Wenn der “Staat” nicht zum “Mörder” werden darf, dann gehört das Militär zuallererst abgeschafft!
Das Opfer eines Mörders ist in der Regel strafrechtlich unschuldig, sein Tod kommt unerwartet und ruft Leid hervor. Das Töten des Mörders trifft einen Schuldigen und ist angekündigt. Die Wirksamkeit der Todesstrafe bei der Verbrechensbekämpfung ist vielleicht nicht erwiesen, aber erwiesen ist die Unwirksamkeit der Androhung der Haftstrafe
Merkwürdig. Wie kann man prinzipiell gegen jede Todesstrafe sein und gleichzeitig Fritz Bauer verehren, weil er “Eichmann zur Strecke brachte” (Originalton Ortner)? Vielleicht macht Ortner doch irgendwo stillschweigende Ausnahmen?
Fehlurteil versus Wiederholungstäter? Was kommt wohl öfter vor? Dass man einen Unschuldigen hinrichtet oder dass ein Wiederholungstäter wieder mordet? Ich denke doch, dass der zweite Fall öfter eintritt. Und dann hat der Staat durch Unterlassung einen wirklich Unschuldigen umgebracht. Abschreckung funktioniert nicht? Bei der Mafia und anderen kriminellen Organisationen funktioniert sie seit Jahrhunderten ganz hervorragend. Ist sogar eine tragende Säule deren Geschäftsmodells. Also, ich bin dafür die Todesstrafe in den Rang eines Sakramentes zu erheben.
“Fehlurteile sind nicht…” - das zählt, inzwischen. Noch vor der Corona-Machtergreifung habe ich über Eindeutigkeit der Beweislage, den “rauchenden Colt” und der Gleichen mit mir in der Sache gerungen. Inzwischen habe ich erlebt und gesehen, was im neuen Reich wieder funktioniert, erst als Errosion des Staates entschuldigt, real aber als schleichender Putsch fast abgeschlossen. Nur weil ein Mord mit dem Messer oder dem Auto die Einmänner nicht trifft, heißt das nicht, daß eine unterhalb der Strafbarkeitsgrenze falschdenkende Kartoffel nicht durch weiteren konstruktiven EInsatz des Haldenzwangs in eine Position gebracht gebracht werden kann, die im aktuellen gleichgeschalteten Volksgeiste eine Hinrichtung befürwortet. Man sieht, wenn man das Geschehen verfolgt, die mediale und soziale Hinrichtung ist ganz ok, und wird bereits reichlich vollzogen. Rechtsstaat… dessen Basis diese niedergeschriebenen Einzelmeinungen alter weißer Männer in Paragraphen sind - sie werden inzwischen doch eher Empfehlungen gesehen, die durch Rechtsbeugung umgangen oder durch richterliche (Nicht-) Würdigung der Beweisanträge ignoriert werden. Die Urteile würden kommen. Die furchtbare Justiz ist wieder da. Nein, keine Todesstrafe im Neuen Reich!
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