Vera Lengsfeld / 06.02.2020 / 06:29 / Foto: R.Letsch / 137 / Seite ausdrucken

Ein Sieg über die Arroganz der Macht

Eigentlich sind wir inzwischen daran gewöhnt, dass in der Politik alles ausgekungelt wird, bevor die eigentlichen Entscheidungen getroffen werden. Nun hat die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen bewiesen, dass es auch anders geht. Die Wahl von Thomas Kemmerich ist eine Folge der unendlichen Arroganz der rot-rot-grünen Koalition. Die Fraktionschefin der Linken, Henning-Wellsow hat in den Tagen vor der Wahl nichts ausgelassen, um klar zu machen, dass man von CDU und FDP nichts als Unterwerfung erwartet, ohne die geringsten Zugeständnisse zu machen. Sie war sich zu sicher, dass die Wahl zugunsten von Bodo Ramelow ausgehen würde. Schließlich hatten die meinungsmachenden Medien für Ramelow getrommelt.

Ramelow war ein echter Landesvater, ein linker Bernhard Vogel. Er kannte im kleinsten Dorf, das er besuchte, nicht nur den Namen des Bürgermeisters, sondern war so gut vorbereitet, dass er über die speziellen Probleme informiert war. Das hat mir jedenfalls ein Freund aus dem Gemeinde- und Städtebund erzählt, der Ramelow oft begleiten musste. Der Zugewinn bei der Landtagswahl war ein Gewinn von Bodo Ramelow.

Aber es ging ja nicht um Ramelow allein, sondern um die Koalition und ihre Vorhaben. Es geht um die Windräder im Thüringer Wald, den geplanten Mietendeckel, um die Agrarpolitik, die für Thüringer Bauern existenzbedrohend ist, die Entscheidungen der Ex-Umweltministerin, die über die Köpfe der Betroffenen hinweg getroffen wurde, um die linksextreme Antifa, die gerade dabei ist, den frisch gewählten Nachfolger unter Beschuss zu nehmen.

Der Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus hatte Bodo Ramelow unbeabsichtigt eine Brücke gebaut, über die er aber nicht gegangen ist. Er hätte den Projektregierungs-Vorschlag von Althaus aufgreifen und eine überparteiliche Expertenregierung bilden können. Das wäre innovativ und neu gewesen – und niemand hätte sich dem verweigert. Stattdessen ließ er sich von den Scharfmachern in seiner Partei in eine hochriskante Wahl treiben und hat nun verloren. 

Die Blumen vor die Füße

Die Fraktionschefin der Linken Henning-Wellsow zeigte sich zu allem Überfluss als grottenschlechte Verliererin, als sie, statt dem Wahlsieger zu gratulieren, ihm die Blumen vor die Füße warf.

Schlechte Verlierer sind auch die Grünen. Kurz vor der Wahl hatte Robert Habeck noch innerparteiliche Konsequenzen in der CDU gefordert, falls die nicht abstimmt, wie die Linken wollen. Seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock stieß auf twitter ins selbe Horn.

 „Ich erwarte von Thomas Kemmerich, dass er das Amt niederlegt. Tut er das nicht, müssen CDU und FDP auf Bundesebene die Thüringer Landesverbände ausschließen. Sonst sind Unvereinbarkeitsbeschlüsse nichts mehr wert“.

Wobei die Dame vergessen hat, dass es in der CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss gibt, der CDU und Linke betrifft. Ein Teil dieses Beschlusses sollte offenbar sehr wohl gebrochen werden. Tief blicken lässt die Haltung, anderen Parteien diktieren zu wollen, was sie zu tun haben. Das ist leider typisch für die neue deutsche Arroganz unserer „Eliten“, die schon wieder glauben, sie seien die einzig wahren Taktgeber, nicht nur für unser Land, sondern für die ganze Welt.

Das Wahlergebnis zeigt auch, dass die Arroganz der Macht die AfD als politische Kraft unterschätzt hat. Man hat geglaubt, dass die Nazikeule ausreicht, um die Partei zu neutralisieren. Es wurde dabei völlig ausgeblendet, dass die Partei so stark werden konnte, weil sich besonders die CDU unter Merkel nicht mehr um ihr Stammklientel und ihre Kernkompetenz geschert hat. Lange Zeit konnte man sich darauf verlassen, dass die Union eine verlässliche Korrektur linker politischer Experimente war – das ist nicht mehr der Fall.

Heute marschiert Kanzlerin Merkel an der Spitze des breiten Bündnisses aller Linken. Früher konnte man sich sicher sein, dass die Union mit Geld umgehen kann. Auch diese Kompetenz ist ihr in den Merkeljahren vollständig abhanden gekommen. Keine Regierung hat sich so exzessiv der Steuergeldverschwendung schuldig gemacht wie die Regierungen Merkels. Die CDU war die Partei der Wirtschaft und der Landwirte, heute ist sie die Speersitze der Deindustrialisierung Deutschlands und eine Existenzbedrohung für die Bauern. Solange diese Politik nicht korrigiert wird, werden der AfD trotz aller Gegenpropaganda weiter die Wähler zugetrieben.

Die wirkliche Überraschung der Ministerpräsidentenwahl ist, dass Thomas Kemmerich die für ihn unvorhergesehene Wahl angenommen hat. Es bleibt abzuwarten, ob er dem Druck, der sich gegen ihn aufbauen wird, standhält und ob es ihm gelingt, eine Politik zu machen, die alle bürgerlichen Wähler von seiner Regierung erwarten. Sein Parteichef Lindner hat vorsorglich bereits Neuwahlen angekündigt, sollten CDU, SPD und Grüne nicht mit der neuen Regierung kooperieren. Wie stellt Lindner sich die Kooperation mit den Grünen vor, deren Chefin den Ausschluss der Thüringer Landesverbände von FDP und CDU aus der Bundespartei gefordert haben? So viel Kopflosigkeit bei einem Parteichef sollte nicht vorkommen. 

In Thüringen hat die Demokratie über die Arroganz der Macht und der Medien gesiegt, darüber sollten wir uns freuen. Das Politikchaos zeigt, dass die Bürger der Politik wieder zeigen, wo es langzugehen hat.

Foto: R.Letsch

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Leserpost

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Marc Blenk / 06.02.2020

Liebe Frau Lengsfeld, eine Sternstunde der Demokratie. Da haben Abgeordnete nach ihrem Gewissen gehandelt, statt sich nach der Order der Funktionäre zu richten. Warum sollte ein CDUler einen Linken zum Ministerpräsidenten machen? Also haben sie einen Bürgerlichen gewählt. Die nationale Front schäumt natürlich. Alle mischen sich ein. Am dollsten natürlich die Grünen, die fordern, dass FDP und CDU ihre Landesverbände ausschließen sollen. Hybris. Ihr Grund: Die Angst vor dem Verlust der Pfünde. Und alle Unberufenen kreischen jetzt nach Neuwahlen. Dabei haben frei gewählte Abgeordnete eine Entscheidung getroffen. Tja, aber nicht die der nationalen Einheitsfront genehme. Und schon schicken sie ihre Sturmstaffel auf die Straße. Zur Warnung. Nur was nützt es? Die Leute, auch die im Westteil des Landes, werden sich das unwürdige und undemokratische Gebaren genau betrachten. Und falls es dann völlig unnötigerweise Neuwahlen geben sollte, ihre Schlüsse ziehen. Hier hat sich ein Klüngel verzockt und verdienstvolle Abgeordnete haben dem Klüngel halt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Populärer als eine verordnete Demokratie ist allemal eine echte Demokratie. Das war der Grund für den Sturz der ‘DDR’ und das wird auch der Grund dafür sein, dass die nationale Einheitsfront, wo CDU Funktionäre eher einen Linken zum MP wählen lassen als einen FDPler, dauerhaft dieses Volk nicht beherrschen wird. Die FDP hat nun eine große Chance, sich aus der Umklammerung zu befreien. Und die Wahrscheinlichkeit, dass der Unmut innerhalb der CDU wächst, ist fast schon Gewissheit. Gegen strukturelle Veränderungen kann sich die vereinte Parteienschaft jetzt nur noch auf schmutzige und undemokratische Weise wehren. Und die Begriffe ‘Faschismus’ und ‘Nazis’ zeugen von der kommenden Schlammschlacht. Was die Hetzer aber nicht verstehen: Dass eine AFD, welche einen FDP -Mann wählt, für die wenigsten Bürger ein Schreckgespenst darstellt.

S. Salochin / 06.02.2020

Leider hat sich ihr Optimismus nicht ganz bestätigt, Frau Lengsfeld. Wir sind durch die von Merkel und ihren Beratern inszenierte Clown-Show einen weiteren großen Schritt in Richtung auf einen Bürgerkrieg gegangen. Was wird jetzt passieren, wenn es “Neuwahlen” gibt? Werden sich nicht an jeder Ecke linke Schläger aufstellen, die sich überhaupt nur deswegen trauen, weil sie wie weiland vor 87 Jahren die Braunhemden im öffentlichen Auftrag unterwegs sind,  um den Gegner zu terrorisieren, schlagen, strangulieren und auszurotten? Wird es nicht zahllose idiotische Aktionen von hirn- und rückratlosen Künstlern geben, die die Thüringer auffordern, “gegen Rechts” zu wählen, andernfalls seien sie (eigentlich sowieso schon passiert) aus der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen? Wird es nicht ein Verbotsverfahren gegen die AfD geben, um sie unmöglich zu machen? Werden nicht neue Straftatbestände gegen ihre Politiker - nötigenfalls an den Haaren herbeigezogen - in den Medien aufdringlich präsentiert? Wird die AfD nicht froh sein können, wenn sie weniger als 5 bis 7 Prozent ihrer Wähler unter diesen Bedingungen einbüsst? Und was ist mit uns? Werden wir dann, wenn es soweit kommt, nicht unsere letzte gute Hoffnung fahren lassen und jeden Tag für den großen Crash beten, damit er diesem unwürdigen Schauspiel endlich ein Ende macht? Ich habe gestern eine Rede gehört, in der ein Politiker seine Landsleute aufforderte, sie sollten optimistisch in die Zukunft blicken, jeden Tag werde wieder die Sonne aufgehen und das Beste werde erst noch kommen. Was Deutschland angeht, hört sich das im Moment wie eine Drohung an.

u vanraudt / 06.02.2020

Am Anfang steht, dass sich Herr Ramelow verzockt hat: Angesichts der Mehrheitsverhältnisse und der besonderen Konstellation im Landtag, hätte er - so er die AfD ausgrenzen will - ein Bündnis schmieden müssen. Ein solches hätte wohl zur Voraussetzung gehabt, einen “neutralen” MP bzw eine “neutrale” Landesregierung zu wählen. Dazu war er nicht bereit und hat gezockt ... Die CDU hätte hinter den Kulissen ebenso einen “neutralen” MP bzw Regierung anstreben können. Hat sie? ... wenn nein, dann hat sie ihren politischen Spielraum nicht genutzt. ... die AfD hat die Situation gecheckt und R2G samt einer (unentschlossenen?) CDU ausgebremst und eine für sie sehr vorteilhafte Situation geschaffen. Und heute zeigt sich, dass den anderen Parteien die politische Reife fehlt, innerhalb eines parlamentarischen Systems zu regieren. Das Chaos heute ist einem Dilettantismus der politischen Eliten geschuldet - sowohl in Thüringen (die einzigen Politprofis sind dort offensichtlich die destruktive Höcke-AfD) als auch in Berlin (bei der CDU kann man JU und den Wirtschaftsflügel aufgrund ihres Statements davon ausnehmen). PS: ... was für ein Politikversagen!!!

E. Grüning / 06.02.2020

Ich stelle hier mal die Frage nach der Parteibasis der CDU und der FDP in Thüringen. Denn abgesehen davon, dass ein gewähhlter Parlamentarier nur seinem Gewissen verpflichtet ist und die MP-wahl geheim durchgeführt wurde, haben die Mitglieder dieser Parteien vielleicht eine andere Auffassung zu den Wahlergebnissen der Landtagswahl im letzten Herbst und möglicher Regierungskoalitionen, und alles andere als eine RRG-Minderheitsregierung im Sinn. Somit ist es durchaus denkbar, obwohl geheim, dass diese Parlamentarier nur umgesetzt haben, was vom Wähler und durch ihr eigenes Demokratieverständnis vorgegeben war! Das Wahlergebnis mag viele überrascht haben, die antidemokratischen Reaktionen und Allmachtsphantasien von Presse und Medien über Altparteien-Größen bis hin zur Kanzlerin sind es sicher nicht! Für diese Selbstentlarvung möchte ich mich hiermit bei letzteren herzlich bedanken! Aber wie heißt es im Text? Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand!

Wolf von Fichtenberg / 06.02.2020

@Frank Mora: Das Reiterstandbild zeigt Marc Arel. Es steht im Konservatorenpalast ( Palazzo dei Conservatori), Rom. (Bitte das Zaumzeug beachten, dazu die Handstellung). Ein Vergleich der Standbilder des Coselbeglückers mit dem des Marc Aurel wird es Ihnen zeigen.———Zudem knickt man in Thüringen gerade ein….

Wilhelm Rommel / 06.02.2020

@Markus Kranz: “Angela Merkel unterstützt gerade aktiv eine verfassungsfeindliche Partei. Sie will aktiv einen FDP Ministerpräsidenten absägen und den Ministerpräsidenten einer Partei installieren, die auf die Deutschen hat schiessen lassen”. Völlig richtig! Angesichts der sich überschlagenden Ereignisse und der 20 Minuten alten Meldung der WELT kann man mit Blick auf die willigen Vollstrecker sogar sagen: “Mission accomplished!” Lieber Gott, der blanke Irrsinn hat sie jetzt alle gepackt: Ich denke gar, die Berliner Junta wird, sollten die Leute auf die Straße gehen, irgendwann Massenverhaftungen anordnen und schließlich vielleicht auch gewaltsame Maßnahmen ergreifen. Den 06.02.2020 sollten wir uns alle merken!  

Dr.H.Böttger / 06.02.2020

Jetzt hat endlich Muddy Merkel ihr ersehntes Machtwort gesprochen und die neue Regierung in Erfurt umstandslos aus dem Amt gejagt.  Etwas umständlicher zwar:  verlangt die Wahl “Rückgängig zu machen”.  Da werden die Verfassungsjuristen im Kanzleramt aber mächtig ins Schwitzen geraten. Wo bitte steht diese Möglichkeit im Grundgesetz? Nimmt Merkel jetzt persönlich die Prärogative der einstigen alliierten Hohen Kommissare wahr? Unter allen schrill hysterischen Reaktionen aus dem Veitstanzenden Linkskartell die wahnsinnigste. Ein klarer Fall für den Verfassungsschutz.

Martin Stumpp / 06.02.2020

@B.Rehfeldt: Ich kann Sie beruhigen, das Grundgesetz ist schon lange NICHT mehr in Kraft. Merkel hat es nicht erst heute gebrochen. Ihre Maske hat sie spätestens 2011 fallen lassen, als sie die Energiewende autokratisch beschlossen und eingeleitet hat. Mit der rechtswidrigen Grenzöffnung hat sie dann endgültig gezeigt welch Geistes Kind sie ist. Auch, dass sie nicht gewillt ist Gesetze einzuhalten hat sie mehr als einmal zum Besten gegeben. So A.Merkel auf der Bundespressekonferenz am 20.07.2018: ” Für die Bundesregierung kann ich sagen, dass wir Recht und Gesetz einhalten wollen und da, wo immer das notwendig ist, auch tun. “ ! Allerdings hat Merkel mit ihrer Forderung das Wahlergebnis in Thüringen zu annullieren eine weitere rote Linie überschritten. Als Parteichefin hätte sie sich ggf. zumindest ungestraft so äußern können, als Kanzlerin ist sie zu Neutralität verpflichtet. Diese Äußerungen ist das Eingeständnis das GG außer Kraft gesetzt zu haben. Der Verdacht eines Verstoßes gegen Paragraph 81 StGB liegt zumindest Nahe. Ihr Verhalten erklärt auch, warum Herr Maaßen unbedingt durch Haldenwang ersetzt werden musste. Er soll den Verfassungsschutz vermutlich zum Schild und Schwert der Kanzlerin umfunktionieren.

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