Peter Grimm / 03.07.2020 / 13:00 / Foto: ND 22.11.1976 / 79 / Seite ausdrucken

Ein Schritt in die Staatspresse?

Neben Grundrente, Kohleausstieg und Corona-Hilfsmilliarden konnte man beinahe übersehen, dass die Bundesrepublik jetzt auch mit der staatlichen Finanzierung privater Medienhäuser beginnen will. Die ersten 220 Millionen hat der Bundestag genehmigt und trotz aller guten Worte werden so neue Abhängigkeiten geschaffen. Der Teufel lauert im Detail und über die Details des Geldflusses ist noch nichts bekannt.

Es scheint ja inzwischen eine schlechte Tradition des Deutschen Bundestages zu sein, Beschlüsse von enormer Tragweite eilig kurz vor der Sommerpause im Windschatten anderer aufsehenerregender Entscheidungen durchzuwinken und sie so der öffentlichen Aufmerksamkeit zu entziehen. Bisher galt als ein Höhepunkt dieser Praxis der Beschluss des umstrittenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes 2017 im Schatten der überraschenden Entscheidung des Parlaments für die „Ehe für alle“. Zwar wurde in den Monaten zuvor in Parlament und Medien kontrovers über das Gesetz diskutiert, das den Weg in eine privatisierte Online-Zensur zu fördern drohte. Doch trotz dieser diskutierten Gefahren fand der eigentliche Beschluss kaum entsprechende Aufmerksamkeit.

Im Jahr 2020 kann man all die Beschlüsse, die in der letzten Bundestagssitzungswoche vor der Sommerpause anstanden, gar nicht angemessen journalistisch würdigen. Es gibt auch Grund zu ernsten Zweifeln, dass sich die Abgeordneten hinreichend über die Bedeutung der jeweiligen Abstimmungen im Klaren waren. Es ging ja nicht nur um das Jonglieren mit hohen Milliardenbeträgen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen staatlicher Corona-Zwangsmaßnahmen. Neben Kohleausstieg und Grundrente hatten die Damen und Herren Volksvertreter nebenher auch der Europäischen Zentralbank bescheinigt, sie hätte bei den vom Bundesverfassungsgericht monierten Anleihekäufen schon alles hinreichend abgewogen und richtig gemacht. Davon waren die Mandatsträger mehrheitlich überzeugt, obwohl sie erst seit Montag in der Geheimschutzstelle des Bundestags Einblick in entsprechende Unterlagen hatten nehmen können, neben dieser doch recht anspruchsvollen Sitzungswoche.

Einstieg in die Staatsfinanzierung privater Medien

Wenig berichtet wurde indes über einen Beschluss, der eine dramatische Veränderung markiert: der Einstieg in die Staatsfinanzierung privater Medien, natürlich unter der Flagge der Hilfen für die Geschädigten des Corona-Ausnahmezustands. Zu denen gehören etliche Medienhäuser und Verlage unzweifelhaft. Und die sollen nun 220 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt bekommen. Das wurde gestern im Bundestag beschlossen. Genaueres aber nicht.

Über die Förderrichtlinien, die Bedingungen, die der Staat den Fördermittelempfängern stellt, die Kriterien, nach denen ausgewählt wird, welches Medienhaus Steuergeld bekommt und welches nicht, wird nicht mehr im Parlament verhandelt. Diese Regularien werden erst jetzt, nach dem Bundestagsbeschluss, in den Büros des Wirtschaftsministeriums erarbeitet.

Zwar wurden im Zuge der Beschlussfassung – auch zuvor im Ausschuss – die beruhigenden Sprechblasen in den Berliner Himmel geblasen, die kundtun sollten, wie sehr man dabei selbstverständlich die Unabhängigkeit der betroffenen Redaktionen achten werde. Nur liegt der Teufel im Detail und das sind hier nun einmal die konkreten Vergabe- und Entscheidungskriterien. Deren Erarbeitung ist der Öffentlichkeit nun aber vorerst entzogen. Vernehmen konnte man nur allgemeine Anmerkungen, wonach es darum gehe, die Medienvielfalt zu sichern und systemrelevante Zeitungen und Zeitschriften zu stützen. Aber was ist systemrelevant? In jedem Fall ist es ein fürchterliches Wort, das in den Zeiten des Corona-Ausnahmezustands Konjunktur hatte, denn wer es schaffte, irgendwie als systemrelevant zu gelten, konnte darauf hoffen, von einigen Verboten des Ausnahmezustands ausgenommen zu werden.

Entscheiden nun also bald staatliche Stellen mit darüber, welche Medien diese Krise überleben können und welche nicht? Welcher Verlag wird es wohl goutieren, wenn einer seiner Redakteure den Minister publizistisch ins Visier nimmt, in dessen Haus er gleichzeitig einen millionenschweren Fördermittelantrag geschickt hat? Wie will man hier wirklich Unabhängigkeit garantieren? Ulrike Simon fasst es im Branchenblatt Horizont treffend zusammen:

„Das ganze Verfahren ist undurchsichtig und vor allem: hochgefährlich. Am Ende beschloss der Bundestag Hilfen, die keiner gefordert hatte. Doch das Geld wird fließen, so viel ist sicher. Es werden sich schon genug Verlage finden, die es sich nicht entgehen lassen wollen. Doch selbst wenn nur einzelne Häuser von der am Mittwoch beschlossenen Presseförderung Gebrauch machen: Die Verlagswelt läuft Gefahr, genau in jenen Ruch zu geraten, der unbedingt vermieden werden sollte, den Ruch staatlichen Einflusses auf privatwirtschaftlich geführte Häuser, deren Ansehen und Existenzgrundlage journalistische Unabhängigkeit ist.“

Eine solche Kritik an staatlichen Fördermillionen wird es künftig in Publikationen staatlich geförderter Verlage wohl eher selten geben. Vielleicht sollten sich Medienhäuser, die solchen Staatseinfluss nicht wollen, auf ein Gütesiegel verständigen, das Publikationen ausweist, die frei und unabhängig von Steuergeld-Subventionen erscheinen.

Foto: ND 22.11.1976

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H.Ewerth / 03.07.2020

Was bei den Öffentlich Unrechtlichen schon lange gang und gebe ist, wird jetzt noch verstärkt bei den Printmedien fortgesetzt. Jeder sollte doch wissen, dass die Printmedien nur noch wenigen Eigentümern gehören, ich glaub es sind fünf an der Zahl.  Wurde nicht der Spiegel, um nur zwei Beispiele in der Corona-Krise zu nennen, Melinda Gates Stiftung mit 2,3 Unterstützt, oder die Zeit bekam wohl auch „Zuwendungen“ die natürlich überhaupt keinen Einfluss auf deren Berichterstattung in Deutschland haben, so wird uns natürlich täglich suggeriert? Gates hätte keine 10 Minütige Werbezeit in den Tagesthemen bekommen, wären nicht auch hier Interessen im Spiel. Warum wird nicht mehr nachgefragt, recherchiert, wenn ein Gates und seine Stiftungen, die alles nur Steuersparmodelle sind, in Kenia, oder Indien für Verbrechen verantwortlich ist, der Mann gehörte verhaftet, und nicht noch der rote Teppich ausgerollt! Wie korrupt, und verkommen muss man sein, um das nicht zu sagen, oder zu kritisieren?

Frank Stricker / 03.07.2020

Also “Systemrelevant” ist immer irgendwie gegen rechts ! Das Spiel der Bundesregierung ist durchsichtiger als Zeitungspapier, wer keine kritischen Fragen stellt, wird mit Millionen gepampert !

A.Lisboa / 03.07.2020

“...deren Ansehen und Existenzgrundlage journalistische Unabhängigkeit ist.“ ha ha ha, selten so gelacht, ich wüsste nicht, welche (großen) Medien in D noch journalistische Unabhängigkeit als Existenzgrundlage haben. Der sozialistische Zug in D ist längst abgefahren, vielleicht sitzt ja die Wiedergeburt von Lenin drin. Achgut und Tichys sollten Anträge stellen, nur um über die Begründung einer Ablehnung herauszufinden, was die Kommunisten in Berlin vorhaben. Der Broder wirds schon richten -:)

Hartmut Josiger / 03.07.2020

Jetzt kommt zusätzlich zu den zwangsfinanzierten ÖR für alle Haushalte ein zwangsfinanziertes Abo für die systemrelevanten Printmedien.

Olaf Manns / 03.07.2020

.is doch eh gelaufen…die SED Vorsitzende hat keinerlei Skrupel mehr,den Ökosozialismus vor aller Augen einzuführen,obwohl dies den Straftatbestand des politischen Putsches und so.it Hochverrat erfüllt.Die Dreckszeitungen schwulen sowieso schon wie die Säue im Schlamm im gleichen Drecksloch rum,jetzt gibts halt den Lohn dafür,andere kriegen nen dotierten Preis,oder Förderungen,alles dieselbe Systemförderei…is eh gelaufen,Herr Grimm,unterschätzen Sie nie die Dummheit der Restbevölkerung…die ist laut Einstein genauso unendlich wie das Weltall,wobei er beim Weltall nicht sicher war,wie er sagte..

Karla Kuhn / 03.07.2020

“.....staatlichen Finanzierung privater Medienhäuser beginnen will. ”  Staatliche Finazierung ?? Der STAAT hat kein Geld, es ist das Geld der STEUERZAHLER und wir ALLE, als STEUERZAHLER sollten gegen den MIßBRAUCH unseres Geldes DRINGEND etwas unternehmen. Ich bin nicht bereit, auch nr EINEN CENT für irgendwelche Blätter, die ich nicht mal mit der Zange anfassen würde auch noch zu bezahlen. Es sind PRIVATE Medien, die haben keinerlei Anspruch auf das Geld der Steuerzahler. WAS bürdet uns diese Merkelpolitik alls noch auf ?  ABER WIE LANGE wollen wir das WIDERSPRUCHSLOS hinnehmen ?? Das ist ja ein katastrophale Politik, die hier geboten wird. Wie gesagt, Das GELD anderer Menschen läßt sich eben wunderbar mit vollen Händen ausgeben. Schamgefühl ?? WAS bitteschön soll das sein ?? Frau Leyen hat mit der “Peanuts”  Millionenaffaire angefangen, geht völlig ungestraft aus dieser Affaire raus (oder sollte da etwa noch eine Klage folgen ?) und jetzt werden die BILLIONEN für einen “GRÜNEN DEAL”  vom Steuerzahler locker gemacht, abgesehen von den BILLIONEN WIEDERAUFBAU Steuergeldern.  WELCHER Wiederaufbau ?? WO hat denn eine Atombombe eingeschlagen oder gab es in einem europäischen Land etwa KRIEG ?? Oder sollen mit MILLIARDEN das MARODE ITALIEN und andere Länder, die schon seit JAHREN in den Miesen sind vom Steuerzahler gerettet werden,  dann wäre MACRONS PLAN von den EUROBONDS, wo die SCHULDEN von ALLEN LÄNDERN aber vor allem von DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH, SCHWEDEN, DÄNEMARK und NIEDERLANDE gezahlt werden müßten in Erfüllung gegangen. DAS DARF NICHT SEIN !  Die AKTEURE müssen vor den Kadi ! DEUTSCHLAND trögt ein Viertel aller Zahlungen. Ich BETE zu Gott, daß er diese unsäglich EU mit dieser m.M.n völlig INKOMPETENTEN Leyen endlich den Bach runtergehen läßt und MERKEL in den Ruhestand oder sonstwohin schickt. Mir völlig egal, HAUPTSACHE WEG !!

Nico Schmidt / 03.07.2020

Sehr geehrter Herr Grimm, die Geschichte wiederholt sich immer und immer wieder. Von Frau Dr. Merkel und ihren Gesellen war nichts anderes zu erwarten. Am Schlimmsten finde ich, dass wir dazu auch noch Beifall klatschen. MFG Nico Schmidt

Dietmar Blum / 03.07.2020

Und wie wird dieses Verkündigungsgeschreibsel heißen nach “Völkischem Beobachter” und “Neues Deutschland”?

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