Ingo Langner
“Snowden soll Passwörter von Kollegen genutzt haben” meldet REUTERS, und unsere deutschen Zeitungen drucken die Meldung brav nach. Er habe, so heißt es, bis zu 25 Kollegen in der NSA-Regionalzentrale Hawaii dazu gebracht, ihm ihre Passwörter auszuhändigen. Dadurch habe er Zugang zu den Geheimdokumenten bekommen, die er später der Presse überließ.
“Na sowas!” sage ich als Leser dazu. Und ich würde von REUTERS gerne wissen, wie Snowden das geschafft hat. Müssen wir uns das Szenario in etwa so vorstellen, daß Snowden beim Feierabendbier, das es auf Hawaii bekanntlich doch gibt, seine “Kollegen” ganz direkt angesprochen hat: “Hey, Bobby, wie heißt Dein Passwort doch gleich? Kannst Du mir das mal bitte morgen rübermailen, ich habe da so ein Ding vor. Hat mit Menschenrechten zu tun. Kann ich Dir leider jetzt nicht erklären, aber gerne später mal.” Und Bobby antwortet: “Okay, Eddy, geht klar, no problem!”
Was mit Bobby möglicherweise noch möglich gewesen sein könnte, wäre mit den 24 anderen “Kollegen”, die, wir erinnern uns, allesamt Geheimagenten sind, völlig undenkbar. Ist von denen niemand zu seinem Chef gegangen und hat Snowdens Passwörter-Wunsch angezeigt? Sind die NSA-Jungs auf Hawaii allesamt naive Volltrottel?
Nein, ich denke das sind sie nicht. Und bin mehr denn je davon überzeugt, daß auch diese aktuelle REUTERS Meldung Teil eines großangelegten Ablenkungsmanövers ist, dessen Urheber der russische Geheimdienst ist. Putins Agenten (Ex-Kollegen!) werden es gewesen sein, die all das Material beschafft haben, das angeblich von Snowden stammt. Doch was wäre passiert, wenn es von Putins Diensten z.B. über Moskauer Journalisten der Weltöffentlichkeit präsentiert worden wäre? Nichts wäre passiert. Die westlichen Medien hätten sich krummgelacht: ausgerechnet der lupenreine Demokrat Putin, will uns aufklären. Nicht mit uns.
Und genau das werden sich die Putin-Jungs auch gesagt haben, und dann hatte einer von ihnen die Idee, sich diesen netten Nerd Snowden auszugucken, um ihn zum Strohmann aufzubauen und der Weltöffentlichkeit als aufrechten Wahrheitsliebhaber zu präsentieren. Hat ja auch 1a funktioniert. Naturgemäß besonders gut in Deutschland, wo der sprungbereite Anti-Amerikanismus jederzeit abrufbar und inzwischen auch noch der Zwillingsbruder realpolitischer Blauäuigkeit ist.
Wenn im Kalten Krieg ein US-Agent via China nach Rußland flieht, dann wäre für jedermann glasklar gewesen, auf wessen Lohnliste der Mann steht. Aber seit es selbst dem aktuellen 007 egal ist, ob sein Wodka-Martini gerührt oder geschüttelt wird, sind auch andere Dinge verunklart worden. Und daß jetzt EX-RAF-Anwalt Ströbele “Freies Geleit” für Snowden fordert, war zu erwarten. Diese Nummer hatten wir bei Ulrike Meinhoff schon mal. Das war auch eine, die für das Menschenrecht auf Wahrheit gekämpft hat.