Vera Lengsfeld / 03.07.2016 / 06:10 / Foto: Mickey Bohnacker / 12 / Seite ausdrucken

Die Tiger-Nummer: Gibt es am Gorki-Theater intelligentes Leben?

Am Dienstag Abend sollte das lange angekündigte „kommentierte Fressen“ einer angeblichen Flüchtlingsfrau, in Wahrheit eine Schauspielerin, die seit fünf Jahren in Deutschland lebt und guten Anschluss an die linksintellektuelle Schickeria gefunden hat, stattfinden. Die libyschen Tiger, die zwei Wochen unter Missachtung aller Tierhaltungsregeln, die Zirkusdirektoren bei Androhung drakonischer Strafen einhalten müssen, zur Schau gestellt worden waren, konnten sich auf das Ende ihres Aufenthalts in einer Irrenanstalt freuen. Wenn sie eine Stimme hätten, würden sie das Publikum höchstwahrscheinlich darüber aufklären, dass sie keine libyschen Tiger sind. Mit solchen Details nehmen es die Initiatoren der Schmierenkomödie „Flüchtlinge fressen“ ohnehin nicht genau. Der zentrale Tierfutter-Experte, Philipp Ruch, ließ den Hinweis eines Zuschauers: “In Libyen gibt es keine Tiger, die gibt es nur in Asien", jedenfalls unbeantwortet.

Es gab am Dienstag einige hundert Schaulustige, vor allem Presse, der Rest linkes Jungvolk. Ein Countdown lief. Filme über ertrinkende und leidende Flüchtlinge wurden gezeigt und wild klingende Texte verlesen, die klar machten, dass die Aktion eine Erpressung der Regierung sein sollte, die Angehörigen von bereits nach Deutschland geflohenen Syrern gefahrlos mit dem Flugzeug nach Deutschland zu holen. Die Masse des Publikums wartete zusehends genervt darauf, dass es endlich losging. Am Ende des Countdowns - man fieberte förmlich der blutigen Fressorgie entgegen, wurde der Tigerkäfig mit einer schwarzen Tafel abgedeckt. Die Zuschauer wurden vor den Theatereingang umgeleitet. Da erhob sich bereits vereinzeltes Murren.

Der Rücktritt vom Gefressen-Werden

Vor dem Theater gab es einen Auftritt der syrisch-libanesischen Schauspielerin, die nun unter vielen Tränen auf Arabisch und mit Übersetzerin erklärte, warum sie sich entgegen der Ankündigung nun doch nicht von den Tigern fressen lassen will; sie wolle dem Publikum die grausigen Bilder ersparen. Die Junglinken hatten längst das Interesse verloren und sich ihren Handys zugewandt. Während die verhinderte Tigermahlzeit vorne schluchzte, wurden die Gespräche immer lauter. Vereinzelt kamen Rufe auf, dass man sein Geld zurückhaben wolle. Als sie zum Schluss barmte, sie habe "versagt" und übergebe deshalb ihre Rolle als den Tigern zu opfernder Mensch an das Publikum, lehnte Letzteres diese Einladung ab. Niemand meldete sich. Die angeblich vorhandenen Ersatz-Märtyrer hatten es offensichtlich vorgezogen, dieser Frage im nächstgelegenen Stehausschank entgegen zu sehen.

Das Zentrum für politische Holdseligkeit war da, zog es aber vor, nicht mit Redebeiträgen aufzutreten, sondern im Garten des Theaters an Flüchtlinge, deren Verwandte mit dem Flugzeug kommen sollten, zu einer „Diskussion“ zu übergeben. Dabei beklagte einer, dessen Familie wegen der Absage von airberlin nicht nach Deutschland fliegen konnte, dass er nicht zur Hochzeit seiner Tochter nach Syrien fliegen kann. Wie bitte? Hat man als glücklich der Hölle Entkommener wirklich den innigen Wunsch, wieder hinzureisen, um der Hochzeit seiner Tochter beizuwohnen?

Ein kleiner Schritt für airberlin, ein großer für den Restverstand in diesem Land

Inzwischen hatte sich das verhinderte Fressopfer so weit von ihrer tränenreichen Abschiedsvorstellung erholt, dass sie lachend und scherzend mit Intendantin Shermin Langhoff plaudern konnte. Spätestens an dieser Stelle sollte dem Letzten klar geworden sein, dass es gar nicht um die Situation der Flüchtlinge ging, sondern um eine PR-Aktion für die Zugewinn-Gemeinschaft Ruch & Co (mit beschränkter Haftung). Ein bisschen mager war die Sache auch deshalb, weil die angekündigte Landung des von airberlin gecharterten Flugzeugs mangels vorherigem Start leider ausfallen musste.  Nachdem der Fluggesellschaft klar geworden war, dass sie von den Initiatoren belogen worden ist, weigerte sie sich, den Flug durchzuführen. Ein kleiner Schritt für airberlin, ein großer für den Restverstand in diesem Land.

Zum Schluss bleibt die Frage, was dieses Manifest des Wahnsinns gekostet hat und vor allem, wer das bezahlt hat. Im "Impressum" tauchten mehrere Organisationen auf: Das Zentrum für politische Schönheit, eine Guerilla Foundation Act.Affect.Change, die Rudolf Augstein-Stiftung und das Gorki-Theater. Aber wer finanziert das als Kooperationspartner das Zentrum für politische Schönheit? Es besteht der Verdacht , dass die medienwirksame versuchte Erpressung des Rechtsstaates zu beträchtlichen Teilen aus Steuermitteln bezahlt wurde. Könnte man diese Mittel nicht unter Umständen in die Förderung wirklicher Flüchtlinge und Hilfsbedürftiger leiten?

Ruch & Co haben eine Stück á la „Des Kaisers neue Kleider“ aufgeführt, aber es war niemand da, der rief: „Der Ruch ist nackt!“. Dabei hätte die Scharade von Anfang an durchschaut werden können. Zu den abendlichen Diskussionen wurden mit einer Ausnahme nur Befürworter eingeladen. Als dann doch ein Gegner auf das Podium gebeten wurde, war das offensichtlich nur, um ihn zu diskreditieren. Herr Ruch stand auf und brüllte in den Saal, dass der Diskutant eine rechtsradikale Mutter hätte.

Wer nicht Herrn Ruchs Meinung ist hat eine gefährliche Mutter

Das ging selbst dem dezidiert linken Publikum zu weit. Ruch musste sich wieder setzen und sich anhören, dass es so nicht ginge. Zu offensichtlich war, dass, wer so agiert, nicht an Diskussion interessiert ist, sondern am Meinungsmonopol, das mit allen Mitteln aufrechterhalten werden soll. Um von Ruch als rechtsradikal diffamiert zu werden reicht es schon, wenn man sich gegen die Instrumentalisierung des Flüchtlingselends für PR-Zwecke ausspricht. Mit Demokratie hat das nichts zu tun. Da das Millionärssöhnchen Jacob Augstein zur Mit-Finanzierung der Aktionen von Ruch & Co aufgeschwungen hat, trifft der Schwachsinn in dieser Beziehung wenigstens keinen Armen. Eine bessere Verwendung für seinen Erbteil ist ihm offenbar nicht eingefallen. Die Menschheit sieht wohl weiteren segensreichen Vorstellungen dieser Koalition gut versorgter Patienten entgegen.

Der erste Teil des Artikels beruht auf einem Augenzeugenbericht von Dr. Wolfgang Hintze

Foto: Mickey Bohnacker via Wikimedia Commons

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Rudi Knoth / 04.07.2016

Hallo: Warum wollten diese Leute ihr Geld zurück? Haben diese Leute nicht gemerkt, dass siwe Im Deutschland unter Kanzerin Merkel und nicht im Römischen Reich unter Kaiser Nero leben? Noch ein kleiner Witz: Eine richtige Tierquälerei wäre es gewesen, wenn man die Schauspierlerin in Pfefferminzsosse gekocht und dem Tiger serviert hätte (Asterix lässt grüssen). Solche Geschichten kann man am Besten mit Humor ertragen. Mit freundlichen Grüssen Rudi Knoth

Michael / 03.07.2016

Was ist passiert? Tiger im Käfig und die Meute dreht frei. Selbst hier wird auf BILD-Zeitungsniveau darüber fabuliert, wer, wann, was, wo, warum, wieviel. Die Leute hatten ihren Spaß. Spaß daran, wie sich alle ihr Maul darüber zerreißen. Da fragt man sich doch, was peinlicher ist: dieses Gejammer hier oder die feiste Schuldzuweisungen, Hier, wie da, ging es nicht um Aufklärung, sondern um puren Populismus. Danke, also Frau Lengsfeld, für Ihren moralischen Zeigefinger - diente er doch nur als Feigenblatt. Wie groß das Feigenblatt ist, wird sich zeigen, ob meine Meinung veröffendlicht wird. Ansonsten ist das auch nur die Zensur, die Sie allzugerne bekämpfen wollen.

Henri Brunner / 03.07.2016

Also wir hier in der Schweiz snd mehr als nur froh, dass der Ruch in Berlin ist - und das soll auch um himmelswillen so bleiben Allein seine letzlichen Gastspiele hier waren - wie soll man das sagen .... nun ja, der Mann bräuchte dringend eine Therapie. Einen Schritt zurück und von einer Metaebene aber muss man feststellen: moderne Kunst kann man direkt spülen - je schneller, je besser.

JF Lupus / 03.07.2016

Wer als Bürger seinem Unwillen gegen die aktuelle Politik vermittels seines durch das GG garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstration Ausdruck verleiht, der ist “pack” oder “Gesindel” oder gar “keine Menschen”. Linke (in der Regel gewaltbereite oder sogar -tätige) Aktivisten, ideologisch vernagelte Gutmenschen rotgrüner Färbung und andere Personen links einer bürgerlichen Mitte hingegen genießen Schutz und Förderung durch den Staat. Irgendwann vor langer Zeit, als ich noch die Schulbank drückte lernte ich über die demokratische Staatsform, dass wir, das Volk, der Souverän seien. Das muss irgendwann geändert worden sein, ohne dass ich es bemerkt habe.

Frank Hill / 03.07.2016

“Ob se ihr jetz’ woll uffjehängt haben?” fragte der Fama nach der preußische General “Papa” Wrangel, als er zum Zwecke der (übrigens unblutig erfolgten) Niederschlagung der Berliner Märzaufstände 1848 durch das Brandenburger Tor in Berlin einritt. Die Berliner hatten genau das für diesen Fall seiner in Berlin lebenden Frau angedroht. Natürlich hatten se ihr nich uffjehängt. Der Berliner hat zwar seine berühmte Schnauze, ist aber, wenn es “zur Sache selba jeht”, gemütlicher als der für seine Gemütlichkeit (zu Unrecht, übrigens: Leipzig 1989 und Dresden 2015 lassen grüssen) verschrieene Sachse. Daher habe ich um die körperliche Unversehrtheit der geflüchteten Heroine, die sich den Tigern zum Frass vorwerfen lassen wollte, nie ernstlich Sorgen gehabt: Einmal ändern sich Volkscharaktere nicht so schnell, zum anderen hätten unauflösbare Interessenkonflikte im linken Lager (die Tierschützer hätten, im Sinne des Tigerschutzes, ohne Zweifel auf der Verfütterung eines nackten oder bestenfalls in ein ganz dünnes, naturbelassenes, schadstofffreies Gewand gehülltes Opfer bestanden, was die Feministen genau so selbstverständlich als sexistisch abgelehnt hätten) dies zuverlässig verhindert. So blieb also von det janze Theater nur übrig, was von Anfang an zu erwarten war: Eine Schmierenkomödie ohne Pointe. Und -immerhin- eine sehr lesenswerte lengsfeldsche Theatherkritik.

Diederich Heßling / 03.07.2016

Lieber Herr Kreutzer, alle Ihre Fragen sind sachlich begründet und berechtigt. Aber auf keine werden Sie (wir) jemals eine Antwort bekommen. Das soll Ihnen und weiteren 80 Millionen Einwohnern in Detschland zeigen, in was für einem System sie alle leben. Und wer das noch nicht begriffen hat dem ist nicht mehr zu helfen. Weder von ihnen noch von sonst jemandem. Möge Gott sich diesem Volk erbarmen!

Constanze Wunderlich / 03.07.2016

Angesichts des Missbrauchs dieser Tiere, immerhin unterliegen sie auch als Zoo- oder Zirkustier dem Washingtoner Artenschutzabkommen, hätte die Veterinär- oder Artenschutzbehörde genug Handhabe gehabt, diesem würdelosen Spuk ein Ende zu bereiten.  Hatte man dafür keinen Mut?

Oder? / 03.07.2016

Wir sprechen hier von Berlin. Damit erübrigt sich alles weitere.

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