Rainer Bonhorst / 02.03.2025 / 11:00 / Foto: Montage achgut.com / 56 / Seite ausdrucken

Artikeltyp:Meinung

Ein Oscar für Vance und Trump

Die Frage ist: Wird es einen zweiten Teil des Dramas „Eklat im Weißen Haus“ geben? Und wird es nach der inszenierten Zuspitzung des ersten Teils wider Erwarten doch noch ein Happy End haben?

… und der Oscar für die aufsehenerregendste Reality-TV-Show geht an das Team J.D. Vance und Donald Trump. Den Oscar für das dramatischste Drehbuch erhält J.D. Vance. Der Oscar für den eindrucksvollsten Hauptdarsteller geht an Donald Trump. Wolodymyr Selenski, der für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert war, musste überraschenderweise mit leeren Händen aus Hollywood, sorry: aus Washington abreisen.

Einen ersten Vorgeschmack, wie die Inszenierung ablaufen würde, gab es bereits bei Selenskis Ankunft, als sich Trump über das unbürgerliche Outfit seines ukrainischen Kollegen mokierte. Die Textilfrage spitzte sich dann während der Inszenierung zu, als ein Statist den Ukrainer fragte, warum er keinen Anzug trage. Selenski antwortete: „Wenn die Krieg vorbei ist, trage ich wieder Anzug. Vielleicht so einen wie Sie. Oder einen besseren.“

Damit war die Szene gesetzt für einen live und ungekürzten Film mit Publikum. Der Ort des Geschehens: das Oval Office. Das Publikum: Crew und Journalisten. Der Ablauf: Nach dem Austausch einiger höflicher Worte, brachte Drehbuchautor und Mitspieler J. D. Vance Spannung ins Geschehen, indem er Selenski vorwarf, sich gegenüber den amerikanischen Geld- und Waffengebern nicht dankbar genug erwiesen zu haben. 

Dann übernahm Hauptdarsteller Trump die Szene und erklärte Selenski, dass er ohne Amerika keine Karte gegen Wladimir Putin, der persönlich nicht auftrat, in der Hand habe. Selenski hatte zuvor versucht, zu erklären, dass sich Putin an keine Abmachungen halte, wenn sie nicht durch Sicherheitsgarantien abgestützt ist. Diese Darstellung wies Trump zurück und es kam zu einem Streitgespräch, das an Realitätsnähe kaum zu überbieten war. Selenski wurde aus dem Studio komplimentiert. Ein Subplot, bei dem es um einen Vertrag über Rohstofflieferungen ging, geriet in den Hintergrund und wurde aus dem Drehbuch gestrichen.

Berliner Bären und Goldene Palme

Die Folgen dieser Reality-Show sind international. In Europa überlegt man nun, ob es überhaupt noch sinnvoll ist, sich an amerikanischen Preisverleihungen zu beteiligen. Das Motto der dortigen Filmschaffenden ist offenbar: America first. In europäischen Filmkreisen ist man indessen überzeugt, dass Selenski der Preis für die Heldenrolle zugestanden hätte, weil er angesichts einer Übermacht auf fremdem Gelände Charakter gezeigt habe. Nun muss man entscheiden, ob Europa einen eigenen Oscar aus der Taufe hebt oder ob man es beim Berliner Bären und der Goldenen Palme belässt.

Bisher fehlen den Europäern die Mittel, eine mit den Oscars vergleichbare Show zu organisieren. Andererseits hat die Realitiy-Show im Weißen Haus gezeigt, dass mit America im Augenblick nicht mehr zu rechnen ist. Für die Ukraine und ihren Helden im nicht bürgerlichen Anzug, sieht es düster aus. Für Europa auch, weil es völlig überfordert ist.

Die Frage ist: Wird es einen zweiten Teil das Dramas „Eklat im Weißen Haus“ geben? Und wird er nach der inszenierten Zuspitzung des ersten Teils wider Erwarten doch noch ein ein Happy End haben? Das weltweite Publikum ist gespannt. Von Wladimir Putin hört man, dass er mit dem bisherigen Verlauf des Dramas vollauf zufrieden ist. 

 

Rainer Bonhorst, geboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

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Lucius De Geer / 02.03.2025

@Olmes: Wenn der doch wenigstens armeeoliv trüge - aber in Fascho-Schwarz aufzutreten, das ist schon besonders dreist. Immerhin weiß man so, mit was für einem Vogel man es hier zu tun hat, sofern man seine Einschätzung nicht aus dem ÖR bezieht.

Lucius De Geer / 02.03.2025

@Lotus. Danke für die klaren Worte. Reine Zeitverschwendung.

Lucius De Geer / 02.03.2025

@Voigt. Nein, denn wir hätten in dem Fall rational abgewogen und uns für die vorteilhafte Verhandlungslösung im März 2022 in Istanbul entschieden. Selensky ist ein Hasardeur und hat hunderttausende Ukrainer für ein unerreichbares Ziel geopfert. Wird höchste Zeit, dass er durch einen demokratisch legitimierten Nachfolger ersetzt wird, der obendrein international parkettsicher ist.

Norbert Hamann / 02.03.2025

Ein happy End für Europa gibt es dann, nachdem wir dem Ukrainischen Rollkragenpullover Merkels 8 Millionen Facharbeiter für den Wiederaufbau der Ukraine geschenkt haben.

Jana Hensel / 02.03.2025

T. Schnegaß: Merkwürdigerweise vergessen die MS eine auffällige Parallele zu einem unserer Kanzler. Zitat SZ, Wie sich Hitler durch seine Kleidung inszenierte 5. Dezember 2015: ‘Am 1. September 1939, dem Tag des Überfalls auf Polen, ordnete er dann seinen Kammerdiener an, ihm “bis zum Ende des Krieges nur noch die feldgraue Uniform” zurecht zu legen. Egal, ob er fortan zum Empfang mit Diplomaten ging oder in die Oper, ob er auf dem Obersalzberg mit Eva und den Hunden Gassi ging oder die Front besuchte: Er tauchte stets in einer grauen Uniform-Jacke auf.’ Vom Gröfaz abgeguckt?

Franz Klar / 02.03.2025

Der Literaturpreis geht an Poetry-Slamer Dmitry Medvedev (Stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates der Russischen Föderation) : “Und das undankbare Schwein bekam eine kräftige Ohrfeige von den Besitzern des Schweinestalls. Das ist nützlich”. Die Siegesfeierlichkeiten werden im Kremmel stattfinden , unter Beteiligung von FPÖ und AfD .

P. Meyer / 02.03.2025

wegen Artikeln wie diesem, von Autoren wie diesem hab ich keine Patenschaft mehr. Wenn ich sowas haben will, dann kann ich auch die FAZ oder den Spiegel lesen ;) ... Ansonsten kann ich mich nur Frau Sabine Lotus anschließen.

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