Vera Lengsfeld / 27.05.2018 / 14:00 / 15 / Seite ausdrucken

Ein Notstandsgesetz gegen die freie Kommunikation freier Bürger

Nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz hat uns die Regierung, eifrig bejaht von der Mehrheit des Bundestages, ein neues Monstergesetz gegen die freien Medien und gegen die freie Kommunikation der Bürger im Internet beschert. Gestern ist das „Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU (DSAnpUG-EU)“, das der Bundestag am 27. April 2017, also vor knapp einem Jahr, verabschiedet hat, in Kraft getreten.

Viel spricht dafür, dass die Parlamentarier, die nach wie vor ihrer Aufgabe, der Regierung auf die Finger zu sehen und kritisch zu prüfen, was an Vorlagen aus dem Kanzleramt und den Ministerien kommt, nicht nachkommen, das unausgegorene Gesetz einfach durchgewinkt haben. Auch die Medien sind erst wenige Tage vor Inkrafttreten des Gesetzes wach geworden und haben angefangen zu berichten.

Dabei kam sehr schnell heraus, das dieses Bürokratiemonster, das den Namen Gesetz keineswegs verdient, nicht nur widersprüchlich und uneindeutig, sondern vor allem gegen die freie Kommunikation der Bürger untereinander gerichtet ist. Es kriminalisiert praktisch jeden Menschen, der über die sozialen Netzwerke mit Anderen kommuniziert, einen Blog betreibt, Informationen verschickt. Praktisch alle sind betroffen: Vereine, Verbände, Unternehmer, Blogger.

Der Friseurladen, der seine Kunden per Newsletter über neue Öffnungszeiten informiert oder nicht rechtzeitig alle Fotos mit seinen Kreationen aus dem Fotoarchiv löscht, setzt sich hohen Geldstrafen aus, falls er versäumt haben sollte, seine Modelle um Erlaubnis zu bitten, diese Fotos weiter veröffentlichen zu dürfen.

Hauptstoß des Gesetzes gegen die Grassroot-Medien

Der Hauptstoß des Gesetzes geht aber gegen die Grassroot-Medien, die im Internet immer mehr Verbreitung finden. Ihnen soll die Möglichkeit genommen werden, Fake News, die verbreitet werden, zu widerlegen. Auch die Kommunikation der Bürger untereinander wird unter höchste Geldstrafen gestellt. Es soll am besten nur noch die von den staatstreuen Medien verbreitete Wahrheit gelten.

Eine konzertierte Aktion von Bürgern, wie die „Gemeinsame Erklärung 2018“, die Massenpetition gegen die unkontrollierte Einwanderung, ist künftig kaum noch möglich, weil per Gesetz von vornherein kriminalisiert. Dass Bürger sich in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen, soll verhindert werden. 

Angeblich soll es bei dem Gesetz ja darum gehen, die Daten der Bürger vor der „Datenkrake“, den großen Playern wie Google, Facebook, Twitter und so weiter zu schützen. Die bleiben von den Folgen des Gesetzes aber nahezu unberührt. Was den Befehl, „Hasskommentare“ zu löschen angeht, wird einfach vorbeugend alles gelöscht, was von den vielen Netzdenunzianten, die als NGO oder Einzelkämpfer wie Pilze nach dem warmen Regen aus dem Boden geschossen sind, angezeigt wird.

Ich bin bisher zweimal wegen Tweets auf Twitter denunziert worden. Ich habe es erfahren, weil Twitter mir mitteilte, dass ich nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen hätte. Es ging in beiden Fällen um islamistischen Terrorismus. Es werden also keineswegs nur so genannte „Hasskommentare“ angezeigt, sondern unliebsame Statements von Andersdenkenden unterdrückt.

Wo war eigentlich die FDP?

Für das DSAnpUG-EU, schon die Abkürzung zeigt die Absurdität des Ganzen, ist jeder Cookie und jede Datenspeicherung, die ganz normalen alltäglichen Gepflogenheiten entspricht, offensichtlich ein „Überwachungsvorgang“, inklusive Datendiebstahl. Damit ist jede zwischenmenschliche Kommunikation, die ohne Austausch von Daten einfach nicht funktionieren kann, kriminalisiert.

Das Gesetz ist maßgeblich von einem Grünen initiiert worden, dessen Partei sich immer mehr als Überwachungs- Gängelungs- und Verbotspartei profiliert. Aber das Gesetz konnte nur passieren, weil die andern Altparteien im Bundestag hauptsächlich damit beschäftigt sind, die AfD als einzige wirkliche Oppositionspartei zu bekämpfen, statt die Regierung zu kontrollieren, was eigentlich ihre Aufgabe wäre. Wo war eigentlich die FDP, als das Gesetz verabschiedet wurde?

Jetzt, fünf Minuten nach zwölf, fordert der Chef der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU (MIT) Carsten Linnemann von der Bundesregierung Schritte gegen das drohende Abmahnunwesen, das gegen Unternehmen, Handwerker, Blogs und Vereine klagen und abkassieren kann. „Die Regierung muss jetzt schnell dafür sorgen, dass mit Abmahnungen kein Unwesen getrieben wird und dass die Betroffenen sicher wissen, dass versehentliche Versäumnisse nicht zu Bußgeldern führen.“ Warum hat die Regierung das nicht schon längst getan? Die Österreicher konnten das doch auch?

Roland Tichy hat es auf den Punkt gebracht:

„… es bleibt das Versagen der Regierung Merkel. Denn die deutsche Regelung ist geradezu eine Perversion. Erst durch die Kombination von EU-Recht und Datenschutzrecht kommt es in Deutschland und nur hier zu dieser totalen flächendeckenden Vernichtung von Kommunikation und diesem überbordenden Aufbau von Erlaubnissen, Genehmigungen und Protokollierungspflichten – und wer dagegen verstößt, macht sich strafbar. Eigentlich jeder.“

Gegen diesen Gesinnungstotalitarismus, der vom vierten Kabinett Merkel jetzt vervollkommnet wird, hilft nur entschiedener Widerstand. Nur massive, deutlich artikulierte Ablehnung dieses Angriffs auf unsere freie, demokratische Gesellschaft kann uns vor dem endgültigen Abgleiten in die Gesinnungsdiktatur bewahren.

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Sandra Müller / 27.05.2018

“Gegen diesen Gesinnungstotalitarismus, der vom vierten Kabinett Merkel jetzt vervollkommnet wird, hilft nur entschiedener Widerstand.” Sehr geehrte Frau Lengsfeld, auch ich bin in diesem Falle für Widerstand. Allerdings stellt sich mir die Frage: WIE, in welcher Form? Er soll ankommen, allerdings nicht zu viel Zeit “rauben”, denn die habe ich nicht bzw. möchte mir diese nicht nehmen. (Es gibt aktuell einfach zu viele “Baustellen”...) Wäre es Ihnen möglich, hier hilfreich zur Seite zu stehen, ähnlich wie Sie die “Erklärung 2018” initiiert haben? Oder würden Sie sich in diesem Falle bereits strafbar machen?

Hjalmar Kreutzer / 27.05.2018

Widerstand? Ja wie denn, wenn man nur unter Strafandrohung kommunizieren kann? Alle Kassenärzte müssten im Grunde ihre Praxen dicht machen. Einerseits haben wir die gesetzliche Verpflichtung, die DSGVO umzusetzen, andererseits die gesetzliche Verpflichtung, bis 01.01.2019 die Praxen an eine Telematik-Infrastruktur anzuschließen, um online Patientendaten zum Versicherungsstatus unserer Patienten mit den Krankenkassen abzugleichen. Der DSGVO-Schwachsinn betrifft ja dann Handwerker, Gewerbetreibende, Händler, Wirtschaftsbetriebe und und und… Eigentlich hilft nur noch ein Generalstreik, bis diese Gesetze wieder außer Vollzug gesetzt werden. Generalstreik? In Frankreich vielkeicht, in Deutschland?

Caroline Neufert / 27.05.2018

Es ist albern, Frau Merkel für alles verantwortlich zu machen. Sind Sie es nicht, die gegen FB und Twitter wettern ? Die FDP weiß, - im Gegensatz zu Ihnen - dass mit diesem Gesetz wenigstens im Ansatz versucht wird, das Datensammeln zu hinterfragen.  Nicht nur auf Facebook schauen, sondern bspw auch Schufa, Telekom & Behörden zu fragen, was sie alles über einen speichern und ob es notwendig ist. Für den Mittelstand tut es mir theoretisch leid, praktisch kann man nur den Kopf schütteln. Wenn es “drohende Abmahnungen” gibt, wie wurde mit Daten denn umgegangen ? Es ist ja fast so, als würde Edeka etc. schimmlige Lebensmittel verkaufen und dann die Regierung anrufen, sie solle ja etwas machen, damit die Kunden sie nicht verklagen. “Eine konzertierte Aktion von Bürgern, wie die „Gemeinsame Erklärung 2018“, die Massenpetition gegen die unkontrollierte Einwanderung, ist künftig kaum noch möglich, weil per Gesetz von vornherein kriminalisiert. Dass Bürger sich in ihre eigenen Angelegenheiten einmischen, soll verhindert werden. ” Wieso ? Können Sie das begründen ? Bißchen journalistische Qualität kann man erwarten ?

Mike Loewe / 27.05.2018

Der Artikel theoretisiert leider sehr im Ungefähren, damit kann ich nichts anfangen. Ich würde gern allgemeinverständlich erfahren, was ein Datenschutzgesetz mit Hasskommentaren zu tun hat, warum es angeblich die Meinungsfreiheit einschränkt oder warum eine Erklärung wie die “Gemeinsame Erklärung 2018” heute kaum noch möglich sei. Ein Beispiel sagt zudem manchmal mehr als tausend Worte.

manfred caesar / 27.05.2018

Liebe Frau Lengsfeld , wo war die FDP ? Diese Frage ist überflüssig.Die FDP können Sie ,wie die anderen Parteien ,vergessen.Wir können nur hoffen ,daß die AfD tatsächlich Opposition ernst nimmt ,sonst sind wir endgültig verloren. Wir sind im Jahre 32 n. Orwell,das Wahrheitsministerium arbeitet schon lange auf Hochtouren ,das Liebesministerium wird gerade installiert.

H. Steinke / 27.05.2018

Meine aktuelle (!) Lektüre ist der Sammelband von Frank Schirrmacher von 2014 : “Technologischer Totalitarismus”, eine kleine Übung zum Problem “Wunsch trifft Wirklichkeit”, aber auch zum Verhältnis “Bock und Gärtner”. Das Buch ist offenbar eine mediale Vorbereitung zum jetzt in Kraft getretenen Datenschutzgesetz. Sehr erheiternd ist der Beitrag von P. Lindner (FDP). Machen Sie weiter so !

Constanze Rüttger / 27.05.2018

Liebe Frau Lengsfeld, die Gemeinsame Erklärung 2018 scheint ein Erfolg zu werden, wie wäre es, wo Sie gerade so schön in Fahrt sind, mit einer Petition gegen das DSGVO? Wie schon bei der Gemeinsamen Erklärung bin ich dabei.

Thomas Rießinger / 27.05.2018

Das Grundgesetz sagt es deutlich in Artikel 20: “(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.” Offenbar ist “andere Abhilfe” schon lange nicht mehr möglich. Es wird Zeit für Absatz 4.

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