Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte zur Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung (IAA) ein neues Gesetz an. Für Elektroautos sollen Tankstellen bald gesetzlich zum Aufbau von Ladestationen verpflichtet werden. Zahlen dafür am Ende die Steuerzahler oder nur die, die Benzin und Diesel tanken?
Man soll sich ja über Menschen, die sich bei einem Unfall verletzen, nicht lustig machen. Das trifft natürlich auch auf den Bundeskanzler zu, wenn er verletzungsbedingt mit einer Augenklappe öffentlich auftreten muss. Ich hätte diesen Umstand kaum erwähnt, wenn Olaf Scholz nicht selbst damit kokettiert hätte, um das Publikum bei der feierlichen Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung (IAA) für sich einzunehmen: „Das Wochenende hat mir noch mal ganz persönlich gezeigt: So schön joggen ist, für manche Strecken nimmt man doch besser das Auto", begann er seine Rede.
Klingt nett, auch wenn man sich unwillkürlich fragt, auf welcher Strecke sich der Genosse Scholz denn verletzt hat, wenn er jetzt glaubt, dass er sie besser mit dem Auto gefahren wäre. Man denkt doch eigentlich, dass der Kanzler joggt um des Joggens willen und nicht, um an ein bestimmtes Ziel zu gelangen. Wahrscheinlich war dieses Bonmot einfach nur nicht so genau durchdacht, und er wollte einfach sagen, dass er das Automobil für unverzichtbar hält.
Das finden die meisten seiner Landsleute auch, nur haben viele von ihnen Sorge, wie lange sie sich selbiges noch leisten können. Autos mit Verbrennermotor sollen in gut zehn Jahren nicht mehr neu gebaut und verkauft werden dürfen. Elektroautos sind teuer, manchmal brandgefährlich und außerdem nicht gerade praktikabel, wenn man längere Strecken fahren und zwischendurch tanken bzw. nachladen muss. Dazu ist gestern an dieser Stelle ja schon das Nötige geschrieben worden.
Der Bundeskanzler, der die schlechte Laune ja bekanntlich mehrfach zum Markenzeichen von Rechtspopulisten erklärt hat, will bei seinem Auftritt zur Automobilausstellung lieber gute Laune verbreiten. Nur leider bietet die Politik seiner Regierung gerade der deutschen Automobilindustrie sicher wenig Anlass zu guter Laune.
„Der Planet darf nicht leiden“
Es sind ja nicht nur die hohen Energiepreise unter denen die Hersteller leiden. Das bisherige Kerngeschäft, Autos mit Verbrennermotor, wird in absehbarer Zeit in der EU verboten. Die deutsche Regierung hat diesen Beschluss nicht nur nicht verhindert, sondern sogar befördert. Es gibt damit auch für die weitere Entwicklung und Forschung in diesem Bereich keine Veranlassung mehr. Politisch gewollt ist stattdessen die Elektromobilität mit Batterieautos. Daran mögen deutsche Automobilhersteller jetzt bitteschön mit Hochdruck arbeiten. Das hatte vor dem Kanzler bereits dessen grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck gefordert.
Nun verkauft sich das Elektroauto in Deutschland allerdings gerade nicht mehr so gut, weil man als Käufer dafür nicht mehr so viel Geld vom Staat zugeschossen bekommt wie zuvor. Die Automobilindustrie hatte in den letzten Jahren auch wegen solcher Zahlungen kaum vernehmlich gegen den Elektroauto-Regierungskurs protestiert. Solange der Staat mit satten Subventionen lockt, wird er viel lieber als König Kunde hofiert als der oft lästige und widerspenstige private Endverbraucher.
Diese Art der „Verkehrswende“ war und ist zudem bekanntlich hochmoralisch aufgeladen. Auch der Kanzler sagte in seiner Messerede wieder:
„Fortbewegung ist ein universelles menschliches Bedürfnis, und gleichzeitig sind wir uns einig, dass wir uns in Zukunft so fortbewegen müssen, dass unser Planet und unsere Umwelt nicht darunter leiden.“
Und der Planet leidet nach Regierungsansicht eben weniger, wenn die Menschen mit batteriebetriebenen Autos fahren, auch wenn die Rohstoff-Förderung für die Batterieproduktion und diese selbst oft nicht gerade unter vorzeigbaren Umständen stattfinden. Da sehen deutsche Regierungspolitiker eben nicht so genau hin, denn das Elektroauto haben sie ja offiziell schon längst zum moralisch höherwertigen Fahrzeug erklärt.
Doch wenn potenzielle Kunden dafür ausschließlich ihr eigenes Geld ausgeben sollen, muss es auch alltagstauglich sein. Und an dieser Stelle machte Kanzler Scholz etwas, das er nur selten tut, nämlich eine konkrete Aussage zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das elektrische Fahren auf deutschen Straßen. Vielleicht hofft er, dass die Kunden dann auch ohne üppige Subventionen ein E-Auto erwerben. Derzeit ist dessen Betrieb in etlichen Regionen nicht besonders attraktiv.
„Als erstes Land in Europa“
Beispielsweise ist das Netz der Ladestationen vielerorts recht löchrig. Verbrenner-Fahrer finden nahezu überall eine Tankstelle, mit dem Elektroauto kann das Laden zu einem Problem werden. Und da kommt jetzt der Kanzler. Seine Regierung handelt. Na ja, das stimmt nicht ganz. Sie zwingt demnächst andere per Gesetz, in ihrem Sinne zu handeln. Der Kanzler sagte vollmundig:
„Unser Ziel ist klar: Laden muss so einfach oder noch einfacher werden als tanken. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir im Jahr 2030 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen haben. Dieses Ziel ist nicht neu. Neu ist, dass wir es auch umsetzen.“
Ja und wie?
„Wir werden als erstes Land in Europa in den nächsten Wochen ein Gesetz auf den Weg bringen, mit denen die Betreiber von fast allen Tankstellen dazu verpflichtet werden, schnell Lademöglichkeiten mit mindestens 150 Kilowatt für E-Autos bereitzustellen. Damit gehört Reichweitenangst bald endgültig der Vergangenheit an.“
Toll! Jetzt muss es dann nur noch genügend Strom und Netzkapazität geben, damit an den deutschen Tankstellen die Ladesäulen nicht nur stehen, sondern auch wirklich zum Laden genutzt werden können.
Aber wer soll diesen Ladesäulenbau an jeder Tankstelle eigentlich bezahlen? In vielen Regionen verspricht die Ladesäule den Tankstellenbetreibern ja noch kein lohnendes Geschäft, weil es viel zu wenige E-Autos im Einzugsbereich gibt. Zahlt der Staat – also der Steuerzahler – mit Fördergeldern? Oder muss der Tankstellenbetreiber das Geld mit dem Verkauf von Benzin und Diesel erwirtschaften? Das würde bedeuten, dass letztlich die Verbrenner-Fahrer beim Tanken für den Ladesäulenausbau zahlen müssten. Politiker lieben ja solche Geschäfte zu Lasten Dritter.
Ansonsten hatte der Kanzler lediglich noch einige nette Worte für die deutsche Automobilindustrie übrig, die doch bitte auch bei der Elektromobilität wieder führend sein solle. Viele Berichterstatter von der Messe verwiesen allerdings darauf, dass wohl eher chinesische Hersteller das Geschäft machen dürften. Sie seien auf der IAA mit günstigen Elektroautos sehr präsent.
Ladenhüter in China
Zeigen viele chinesische Elektroautos auf der Messe in München aber wirklich einen aufkommenden Geschäftserfolg?
„Seit 2009 lenkte die kommunistische Partei Chinas etwa 25 Milliarden Euro an Subventionen und Steuererleichterungen in den „New Energy“-Autosektor. Banken und Großinvestoren rissen sich daraufhin förmlich darum, ihr Geld visionär zu vernichten. So entstanden über 100 neue Unternehmen, die in nagelneuen Fabriken elektrische Autos produzieren. Außer dem Strom der Investorenkohle braucht man dazu lediglich noch den Kohlestrom aus billigen chinesischen Kraftwerken (um die Umwelt ging es bei diesem Geschäft nie).
Allein die Kunden machen nicht so richtig mit: Sie kaufen zwar recht viele Elektroautos, dies aber nur zu 'atemberaubenden' Preisen, die oft weit unter den Gestehungskosten liegen. Trotzdem ist der Absatz der Hersteller bis zu 40 Prozent rückläufig. Die überzähligen Batterieautos rotten derweil auf riesigen Halden im ganzen Land als Elektroschrott vor sich hin. Denn es hapert oft an der Qualität und immer an Ladestationen.“
Das schrieb Dirk Maxeiner hier vor einigen Wochen. China ist demnach voll von Elektroautos, die keiner kauft.
„Der bekannte chinesische Hersteller BYD ist übrigens dazu übergegangen, seine Autos in halbfertigen Hochhäusern abzustellen, die wegen der Immobilienblase nicht fertiggestellt werden. Und zwar ab der zweiten Etage, was dafür spricht, dass ein längerer Aufenthalt dort oben geplant ist.
Geisterstädte, vollgestopft mit E-Zombie-Autos, sind ein sehr anschauliches Bild der jüngsten Aufführung des chinesischen Staatstheaters, und zahlreiche Videos wie hier widmen sich dem Thema. Die E-Mobil-Branche in China gleicht längst einem Schneeballsystem, das unverkäufliche Autos versteckt oder bei Car-Sharing-Anbietern auf den Hof stellt, um Investoren gute Verkäufe vorzugaukeln. Das Geschäftsmodell der inzwischen 370 Sharingfirmen scheint weniger das Vermieten von Autos zu sein, als vielmehr das, die Dinger unauffällig verschwinden zu lassen.“
Dann kann man sie ja auch nach Deutschland verschiffen und hier zu günstigen Preisen verkaufen. Dank der Bundesregierung gibts hier bald auch eine bessere Ladesäulen-Versorgung, wenn es nach dem Kanzler-Plan geht. Nur der deutschen Automobilindustrie und den vielen Deutschen, die von ihr leben, dürfte das nicht helfen. Aber wen schert das in dieser Bundesregierung? Mit der heutigen Rede hat der Kanzler einen Protokolltermin fehlerfrei absolviert und sogar noch ein konkretes Gesetz versprochen, das andere zum Handeln verpflichtet. Mehr war vom Genossen Scholz nicht zu erwarten.