Ein neuer Tiefpunkt für den Pulitzer-Preis

Von Brendan O’Neill.

Den renommierten Pulitzer-Preis für Journalismus erhält diesmal in einer Sparte Mosab Abu Toha, der für verbale Ausfälle gegen israelische Hamas-Geiseln berüchtigt ist.

In normalen Zeiten – lang ist es her – war es verpönt, Frauen zu verunglimpfen, die von gewalttätigen Männern verschleppt worden waren. Es wäre als besonders übel angesehen worden, Frauen zu verunglimpfen, die von einer Armee von Antisemiten während eines blutigen Karnevals der Judenvernichtung in die Gewalt genommen worden waren. Sich schlecht über solche Opfer zu äußern, hätte in einer anständigen Gesellschaft wahrscheinlich nur Verachtung hervorgerufen. Jetzt nicht mehr. Jetzt bekommt man dafür den Pulitzer-Preis.

Der diesjährige Pulitzer-Preis für Kommentare ging an Mosab Abu Toha, einen Schriftsteller aus dem Gazastreifen, der in den USA lebt. Der Preis wird von der Columbia University Graduate School of Journalism betreut. Die Jury lobte Abu Tohas Essays im New Yorker, weil sie der Welt „das physische und emotionale Gemetzel in Gaza“ vor Augen führten. Über seine Online-Hysterie, in der er israelische Geiseln als „Mörder“ bezeichnete und die BBC als „dreckige Leute“ anprangerte, weil sie es gewagt hatte, zu behaupten, die Bibas-Kinder seien von der Hamas ermordet worden, verlor die Jury hingegen kein Wort.

Die Detektive der Website „Honest Reporting” haben das digitale Verhalten von Abu Toha aufgedeckt. Und es ist nicht schön. Nach der Freilassung der britisch-israelischen Geisel Emily Damari im Januar dieses Jahres rastete er aus. „Wie um alles in der Welt kann man dieses Mädchen als Geisel bezeichnen?“, fragte er auf Facebook. Sie sei eine „Soldatin“, die von der Hamas „festgehalten“ worden sei, sagte er. Und das sei „bei den meisten ‚Geiseln‘ der Fall“.

Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Akt des Widerstands?

Man beachte die Anführungszeichen bei „Geiseln“. Es ist schon erstaunlich, wie hasserfüllt Zeichensetzung sein kann. Die Implikation war ebenso klar wie abscheulich: Das sind keine echten Geiseln. Sie sind nicht unschuldig. Es sind Besatzer, die von der Hamas als Kriegsgefangene genommen wurden. Hier legitimierte Abu Toha einerseits die Hamas, indem er sie wie eine normale Armee behandelte, die normale Armeedinge tut. Andererseits verunglimpfte er die Geiseln und beraubte sie sogar dieses Titels. „Soldaten”, „Besatzer” – die Arschlöcher hätten es also verdient.

Was er sagte, war falsch. Frau Damari war keine Soldatin, als sie entführt wurde. Sie hatte Jahre zuvor in den IDF gedient, wie es alle jungen Erwachsenen in Israel tun müssen. Aber an dem Tag, an dem sie gewaltsam entführt wurde, war sie nur eine Israelin, nur eine Jüdin, wie die meisten der Geiseln. Sie wurde entführt, weil sie eine Jüdin im Heiligen Land war, und noch dazu eine Frau, was es den neofaschistischen Gewalttätern umso leichter machte, sie nach Gaza zu verschleppen. Sie drangen in ihr Haus im Kibbuz Kfar Aza ein, schossen auf sie und hielten sie fast 500 Tage lang unter grausamsten Bedingungen gefangen.

In seinen Ausbrüchen in den sozialen Medien stellte Abu Toha ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Akt des Widerstands dar. Dabei handelte es sich um eine Form der Grausamkeitsleugnung, bei der die rassistische Verfolgung von Juden zur gerechten Inhaftierung von Soldaten umgedeutet wurde. In einem offenen Brief an den Vorstand des Pulitzer-Preises bezeichnete Frau Damari Abu Toha als das „moderne Äquivalent eines Holocaust-Leugners“. Indem er „die Tatsache meiner Gefangenschaft und der Gefangenschaft der anderen entführten Israelis in Frage stellt, leugnet er die Wahrheit [und] löscht die Opfer aus", sagt sie. Und jetzt, so teilt sie dem Pulitzer-Ausschuss mit, „haben Sie sich zu ihm in den Schatten der Leugnung gesellt“.

Ist das heutzutage preiswürdiges Schreiben?

Abu Toha hatte sogar noch schlimmere virtuelle Ausraster. Er bezeichnete die israelischen Geiseln als „Mörder, die sich der Armee angeschlossen haben“ und beschimpfte die internationalen Medien, weil sie sie „vermenschlicht“ hätten. Ja, der Himmel bewahre uns davor, Israelis mit Menschen zu verwechseln. Er legte sich mit der BBC an, als diese über die Behauptung berichtete, Hamas-Terroristen hätten die Bibas-Kinder mit bloßen Händen getötet: den vierjährigen Ariel und den erst neun Monate alten Kfir, den die Hamas in ein höllisches Gefängnis in Gaza verchleppte. War er auch ein Soldat, Herr Toha? „Wenn Sie keine Beweise gesehen haben, warum haben Sie das veröffentlicht?“, fragte er die BBC. Er beantwortete seine eigene Frage: weil ie „schmutzige Menschen" sind.

Wissen Sie, was wirklich schmutzig ist? Sich über die Berichterstattung zur Entführung und Ermordung jüdischer Kleinkinder mehr zu empören als über diese Gräueltat selbst. Stellen Sie sich vor, wie tief man in die Jauchegrube der Israelphobie gesunken sein muss, um die faschistischen Bastarde, die die Kinder gefangen hielten, nicht als „schmutzig“ zu bezeichnen, sondern die BBC, weil sie über die Möglichkeit berichtete, dass die Kinder mit bloßen Händen getötet wurden. Es zeugt von der moralischen Verkommenheit der anglo-amerikanischen literarischen Elite, dass solche Leute jetzt Preise gewinnen.

Dies ist ein neuer Tiefpunkt für den Pulitzer-Preis. Und das will schon etwas heißen. Im Jahr 2023 ging der Preis für Literaturkritik an Andrea Long Chu, einen Mann, der sich als Frau ausgibt und der grob frauenfeindliche Dinge geschrieben hat. Er beschrieb einmal „das Arschloch“ als „eine Art universelle Vagina, durch die man immer Zugang zur Weiblichkeit hat“. „Gefickt zu werden macht dich weiblich, denn gefickt zu werden ist das, was eine Frau ist“, schrieb er. Ist das heutzutage preiswürdiges Schreiben? Männer in Frauenkleidern, die die Wahrheit über die Weiblichkeit leugnen? Oder Männer aus Gaza, die die Unrechtmäßigkeit der Geiselhaft von Emily Damari leugnen? Männer, die denken, dass es bei Frauen nur darum geht, gefickt zu werden, und Männer, die denken, dass israelische Frauen es verdienen, von der Hamas gefickt zu werden? Wenn das eine literarische Gesellschaft ist, dann bin ich raus.

Dieser Text ist zuerst im Spiked erschienen und wurde für Novo aus dem Englischen übersetzt von Thilo Spahl.

 

Brendan O’Neill ist der politische Chefautor von spiked und Gastgeber des spiked-Podcasts The Brendan O’Neill Show. Er ist Autor von A Heretic’s Manifesto: Essays on the Unsayable und Sie finden ihn auf Instagram: @burntoakboy. Mehr von Brendan O´Neill lesen Sie in dem aktuellen Buch „Grenzen und Spaltungen – Immigration nach Europa“.

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Leserpost

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Kurt Engel / 21.05.2025

Preise und Verdienstmedaillen werden heute discountermäßig verteilt. Preiswert bis billig, ohne irgend eine Reputation. Es zeichnet eher die aus, die keinen Ärunk! erhalten

Hans-Joachim Gille / 21.05.2025

Herr O’Neill, ich weiß nicht, ob solche Artikel was bringen. In der Geopolitik existiert keine Moral. Wie auch, wenn man als Regierungschef für mehrere Mio. Menschen, in 2 Staaten Milliarden Menschen die Verantwortung trägt. Man kann Humanität in Betracht ziehen, um Kompetenzverluste durch Opfer zu vermeiden. Wir sind uns einig, daß wir niemanden umbringen wollen, aber manchmal bringt die Größe des politischen Zwecks, gemäß von Clausewitz, Krieg & Opfer mit sich. Und im Krieg bedeutet Moral immer nur reine Propaganda. Die ist nur was für Blöde. Da die sich im Konflikt mit Israel befindlichen Araber & Perser Israel beseitigen wollen, funktioniert keine 2Staaten-Lösung. Also kann es nur eine 1Staat-Lösung geben. Und wer Frieden will, sollte hier an einer humanen Lösung mitarbeiten. Der Iran zum Beispiel ist ein riesiges Land. Landkarten zeigen den Iran perspektivisch häufig zu klein an. Der Iran ist fast 3x so groß, wie die Ukraine & hat eine Bevölkerungsdichte von 52 Einwohnern pro Quadrat-KM. Der Iran könnte also locker die paar Mio. sogenannter Palästinenser aufnehmen & mit diesem Schachzug ein besseres Verhältnis zu Israel & den USA herstellen. Der Konflikt ist destruktiv. Und der muslimische Anspruch auf die Levante basiert auf der brutalen Islamischen Eroberung, die auf jeden Fall rückgängig gemacht werden muß. Muslime haben weder was in Europa noch am Mittelmeer verloren. Am besten gehen Muslime dahin, wo sie einst herkamen.

Ch. Schuhmacher / 21.05.2025

Man erkennt durch den Artikel, wie wichtig es ist hier Reformen einzuleiten. Da die Comlumbia das nicht freiwillig tut, muss man ihr folgerichtig den Geldhahn zudrehen, wie es Präsident Trump gerade macht. Ansonsten gilt auch für mich: “Wenn das eine literarische Gesellschaft ist, dann bin ich raus.”

Lutz Herrmann / 21.05.2025

Für die meisten Muslime bleiben alle Israelis Soldaten.

Dr. Joachim Lucas / 21.05.2025

Der Westen ist auf seine Art genauso verkommen wie diese Art von Preisträgern. Als anständiger, humanistischer und aufgeklärter Mensch darf man inzwischen fast keine Preise mehr von solchen Institutionen oder auch Staatspreise annehmen. Es ist nur noch widerlich.

Wilfried Düring / 21.05.2025

Der selbsternannte Werte-Westen hat fertig! Was für ein sittlich verkommenes Drecks-System. Am Yisrael Chai.

Ilona Grimm / 21.05.2025

Ist das endlich ist „rock bottom“  und kann nicht unterboten werden? Oder geht’s noch schlimmer, wie Normalos fast jeden Tag neu erleiden müssen?

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