Vera Lengsfeld / 18.09.2016 / 22:00 / Foto: Bilby / 12 / Seite ausdrucken

Ein kleiner Vorgeschmack auf Rot-Rot-Grün

Am Tag vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus war das ganze politische Berlin auf den Beinen. Allerdings fiel es manchem schwer, sich zu entscheiden. Geht man zur Demo gegen Ceta und TTIP, wo linke und rechte Kritiker des Freihandels vereint sind, zum Marsch für das Leben oder zur Gegendemo der Grünen und Linken am Brandenburger Tor? Ich wollte wissen, wie es um die Demonstrationsfreiheit in Deutschland 2016 bestellt ist, da bot sich der Marsch für das Leben an, der am Reichstag beginnen sollte.

Auf dem Weg dorthin kam ich am Brandenburger Tor vorbei, wo gerade Anton Hofreiter von den Grünen das Wort ergriff. Das  Publikum von unter hundert Teilnehmern, war überwiegend in die Lederkluft der 70er Jahre gekleidet. Die Gesichter ernst, zum Kampf entschlossen. Hofreiter lieferte im Stakkato  alle Phrasen, die damals schon die Eltern seiner jüngeren Zuhörer serviert bekamen. Die anwesenden Veteranen nickten zustimmend zur Rhetorik ihrer Jugend. Es waren allerdings nicht mehr der „Schweinestaat“, oder die „Kapitalisten“, sondern die „Rechten“ oder „Rechtspopulisten“, die angeblich  dabei sind, die emanzipatorischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zu zerstören. Frauenemanzipation, Gleichstellung für Schwule und Transgender seien akut bedroht. Allerdings erwähnte Hofreiter mit keinem  Wort die Hauptgefahr, den Islamismus. Die ganze Veranstaltung wirkte wie aus der Zeit gefallen.

Die Wiese auf der Westseite des Reichstags, wo sich die Marschierer für das Leben versammelt hatten, war weiträumig abgesperrt. Die Polizei hatte offensichtlich den Befehl, Demonstranten und Gegendemonstranten strikt voneinander zu trennen. Das tat sie mit aller Konsequenz. Vor der Absperrung schrien sich etwa zwei Dutzend willige Antifa-Anhänger die Kehlen wund, dahinter herrschte friedliche Kirchentagsatmosphäre. Herzförmige rote Luftballons, Plakate mit Babybildern, sanfte Lieder von der Band, Redner, die das Leben feierten, auch wenn es Schmerz bedeutet.

Wie ihre Urgroßeltern in den 30er Jahren

Ich stimme in vielen Punkten nicht mit den Demonstranten überein, weil ich mir das Recht selbstbestimmt sterben zu wollen, nicht absprechen lasse, aber emotional war ich auf ihrer Seite, denn sie zeigen die Toleranz, die ihre Gegner vermissen lassen.

Als sich der Zug in Bewegung setzte, wurden auch die Gegendemonstranten aktiv. Sie rannten neben der Demonstration her, stellten sich an markanten Stellen auf und versuchten, durch lautes Schreien zu stören. Neben den Slogans, die auf jeder Antifa-Demo zu hören sind, wurde vor allem gebrüllt: „Hätte man euch doch abgetrieben!“. Oder es wurde den Demonstranten von  hysterischen Jungmädchen mit sich überschlagenden Stimmen mehr Analverkehr empfohlen. Daneben kamen Trillerpfeifen zum Einsatz. Ein besonders eifriger und handwerklich geschickter Antifant hatte eine lebensgroße Marienfigur aus Sperrholz gebastelt, mit beweglichem Arm, der vor dem nackten Unterleib der Gottesmutter hin- und herbewegt wurde. Soviel zum Respekt vor Andersgläubigen. Denn der Schöpfer dieser onanierenden  Maria würde vermutlich sofort auf die Knie gen Mekka fallen und Allahu Akbar rufen, sobald ihn ein Islamist darauf aufmerksam gemacht hätte, dass Maria eine im Islam hochverehrte Heilige ist.

Einmal gelang es einem Jüngling, die Polizeikette zu durchbrechen. Er entriss einer  Mutter mit behindertem Kind ein Kreuz und warf es unter dem Gejohle seiner Genossen in die Spree. Spätestens dann wurde offensichtlich, dass sich die Jugendlichen benahmen, wie ihre Urgroßeltern in den 30er Jahren. Mit hassverzerrten Gesichtern andere Meinungen niederbrüllen, Andersdenkende attackieren, ihnen verbal den Tod  wünschen- das ist Faschismus. Wer waren diese Jugendlichen? Es waren sichtlich nicht die harten Antifanten, sondern Gymnasiasten aus besseren Häusern. Der Typ, dem von den überfürsorglichen Eltern jedes Steinchen aus dem Weg geräumt wurde, der sich darauf verlassen konnte, dass Mama oder Papa sich den Lehrer zur Brust nahmen, wenn er eine schlechte Zensur bekam. Eine Generation, der eingetrichtert wurde, dass sie jedes Recht, aber keine Pflichten hat. Eine Kohorte von scheinbaren Individualisten, die nie gelernt hat, selbst zu denken, Verantwortung zu übernehmen, sondern die sich in der Masse bewegt, wie fremdgesteuert.

Beim Marsch für das Leben waren sie eine verschwindende Minderheit. Ich habe an mindestens sechs verschiedenen Stellen die immer gleichen dutzend Gesichter gesehen. Wie die Polizei hinterher bekannt geben konnte, es wären 1500 Gegendemonstranten gewesen, kann nur erklärt werden, indem jeder etwa zehnmal gezählt wurde.

Aber diese lautstarke, aggressive Minderheit hat das Demonstrationsrecht praktisch außer Kraft gesetzt. Wenn 1300 Polizisten eingesetzt werden müssen, um 8 000 Demonstranten zu schützen, kann von Demonstrationsfreiheit nicht mehr die Rede sein.

Von der Politik werden die Zerstörer unserer demokratischen Rechte übrigens unterstützt: Linke, Grüne und SPDler haben sich hinter die Gegendemonstranten gestellt, darunter der Regierende Bürgermeister Müller. Müller will nach der Wahl eine Rot-Rot-Grüne Regierung anstreben. Eine gute Nachricht für die Genossen von der Antifa, eine schlechte für die Demokratie in Berlin.

Erschien zuerst auf : Freedom is not free

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Test 45: 42387

Judith Hirsch / 19.09.2016

Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er sagen: Ich bin der Anti-Faschismus.Ignazio Silone (1900-1978)

Klaus Elmar Müller / 18.09.2016

Danke für diese Informationen, die klare negative Bewertung und die interessante Analyse einer faschistoiden Kontinuität im Milieu der herrschenden Schicht! Danke für die den Lebensrechtlern gezollte Anerkennung! Die Autorin unterstellt wohl mit Recht diesen antichristlichen Linksfaschisten eine Bereitschaft, sich dem Islam zu unterwerfen. Ich befürchte, dass eine bequeme Mehrheit der Deutschen mit ihrem Gehorsams-Gen in 10 Jahren bereit sein wird, einer Verschleierung deutscher Frauen zuzustimmen, mindestens beim öffentlichen Baden (außer natürlich beim Autofahren, damit der Blitzer weiter die Zahlbürger schröpfen kann).

Bärbel Schneider / 18.09.2016

Ich kann Ihre Beobachtungen nur bestätigen. Auch wir haben am "Marsch für das Leben" teilgenommen, obwohl wir nicht alle Auffassungen der Veranstalter teilen. Es ist einfach wichtig zu zeigen, dass man sich von dem linksgrünen Terror nicht einschüchtern läßt. Eine kleine Ergänzung: Offenbar hatten die Gegner des "Marsches für das Leben" auch Ampullen mit einer stinkenden Flüssigkeit (vielleicht mit der bei der Antifa beliebten Buttersäure) auf dem für die Demo abgesperrten Gelände verstreut. Mindestens eine davon muss in unserer Nähe zertreten worden sein, eine weitere wurde von einem Teilnehmer rechtzeitig aufgehoben. In der Presse war auch zu lesen, dass ein als Reporter getarnter Antifa der stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Beatrix von Storch ins Gesicht gespuckt habe. Es ist nur noch widerlich. Mit Demokratie und Respekt vor Andersdenkenden hat das nichts mehr zu tun. Ich setze - anders als Sie - aber meine Hoffnung auf eine rot-rot-grüne Regierung. Dann werden sich die zahlreichen Probleme in Berlin so schnell verschärfen, dass jeder davon betroffen sein wird. Die nächste Wahl wird dann die Wende herbeiführen. Es muss erst einmal schlimmer werden, ehe es besser werden kann.

Peter Hofstetter / 18.09.2016

Es geht auch mal ohne (Nazi-Vergleich).

Annett Pölzig / 18.09.2016

Sehr geehrte Frau Lengsfeld, leider bleibt mir nichts anderes übrig als Ihnen Recht geben zu müssen. Es ist nicht mal mehr eine Diskussion möglich. Traurig

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