Chaim Noll / 01.01.2021 / 10:00 / Foto: Imago / 147 / Seite ausdrucken

Ein Heiligenschein für Angela Merkel

Deutsche Medien verkünden den bevorstehenden Rückzug der Kanzlerin aus der Politik, und zwar für Herbst 2021. Sie werde nicht noch einmal für politische Ämter kandidieren, verspricht Spiegel Online, nicht mal für den Bundestag. Dann wären wir tatsächlich am Ende ihrer endlos scheinenden Kanzlerschaft angekommen. „Dieses Jahr war hart“, schreibt Spiegel Online, „es hat unendlich viel Kraft gekostet, das ist der Kanzlerin bei ihren letzten Auftritten deutlich anzusehen. Und das will bei Angela Merkel etwas heißen. Ihr Nimbus speist sich auch aus der Annahme beinahe übermenschlicher Reserven“.

Solche Sätze sind ein Vorgeschmack auf den neuen, vom Staat mit Millionenzuschüssen geförderten Qualitätsjournalismus: Er scheut die großen Worte nicht mehr, wenn es um Vertreter der Geld gebenden Regierung geht, weder „Nimbus“, die lateinische Übersetzung des griechischen halos, Heiligenschein, noch die Zuerkennung von Prädikaten wie „übermenschlich“.

Schmeicheleien dieser Art sind auch weiterhin reichlich in den Text eingestreut. Er erweist sich als neue Form von Heldengesang. Dass er statt in Versen in Spiegel-Prosa abgefasst ist, mindert nicht das in der Tiefe mitschwingende Pathos. Viel Heroisches hat die Kanzlerin vollbracht, doch  „Der Kampf gegen das Virus stellt alles in den Schatten – und Krisen hat Merkel zur Genüge zu bewältigen gehabt: Finanzkrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise. Die laufende EU-Ratspräsidentschaft, geplant als eine Art Höhepunkt ihrer Kanzlerschaft, die Anstrengungen für eine neue Politik gegenüber China? Verblasst hinter Corona. Zum ersten Mal wandte sich Merkel 2020 jenseits ihrer Neujahrsansprache per TV-Ansprache ans Volk, mit einer 'Blut-Schweiß-und-Trost-Rede', wie es die Spiegel-Kollegin Christiane Hoffmann formuliert.“

Corona als Cover für gescheiterte Ambitionen

Das hat Frau Hoffmann wahrhaft anrührend gesagt. Die Kanzlerin und „das Volk“. Und ihre „Blut-Schweiß-und-Trost-Rede“ erinnert an „Blut und Boden“ oder „Gut und Blut fürs Vaterland“ – frühere Auslöser großer Gefühle, die ins Desaster führten. Merkel hätte viele Krisen „zu bewältigen gehabt“, schreibt der Spiegel-Autor in einem aus übergroßer Vorsicht stolpernden Deutsch, er schreibt keineswegs, Angela Merkel hätte die „Finanzkrise“, „Eurokrise“ oder „Flüchtlingskrise“ tatsächlich „bewältigt“. Woran ihn offenbar eine – immer noch rudimentär vorhandene – Scheu vor der offenen Lüge im letzten Augenblick gehindert hat.

Alles in allem entwirft er die Biographie einer Heldin mit tragischer Note. Daran, dass Angela Merkel nicht den verdienten Triumph in der „EU-Ratspräsidentschaft, geplant als eine Art Höhepunkt ihrer Kanzlerschaft“ feiern konnte, ist das Corona-Virus schuld. Corona als Cover für gescheiterte Ambitionen. Wie viel politisches Scheitern – sei es in der „Finanzkrise“, „Eurokrise“ oder „Flüchtlingskrise“ – kann dieses Virus zudecken? Und wie viel schleichenden Totalitarismus? Für den Spiegel-Schreiber ist dennoch am Ende des desaströsen Jahres 2020 die Idylle erreicht: „Ihr Ansehen bei den Wählern ist zum Ende des Corona-Jahres ungebrochen hoch, das zeigen aktuelle Umfragen. Die große Mehrheit der Bürger vertraut der Kanzlerin (...)“

Das hätte das Neue Deutschland, als es noch Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands war, kaum schöner ausdrücken  können. Ich erlebe derzeit einen unheimlichen Prozess der Verjüngung. Weil vieles wieder so ist wie in meiner Jugend in Ost-Berlin. Und auch ich meine alten Positionen wiederfinde: wachsendes Misstrauen gegenüber einer selbstgerechten Staatsmacht, Solidarität mit den von ihr Betrogenen und Bekämpften, das Vergnügen, ein Außenseiter zu sein. Ich kann nicht, wie viele alte Leute, sagen: In meiner Jugend war alles anders. Im Gegenteil: Die alte Ordnung ist unbarmherzig zurück.

Foto: Imago

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Sabine Schönfelder / 01.01.2021

‎שנה אזרחית טובה, werter Autor, Google-translate macht es möglich! Wozu diese widerliche, ergebene, kindlich-naive Lobhudelei für eine eiskalte, berechnende machlüsterne Propagandistin ohne politische Vorstellungen? Schätze, es ist eine ungesunde Melange aus journalistischer gekaufter Einheitsmeinung und der wagen Andeutung einer weiteren Merkelschen „Verlängerung“. Welches Land will ohne Mutter weiterleben, unter lauter Infantilen?? Ein schönes Bild in Corona-Panikzeiten! Muddi führt uns aus einer Krise, die sie selbst bereits im Sommer plante! Die Pandemie fängt erst richtig an, unkte unsere uckermärkische ´Kassandra ˋ und sie sollte recht behalten!! Mit Hilfe medialer Redundanz und NON-STOP-Horrorinfiziertenzahlen aus den PCR-Test überschwemmten Labors filterte man sich eine Inzidenz-Zahl für den von der WHO 2x passend umgearbeiteten Pandemie-Status. Seitdem befruchten sich Medien und Politik gegenseitig und führten ein apodiktisches, faschistoid strukturiertes Gewaltmonopol namens INFEKTIONSSCHUTZGESETZ ein. Der Kopf dieser gesellschaftspolitischen Entwicklung sitzt eindeutig auf Angela Merkels üppigen Formen und wird uns, so schätze ich, noch eine Weile erhalten bleiben. Hier agieren Strukturen innerhalb einer streng organisierten und definierten Regierungsblase, abseits des Volkes. Hier herrscht inzestuöses Gedankengut, abartig, beschränkt, und nur innerhalb engster gesellschaftsstruktureller Einheiten überlebensfähig. Solche lebensfernen Lobhudeleien werden nur in gleichgeschalteten unwirklichen Welten niedergeschrieben und geduldet: in Nordkorea, Venezuela, Kuba, Deutschland und zunehmend innerhalb der EU;-  und bald auch in USA. Cheerio, Miss Mörkl!

Konrad Wilhelm / 01.01.2021

auf sie treffe der Fluch Elijahus 1. Könige 21 , Vers 23 ” die Hunde werden sie fressen “ und auf ihre Anhänger das Ende des Achab. Möge es geschehen bald und in unseren Tagen

T. Schneegaß / 01.01.2021

Auf dem Blog von Vera Lengsfeld habe ich soeben eine sehr treffende Analyse des Neujahrsgewäsch der .... gelesen. Empfehlenswert.

Frances Johnson / 01.01.2021

Frau Hoffmann verwechselt den überfälligen Rücktritt einer Person, die “sich bemüht hat” (Willy Brandt) offenbar mit einer Beerdigung. Ihnen auch, Herr Noll, ein Gutes Neues Jahr in der Vergangenheit!

Klaus Klinner / 01.01.2021

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Qualität der politischen Führung korreliert mit der Kraft der Gemeinschaft. Ist die Gemeinschaft kraftlos und wenig zielgerichtet, reicht auch eine schwache Führung, da sich die Menschen dann gern im Windschatten der Großen aufhalten. Und wenn ich so sehe, welche Kandidaten 2021 in der Nachfolge drohen, dann hätten wir lieber keinen Jahreswechsel feiern sollen. Ich wette, dass die, die sich jetzt noch willfährig auf der Schleimspur bewegen, werden die ersten sein, die nach der nächsten Wahl gegenüber Frau Merkel nachtreten und sich bei der neuen Führung einschleimen. Es ist doch immer das gleiche Spiel, welches ich nun seit Jahrzehnten regelhaft in diesem unseren Land beobachte.

Karla Kuhn / 01.01.2021

Frau ? Herr? D. Schümann, warum traurig ? Sind Sie doch froh, daß Sie solche Zeitgenossen los sind.  Ich habe auch schon zwei “verloren”  und bin heilfroh darüber. Denn so ein Kontakt ist für Menschen wie mich, die kein Blatt vor den Mund nehmen,  äußerst anstrengend. Nee, so etwas tue ich mir nicht an.  Wie heißt es ? “Wenn Gott Dir eine Türe zuschlägt, öffnet er Dir ein Fenster” , s. ä.! Nur leider starren viele auf die Türe und sehen das geöffnete Fenster nicht. Ich wünsche Ihnen ein gutes Jahr mit etlichen neuen Freunden, die mit Ihnen auf einer Linie liegen. Jetzt mit dem Feuerwerksverbot, was offenbar in GANZ Deutschland NICHT eingehalten wurde, habe eben ein Video von Reitschuster gesehen, zeigt sich doch, daß es wesentlich mehr Menschen gibt, die solche irren Anweisungen nicht einhalten. Die meisten Medien müssen?  wahrscheinlich das Gegenteil schreiben. Das probateste Mittel dagegen, solches Geschreibsle nicht lesen.

Michael Dost / 01.01.2021

Mit Freude entnehme ich einigen Kommentaren, dass es im gesamten Deutschland ebenso lebhaft Feuerwerk und Böller gegeben hat wie in unserem Sachsen. Ob dies nun auf Hilfslieferungen aus alter Verbundenheit unserer östlichen Brüdervölker beruht, oder ein Zeichen aufkommenden breiteren Widersatnds sein könnte, bleibe dahingestellt. Vielleicht hat ja der gemeine Sachse die Eigenproduktion jahresendlicher Sprengmittel wieder aufgenommen, noch gewitzt aus alterlernter DDR-Übung. Eine dadurch geförderte verbreitetere Waffenkundigkeit sollte jedenfalls nicht im Interesse der geteilten Gewalten sein. Das allgemeine Gekrache und Gefunkel in der Neujahrsnacht macht mir weit mehr Hoffnung auf Befreiung von der uckermärkischen Krisenursache als deren zweifelhaften Versprechen, der politischen Macht baldigst zu entsagen. Es muss ein Ende finden, selbst wenn Mama Doc ihre Tonton Macute zum Kampf gegen die Unverbesserlichen zusammenrufen sollte, um nicht des komooten Regierungssessels unter ihrem breitesten Körperteil verlustig zu gehen.

Jackl, Peter / 01.01.2021

Im Herbst 2021 geht die gefühlte Ewig-Kanzlerschaft der Frau Merkel zu Ende. Wie Deutschland nach ihrer Dauerregentschaft aussieht, wissen wir. Aber wie sähe Deutschland aus, wenn uns Frau Merkel erspart geblieben wäre? Wer hätte es besser machen können? Ich kenne da niemand! Dennoch: Auf Frau Merkels Negativ-Konto gehen die Energiewende hin in eine unsichere, teure Stromversorgung, ihr Verantwortlichsein für die Deutschland und Westeuropa zerstörende illegale Einwanderung junger Soldaten Mohammads, ab 2008 die Finanzkrise, die die Verarmung des Mittelstandes einleitete und die noch andauert. Nicht gesichert wurde die Zukunft und das Auskommen der Bürger, Zombi-Banken wurden gerettet, letztlich mit der fatalen Schulden-Vergemeinschaftung, überwiegend zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland. Die Islamisierung schreitet voran. Unsere noch ungeborenen Urenkel, wenn sie denn das Licht der Welt erblicken dürfen, werden unser Land nicht als schützende Trutzburg gegen Gefahren von außen erleben. Es wird ein gesichtsloses Land in Zentraleuropa entstanden sein, das nichts Lebenswertes mehr zu bieten hat. Und willige Hofschranzen haben Merkel auf ihrem diabolischen Weg beigestanden, ihr bei der Verwirklichung des Niedergangs unseres Vaterlandes kritiklos Unterstützung geleistet. War es im Dritten Reich anders? Da gab es einen Diktator, einen nationalsozialistischen Verbrecher, einen Judenhasser, niemand hat ihn an der Ausübung seiner Verbrechen gehindert. Aber wenn nicht Merkel, wer hätte es besser gemacht?

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