Peter Grimm / 07.03.2023 / 13:00 / Foto: Ralf-Andre Lettau / 29 / Seite ausdrucken

Ein Hauch von Mutti in Meseberg?

Die Koalitionsklausur sollte Klärung strittiger Fragen bringen. Doch dann tauchte Ursula von der Leyen auf, und fortan schien die Runde der Regierenden nur noch Harmonie-Sprechblasen zu produzieren. Der mediale Höhepunkt blieb eine rote Hose.

Im Rückblick muss die jüngste Koalitionsklausur von Meseberg den Medienkonsumenten als eine ziemlich gespenstische Veranstaltung erscheinen. Eigentlich gäbe es so einige Konflikte zu klären und Probleme zu lösen. Egal ob es um das Verbrenner-Verbot oder das Verbot von Gas- und Ölheizungen geht, es sind Konflikte, die sich nicht einfach in einem für alle Seiten gesichtswahrenden Formelkompromiss auflösen lassen. Also erwartete man logischerweise, etwas von Streit und Auseinandersetzungen zu erfahren. Oder von einem Machtwort des Kanzlers, das ja einige Grüne auch schon gefordert hatten.

Früher, als die von vielen Berichterstattern gern „Mutti" genannte Kanzlerin solchen Koalitionsrunden vorsaß, gab es meist auch kein offenes Machtwort und Angela Merkel verkündete gern ein sedierendes Sammelsurium nichtssagender Sätze, um auszudrücken, dass die Koalition auf jeden Fall irgendwie alternativlos weiter regiert. Aber wer das Sagen hat, war dennoch am Ende immer klar. Das hat Olaf Scholz als Minister ja mehrfach mitgemacht. Jetzt macht er das als Kanzler, und er scheint einen Hauch von „Mutti" in Meseberg vermisst zu haben. Vielleicht wurde EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eingeladen, um diese Lücke ein wenig zu füllen. Irgendwie regiert sie ja schließlich mit, und momentan verhindert der deutsche Koaltionsdiskurs bekanntlich das EU-weite Verbrennerverbot.

So transparent sich diese selbsternannte Fortschrittskoalition auch geben wollte, die Bürger erfuhren nicht viel Belastbares vom tatsächlichen Verlauf der wirklich wichtigen Gespräche in Meseberg. Das war auch nicht anders zu erwarten, aber es gab natürlich ein Infomationsbedürfnis bei den Medien und ihren Konsumenten. Die Berichterstatter und Kommentatoren standen vor der wenig befriedigenden Aufgabe, aus der gespielten Harmonie der Presseauftritte irgendwie den Stand der Streitigkeiten abzuschätzen. Ein Kollege von n-tv fasste es ganz gut zusammen:

„Während draußen eine zarte Winterlandschaft lockt, demonstrieren sie an diesem Nachmittag im Innern herzerwärmende Harmonie und Zuversicht. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von einer 'sehr guten Kabinettsklausur', die 'sehr konstruktiv' und 'informativ' gewesen sei. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagt, die Abgeschiedenheit des Schlosses habe deutlich gemacht, 'was für ein Privileg es ist, in einer Bundesregierung zu sein'. Finanzminister Christian Lindner sagt, dass auch bei so einer Klausurtagung, 'bei informellen Gesprächen', das eine oder andere geklärt werden könne. Das helfe, die 'Perspektive zu erweitern'."

Dass Robert Habeck es genoss, „in einer Bundesregierung“ zu sein, glaubt man ihm sofort, denn immerhin hatte er den vielleicht besten Presseauftritt des Treffens, als er mit leuchtend roter Sporthose zum Joggen aufbrach. Vielleicht wollen Wirtschaftsminister mit einer roten Hose auch etwas Spezielles mitteilen. Auch Amtsvorgänger Peter Altmaier hatte zu einem öffentlichen Auftritt schon einmal extra eine rote Hose neben sich drapiert (siehe hier ab 2:45). Viel mehr als Habecks rote Hosen bleibt von diesen zwei Tagen auf Schloss Meseberg vielleicht nicht in Erinnerung. Es sei denn, es erzählt noch einer im Nachhinein etwas Spannendes über dort getroffene Vereinbarungen, die dem Publikum die Harmonie-Darstellung etwas glaubhafter erscheinen ließen.

Aber vielleicht ist selbst ein solcher Anschein gar nicht mehr wichtig. Die meisten Bürger haben es ja anscheinend gelernt, einfach schweigend abzuwarten, mit welchen neuen Restriktionen sie von ihrer Obrigkeit bedacht werden. Die, die in einer Demokratie eigentlich der Souverän sein sollen, bekamen bei solch grundlegenden Entscheidungen, wie denen zur sogenannten Energiewende, ja bislang erfolgreich die Rolle der Zaungäste zugewiesen. Allerdings sind es zahlende Zaungäste.

Foto: By Ralf-Andre Lettau CC BY-SA 3.0, Link

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Leserpost

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W.Leich / 07.03.2023

In Frankreich ist eine riesige Streikwelle weil das Rentenalter von 62 auf 64 heraufgesetzt werden soll. In Deutschland wird das Rentenalter schrittweise auf 67 heraufgesetzt und in Diskussionen wird ein Renteneintrittsalter von 70 postuliert. Und der Michel findet es in Ordnung. Dann läuft bei uns doch offensichtlich alles bestens.

Wilhelm Rommel / 07.03.2023

@Uta Buhr: Rote Büx / schwarze Trauerkleidung hin oder her - wichtig und wesentlich ist, dass der “Robäääärt” angesichts dessen, was er diesem Land und seinen Bürgern unter den Augen des an “Scholzheimer” leidenden Chefs antut, eines Tages im Drillich hinter Schloss und Riegel hockt. Wäre dann “auch was mit Schloss”! Dort könnte er sich dann meinetwegen sein streng vegetarisches Gemüse aus Steckrüben und erfrorenen Kartoffeln (analog zu Ludwig XIV., der bekanntlich den Einsatz von Gabeln bei Tisch verbot) mit bloßen Fingern zu Gemüte führen: Auch ‘ne Art von “Hofhaltung” - oder vielmehr “Käfighaltung” der ganz neuen Art… Aber daraus wird nichts werden, denn die lieben Onkels Klaus und George, vielleicht auch Billyboy, werden ihn und die übrige Bagage schon noch rechtzeitig außer Landes verfrachten, bevor’s (wie der norddeutsche Volksmund sagt) “so richtig ‘rund geht mit der Paula”.

U. Hering / 07.03.2023

Sehr geehrte(r) M.-A. Schneider, das maßgebliche Wort Ihrer Zuschrift ging leider unter: “bar”. Das ist die gewissermaßen selbstgegebene Antwort.

Sam Lowry / 07.03.2023

„Manchen Völkern genügt eine Katastrophe, um sie zur Besinnung zu bringen. Bei den Deutschen, so scheint es, bedarf es den Untergang.“ Und noch eine schlechte Nachricht: Michael Ballweg bleibt weiter (grundlos) in Haft. Mörder und Vergewaltiger laufen dagegen frei rum… unfassbar das alles.

Gus Schiller / 07.03.2023

Gestern noch hat er die Arbeitslosen abgeschafft und heute baut er 500.000 Wärmepumpen im Jahr ein. Gibt es keine adäquate Klinik für diesen Schlumpf??

Sabine Schönfeld / 07.03.2023

Lese ich diesen Artikel, erfasst mich Ekel. Angesichts einer solchen Regierung und der von ihnen verursachten grausamen Armut im Land. Wer hat diese Regierung an die Macht gebracht? Wer bitte kann so etwas wählen, wer kann das nur für unser Land wollen?

B. Zorell / 07.03.2023

Gabriele Schäfer / 07.03.2023   Olaf war doch zuvor bei Biden zum Rapport gewesen. Da kam der Hinweis, wie er Disziplin in seine Ampelkoalition bringen kann. Flugs hat er UvdL dazu eingeladen. Ein Beweis, daß die EU-Kommissionspräsidentin ganz fest in den Marionettenfäden des US-Regimes eingebunden ist. Das war nicht die Idee von Bundeskanzler Kohl und dem damaligen französischen Präsidenten für die EU. Aber es wurden ja viele Klauseln des Maastricht-Vertrages und bezüglich des EUROS in die Mülltonne verfrachtet. Die EU ist der größte Feind und das VernichtungsInstrument für die Europäer. Wenn ich das den jungen Männern und Frauen erkläre, schauen sie ganz ungläubig. Wie Karthago gehört die EU mit Stumpf und Stiel vernichtet.

M.-A. Schneider / 07.03.2023

Solange das Volk(!) nicht endlich mehrheitlich aufwacht und solche Showveranstaltungen öffentlich anprangert - die Staatsmedien sind dazu nicht in der Lage -  die Unfähigkeit unserer Politdarsteller erkennt und auf die Straße geht, wird es weiter entmündigt, seiner Freiheit und seines Geldes beraubt, drangsaliert, erzogen und vor allem betrogen und belogen. Dass diese Ampel in Gestalt von Herrn Scholz noch die Chuzpe hat, sich gut gelaunt und bar jeglicher Selbstkritik statt dessen voll des Eigenlobes ob ihres Gesamtversagens öffentlich in gespielter Harmonie ablichten zu lassen, spricht für sich.

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