Ein Gespenst geht um in Deutschland. Es heißt Heimat. Die Bayern haben damit angefangen. Und jetzt hat Horst Seehofer das bayerische Heimatministerium, das er seinem Rivalen und Nachfolger Markus Söder aufgebrummt hatte, nach Berlin verschleppt und die Heimat auf Gesamtdeutschland ausgedehnt. Zum Entsetzen all der klugen Köpfe, ob sie nun hinter einer Zeitung oder hinter einem ideologischen Brett stecken, sollen wir nun alle eine Heimat haben. Da hilft kein überlegenes Lächeln und kein hämischer Hinweis auf das Kitsch-Potenzial, mit dem der Heimatbegriff belastet ist: Horst Seehofer hat die Heimat ministrabel gemacht. Sie ist vom Gespenst zum politischen Gegenstand geworden.
Das ist eine gewaltige Herausforderung für die deutsche Seele. Die Heimat ist uns Deutschen ja eine doppelte Bürde. Erstens gibt es in keiner anderen Sprache ein Wort, in dem außer seiner geografischen und nationalen Bedeutung so viel emotionale Wucht mitschwingt. Heimat. Nicht das englische „home“ und nicht die französische „nation“. Nein, Heimat.
Und zweitens ist uns diese deutsche Gemütsspezialität durch die Politik verdorben und vielen Intellektuellen zur Peinlichkeit geworden. Überlebt hat sie scheinbar nur im Heimatfilm und auf Versammlungen von Heimatvertriebenen, denen man sagte: Stellt euch nicht so an. Dass sie den Preis für einen Krieg bezahlten, der im Namen aller Deutschen geführt wurde, hat man gerne verdrängt. Heimat galt nichts mehr. Sie war ein Unwort geworden, vor allem bei denen, die ihre Heimat nicht real verloren haben, sondern sich nur intellektuell vom Heimatbegriff verabschiedet haben. Die extremste Formel für diesen Abschied: Nie wieder Deutschland.
Nur: Gerade für Deutsche, die spät zur Nation wurden, hat die Heimat tiefe Wurzeln. Diese Wurzeln reichen so tief, dass kein Kaiser und kein Führer sie durch Missbrauch ganz ausreißen konnte. Friedrich Nietzsches „Weh dem, der keine Heimat hat“ steckt fest in der deutschen Seele. Offiziell heimatlos geworden zu sein, mag die politisch korrekte Geisteshaltung gewesen sein. Aber sie hat den Deutschen nicht gutgetan. Die Heimat mag sich lange aus der gehobenen Debatte weggeduckt haben. Aber sie konnte durch kein noch so scharfes Gedanken-Skalpell wegoperiert werden.
Abseits der Spiegelfechtereien
Sie hat im Geheimen überlebt, und jetzt erblickt sie sogar wieder das politische Tageslicht. Das liegt nicht nur an der Zeit, die seit der Entehrung des Heimatbegriffs vergangen ist. Es liegt vor allem daran, dass so viele Deutsche nicht mehr wissen, wie ihre Heimat aussehen soll. Vor allem die moslemische Einwanderung hat Deutschland und die deutsche Politik so sehr verändert, dass viele ihre Heimat nicht mehr wiedererkennen. Und dass sie immer drängender die Frage stellen, was denn nun ihre Heimat ist.
Um die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, werden sinnlose Wortgefechte geführt. Aber jenseits dieser parteipolitischen Spiegelfechtereien lässt sich die Frage nach der Heimat einfach nicht unterdrücken. Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Aber eine lautet sicherlich: Wie weit gelingt es, Deutschland für die Moslems, die hier wohnen, auch zu ihrer Heimat zu machen. Das klingt nach einer Bringschuld der neuen Heimat, ist es aber erst in zweiter Linie. Viel entscheidender ist die Bereitschaft der Neuen, sich für Deutschland als ihre Heimat zu erwärmen.
Wie geht das? Amerika macht es vor. Amerika macht es den Neuen nicht leicht. Da ist jeder seines Glückes Schmied, ohne große staatliche Hilfe. Und trotzdem, oder gerade deshalb haben Einwanderer, ob Moslems, ob Hindus, vor allem ein Ziel: Sie wollen Amerikaner werden. Sie wollen Teil der neuen Heimat werden, auch wenn die Amerikaner unser emotionsschweres Heimat-Wort nicht haben. Wir haben das Wort, aber wir haben keinen „German dream“. Unser historisch begründeter Selbsthass macht es den Neuen schwer, diese neue Heimat zu lieben. Dabei kann man eine neue Heimat lieben, ohne die Wurzeln zur alten Heimat auszureißen. Auch das zeigt Amerika, wo es von Bindestrich-Amerikanern nur so wimmelt. Selbst der eine oder andere Deutsch-Amerikaner gönnt sich diesen Bindestrich, ohne sich zu genieren.
Ein Heimatministerium, ob bayerisch oder gesamtdeutsch, wird kaum Antworten auf solche Fragen geben. Aber es hilft, dass die Heimat nun sozusagen politisch anerkannt und nicht mehr nur eine Lachnummer für Intellektuelle und nicht mehr nur eine heimliche, unausgesprochene Liebe für die meisten Menschen ist. Über Integration kann man theoretisieren, wie man will. Letzten Endes hängt fast alles davon ab, ob die Zugereisten nicht nur hier wohnen, sondern hier auch ihre Heimat finden. Heimat kann vielen Platz bieten, aber sie verlangt emotionale Bindung. Wo sie fehlt, bleibt man ein Fremder unter Fremden. Und das tut keinem gut.
Beitragsbild: Wing-Chi Poon CC BY-SA 2.5 via Wikimedia

Zur Einschwoerung um die US-Citizen-Ship zu erhalten (nach5 Jahren permanentem Aufenthalt in den USA) machen sehr viele Deutsche von der Moeglichkeit Gebrauch, ihren Namen nicht mit Bindestrich zu versehen, sondern "amerikanisieren" ihren Namen. Muss nur zeitig angegeben werden, und der US- Pass ist dann die ganz persoenliche Bibel.
Vielleicht sind wir im Hinblick auf Gefühle unseren östlichen Nachbarn verwandter als den Amerikanern, Engländern oder Franzosen. Im Russischen gibt es die Diminutivform für Heimat, rodinka, darin steckt keine wuchtige, aber sehr viel zärtliche Emotion.
Naja,so stimmt das nicht.Anscheinend gibt es für Flüchtlinge auch dort jede Menge hilfen. Auch wurde vor einiger Zeit ein Millionbetrug aufgedeckt.Mit den Essensmarken darf man gewisse Sachen nicht kaufen,Eingewanderte Fachkräfte machten es in ihren Shops trotzdem.Also reicht das Geld wohl wenn man sich Schnaps und Zigaretten etc. leisten kann.
Auf den erste Blick sind die Ursachen für die Masseneinwanderungen seinerzeit in die USA und die heute nach Europa durchaus vergleichbar. Es waren und sind überwiegend materielle Gründe, die Hoffnung auf ein besseres Leben. In den Staaten wollten und konnten Fremde ihr Glück finden - und eine neue Heimat. Und der Diaspora - Effekt erzeugte einen Zusammenhalt, der dazu führte, dass es in den USA noch heute z. B. deutsche Städte gibt, in denen die Kultur der Heimat hoch gehalten wurde und wird. Dafür war Platz und Verständnis der Einheimischen vorhanden, u.a. weil nicht die Deppen kamen sondern die Engagierten. Trotzdem erwarb man früher oder später die US - Amerikanische Staatsbürgerschaft, und man war stolz darauf. Und das ist die Krux ! Hier kam eine große Portion Idealismus in Spiel. Wer heute aus diversen Gründen seine Heimat in Richtung Europa verlässt - der hat vor allem Illusionen. Weder kann er seine Kultur transferieren noch werden seine Illusionen erfüllt. Er idealisiert seine alte Heimat und leidet an dem Verlust. Heimatgefühl ist eine Herzensangelegenheit. Und die Parallelgesellschaften wie wir sie erleben sind Ersatzkonstruktionen. D i e s e r Diaspora - Effekt richtet sich letztlich gegen das Gastland. Auch wenn die offiziösen Verlautbarungen anders klingen.
"....und nicht mehr nur eine Lachnummer für Intellektuelle..." Warum soll sie eine Lachnummer für Intellektuelle sein ?? Empfinden die "Intellektuellen" ( wer zählt denn da dazu ?) keine Heimatgefühle, sind sie Autisten ? Allerdings haben diese ein Bedürfnis nach Beständigkeit, was die Heimatverbundenen ebenso auszeichnet. Ich hätte nie geglaubt, daß das schöne Wort Heimat einmal zur Diskussion stehen würde. Ich liebe meine Heimat in der ich geboren bin und bin dankbar, daß ich diese und keine andere habe, auch wenn mein Lebensmittelpunkt seit Jahren in einer anderen Stadt ist. " Wie weit gelingt es, Deutschland für die Moslems, die hier wohnen, auch zu ihrer Heimat zu machen. Das klingt nach einer Bringschuld der neuen Heimat, ist es aber erst in zweiter Linie." Deutschland hat keine Bringeschuld. Die Ausländer, egal aus welchem Land sie kommen haben die Pflicht sich zu integrieren. Mein Mann ist Ausländer mit einem deutschen Paß. Als er vor mehr als 30 Jahren nach Deutschland gekommen ist , hat er von seinem eigenen Geld Sprachkurse besucht, sein Diplom und seinen Führerschein anerkennen lassen und sich eine Arbeit gesucht. Seitdem ist Deutschland seine Heimat, die er sich Stück für Stück ERARBEITET hat. Für ihn ist es selbstverständlich, daß er sich an die deutschen Gesetze und Regeln hält. Er hat nicht darauf gewartet, daß Deutschland für ihn zur Heimat GEMACHT wird. Und genau diesen Wertegang erwarte ich von allen Flüchtlingen, die sich hier niederlassen wollen. Es kann/soll ihnen ein Kredit für Deutschkurse gewährt werden, den sie später, wie die meisten Studenten ihr Bafög, wieder zurückzahlen müssen. Die Merkelsche Politik allerdings suggeriert den Flüchtlingen /Asylanten, daß Deutschland das Schlaraffenland ist, in dem man ohne viel Arbeit und ohne sich an die Gesetze zuhalten sehr gut und gerne leben kann. Das wird, wenn es so weitergeht, ganz fatal enden.
Die Zugereisten, wie Sie es nennen, suchen keine neue Heimat. Sie suchen und finden einen alimentierten Platz in unserem Sozialsystem. Auch im Artikel wird zu meinem Erstaunen nicht zwischen Einwanderung und Asyl unterschieden, ein grundlegender Fehler. Selbst die Integration von Türken, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben, darf in weiten Teilen als gescheitert betrachtet werden, wie die Pro - Erdogan Demos zeigen. All diese Leute kommen eben nicht nach Deutschland, weil sie schon immer Goethe oder Schiller wertschätzten, sie kommen hier her, weil es einfach möglich ist. Die Grenzen und die Sozialsysteme stehen sperrangelweit offen, wie in keinem anderen Land dieser Welt. Das hindert sie freilich nicht, ihre Wertevorstellungen, die der unsrigen diametral ist, umfänglich auszuleben. Merkel treibt dieses Land willentlich und wissentlich in den Ruin; finanziell und kulturell. Daran gibt es keinen Zweifel.
Irgendetwas gefällt mir nicht an Ihrer Argumentation, lieber sonst sehr geschätzter Herr Bonhorst. Amerika und Deutschland kann man in Bezug auf die Masseneinwanderung nicht vergleichen. Amerika WAR und IST ein Einwanderungsland und anfangs von keiner Einwanderergruppe ein seit Generationen und Jahrhunderten besiedeltes und kulturell geformtes Land gewesen. Alle Zuwanderer - auch die schon ein paar Jahre länger Anwesenden -saßen doch im gleichen Boot und fühlten sich in einem "leeren" Land. Und ich denke, niemand hatte das Gefühl, dass ihm bei der nächsten Zuwanderungswelle etwas von den Vorfahren Überliefertes genommen wurde, was er deshalb verteidigen musste. Natürlich war das Land nicht leer. Man frage die Indianer, wie toll sie es wohl gefunden haben, von einer Überzahl Eindringlinge verdrängt worden zu sein. Kleines Gedankenspiel: Nehmen wir mal an, die Weißen hätten sich der indianischen Kultur und ihren Wertvorstellungen angepasst, wären die Indianer dann zufrieden gewesen mit der Zuwanderung? Die Bioindianer wären natürlich in die Minderheit geraten mit ihrer über Jahrhunderte erworbenen Mentalität, ihrem Erscheinungsbild, ihrer Volkszugehörigkeit, sie hätten als Minderheit die Geschicke ihres Landes nicht mehr bestimmen können. Ob dieser Gang der Geschichte die Indianer glücklicher gemacht hätte? Ich wage es zu bezweifeln. Und so möchte auch ich Deutschland als solches noch erkennen, damit ich Heimatgefühle habe, und dazu gehört für mich auch ein Überwiegen - auch in der Zukunft - der biodeutschen Einwohner mit ihrer vertrauten Mentalität, mit dem Gefühl einer starken Abstammungsgemeinschaft, mit unserer gemeinsamen Geschichte und vielen gemeinsamen Vorfahren. Ich frage mich aber: Bin ich vielleicht nur ein Gewohnheitstier? Mag ich nur etwas Altbekanntes nicht verlieren? Ist dieses Denken überholt? Muss man sich "neu einrichten" in einer globalisierten Welt? Ist es rassistisch, wenn ich nicht aufgehen möchte in einem Multi- Kulti- Einheitsbrei?