Gewaltakte stellen in aller Regel Straftaten dar. Als deliktische Handlungen begründen sie aber auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche der geschädigten Opfer. Ist der Täter flüchtig oder zu Ersatzleistungen nicht selbst in der Lage, stellt sich meist die Frage, wer außer ihm selbst noch mit Aussicht auf Erfolg haftbar gemacht werden kann. Bei Gesundheitsschäden hilft bisweilen das Opferentschädigungsgesetz, das unter gewissen Umständen die Leistungspflicht der Bundesländer anordnet. Es ist aber durchaus lückenhaft und bietet Geschädigten keinen großen Schutzumfang.
Nach den Ereignissen des Deutschen Silvester von 2015/2016 steht für die Opfer von Straftaten durch unbekannte oder unerkannte Migranten ein weiterer Schadensersatzanspruch zur juristischen Debatte. In Betracht kommen Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland aus dem Gesichtspunkt des Staatshaftungsrechts.
Staatshaftungsrechtlich gilt im Wesentlichen Folgendes: Verletzt ein Beamter der Bundesrepublik Deutschland seine Dienstpflichten gegenüber einem geschützten Bürger, dann kann diesem Bürger ein Schadensersatzanspruch gegen den Staatsdiener zustehen. Das besagt Paragraph 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Und weil Beamte, konkret zum Beispiel Bundespolizisten, regelhaft nicht selbst über genügend Geld verfügen, um die von ihnen angerichteten Schäden zu ersetzen, bestimmt Artikel 34 des Grundgesetzes, dass der Staat in die Ersatzverpflichtungen seiner Bediensteten einzutreten hat.
Ohne Erlaubnis keine Einreise
Konkrete Dienstpflicht eines Bundespolizisten an der Staatsgrenze ist beispielsweise, solche Ausländer zurückzuweisen, die unerlaubt einzureisen versuchen. Dies folgt aus den Paragraphen 14 und 15 des deutschen Aufenthaltsgesetzes. Fehlt also die nötige Erlaubnis des Ausländers, einreisen zu dürfen, dann ist der Grenzbeamte ohne eigenen Ermessensspielraum verpflichtet, den Anreisenden unbedingt aktiv zurückzuweisen. Bleibt der Beamte untätig und lässt den Einreisewilligen weiterziehen, handelt er mithin rechtswidrig. Der einzelne Bürger hat allerdings nach der gesetzlichen Regelung nur dann einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den unerlaubt handelnden Beamten beziehungsweise dessen Dienstherrn, wenn die verletzte Amtspflicht auch ausdrücklich dazu bestimmt war, genau diesen Bürger zu schützen. Ein bloßer Verstoß gegen dienstliches Innenrecht genügt daher grundsätzlich nicht zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs. Die Dienstpflicht muss vielmehr mindestens auch den Bürger konkret schützen.
Sinn und Zweck des Aufenthaltsgesetzes ist, die Zuwanderung von Ausländern nur im Rahmen der gegebenen Integrationsmöglichkeiten in die innerstaatliche Gesellschaft zuzulassen. Das besagt Paragraph 1 des Aufenthaltsgesetzes. Unbeschränkter Zuzug sprengt diesen kontrollierbaren Rahmen. Was bleibt, ist die Frage, ob diese gesetzliche Integrationssteuerung nur unkonkret die Allgemeinheit aller Bürger in Deutschland schützt oder ob nicht vielmehr auch jeder einzelne Bürger in seinen sämtlichen Rechtspositionen konkret vor unkontrolliertem Zuzug geschützt werden soll.
Letzteres ist spätestens dann anzunehmen, wenn die Menge der Einreisenden einen solchen Umfang erreicht, dass der polizeiliche Schutz vor Gewalt für die Bürger im Inneren prognostisch nicht mehr flächendeckend sichergestellt werden kann. Anders gesagt: Steigt die Zahl der nicht verhinderten Gewalttaten nach einer Masseneinwanderung messbar an, so spricht der empirische Anschein für einen solchen polizeilichen Kontrollverlust und – mangels anderer greifbarer Anhaltspunkte – auch für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beidem. Mithin erstarkt die Schutzrichtung des Aufenthaltsgesetzes spätestens dann zur auch konkret drittschützenden Regel zugunsten eines jeden einzelnen Bürgers.
Ohne Einreise keine Straftat
Begeht in dieser Lage ein unerlaubt (und vielleicht sogar dauerhaft unkontrolliert) Eingereister im Inland Straftaten, so stellt sich anschließend die Frage nach dem weiteren Ursachenzusammenhang, auch zwischen Grenzverletzung und Straftat. Das heißt, weil die Straftat ohne vorherige Grenzüberschreitung nicht denkbar gewesen wäre, muss also geprüft werden: Hätte der Beamte den ursprünglichen Grenzübertritt verhindern können?
Klar ist, dass ein einzelner Beamter niemals alleine den Grenzübertritt von hunderttausenden von Migranten stoppen könnte. Indes trifft seine sämtlichen Vorgesetzten bis hin zu dem zuständigen Bundesinnenminister und dem Bundeskabinett eine Organisationspflicht, genau dies sicherzustellen. Die sämtlichen leitenden Beamten, die für die Organisation eines funktionierenden Grenzschutzes verantwortlich sind, hätten das Delikt, das der Grenzverletzer später beging, aber mindestens auch voraussehen können müssen. Andernfalls wäre der nötige Fahrlässigkeitsvorwurf gegen sie nicht begründet.
An dieser Stelle erscheint von Bedeutung, dass der Grenzschutz in Deutschland Sache der Bundesrepublik Deutschland ist. Innerhalb ihrer gesamten staatlichen Organisation haben sich alle Beamte und hat sich jede einzelne Behörde nach allgemeinen Regeln alles Wissen zurechnen zu lassen, das bei anderen Bundesbehörden zum Zeitpunkt der Dienstorganisation bereits vorhanden war. Wussten also beispielsweise das Auswärtige Amt oder die Dienste des Bundes, dass in Ländern mit wachsendem männlich-adoleszenten Migrantenanteil in der Bevölkerung einschlägige Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung ansteigen, so hätten entsprechende Vorkehrungen zum Schutz der potenziellen Opfer gegen diese Gefahrenlage getroffen werden können und müssen. Was beispielsweise in Schweden bekannt war, war in diesem Falle nach der Lebenserfahrung auch in Deutschland zu erwarten. Es hätte also bei gehöriger Sorgfalt vermieden werden können und müssen. Die Vorsorge hiergegen unterlassen zu haben, begründet den Schuldvorwurf gegen die organisierenden Beamten.
Der Staat haftet für seine Beamten
Sollte seitens der Behördenleitung umgekehrt sogar die Weisung an die nachgeordneten Beamten ergangen sein, sehenden Auges ungehindert Migration zuzulassen, ergäbe sich zumindest im Ergebnis für den Bürger nichts anderes. In diesem Fall entfiele zwar möglicherweise der unmittelbare Haftungsanspruch gegen den Beamten vor Ort, weil dieser sich wegen der ihn innenrechtlich bindenden Weisung entlasten könnte. Der Grenzbeamte hätte in dieser Konstellation jedoch als absichtsloses Werkzeug staatlich angeordnetes Unrecht seiner Vorgesetzten verwirklicht. Infolgedessen hätte der Staat dann für das Unrecht des Vorgesetzten einzustehen. Eine vergewaltigte Frau hat somit – ebenso wie ein geschädigter Mann – wegen der erlittenen Gewalttat nicht nur Anspruch auf Ersatz dabei eingetretener materieller Schäden, sondern insbesondere auch einen Schmerzensgeldanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland.
Weil die Rechtsordnung übrigens niemandem zumutet, einen Schaden erst entstehen zu lassen, bevor er sich gegen Angriffe rechtlich wehren kann, haben Juristen den sogenannten negatorischen Unterlassungsanspruch erdacht. Jedes mögliche künftige Opfer könnte also die Bundesrepublik Deutschland unter Berufung darauf sogar schon jetzt zivilgerichtlich schadenverhütend vorab zur effektiven Schließung ihrer Grenzen gegen gefährliche Migranten verpflichten lassen. Zuständig hierfür sind die ordentlichen Gerichte. Das Bundesverfassungsgericht mit seinen komplizierten Rechtsschutzvoraussetzungen muss also gar nicht bemüht werden. Es gibt viel zu tun für Juristen in Deutschland. Sehr viel.
Zwei Nachbemerkungen sind zu dem vorstehenden Text angezeigt, der erstmals am 20. Februar 2016 bei „eigentümlich frei“ veröffentlicht wurde:
Erstens: Nach der seinerzeitigen Erstveröffentlichung sah ich mich dem Einwand ausgesetzt, mit meinen rechtlichen Überlegungen dazu beizutragen, den Steuerzahler nun auch noch (neben den Migrationskosten im engeren Sinne) mit weiteren Schmerzensgeldzahlungen zu belasten. Dieser Einwand ist indes nur teilweise berechtigt. Handelt nämlich ein Amtsträger grob fahrlässig oder vorsätzlich rechtswidrig, kann der Fiskus hinsichtlich seiner Aufwendungen für Geschädigte bei dem Bediensteten Rückgriff nehmen. Der Steuerzahler wird dadurch seinerseits wieder schadlos gehalten.
Zweitens: Die UN-Menschenrechtskommission hat am 17. April 1998 eine Entschließung gefasst, in der es unter Art. 6 heißt: „Jegliche Praxis oder Politik, die das Ziel oder den Effekt hat, die demographische Zusammensetzung einer Region, in der eine nationale, ethnische sprachliche oder andere Minderheit oder eine autochthone Bevölkerung ansässig ist, zu ändern, sei es durch Vertreibung, Umsiedlung, und/oder eine Kombination davon, ist rechtswidrig.“