Herr Weissgerber, glauben Sie im Ernst,dass ein absolutistischer Herrscher wie E.,in dessen Macht es liegt Hunderttausende von Menschen von der Bildfläche verschwinden zu lassen,es darauf ankommen lässt,dass eine Wahl zur VerfassungsÄnderung nicht in seinem Sinne ausgeht? Ich garantiere Ihnen,dass das Wahlergebnis bereits feststeht. Ich freue mich sogar darüber,weil sich damit endgültig diese widersinnigen Beitrittsverhand- lungen erledigt haben. Schönen Tach noch Dieter S.
Ich glaube nicht, dass das mit den Flyern funktioniert. Gerade die Anhänger Erdogans, die diese Kampagne ja erreichen soll, haben sich nie wirklich integriert und mißtrauen uns Deutschen. Wenn wir Kritik am Inhalt des Referendums üben, dann empfinden sie das als Kritik an Erdogan - und der ist für sie der Größte. Gestern hab ich einen Bericht über Vertreter der Nein-Fraktion im TV gesehen. Die haben versucht, Türken auf der Straße (Frankfurt, Zeil) anszusprechen und mit ihnen zu diskutieren. Die Meisten sind nicht mal stehen geblieben oder haben lautstark ihr Mißfallen über die Nein-Sager ausgedrückt. Also das wird nichts.
Herr Weissgerber, auf der einen Seite halte ich dies für eine gute Idee, auf der anderen Seite würde ich Sie gerne mal fragen, warum der deutsche Staatsbürger Geld für die Bildung und Aufklärung von Türken über das türkische Staatswesen ausgeben soll? Nur um zu verhindern, dass in Deutschland lebende Türken sich radikalisieren lassen? Aussderdem können deutsche Medien nur eingeschränkt Aussagen über die Informiertheit der Türken machen, da die türkischen Minister ihre Reden sicher nicht auf deutsch halten. Abschliessend halte ich Ihre Einschätzung für richtig, dass es hier um eine Verfassungsänderung, und nicht um Köpfe geht. Und doch ist diese Verfassungsänderung auf Erdogan zugeschnitten, und die nationalistischen Türken wollen einen starken Führer. Ihr Ansatz lauft m.E. somit ins Leere. Freundliche Grüsse, Ronald Rimbach
Ich habe hin und her überlegt, finde den Vorschlag aber nicht gut. Mit einer solchen Aktion würden wir uns, genauso wie Schwesig und Co. auf die “Erziehungsschiene” begeben, uns letztendlich die Probleme der Türkei zu eigen machen. Nein, die Türken, egal wo lebend, sind für sich, ihr Land und die gesellschaftliche Entwicklung dort selbst verantwortlich. Ich zumindest möchte mich nicht auf das niedrige Niveau der selbsternannten Volkserzieher begeben.
Menschen aus der Türkei, die in Deutschland leben, erhalten die deutsche Staatsbürgerschaft, weil sie sich dem Staat in dem sie leben, mehr verbunden fühlen als dem Staat aus dem sie herkommen. Die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten sie zusätzlich zur türkischen Staatsbürgerschaft, weil der türkische Staat grundsätzlich niemanden aus der türkischen Staatsbürgerschaft entlässt, auch wenn er sich einem anderen Staat mehr verbunden fühlt. Ist es dann nicht ein Widerspruch, dass solche Menschen plötzlich doch zu einer Wahl/Abstimmung eines Staates gehen, dem sie doch mit dem Wunsch nach der deutschen Staatsbürgerschaft “entsagt” haben? Könnte es dann sein, dass der Wunsch nach dem deutschen Pass gar nichts mit der Verbundenheit zu der neuen Heimat zu tun hat und der Bezug zur “alten Heimat” viel größer ist? Ist da nicht im Nachhinein die Grundlage für die doppelte Staatsbürgerschaft für die Teilnehmer an Wahlen/Abstimmungen des türkischen Staates entfallen?
Im Rahmen der Heranführungshilfen an die EU müssten solche Aufklärungskampagnen doch auch direkt in der Türkei stattfinden dürfen.
Offenbar ist die an Größenwahn grenzende Überzeugung, dass Deutschland für die ganze Welt verantwortlich wäre, immer noch weit verbreitet. Nein, Herr Weißgerber: Wenn wir nicht wünschen, dass ausländische Regierungen sich in unsere inneren Angelegenheiten einmischen, dürfen unsere Politiker es in ihrer offiziellen Funktion auch nicht tun. Erdogan würde daraus Nutzen ziehen: Er könnte es als Beweis dafür präsentieren, dass “der Westen” sich wieder einmal gegen ihn stellt und nach Kolonialherren- bzw. “Kreuzfahrer”-Art in die Angelegenheiten der Türkei einmischt. Das würde ihn eher stärken. Den hier lebenden Türken dürfte ohnehin bewußt sein, dass Deutschland die politische Entwicklung in der Türkei mit zunehmender Sorge begleitet. Wenn ihnen nach Jahrzehnten in Deutschland immer noch nicht klar ist, was Demokratie bedeutet, wird man es ihnen in einer Zwei-Wochen-Aufklärungsaktion auch nicht beibringen können. Zumal der Zusammenhang zwischen Demokratie, Meinungsfreiheit, wirtschaftlicher Stärke und Sozialleistungen ohnehin schwer zu erklären ist. Und der Intellekt politische Entscheidungen oft weniger beeinflusst als Gefühle. Für ein “Nein” zum Referendum können allenfalls türkische Vereine oder Privatpersonen werben. Selbst dafür dürfte es inzwischen fast zu spät sein.
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