Henryk M. Broder / 21.02.2009 / 12:30 / 0 / Seite ausdrucken

Ein ewiger Pechvogel namens Misik

Nach einem koscheren Nachtmahl im Gasthof Hofbauer - mit Fritattensuppe, Tafelspitz, Schweinebraten und Milchrahmstrudel - schauten wir uns noch kurz das nächtliche Krems an, fuhren ins Steigenberger zurück, nahmen einen Campari Soda an der Bar und legten uns früh schlafen, um das Frühstücksbuffet nicht zu verpassen, das um 11 abgeräumt wird. Und so deutete alles auf einen schönen Tag hin, bis wir den Standard aufschlugen und dort auf Seite 38 unter der Rubrik “Kommentar der Anderen” einen Beitrag von Robert Misik fanden, eines rund um das Prater Riesenrad weltberühmten Philosophen, der am liebsten über Sachen schreibt, von denen er keine Ahnung hat. Und wenn er damit nicht weiterkommt, erfindet er einfach ein Zitat und legt es einem in den Mund.

Aber RM kann noch mehr. Er versteht auch nix von Wirtschaft und labert darüber. Im Standard von heute erklärt er die globale Finanzkrise. Das heisst, er erklärt die Rolle Österreichs in der globalen Finanzkrise. Der Text heisst: “Ewiger Pechvogel namens Österreich” und fängt mit diesen Worten an: “In der internationalen Finanzwelt spinnt man dieser Tage folgendes Szenario…” http://www.misik.at/texte-aus-dem-standard-wien/zieht-osterreich-das-pech-an.php#more

Bis jetzt konnte man annehmen, RM sei in dem Bermudaviereck zwischen Prückl, Sperl, Bräunerhof und Landtmann daheim, jetzt wissen wir es besser: Er treibt sich in der internationalen Finanzwelt rum, zwischen Bank Austria, Banco de Santo Spirito, Citibank und Stadtsparkasse Lüdenscheid. Er hört nicht nur die Flöhe husten, das Gras wachsen, sondern auch die Balken krachen. Und so schreibt er: “Wenn die erste österreichische Bank fällt, könnte dies eine Kettenreaktion auslösen und zu einem Totalkollaps führen…, wäre dies ein Stoss, der das gesamte Gebäude zum Einsturz bringt… Käme es so, das kleine Österreich wäre wieder einmal eine zentrale Rolle im Unglück zugekommen. Da werden historische Erinnerungen wach. Sarajewo. Hitler.”

Doch statt die Erinnerungen in die Gegenwart fortzusetzen (Haider, Lugner, Waldheim), erklärt er, wie es zum Crash kommen könnte: “Wenn alle gleichzeitig verkaufen und keiner kauft, fallen auch die potenziell wertvollen ‘Werte’ im Wert, was weitere Liquiditätsprobleme auslöst und so weiter und so fort.”

Aber dazu kann es erst kommen, wenn RM sein Logikproblem gelöst hat. Wie kann es sein, dass “alle gleichzeitig verkaufen und keiner kauft”? Meint er vielleicht, “wenn alle verkaufen wollen, aber keiner kaufen mag”? Egal, auf solche Kleinigkeiten kommt es dem Philosophen nicht an. Stolz phantasiert er darüber, dass das Epizentrum der globalen Krise in Österreich liegen könnte, um seine Halluzinationen mit dem Satz abzuschließen: “Warum, verdammt noch mal, zieht dieses kleine Österreich das Pech förmlich an?”

Pleiten, Pech und Pannen. Sarajewo, Hitler, Misik. Und so weiter und so fort. Das kleine Österreich wird wirklich vom Pech verfolgt. Und Misik wälzt sich hin und her auf seinem Philosophen-Sofa. Denkt er an Österreich in der Nacht, ist es um den Schlaf gebracht. Und kaum ist er doch eingenickt, erscheint ihm im Traum Karl Kraus und sagt: “Robert, denk daran, der Geschlechtsverkehr ist nie so schön, wie man sich ihn beim Onanieren vorstellt. Die Finanzkrise auch nicht!”

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