Eran Yardeni, Gastautor / 02.06.2013 / 19:48 / 0 / Seite ausdrucken

Ein Drittel arbeitet, ein Drittel dient in der Armee und ein Drittel zahlt Steuern

Bevor er auf dem Ledersessel des Finanzministers landete, hatte Yair Lapid in seiner vielseitigen Karriere viel geschafft. Neben seinem Job als Autor, Journalist und TV-Moderator war er auch ein Hobbyboxer und hat sogar einen schwarzen Gürtel in Karate.

Das kann vielleicht erklären, warum Lapid mit seinem neuen Wirtschaftsplan das Genick des israelischen Mittelstands brechen will und damit auch die Wirbelsäule der israelischen Gesellschaft, die schon an akuter Skoliose und Postural-Kyphose leidet.

Seinen politischen Erfolg hat Lapid vor allem den produktiven Elementen der israelischen Gesellschaft zu verdanken, d.h. den berufstätigen Männern und Frauen, dank deren Steuern die zionistische Idee weiter leben kann. Aus zwei Gründen sollte Lapid diesen Teil der Bevölkerung entlasten. Zuerst weil die Mittelschicht der wirtschaftliche Motor der Gesellschaft ist - nicht nur weil sie Steuer zahlt, sondern vor allem, weil sie Produkte verbraucht, was wiederum neue Arbeitsplätze schafft.

Um verbrauchen zu können braucht man aber Geld. Deshalb ist es kein Wunder, dass die Mittelschicht nach Entlastungspolitik und Steuersenkung schreit.

In diesem Sinne kritisierte auch Prof. Yaron Zalicha die Wirtschaftspolitik von Lapid.  Der so genannte private Konsum, behauptet Zalicha, ist der wichtigste und effektivste Wachstumsmotor. Aber genau dieses Wachstumsmotor wird durch ständige Steuererhöhungen abgewürgt Um ein Beispiel zu nennen: Wer heute bis (nicht ab!) 10,000 Shekel monatlich verdient (ca. 2000 Euro), muss bald 1% mehr Einkommensteuer bezahlen. Und das trotz der gigantischen Proteste der Mittelschicht im letzten Sommer.

Neulich wurde auch die Mehrwertsteuer erhöht - auf 18%. Dazu gehen auch die Benzinpreise in die Höhe. Und wenn die Benzinpreise steigen, steigen auch die Preise für den öffentlichen Verkehr und für viele andere Produkte, denn jedes Produkt muss irgendwann transportiert werden. Am Ende des Monats bleibt „den arbeitenden Menschen“, wie Lapid die Mittelschicht nennt, wenig übrig. Andere Einmahnquelle, wie Kindergeld, hat Lapin auch schon im Visier, weil er die Orthodoxen auf den Arbeitsmarkt zwingen will.

Dass Problem liegt darin, dass auch die immer ärmer werdende Mittelschicht auf das Kindergeld angewiesen ist und nicht nur die Orthodoxen. Übrigens pro Kind bekommt eine israelische Familie umgerechnet ca. 40 EUR monatlich – in Deutschland sind es 184 Euro. 

Auf den zweiten Grund hat Lapid selbst hingewiesen, als er vor einer massenhaften Auswanderung von jungen begabten Leuten warnte. Vor dem Hintergrund der hohen Mieten und der katastrophalen Preise auf dem Immobilienmarkt bezeichnete Lapid die heutige Situation als Notlage und verglich sie mit den Zuständen anfang der 90er Jahre, als Israel in kurzer Zeit ca. Million Einwanderer aufnahm.

In der israelischen Mittelschicht erzählt man sich heutzutage den folgenden Witz: Die israelische Gesellschaft besteht aus drei Teilen. Ein Drittel arbeitet, ein Drittel dient in der Armee und ein Drittel zahlt Steuern.

Das Problem ist, dass es immer um dasselbe Drittel geht. Genau gegen diese ungleiche Verteilung der Lasten müsste Lapid etwas unternehmen. Aber der Hobbyboxer und Karate-Spezialist will ausgerechnet das einzige produktive Drittel k.o. schlagen.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Eran Yardeni, Gastautor / 06.05.2018 / 17:30 / 3

Und warum haben Sie nichts unternommen?

Von Eran Yardeni Im Jahr 2013 führte The European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) in acht verschiedenen EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Schweden, Ungarn…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 02.05.2018 / 17:00 / 4

Atomdeal mit dem Iran: Gut gemeint und schlecht gemacht

Von Eran Yardeni. Der Schaden, den Obamas Politik im Nahen Ostens angerichtet hat, wird immer deutlicher. Der Atomdeal mit dem Iran vom 14. Juli 2015 ist…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 30.04.2018 / 17:04 / 19

Auf dem Weg zu einem judenreinen Europa

Von Eran Yardeni.  Es ist eine schleichende ethnische Säuberung. Nicht koordiniert, nicht zentral gesteuert. Ohne kaltblütige Generäle, skrupellose Lokaloffiziere und Schreibtischtäter, die man später vor…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 29.10.2015 / 13:48 / 5

Frau Groth lügt wie gedruckt

Manchmal denke ich, ich lese einfach nicht richtig. Auf ihrer Webseite veröffentlicht die Bundestagsabgeordnete Annette Groth (Die Linke) einen Beitrag zum aktuellen Stand des Konflikts…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 26.10.2015 / 17:50 / 3

Soli oder Sex on the Beach

Wer verstehen will, worum es eigentlich in der Flüchtlingskrise geht, der lese, was Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles der Tageszeitung Passauer Neue Presse anvertraut hat. Sie hat…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 13.09.2015 / 15:16 / 7

Der helle Wahnsinn

Der Kampf gegen die Schlepper und Schleuser ist mit Abstand die größte Heuchelei der deutschen Politik in den letzten Jahren. Denn wer den Schleppern die…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 23.10.2014 / 10:53 / 4

Todenhöfers Beihilfe zum Friedensprozess der Hamas

In seiner letzten Spendenaktion für Gaza hat der einstige Journalist und ehemalige CDU-Politiker Jürgen Todenhöfer nicht weniger als 16.200 EUR eingesammelt. Dazu, so JT am…/ mehr

Eran Yardeni, Gastautor / 17.10.2014 / 21:06 / 2

Sadomaso in Jerusalem

Wir schreiben das Jahr 1923. Nach 20 Jahren auf einer unbewohnten Insel im Pazifik wollen unsere Protagonisten, der cholerische jüdische Jurist Friedrich Löwenberg und sein…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com