Henryk M. Broder / 04.04.2020 / 14:00 / Foto: Acgut.com / 44 / Seite ausdrucken

Ein dreifach Hoch auf den deutschen Föderalismus!

Die Bundesrepublik besteht aus 16 Bundesländern mit 16 Parlamenten, 16 Regierungen, 16 Ministerpräsidenten mit 16 Verfassungen. Der Kitt, der den Laden zusammenhält, heißt "Straßenverkehrsordnung", denn die ist eine Bundesangelegenheit und überall gleich. Früher waren es auch "Kultus, Bildung und Erziehung", aber auch da hat der Bund inzwischen weitgehend das Sagen. Der Länderfinanzausgleich sorgt dafür, dass drei "reiche" Länder – Bayern, BW und Hessen – die übrigen 13 subventionieren. 

Was also bleibt für die Länder übrig? Corona! In jedem Land gelten andere Regeln zur Ausgangssperre bzw. zum Kontaktverbot, die auch anders durchgesetzt werden, mal mehr, mal weniger streng. So viel Autonomie gibt es sonst nur beim Tanzverbot an Karfreitag. "So gilt beispielsweise in Bayern am Karfreitag über das allgemeine Tanzverbot hinaus ein generelles Verbot musikalischer Darbietungen jeglicher Art in Räumen mit Schankbetrieb. Im Gegensatz dazu beginnt in Berlin alljährlich am Karfreitag ein großes Tanzsportturnier", heißt es dazu bei Wikipedia. 

Nicht ganz so, aber so ähnlich, ist die Situation bei der Corona-Epidemie. Jedes Land macht sein eigenes Ding. Jeder MP inszeniert sich als ein Duodezfürst. Mac-Pomm und SH schotten sich ab, wie in den Tagen der Kleinstaaterei. Machen Sie sich beizeiten mit den föderalen Bestimmungen vertraut. Falls Sie es noch schaffen, von NRW nach Hessen zu reisen oder von Thüringen nach Sachsen-Anhalt. Hier ab 7:50

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Ralf Pöhling / 04.04.2020

Föderalismus hat das Potential, das Beste einer Nation hervorzubringen. Die unterschiedlichen Bundesländer gegenseitig in Konkurrenz zu setzen, führt zum Wettbewerb innerhalb der gesamten Nation und damit zu einem Konkurrenzdruck, dem sich alle stellen müssen. Das funktioniert allerdings nur, wenn diejenigen, die alles richtig und besser machen, diejenigen, die alles schlechter machen, nicht durchfüttern müssen und der Konkurrenzdruck somit nicht nur zunichte gemacht wird, sondern sich umkehrt. Wer sich anstrengt, muss dadurch einen Vorteil erlangen. Wer sich hängen lässt, muss dies negativ zu spüren bekommen. Der Länderfinanzausgleich gehört gekippt. Genauso, wie der Gedanke einer EU als Transferunion. Wenn Fleiß dazu führt, dass die Faulenzer von den Fleißigen fortwährend durchgefüttert werden, ist es mit dem Fleiß bald vorbei. Nebenbei: Hätten wir keinen Föderalismus, würden in der Coronakrise bundesweit die selben Regeln gelten. Was je nachdem mal eine bundesweite Ausgangssperre zur Folge hätte, eine radikale Grenzschließung oder eben einen überaus laxen Umgang mit den potentiellen Risiken der aktuellen Pandemie. Wettbewerb ist der Schlüssel zum besten Ergebnis. Und die Aufteilung der Macht verhindert den Machtmissbrauch. Und sie erhält den Überblick. Je kleiner der zu überschauende Bereich, desto einfacher und damit realistischer ist die Einschätzung einer Problemlage. Westfalen ticken bereits anders, als Rheinländer. Und das, obwohl sie teils im selben Bundesland sitzen. Noch dramatischer wird der Unterschied zwischen Bremern und Bayern oder Hamburgern und Sachsen. Und nun denke man daran, dass alle diese unterschiedlichen deutschen Volksgruppen von einem Punkt in Berlin aus regiert werden. Vieles von dem, was in den letzten Jahren dramatisch schief gelaufen ist, erklärt sich damit von selbst. Insbesondere die vom Kanzleramt eingeleitete bundesweite Grenzöffnung 2015 und folgend.

Frances Johnson / 04.04.2020

Am interessantesten mag Süd-Korea sein. Südkorea hatte am 20. März 316,664 Menschen getestet und gibt mit heutigem Datum 10.156 CV-Positive an, dürfte inzwischen mehr Tests durchgeführt haben. Bessere Daten habe ich nicht. Von diesen sind bislang 177 Pat. gestorben und 6.325 genesen. Was bedeutet das? Von geschätzt 400.000 Getesteten ist etwa jeder Vierzigste positiv. Bei so vielen Testungen werden auch viele CV-Positive überhaupt erst gefunden. Von den Gefundenen sind etwas über 1,5 Prozent gestorben. In der gleichen Liste (ourworldindata) steht China-Guangdong mit 320.000 Tests vom 24. Februar. Was bedeutet das? Nichts. Der 24. Februar ist jetzt gute 5 Wochen her, und China-Guangdong ist nicht ganz China. Frankreich in dieser Liste mit 36747 Tests, ein Zehntel von Süd-Korea mit etwa derselben Einwohnerzahl. Datum 15. März. Was bedeutet das? Nichts. Deutschland mit gleichem Datum nur 167.000 Tests, höhere Bevölkerungszahl. Bedeutung: Keine. Die Zahlen sind also völlig bedeutungslos, da überall unterschiedlich viele Tests durchgeführt werden und man die positiven Befunde gar nicht miteinander vergleichen kann. Vergleichen kann man nur die Verstorbenen. Hier sind skand. und asiat. Länder sowie Israel Spitzenreiter, und Deutschland steht nicht schlecht da. Ich erlebe zum ersten Mal in meinem Leben, dass eine Universität mit mehreren Sets an Zahlen arbeitet, die ohne Widerspruch von der gesamten Medienlandschaft übernommen werden. Stellt man Südkorea und wenige andere Länder als Maßstab ins Zentrum, hat jedes andere Land bislang politisch und medial versagt. Von 316.664 Getesteten in Südkorea sind ca. 3% positiv gewesen, 177 gestorben. Das sind von allen Getesteten zusammen 0,05%.  Die Frage nach der Kontagiosität und dem Übertragungsweg muss vielleicht überarbeitet werden. Die Krankheit ist gravierend und breitet sich in Altersheimen und Krankenhäusern offenbar aus wie Waldbrand. Ansonsten komme ich zu dem Schluss, dass jeder Skeptiker seine Daseinsberechtigung hat.

Ulla Schneider / 04.04.2020

Und da wäre noch, bei diesem Dilemma, mitzuteilen, dass Staatsexamen II nicht in allen Bundesländern anerkannt werden. Je nachdem,  wo man sie gemacht hat. Also das ganze Prozedere nochmal. Ein Verlust von 2 Jahren. Nicht zu fassen. Jetzt fehlt nur noch der Zaun, auf den ich warte.

Hans-Peter Dollhopf / 04.04.2020

Fräulein Johnson, Konzentration bitte und net abdrifte!!

Stefan Lanz / 04.04.2020

Nochmal nachgeschoben: Wenn man das so liest, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Föderalismus nur erfunden wurde, um sich das eigenständige Denken zu ersparen… Wohl dem, der auch ohne Föderalismus zurechtkommt.

Stefan Lanz / 04.04.2020

Ähh, sorry, aber wer bitte muss jetzt unbedingt zB. Thüringen oder Sachsen-Anhalt besuchen? Und für die Informationsgewinnung gibt eine alte Erfindung und die heißt Internet, Also wenn man schon unbedingt dahin will, wohin sonst niemand will, dann kann man sich vorher informieren. Oder ist das zuviel verlangt in Coronazeiten? PS: Noch ein Tipp für die Überforderten: Immer am strengsten Bundesland (Bayern) orientieren, dann kann man garantiert nix falsch machen…  

Caroline Neufert / 04.04.2020

Ich finde es praktisch, kann man sich immer rausreden, man hätte eine andere Regel gehört ;-) ... eine Exit-Strategie neben Teilverstaatlichung von Unternehmen wie LH wird auch die Forderung nach einer Föderalismusreform sein und Entmachtung der Länderchefs. Ich fände ja eine Neustrukturierung von 16 zu 4 in Nord, Süd, Ost und West (vielleicht noch Mitte) ganz praktisch, Kassen füllen und trotzdem kein Zentralstaat a la France.

Frank Volkmar / 04.04.2020

“Ein dreifach Hoch auf den deutschen Föderalismus!” So lässt die Kanzlerin ihre Länder gewähren, denn sie weiß, sie muss nur in ihrem Kanzleramt abwarten, aussitzen, wenig sagen, wissend dreinschauen und das Volk wird sie als ruhenden Pol wahrnehmen und immer wieder zu sich selbst sagen, was würden wir nur ohne sie machen ?

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