Eine Reise zu den Wurzeln der „Wokeness“ in der „Dekonstruktion“ postmoderner Philosophen und Künstler.
Wem vom Lesen in einem Ausstellungskatalog schon mal körperlich unwohl geworden ist, der kennt ihn – den Ekel, der einen überkommt, wenn man merkt: Hier wird nicht versucht, das Rätsel hinter der Banane zu lösen, die da an der Wand klebt; jeder Satz zielt vielmehr darauf ab, den Sinn des Kunstwerks weiter zu verschleiern. Willkommen in der Postmoderne! Die gute Nachricht: Ihre Abwehrkräfte sind noch intakt.
Zum Schauderhaftesten am Obskurantismus unserer Zeit gehört die Mischung aus Begeisterung und Arroganz, mit der seine Vertreter die erkenntnistheoretischen Waffen strecken. Man begrüßt die geistige Irrfahrt, den kleinen Finger dabei abgespreizt, die Nase gerümpft. Philosophische Demut funktioniert anders.
„Ich habe mich selbst gefragt, wohin ich gehe“, gab der Philosoph Jacques Derrida einmal zu, um dann zu prahlen: „Ich würde Ihnen also antworten, dass ich exakt darauf hinarbeite, mich an einen Punkt zu bringen, an dem ich nicht mehr weiß, wohin ich gehe.“ Derrida leistete für die Postmoderne, zu deren prominentesten Figuren er zählte, mitunter fragwürdige Öffentlichkeitsarbeit. Er soll aber in der Regel gut nach Hause gefunden haben.
Wir erinnern uns: Das Wort „Philosophie“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Liebe zur Weisheit“ oder, weniger hochtrabend, „Interesse am Wissen“. Derrida ließ offen, wie man dies beweist, wenn Orientierungslosigkeit nicht als Zustand diagnostiziert, sondern als Ziel ausgegeben wird. Wahrheit konnte er, typisch für einen Vertreter der Postmoderne, nicht recht leiden – sie war in seinen Augen selbstverständlich relativ. „Philosoph“ nannte er sich trotzdem.
K.O. in der ersten Runde
Derrida sah seine Aufgabe vor allem darin, „Unsinn sichtbar zu machen“. Nun ist, wie der Volksmund weiß, noch kein Meister vom Himmel gefallen. Wir können also davon ausgehen, dass er seine 10.000 Stunden investierte, um irgendwann tatsächlich Bücher schreiben und Interviews geben zu können, die nichts als Unsinn enthalten. Die Lehrjahre zahlten sich aus. Ein Blick in eine Pfütze hinterm Aldi fördert mehr Sinn zutage als die Blendgranaten dieses Philosophendarstellers.
Ein zu harsches Urteil? Lesen Sie als Kostprobe, was Derrida über die Terroranschläge vom 11. September 2001 zu sagen hatte: „Der Ort und die Bedeutung dieses ,Ereignissesʻ bleiben unaussprechlich, wie eine begriffslose Intuition, wie eine Einheitlichkeit ohne Allgemeinheit am Horizont oder überhaupt ohne Horizont, außerhalb der Reichweite einer Sprache, die ihre Ohnmacht eingesteht und deswegen darauf reduziert ist, mechanisch ein Datum auszusprechen, es endlos zu wiederholen, als eine Art rituelle Beschwörung, ein beschwörendes Gedicht, eine journalistische Litanei oder einen rhetorischen Refrain, der zugibt, nicht zu wissen, wovon er spricht. Wir wissen in der Tat nicht, was wir auf diese Weise sagen oder benennen: 11. September, le 11 septembre, 11. September.“
Mir scheint: Man kann Derrida nicht vorwerfen, dass er seine Überzeugung, Wahrheit sei immer bloß konstruiert, verheimlicht hätte. Eigentlich möchte man ihm nach solchen Sätzen gar nichts mehr vorwerfen, nur fragen vielleicht, ob es ihm gut geht.
Von Roger Scruton stammt ein Denkanstoß, der an dieser Stelle angebrachter als jeder Vorwurf ist: „Ein Autor, der behauptet, es gäbe keine Wahrheiten oder dass alle Wahrheit ,nur relativʻ sei, bittet Sie, ihm nicht zu glauben. Also tun Sie es nicht.“ Derrida gebührt diese Ehre ganz sicher, aber man kann sie ohne Weiteres der gesamten Postmoderne erweisen. Wie jeder Wahrheitsrelativismus scheitert sie an ihrer Selbstwidersprüchlichkeit und wird in der ersten Runde ausgezählt.
Erstklassiges Marketing
Früher Knock-out hin oder her – Derrida und seine Geistesverwandten schrieben akademische Bestseller, ihre Fangemeinde fällt bis heute riesig aus. Es ist ein Triumph, den sie vor allem ihrem Mundwerk verdanken.
Wie bei den meisten Trickbetrügern besteht eine bewährte Taktik auch bei den erfolgreichsten Ideologen der Gegenwart im verbalen Carpet-Bombing. Weil jede geordnete Diskussion ihre Gesinnung sofort als absurd bloßlegen würde, muss weitergeschwafelt werden. Schweigen, wenn nichts zu sagen ist, liegt der Postmoderne so sehr wie Putin der Pazifismus. Das leere Wort ist ihre Interkontinentalrakete.
Im Kern demolierte dieser zur Weltanschauung erhobene Laberflash den Westen, lange bevor Derrida sich in seinen Texten verlaufen wollte. Sein Werk ist insofern wenig originell, blieb aber nicht ohne Großtat. Derridas Hauptverdienst besteht darin, der populärsten wahrheitsfeindlichen Denkweise unserer Zeit einen knackigen Namen gegeben zu haben: Dekonstruktion.
Dekonstruktion! So akademisch kann es klingen, wenn Faktenallergie als intellektuelle Haltung verkauft wird. In Sachen Marketingstrategien macht den postmodernen Ideologen keiner etwas vor. Ihre erste Kampagne galt daher dem schönsten, aber auch schwächsten Kontrahenten: der Kunst.
Negation und Vernichtung
Eine Proto-Dekonstruktion gelang bereits Marcel Duchamp, der 1917 ein handelsübliches Urinal signierte und als Kunst ausgab („Fountain“). John Cage behauptete 35 Jahre später, bei rund vier Minuten Stille handle es sich um Musik („4′33“). In den 1990er-Jahren schließlich, als postmoderne Ideen weit über die schönen Künste hinausgelangt waren, brachte Judith Butler vor, das Geschlecht sei keine biologische Eigenschaft, sondern sozial und performativ konstruiert („Das Unbehagen der Geschlechter“). Es spricht nicht für den akademischen Betrieb, dass man Butlers Arbeiten den Geisteswissenschaften und nicht der Performance-Kunst zuordnet.
Die Beispiele ließen sich endlos fortführen. Sie gleichen sich darin, dass bewährte Standards und Traditionen radikal eingerissen werden. Häufig so radikal, dass das Objekt, dem die Standards und Traditionen einmal galten, zu verschwinden beginnt.
Duchamp und Cage negierten Kunst, Butler ging weiter: Sie wollte den Menschen selbst als einen Fakt in der Welt ausmerzen, der sich objektiv fassen lässt – etwa durch ein klar bestimmbares Geschlecht, also durch eine Tatsache, die wie kaum eine andere in der Biologie belegt ist. Der postmoderne Angriff auf die Wahrheit wurde mit einem Schlag in die Weichteile geführt, an die man angeblich nicht glaubte.
Wo zuvor Materie war, fand sich nur noch Geraune. Duchamp, Cage und Butler hatten das Gleiche begriffen: Dekonstruktion ist das höchste Gut der Weichensteller des Westens, jener linken und nur dem Schein nach liberalen Elite, die seit langer Zeit den kulturellen Diskurs dominiert. „Wokeness“ stellt zwar einen vergleichbar neuen Begriff dar, die Gesinnung dahinter existiert jedoch seit mehr als einem Jahrhundert. Abrissbirne bleibt Abrissbirne.
Kultur und Karriere
Dekonstruktion kann als Karriereplan dienen. Will man wie Derrida nicht wissen, wohin die Reise geht, steuert man paradoxerweise sehr exakt auf Spitzenpositionen zu – und wird nicht nur Künstler, sondern auch Professor, Journalist oder Trans-Allerlei im Bundestag. Absurdität ist die neue harte Währung, und Feindseligkeit gegenüber der Weisheit wird reich belohnt. Jackpot für die Schwätzer!
Es sollte einen also nicht verwundern, wenn das Wirken dieser Karrieristen sich mit jedem Jahr deutlicher in unserer Gesellschaft widerspiegelt. Da es sich auszahlt, geschieht das Auflösen von Konventionen mittlerweile oft allein des Auflösens von Konventionen wegen. Innovation wird zum Selbstzweck – die neue Währung mündet in Vandalismus.
In ihrer Zerstörungswut hoffen die radikalen Innovatoren, der Mensch könne als unbeschriebenes Blatt so stabil in der Welt stehen, dass er dieser besser gewachsen ist als jemand, der in der Tradition seiner Vorgänger handelt. Nicht aus Marmor, sondern aus dem Nichts soll der postmoderne Mensch die neue Venus von Milo meißeln. Bis dato ist das Meisterwerk noch nicht gelungen, aber Graffiti, auf denen ein Mädchen seine Hand nach einem Ballon in Herzform ausstreckt, findet das Publikum auch nicht übel.
Businessplan: Pyramidensystem
Eines der größeren Probleme, die sich einstellen, wenn einer Gesellschaft Bullshit besser gefällt als Fakten, ist das Einfallstor, das jetzt den Ambitionierten offensteht. Die Ehrgeizigsten unter den Blendgranatenwerfern werden stets versuchen, die Absurdität ins Maximum zu treiben, weil sie damit ihren Status erhöhen können.
Am Ende verurteilt der Wahrheitsfeind zwar sich selbst ebenso wie alle anderen zum Schweigen, denn ein postmodernes Maximum vernichtet jeden Sinn, also auch den eigenen (siehe Scrutons Bonmot). Doch bis man den Ast, auf dem man sitzt, abgesägt hat, dauert es. Noch trägt das Holz. Dafür spricht neuer woker Unfug, der es wie gehabt vom Proseminar bis ins Parlament schafft. Peak Woke? Hinter jedem überwundenen Gipfel erscheint ein weiterer. So ist das im wilden Wokistan.
Wo die Wahrheitsfeinde neue Jagdgründe finden, zeigt ihnen der Grad von Normalität an, der in einem gegebenen Bereich noch erzielt wird. Schon Derrida hielt Normalität für das „monströseste aller Konzepte“. Aus gutem Grund, denn überall dort, wo Traditionen welcher Art auch immer hochgehalten werden, findet der Mensch noch seinen Kurs. Das ist ein Missstand, den die Dekonstrukteure nicht dulden können. Er schadet ihrem Geschäft.
Ja, es ist möglich, mit Freude die Grundlagen der eigenen Existenz einzureißen. Dafür muss man bloß darauf hoffen können, seine Schäfchen im Trockenen zu haben, bevor es kracht. Die Dekonstrukteure wissen wie andere Hochstapler auch: Im Pyramidensystem verlieren die Arglosen und die Gesellschaft insgesamt. Nichts also, was ihnen sonderlich viel bedeuten würde.
Partyspiel für Mutige
Am Ziel der Zerstörung, das zeigt Butlers anti-humanistisches Vorhaben, kommt die Menschheit der Welt abhanden. Hier heißt es, tapfer sein. Denn zu jenen, die sich insgeheim das Ende des Menschen wünschen, gehören womöglich auch einige Ihrer besten Freunde.
Machen Sie bei der nächsten Party, auf der sich hinreichend viele „progressive“ Gäste eingefunden haben, die Probe aufs Exempel. Werfen Sie zum Beispiel, wie der Autor und Unternehmer Malcolm Collins vorgeschlagen hat, die Bemerkung in den Raum, dass Sie befürchten, die Menschheit könne aussterben. Es spielt keine Rolle, ob Sie für das drohende Unheil nun die weltweit sinkenden Geburtenraten oder einen Kometen mit Kurs auf unseren Planeten heranziehen – die Chance ist hoch, dass eine Reihe von Gästen anführen wird, wie wenig bedauernswert so etwas doch eigentlich wäre.
Scheinheilig wird dann vermutlich nachgeschoben: Bringt der Mensch nicht ohnehin mehr Leid als Gutes über Mutter Erde? Ist es denn falsch, die Natur sich selbst zu überlassen? Sollten Ihnen solche rhetorischen Fragen nicht zu denken geben, denken Sie an Folgendes: Diese Gleichgültigkeit gegenüber der Menschheit schließt auch Ihre Kinder ein.
Verbotene Frucht
Die Dekonstrukteure ahnen, wie fatal ihr Spiel ist und haben Spaß dabei. Zwar kennt ihr dunkler Erlösungsglaube kein Paradies, doch religiöse Verzückung ist ihnen nicht fremd. In den größten Rausch geraten sie, wenn in Aussicht steht, dass die Menschheit endlich für ihre Ursünde büßen könnte. Die Anklage lautet auf Erkenntnis.
Die Postmoderne agiert wie ein abtrünniger Zweig des Christentums. Es ist kein Zufall, dass sie den größten Groll gegen Menschen hegt, die Wahrheit für objektiv und Erkenntnis demgemäß für möglich halten. Nie wieder soll der Mensch von der verbotenen Frucht naschen können. Nur ist es mit seiner Vertreibung aus dem Garten Eden für die Dekonstrukteure nicht getan. Sie wollen seinen Untergang. Ihr Zorn – und das muss man erstmal schaffen – übertrifft den von Gott.
Pop ohne Kanten
Es ist zudem kein Zufall, dass der erste Angriff, den die Postmoderne führte, der Kultur galt. Seine Fähigkeit, sich über kulturelle Ideen weiterzuentwickeln, unterscheidet den Menschen von allen anderen Lebewesen. Sie ist seine Superkraft. Zerstört man sie, lässt man ihn wehrlos zurück. Der pseudochristlichen Apokalypse geht deshalb die Verflachung der Kultur voraus. Vor dem Exitus wird so hart optimiert, dass kein kreativer Schnörkel übrigbleibt.
Bei aller Vorsicht, die man walten lassen sollte, wenn von alten Zeiten geschwärmt wird, ist doch schwer zu bestreiten: Besonders in der Popkultur fehlen heute die Kanten – da also, wo kulturelle Veränderungen sich in ihrer Breite zeigen. Die Stromlinie ist für den kommerziellen Erfolg, das belegen etwa die Musikcharts, zum Must-have geworden.
Wer das moniert, steht in einer Zeit, in der wohlwollende Blicke in die Vergangenheit verpönt sind, schnell als alter weißer Mann oder bös rechtes Tradwife da. Dann lässt man es lieber mit der Kritik. Sollen die Kids ruhig Taylor Swift hören, Marvel-Movies schauen und Banksy für einen widerständigen Künstler halten.
Und doch muss irgendetwas geschehen sein, wodurch sich das kreative Gefälle zwischen den größten Popstars 1964 (Beatles) und dem größten Popstar 2024 (Taylor Swift) erklären lässt. Der Unterschied zwischen den Dekaden wirkt paradox, bedenkt man, in welchem Maß die Abschaffung von allem, was nach Regeln klingt, 2024 gefeiert wird.
Es erhärtet sich ein Verdacht: Umso lauter der Ruf nach dem kreativen Abenteuer erklingt, desto stärker gerät die Kultur zur Tretbootfahrt. Man wundert sich, wenn man nicht gerade Swiftie ist.
Kultur aus dem Rohbau
Die Paradoxie lässt sich auflösen: Kognitive Dissonanz ist in diesem Fall der Schlüssel zum Verständnis. Eine Gesellschaft kann das Zerstören selbst der letzten Normen und Werte feiern und sich gleichzeitig einreden, alles laufe reibungslos. Wie ein Haus, das beinahe vollständig abgerissen wird, bleibt die Kultur stabil, solange ihr Tragwerk noch intakt ist. Die Außenwände und das Dach stehen, doch Charakter und echte Schönheit sind vielleicht längst verschwunden.
Auch wenn wir keine Popbands mehr vom Schlage der Beatles hervorbringen, wollen Menschen weiter Popmusik hören, auf Konzerte gehen und T-Shirts ihrer Idole kaufen. Um diese Nachfrage zu bedienen, reicht der kulturelle Rohbau – ein paar allgemeine Nenner in den Texten, die immergleichen Akkordfolgen, ein Sounddesign, das nach Gremiumsbeschluss klingt … Für all das ist keine Kreativität notwendig, die Songs wie „Eleanor Rigby“ oder „Strawberry Fields Forever“ auszeichnet. Nach dem Zerschlagen der Standards bleibt nur noch standardisierte Kunst. Ein Widerspruch, der bei näherer Betrachtung keiner ist.
Tristesse in bunt
Fassen wir zusammen: Die postmoderne Feindschaft gegenüber der Erkenntnis führt zu einem Angriff auf die Kultur und entfacht Chaos. Wer wie Derrida absichtlich daran arbeitet, sich Einsichten zu verbauen, trägt zwangsläufig zur Verwüstung bei. Schon mal probiert, Omas Porzellanservice mit geschlossenen Augen einzuräumen?
Chaos erstickt zuerst das anfälligste Element offener Gesellschaften: die Kreativität. Ihr fehlen nun, weil die meisten Standards abgetragen wurden, die Orientierungspunkte. Wo zwischen sämtlichen Richtungen, in die man sich theoretisch bewegen kann, kein praktischer Unterschied besteht, führt die Bewegung ins Leere. Das Durcheinander schlägt in Gleichförmigkeit um.
Nicht nur jedes Ornament, auch Winkel und Kanten, die Charakter zeigen, sind jetzt verschwunden. Es bleibt ein öder Kubus, Stangenware, Langeweile – selbst dann übrigens, wenn die Oberflächen bunt angestrichen werden, um Diversität vorzutäuschen.
Wissen, wo der Bauklotz passt
Das Gebäude, das wir Kultur nennen, wirkt für viele weiterhin wie das Waldorf Astoria. Auf etlichen Etagen ist es in Wahrheit kaum mehr als eine Ruine. Der Fan bucht sein Zimmer trotzdem. Es ist ihm gleich, dass Konformismus hinter der vermeintlichen Kreativität steckt, die man ihm andreht. TikTok hat es ihm nicht anders beigebracht.
Manche Ruinen sind bewohnt. Und wenn dort alle Wände in den Farben des Regenbogens angestrichen werden, fällt es leicht zu glauben, dass man so kreativ ist wie eh und je. Aber die Illusion hat Makel, und einige fragen sich trotz der Buntheit, ob Swift und Banksy das Maß aller Dinge sind.
Der Weg zu mehr Tiefe muss nicht von Grund auf neu gefunden werden. Den ersten Schritt geht, wer sich für Orientierung statt Orientierungslosigkeit entscheidet und wieder Konstruktion statt Dekonstruktion betreibt. Selbst Derrida kannte es wohl aus dem Kinderzimmer: Möchte man ein Gebäude errichten oder instandsetzen, sollte man wissen wollen, wo der nächste Bauklotz passt. Erkenntnis lohnt sich. Ein Interesse an Wahrheit ist deshalb auch eine Grundbedingung für den Wiederaufbau der westlichen Kultur.
Von heute auf morgen wird die Instandsetzung nicht gelingen, doch eines zeichnet sich bereits ab: Die Banane, die da als Kunst an der Wand klebt, kann weg. Das hält alles auch so.
Florian Friedman ist freier Autor. Für zahlreiche Magazine und Zeitungen schreibt er über gesellschaftliche Themen, Kunst, Technologie und Musik. Friedman lebt in Hamburg.