Henryk M. Broder / 21.12.2018 / 11:00 / 83 / Seite ausdrucken

Eilmeldung: Noch ein Preis für Claas Relotius!

Die Herausgeber der Achse haben heute auf einer außerplanmäßigen Herausgeber-Versammlung beschlossen, einen Preis ins Leben zu rufen, der den Namen "Karl-May-Preis für kreativ-innovativen Journalismus" tragen und alljährlich am 27. Juni, dem Geburtstag von Konrad Kujau, verliehen werden soll.

Der erste Preisträger steht bereits fest, es ist Claas Relotius, dem vorgeworfen wird, er habe sich viele, die meisten oder auch alle seiner preisgekrönten Reportagen einfach ausgedacht. Das, finden wir, ist allerdings auch eine Leistung, zu der man erst einmal in der Lage sein muss. Wie Karl May, der seine großartigen Reiseberichte geschrieben hat, ohne Radebeul zu verlassen, gemäß der Parole: Think global, stay local. Auch Egon Erwin Kisch, der Gottvater aller Reporter ohne Grenzen, soll hier und da ein wenig nachjustiert haben, wenn die Wirklichkeit nicht das hergab, was er sich erhofft hatte.

Die Liste der Auszeichnungen, die Relotius bekommen hat, ist lang und ein weiterer Beweis dafür, dass der Teufel gerne dorthin scheißt, wo bereits viel Scheiße rumliegt. Allein der – wie es in solchen Zusammenhängen immer heißt – "renommierte" Deutsche Reporterpreis fiel ihm viermal in der fruchtbaren Schoß, inzwischen hat er ihn zurückgegeben. Dazu eine Anzahl anderer Preise, von denen zwei ihm bereits stante pede, ohne Anhörung, aberkannt wurden. Noch ist er Preisträger des Medienpreises der Kindernothilfe für eine Reportage, "die dort beginnt, wo die Geschichten über Selbstmordattentate aufhören", wie es in der Begründung heißt, was wiederum so klingt, als habe die Jury bereits etwas geahnt.

Die Bischofskonferenz, die Claas I. den ebenfalls "renommierten" Katholischen Medienpreis zuerkannt hat, weiß noch nicht, ob sie ihre Entscheidung aus dem Jahre 2017 revozieren soll. Die Kirche lässt sich in solchen Fragen immer sehr viel Zeit. Sie brauchte genau 400 Jahre, um das 1600 vollstreckte Todesurteil gegen Giordano Bruno für Unrecht zu erklären. 

Wir wollen uns weder über Claas Relotius noch über den Spiegel lustig machen. Zu einem Betrug gehören immer zwei, einer, der betrügt, und einer, der betrogen werden möchte. Dazu die Jubelperser am Rande des Spielfeldes, die andere mit den Federn zieren, mit denen sie sich selbst schmücken wollen.

Und nun zurück zum seriösen Journalismus. Helene Fischer und Florian Silbereisen haben sich getrennt. Finden Sie heraus, was an dieser Meldung erfunden ist.

Nachbemerkung: Leser machten uns darauf aufmerksam, dass die optische Ähnlichkeit von Claas Relotius und Karl May (oben im Bild) phänomenal ist.

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Leserpost

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Jürgen Streeb / 21.12.2018

Die hervorragenden Artikel und vielen Leserbriefe hier legen Zeugnis dafür ab, dass es Gott sei Dank noch Menschen gibt, die kritisch prüfen und selbstständig denken können. Ein kleiner Hoffnungsschimmer. Ist Claas Relotius der berühmte, überstrapazierte Einzelfall? Ich glaube eher nicht. Er ist wie die Mehrzahl seiner Berufskollegen ein Pedant zu unseren Berufspolitikern. Er ist ein Gefangener, gefangen im Netz, das die Mächtigen in der Medienlandschaft gesponnen haben. Für Wahrheit und Moral ist dort so wenig Platz wie bei vielen Berufspolitikern. Auch sie sind Gefangene, Gefangene des dekadenten Parteiensystems. Auf Gedeih und Verderb dem Kadavergehorsam ausgeliefert.

Peter Hartwiger / 21.12.2018

Die erfundene Reportage über die Stadt an der mexikanischen Grenze brachte deren Bürgermeisterin dazu, die erfundenen Fakten zu widerlegen und klarzustellen. Was hat die Bürgermeisterin von Chemnitz getan?

HaJo Wolf / 21.12.2018

Also wirklich, ich weiß ja nicht, lieber Herr Broder, ob Winnetou zu Ihrer Kinder/Jugendlektüre zählte, in meiner Generation jedenfalls war Karl May Standard (nicht wenige hatten alle 72 (?) Bände im Regal. Einen Schmierfinken wie Relotius mit einem Karl May in einem Satz zu nennen, das ist nicht nett. May war ein Phantast, aber das haben doch zahlreiche Romanschriftsteller aller Zeiten gemeinsam, auch, wenn sie in der Ich-Form schreiben. Und es ist nichts Falsches daran, es ist die Freiheit der Kunst. Ein verdammter Lügner und widerlicher Schmierfink aber ist, wer vorsätzlich Fakten fälscht oder erfindet, um sich a) die eigenen Taschen zu füllen und b) eine breite Leserschaft zu manipulieren. Also bitte, nennen Sie den Preis nicht nach Karl May - aber als P. J. Goebbels-Preis käme er wirklich gut.

Jochen Lindt / 21.12.2018

In der Schweiz gab es den Fall des Reporters Tom Kummer, der genau wie Kollege Relotius Geschichten erfand, aber er wurde trotzdem wieder eingestellt- und erfand neue Geschichten.  Relotius wird Schwierigkeiten haben dass zu toppen.

Ludeloff Klaus / 21.12.2018

Alle Versuche er Medien mit schlechtem Gewissen die Enttarnung des Spiegel-Märchenerzählers als Katharsis des Qualtätsjournalismus zu verkaufen, werden nicht helfen. Die Dunkelziffer sogenanntenr Haltungsjournalisten ist vermutlich größer, als man sich vorstellen kann. Die Jurys und Laudatoren der Journalisten-Preisträger mit ihren Jubelarien über den SPIEGEL- Karl May lassen Schlimmes vermuten. Ein entlarvter Betrüger macht noch keine Aufklärungskampagne und das Rezitieren von journalistischen Ethikstandards macht aus Propsgandisten nicht unbedingt neue Hajo Friedrichs.

Horst Brackholz / 21.12.2018

Vielleicht mag es Ihnen ein Trost sein, Herr Broder, dass Karl Mays Werke sich heute noch großer Beliebtheit erfreuen, die Namen derer, die ihn zu Fall bringen wollten hingegen völlig vergessen sind. Was sagt uns das? Ganz offensichtlich hat sich niemand von Karl May betrogen gefühlt, sondern alle bestens unterhalten. Das fast wahnhafte Aufgehen in den eigenen Figuren wurde wohl von den meisten richtigerweise als Teil des Identitäten-Spiels angesehen, das May als Überlebensstrategie begonnen hatte und das er sich schließlich über den Kopf wachsen ließ. May hat nie behauptet, etwas anderes als Fiktion zu schreiben, nur war er irgendwann überzeugt sozusagen selbst Fiktion zu sein. Was hat das mit Claas zu tun. Richtig, Herr Broder, nix.

Michael Scheffler / 21.12.2018

Lieber Herr Broder, ich möchte Sie auf einen Schreibfehler hinweisen: Sie schrieben “fruchtbarer Schoß” und meinten “furchtbarerer Schoß” (aus dem das kroch). Beste Grüße Ihr MS

Ulrich Bohl / 21.12.2018

Herr Broder, vielleicht kämen wir der Wahrheit noch näher, wenn Sie nicht fruchtbaren Schoß sondern furchtbaren Schoß geschrieben hätten. Was dieser Mann der Unglaubwürdigkeit der Medien und durch seine bewußten Fälschungen zur allgemeinen Verdummung beigetragen hat ist furchtbar. Jeder der Zweifel äußerte war ein Rechter nun ist Münchhausen ertappt und wird sich und andere Medien nicht am eigenen Schopf aus dem Lügensumpf ziehen können. Es ist eigentlich eine ungerechtfertigte Verharmlosung seines Schaffens. Bei Kujau wollten sich Käufer seiner Fälschungen nicht von diesen trennen. Den Medien wird eine Trennung von Berichten des Claas Relotius ebenfalls schwer fallen, sie passten so schön in die regierungsoffizielle Willkommenskultur.

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