Die warmen Wassermassen von El Ninõ (was „Christkind“ bedeutet“), machen sich zunehmend im Pazifik bemerkbar. Das hat weitreichende Auswirkungen auf das Weltklima, kann die globale Durchschnittstemperatur nach oben treiben, in manchen Regionen Trockenheiten, in anderen starke Niederschläge auslösen. Da El Ninõ unter anderem große Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben kann, versuchen Wissenschaftler in aller Welt sein Auftreten möglichst lange vorherzusagen. Doch trotz aller Supercomputer gelingt dies zuverlässig meist erst einige Monate im voraus.
Eine beinahe unglaubliche Treffsicherheit bei der langfristigen Vorhersage erzielte allerdings ein Außenseiter: Der inzwischen verstorbene Sonnenforscher Theodor Landscheidt. Aufgrund seiner Analysen von Sonneneruptionen sagte er die zurückliegenden El Ninõ-Ereignisse voraus - und zwar Jahre vorher. Ich habe in DIE WELT 2002 darüber berichtet. Auch die derzeitige Entwicklung hat Landscheidt schon im Dezember 2003 prognostiziert und ins Internet gestellt: „The next El Niño should emerge around July 2006 and last at least until May 2007, with a probability of 80%.“ Somit wird Landscheidt postum die Ehre zu Teil, mehrere El Nino in Folge treffsicher vorausgesagt zu haben. Landscheidt hatte seine Analysen und Prognosen ins Internet gestellt, so auch diese.
Theodor Landscheidt, der als angesehner Richter tätig war, hatte sich seit seiner Jugend als Autodidakt seiner zweiten großen Leidenschaft der Solarforschung gewidmet und an der Universität Göttingen u.a. Astronomie studiert. Er betrieb im Alleingang, mit viel Enthusiasmus und bescheidenen Mitteln sein „Schroeter Institute for Research in Cycles of Solar Activity“. Landscheidt wurde unter anderem zum Mitglied der “American Geophysical Union” und der “New York Acadaemy of Sciene” gewählt. Er veröffentlichte zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften. In den neunziger Jahren habe ich auf einer Klimakonferenz in Bonn erstmals einen Vortrag von ihm gehört. Damals saß Aksel Winn-Nielsen, ehemaliger Direktor der Welt-Meteorologie-Organisation (WMO), neben mir und war bass erstaunt über die Qualität des Landscheidtschen Vortrages.
So viel Souveränität geht anderen Koryphäen offenbar ab. Da Landscheidt mit seiner Arbeit indirekt auch die dominierende Rolle des Kohlendioxids auf das Erdklima in Frage stellte, sah sich der alte Herr nach der Veröffentlichung in DIE WELT hässlichen Anfeindungen ausgesetzt. Prof. Dr. Stephan Rahmstorf vom Institut für Klimafolgen-Forschung in Potsdam ritt in einem Leserbrief sogleich einen Angriff auf die Person: „Es handelt sich offensichtlich um eines der sattsam bekannten, unseriösen Manöver der so genannten Klimaskeptiker“.
In einem anderen Beitrag schreibt Rahmstorf: „Der Journalist Dirk Maxeiner berichtete 2002 in der Welt, das ‘Schröter-Institut zur Erforschung von Zyklen der Sonnenaktivität’ habe festgestellt, das vom Menschen erzeugte Kohlendioxid spiele für das Klima ‘eine sehr viel geringere Rolle als bisher angenommen’. Kommentar: Im Internet war das angebliche Institut nicht zu finden. Nachforschungen ergaben, dass hinter dem schönen Institutsnamen lediglich ein seit langem in der ‘Klimaskeptiker’-Szene aktiver pensionierter Jurist steckte. Ein Laie kann eine solche Zeitungsmeldung kaum von einer seriösen Wissenschaftsmeldung unterscheiden.“ Im gleichen Beitrag lamentiert Rahmstorf über „bezahlte Lobbyisten“ und die „Intensive Lobbyarbeit von über einem Dutzend industrienaher und bestens finanzierter Organisationen“. Kleine Ironie am Rande: Der Beitrag Rahmstorfs stand in einer von der Münchner Rückversicherung finanzierten Publikation.
Ich habe mehrere Telefonate benötigt, um Theodor Landscheidt nach den Angriffen auf seine Person halbwegs wieder aufzurichten. Er wusste gar nicht wie ihm geschah. Auch wenn Theodor Landscheidt es nicht mehr erleben darf: Der gegenwärtige El Ninõ dient auch ein wenig seiner seiner Ehrenrettung.