Das längste und umstrittenste Ermittlungsverfahren in der Geschichte Rumäniens ist in eine Anklage gegen drei führende Mitglieder des sogenannten „Rats der Front zur Nationalen Rettung“ gemündet, berichtet das Internetportal „Balkan Insight“. Der Rat hatte im Dezember 1989 nach dem Sturz des Diktators Nicolae Ceaușescu die Macht in dem kommunistischen Land übernommen. Er wurde von Ion Iliescu geführt, der später der erste demokratisch gewählte Staatspräsident Rumäniens wurde.
In ihrer Anklageschrift wirft die rumänische Militärstaatsanwaltschaft nun Ion Iliescu (89), dem ehemaligen Vizepremierminister Gelu Voican Voiculescu (78) und dem ehemaligen Luftwaffenchef Iosif Rus (83) Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Die Männer hätten den Volksaufstand gegen Ceaușescu gekapert und Chaos und Verwirrung gestiftet, um selbst an die Macht zu kommen. Dabei hätten sie den Tod hunderter Menschen in Kauf genommen.
Iliescu und Voiculescu wird vorgeworfen, durch irreführende Fernsehübertragungen und Presseerklärungen tagelange Schusswechsel ausgelöst zu haben. Rus soll einem Fliegerregiment befohlen haben, die Abzeichen zu wechseln, was zum Beschuss durch eigene Truppen geführt habe. Insgesamt führte das „organisierte Chaos“ laut Anklageschrift zu 862 Todesfällen und 2150 Verletzten.
Weitere Mitglieder des Rats, die nach Ansicht der Militärstaatsanwaltschaft an der Verschwörung beteiligt waren, sind bereits verstorben. Ein früheres Ermittlungsverfahren bezüglich der Ereignisse im Dezember 1989 wurde 2009 eingestellt. 2016 wurde Rumänien durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gezwungen, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.