Thilo Schneider / 12.01.2021 / 14:00 / Foto: Pixabay / 36 / Seite ausdrucken

Echte Bartmänner bei Netflix & Co.

Nach 14 Tagen mehr oder weniger freiwilligem Lockdown (einst als „Urlaub zwischen den Jahren“ bezeichnet), die ich mit Amazon, Netflix und diversen Computerspielereien verbracht habe, scheint es mir so, als gäbe es in Deutschland eine heimliche Sehnsucht nach echten, rohen Männern. In den Empfehlungslisten der „heute beliebten“-Filme tauchen Angebote wie „Vikings“, „Witcher“ oder „The last kingdom“ auf. Und, nicht zu vergessen und nicht zuletzt, die großartige und sehenswerte Satire „Norsemen“. Flankiert wird das rüde Geschehen auf den Bildschirmen von dem wirklich hübsch gemachten Computerspiel „Assassins Creed – Valhalla“, das just im November erschienen ist. All diese Angebote haben die Gemeinsamkeit, dass sich hier echte bärtige Männer durch das frühe Mittelalter, vorzugsweise in Englaland, morden, plündern, brandschatzen und schnetzeln. Da gibt es kein Pardon und keine Gnade, da fliegen Köpfe wie Popcorn und spritzt mehr Blut als in einem Schlachthof.

Ich finde das, gerade in Zeiten der wertschätzenden Sensibilisierung für geschlechter- und geschlechtsneutrales Gehampel der sogenannten Eliten, recht erstaunlich. Sicher gibt es in all den Filmen und Computerspielen auch starke Frauen, die entweder als graue Eminenz im Hintergrund agieren oder beherzt als Schildmaid mit Schwert, Schild und Flechtfrisur in Geschehen eingreifen, aber die Hauptarbeit der Wikingerreisen mit obligatorischer Klosterplünderung dümmlicher rasierter Christen wird von den harten bärtigen Jungs mit Wolfsfell über den Schultern erledigt.

Hölle für besonders sensible Zeitgenossen

Auch die derzeitige Mode folgt den imaginierten Wikingerfürsten. Die sogenannten Hipster tragen mehr Haare als Wilhelm Röntgen im Gesicht und die ganz Gewieften flechten sich wie ihre beschwerteten Vorbilder kleine Kügelchen in die Barttracht. Ich habe so ein wenig den Eindruck, als wäre dies eine Art subtiler und unbewusster Sehnsucht nach Geschlechtsidentität, denn kein Thusneldus („Babaren“), mag er sich noch so sehr als Mann in einem von der Schöpfung versehentlich vergebenen Frauenkörper fühlen, wird sich einen Rauschebart zulegen können, wenn er sich nicht Klebehaare aus dem Kostümfundus des örtlichen Theaters organisiert. Dann ist er eben ein Mann ohne Bart. Und bleibt das auch. „An der Gesichtsbehaarung sollt ihr sie erkennen.“

Die Zeiten mögen im Frühmittelalter schwieriger, aber auch einfacher gewesen. Denn wessen Gehöft soeben niedergebrannt wurde, der hatte eine andere Problemstellung als seine Geschlechtsidentität zu bewältigen. Und auch die Plünderer (bis auf die im erwähnten „Norsemen“) sprechen in den Serien nie über ihre einfühlsame weibliche Seite, sondern darüber, wer ihnen im Todesfall die Axt in die Hand legt, damit sie auf jeden Fall an Odins Heldenbuffett kommen. Und ich bin mir sicher, dass dies die historischen Vorbilder im Frühmittelalter ebenso wenig getan haben. Somit sind die genannten Serien und Spiele offensichtlich Ausdruck einer inneren männlichen (und auch weiblichen?) Verletztheit, die sich nach Zeiten sehnt, als ein Mann noch „ein echter Kerl“ war und sich keine Gedanken über das korrekte Gendern seiner Mitmensch*Innen machen musste. Zeiten, in denen er noch gesellschaftlich anerkannt „toxisch“ sein durfte. Die mittelalterliche Hölle für besonders sensible Zeitgenossen, deren Lebenserwartung bei Enttarnung kürzer als der Stil einer Axt war.

An den politisch korrekten Beischlafbettlern vorbei

Offen zugeben würde das natürlich niemals jemand aus der Fangemeinde der obigen Wikingerfilmfanbrut, wenn er sich nicht als wenigstens unsensibel oder, schlimmer, „Rechter“ geoutet sehen möchte, aber die milliardenschweren Streamingdienste haben ein sehr feines Gespür und sehr feine Statistiken über das, was dem Zeitgeist entspricht – und damit Geld in die Kassen spült.

Sicher, gelegentlich experimentiert auch die Filmbranche, aber nur die wenigsten Zuschauer wollen das Gendergezappel beim unendlichen „Star-Trek“-Franchise sehen, weswegen der ordentlich und politisch korrekt vielfach preisgekrönte „Discovery“-Spin-Off lediglich 43 Prozent Zuschauerzustimmung im Filmkritikportal „Rotten Tomatoes“ erfährt – den schlechtesten Zustimmungswert der bisherigen Star-Trek-Serien. Auch beinharte „Trekkies“ fressen nicht mehr einfach alles, was aus den Studios kommt.

Vollends lächerlich, weil völlig am unveröffentlichten Zeitgeist vorbei, macht sich schließlich eine Serie wie „Cursed“. In der in der Spätantike angesiedelten Anlehnung an die Artus-Sage springen mehr sogenannte „PoC“ herum als bei den Black-Lives-Matter-Demos in Philadelphia. Hier wird über die Darsteller zwar brav erzählt, aber mit „Geschichte“ oder der Artus-Sage hat das so viel zu tun wie Jan Böhmermann mit Comedy. Es gab nun einmal im Frühmittelalter keine Schwarzen in England, sieht man vielleicht von ein paar wenigen als exotisch-orientalischem Beifang auf der Handvoll Handelsschiffen aus dem Mittelmeerraum ab. Das mögen Filmemacher*Innen als tragisch und ungerecht empfinden, ist jedoch so. Geschichte kann grausam sein – und war sie oft genug auch. Es gibt also doch noch Hoffnung. An den politisch korrekten Beischlafbettlern vorbei. Zumindest in der Filmindustrie. Totale neutrale Gleichberechtigung wird sowieso erst erreicht sein, wenn wir eine schwarze lesbische Schauspielerin in der Rolle des Adolf Hitler in der Zweitverfilmung des „Untergang“ sehen. Aber wer wollte sich das geben? Außer mir?

(Weitere unseriöse Betrachtungen des Autors unter www.politticker.de)   

Von Thilo Schneider ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: The Dark Side of the Mittelschicht, Achgut-Edition, 224 Seiten, 22 Euro.

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Jana Hensel / 12.01.2021

Netflix ist furchtbar woke. Gerade Enola Holmes gesehen. Furchtbar, wirklich fürchterlich schlechtes Drehbuch, gähnend langweilige Vorhersehbarkeit. Eine rundliche PoC Frau namens Edith soll nichts weniger als eine geheime Kampfkunstlehrerin darstellen (in ihrer Rolle so glaubhaft wie Whoopie Goldberg als Donald Trump). Als der legendäre Sherlock Holmes auf der Suche nach seiner vermissten Schwester bei ihr vorspricht droht sie ihm erst einmal -ach wie intellektuell überlegen!- mit körperlicher Gewalt (wirkt etwa so wie wenn ein Mops der einen Schäferhund ankläfft). Dann kommt - man ahnt es- zu einer mehrminütigen Brand- und Hassrede über weiße Männer und deren white privilege. “Sie möchten diese Welt in der Sie so gut leben ja gar nicht ändern!” gipfelt ihr Vorwurf. Den sie gegen den größten (fiktiven) Verbrecherfänger aller Zeiten richtet, der im Gegensatz zu ihr tatsächlich etwas zur Verbesserung der Gesellschaft beiträgt. (Wer zum F*+* ist schon Edith?) Am Ende, Spoiler!, hat Enola zwar die völlig falsche Person verdächtigt, sich trotz ihres ach so hohen und übermäßig oft erwähnten Ausnahms-intellekts in zig unnötige brenzlige Situationen gebracht, und nur durch Glück die Konfrontation mit der wahren Mörderin überlebt, wohingegen Sherlock mit seiner Deduktion richtig lag. Dennoch wird dem Zuschauer von Lestrade (auch der ein PoC, damit die Quote stimmt) suggeriert, Sherlock solle sich schämen, denn seine “Schwester war schneller”. Bei Netflix-Produktionen quillt die woke Propaganda-Agenda aus den Skripten, das vermiest mir den Zuschauerspaß dann doch gewaltig.

Manni Meier / 12.01.2021

Alles wird gut! AKKs Verteidigungsministerium vermeldet heute: “Erstmals in der Geschichte des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr hat eine Frau die erste Runde umfangreicher Prüfungen bestanden. Eine Soldatin habe erfolgreich teilgenommen und sich somit für den zweiten Teil qualifiziert, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Anfrage.” Das wurde ja auch höchste Zeit, dass nach 25 Jahren erstmals eine Frau die Prüfung besteht. Dass Flinten-Uschis Beraterteam da nicht drauf gekommen ist!?!

Bernd Ackermann / 12.01.2021

Das übelste Machwerk aus der woken Propaganda-Schmiede Hollywoods ist die Serie “Watchmen”, der aus Nazi-Deutschland in die USA geflüchtete Jude Jon Osterman aka Dr. Manhattan (ist schon mal jemandem aufgefallen, dass ungewöhnlich viele Superhelden und -schurken promoviert haben?) verwandelt sich in einen gut bestückten (wird mehrfach in Großaufnahme gezeigt, die Damen wollen ja schließlich auch was sehen) PoC, der aber durch unglückliche Umstände (also den Ku-Klux-Klan) in die ewigen Jagdgründe expediert wird, woraufhin seine Superkräfte auf wen? - klar, auf eine schwarze Frau übergehen. Die Juden von gestern sind die Schwarzen von heute. Getoppt wird das nur noch von der Zalando-Werbung. Da lobe ich mir doch ein paar haarige Wikinger, die mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen (am besten “In the Navy” von den schwulen Village People, wegen der PC und so) aus ihren Booten springen und ganz rustikal mit der Axt einige Schädel spalten. Es sei denn, die Dame des Hauses will anschließend darüber sprechen, was der Göttergatte beim Ansehen des Dramas gefühlt hat. Und was er beim Fühlen gefühlt hat. Besser man lässt den Fernseher aus.

roland borho / 12.01.2021

Dutt mit Bart (sog. Fluchthelferfrisur) - dazu eine gehäkelte Rastamütze für 89,00€  von “barefootliving by Til Schweiger” - einwandfrei !

Karola Sunck / 12.01.2021

Jetzt weiß man, Emanzen, Grün- Wählerinnen ,Teddybärchen-Werferinnen und Asylboot-Kapitäninen stehen heimlich auf echte bärtige Kerle. Darum engagieren sie sich auch so stark für die echten Männer aus anderen, mittelalterlichen Kulturen. Aus Kulturen, wo Männer noch wie Männer aussehen und es wohl auch noch sind. Wenn man die sogenannten Männer in den Parlamenten sieht, kann man es verstehen. Außer Wendehälse, Taschenträgern von Politikerrinnen, Schleimern, Anzugträger von Muttis Gnaden, Möchtegern- Gigolos, Bücklingen, grinsenden, rückgratlosen Nichtskönnern, u.s.w. gibt es dort nicht männliches zu sehen. Ich glaube die letzten Männer dort sind nur noch die Saaldiener. Ja auch Trump war einer der letzten Männer seiner Garde. Deshalb bekämpft Nancy Pelosi ihn wahrscheinlich so radikal und rücksichtslos, weil sie wohl ein Weichei zu Hause hat, der keinen Nagel in die Wand schlagen kann. Aber in Bayern gibt es einen, der auf starken Mann macht und auch Erfolg damit hat. Wahrscheinlich auch besonders bei dem weiblichen Geschlechte, die heimlich starke Männer anbeten. Markus ein Tipp von einer Frau, lasse Dir einen wallenden Islambart wachsen, sperre die Bevölkerung ein, lege immer noch eine Schippe drauf bei harten Einschränkungen, dann hast Du die Sympathie, besonders der unreifen Frauen der Nation, meine leider nicht und wirst bestimmt von der Mehrheit der Frauen gewählt. Die liegen Dir dann zu Füßen und dass brauchst Du doch für Dein angeknackstes Ego Frau Merkel gegenüber, die Du immer noch ausstechen willst, weil Dir ihr Stuhl in Berlin so gut gefällt. Aber bedenke, der Stuhl ist überstrapaziert, vielleicht hält er Deinem Gewicht nicht stand und plötzlich bist Du am Boden und die Geier fallen dann über Dich her und nicht umgekehrt!

Franz Klar / 12.01.2021

“....und die ganz Gewieften flechten sich wie ihre beschwerteten Vorbilder kleine Kügelchen in die Barttracht.” Mensch Schneider , das sind die verlorenen Chöttbulla vom Vortag ... .

L. Groh / 12.01.2021

Schon seit längerer Zeit bin ich der Meinung,  dass eine Bartsteuer wie zur Zeit des Zaren Peter der Große, nicht die schlechteste Idee wäre.

Robert Bauer / 12.01.2021

Für die Zweitverfilmung gibt es bereits kongenialen Ersatz für den damaligen Hauptdarsteller, wobei “schwarz” nur für die parteipolitische Orientierung steht. Aber sonst erfüllt sie alle Voraussetzungen. Selbst die Physiognomie entspricht der des wunderbaren Bruno Ganz bis auf Details - man möge nur aktuelle Photos gugeln.

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