Am Freitag debattierte der Bundestag wieder einmal über die Migrationskrise. Die Selbstdarstellung der Nach-Merkel-CDU war, wie auch die Reaktion aus der SPD, bemerkenswert. Politisch wenig gehaltvoll, aber mit speziellem Unterhaltungswert.
Sie können hier eine Durchsicht zu dieser Debatte sehen, um sich auch die Gestik und Mimik der Abgeordneten nicht entgehen zu lassen oder das folgende Transkript dieses Beitrags lesen.
Helge Lindh (SPD): „Was ist das für ein Bild von Migration? Was ist das für ein Zerrbild und wie weit ist das entfernt von der Offenheit, für die auch mal die Union gestanden hat.“
Vielleicht haben sie ihn erkannt, das war der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh am Freitag in der Debatte über den CDU/CSU-Antrag mit dem schönen Titel "Länder und Kommunen in der Migrationskrise nicht im Stich lassen – Bund muss Vereinbarungen mit den Ländern umsetzen". Der Bundestag debattierte also wieder einmal über die ungesteuerte Masseneinwanderung und deren fatale Folgen. Bekanntlich gab es ja zu dem Thema Anfang März eine Ministerpräsidentenkonferenz, gern auch MPK abgekürzt,. Und Bundeskanzler Olaf Scholz hatte dieses Treffen als Durchbruch gefeiert.
Bundeskanzler Olaf Scholz: „Die drei Zusammenkünfte des letzten Jahres, die heutige Zusammenkunft sind eigentlich Teil einer grundlegenden Veränderung im Management der irregulären Migration in Deutschland. Ich will ausdrücklich sagen: Wahrscheinlich haben wir im letzten Jahr die grundlegendsten Veränderung seit zwanzig, fünfundzwanzig Jahren auf den Weg gebracht, mit entsprechenden Konsequenzen.“
Alexander Throm (CDU): „Bundeskanzler Olaf Schulz ist ja bekanntlicherweise ein Freund großer Worte und Superlative, vor allem wenn es um Eigenlob geht. Das Problem ist nur: Er schraubt damit die Erwartungshaltung nach oben und kann sie regelmäßig nicht erfüllen. Spiegel-Titelseite: ‚Wir werden jetzt im großen Stil abschieben‘. Wums, da war er wieder der Wums und dann im Gesetzentwurf: 600 zusätzliche Abschiebungen seien damit möglich.“
Alexander Hoffmann (CSU): „… und dann lassen sie sich aber von den Grünen reinverhandeln viele Spezifigkeiten, vor allem aber einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, der das Verfahren noch sehr viel länger macht und die Möglichkeit eröffnet, sich länger im Land zu halten und ich sage Ihnen: Das ist kein Rückführungsverbesserungsgesetz, das war schlichtweg Arbeitsverweigerung von ihnen.“
Alexander Throm (CDU): „ …und dann die Pressekonferenz nach der letzten MPK am vergangenen Mittwoch. ‚Wir haben in dem vergangenen Jahr die grundlegendsten Veränderungen seit 20 und 25 Jahren auf den Weg gebracht, so der Bundeskanzler. Erst dachte ich, ich habe mich verhört. Nach ein bisschen Nachdenken habe ich gemerkt, was er gemeint hat. Er hat gemeint, dass die Ampel im vergangenen Jahr die Begrenzung als Ziel im Aufenthaltsrecht gestrichen hat. Er hat gemeint, dass es einen generellen Spurwechsel mit ihrer Politik gibt, einen Zweckwechsel bei der Visaerteilung, dass Sie Bleiberechte für Identitätstäuscher geschaffen haben, dass Sie die Wohnsitzauflage gelockert haben, dass sie eine doppelte Staatsbürgerschaft und die Turboinbürgerung gemacht haben und einmalig in der Geschichte: Ein Sonderaufnahmeprogramm für Afghanistan, wo wir die Menschen direkt nach Deutschland holen. Das ist das, was er gemeint hat. Das sind ihre Veränderungen, aber das hat nichts mit einer geordneten und schon gar nicht mit einer begrenzten Migrationspolitik zu tun.“
Dass die CDU/CSU-Abgeordneten plötzlich klangen, als hätten sie nun doch der Willkommenskultur ihrer einstmals großen Kanzlerin abgeschworen, war insbesondere für die Genossen von früheren Koalitionspartner SPD augenscheinlich etwas schwerer verdaulich. Der schon eingangs zitierte Helge Lindh konzentrierte sogar seine ganze Sprachgewalt auf die Christdemokraten, ohne auch nur eine einzige verbale Breitseite gegen die AfD abzufeuern, was für ihn eher ungewöhnlich ist.
Helge Lindh (SPD): „Horst Seehofer hat den schrecklichen Satz gesagt: ‚Die Migration ist die Mutter aller Probleme“. Was sie gerade machen, ist genau diesen Eindruck zu erwecken, dass die Migration die Schlüsselfrage, die Problemfrage für alle Fragestellungen in diesem Land, alle Unklarheiten und Ungerechtigkeiten werde und das ist perfide und es ist dumm. Es ist fahrlässig und es ist verantwortungslos. Wir hingegen sagen eben nicht, Migration ist die Antwort oder die Lösung für alle Probleme, aber wir haben einen realistischen, pragmatischen Umgang.“
Detlef Seif (CDU): „Lieber Helge Lindh, die Migration ist zwar nicht die Mutter aller Probleme, aber ungelöste Probleme führen zu einer Krise. Gehen Sie in die Kindertagesstätten, gehen Sie in die Schulen, gehen Sie in die Verwaltungen, Sie sehen überall Überlastung. Die Menschen stoßen auch persönlich an ihre Grenzen. Der Wohnungsmarkt ist mehr angespannt. Es brennt in diesem Land. Bei diesem Sachverhalt ist auch gelungene Integration bloßes Wunschdenken. Wir haben eine Krise und die muss gelöst werden.“
Alexander Throm (CDU): „76 Prozent der deutschen Bevölkerung wünscht sich eine Begrenzung der Migration. Sie machen genau das Gegenteil. Deswegen spalten Sie auch diese Gesellschaft mehr und mehr und Sie sorgen auch dafür mit dieser Politik, dass unsere Demokratie gefährdet ist.“
Aber wenn die Mehrheit der Bürger die Migrationspolitik der Bundesregierung für ein großes Problem hält, kann das ja nur an Fehleinschätzungen dieser Bürger liegen und nicht an falschen Prioritäten dieser Regierung. Denn die hat auch noch größere Probleme im Angebot, erklärt zumindest der Genosse Castellucci.
Dr. Lars Castellucci (SPD): „Ausweislich von Umfragen sagen die meisten Menschen, dass Asyl und Migration das größte Problem ist im Land und meine sehr verehrten Damen und Herren: Das ist es nicht. Das größte Problem in diesem Land ist, wie wir Freiheit und Sicherheit aufrechterhalten können. Dass die größte Aufgabe in diesem Land ist, wie wir unseren Wohlstand, unseren Industriestandort erhalten, wenn wir gleichzeitig die natürlichen Lebensbedingungen sichern wollen und den Klimawandel aufhalten wollen.“
Kaum jemand dürfte daran zweifeln, dass die Bundesregierung alles tut, um beispielsweise die klimaschädliche Industrie zu bekämpfen. Aber die Folgen des deutschen Angebots zur Zuwanderung in staatliche Sozialversorgung werden dennoch für mehr und mehr Bürger spürbar. Deshalb reagieren sie und nicht weil interessierte Kreise sie dazu anstacheln, wie Genosse Castellucci scheinbar glaubt.
Dr. Lars Castellucci (SPD): „… und es ist gefährlich wenn man den Menschen vorgibt, sie sollten sich Sorgen machen über Dinge, die eigentlich gar nicht zu den Dingen gehören über die man sich am meisten Sorgen machen soll, weil wir so die Kraft für die wirklich großen Aufgaben verlieren.“
Detlef Seif (CDU): „Eins zur Klarstellung: Die ungelöste Situation als solche und nicht die Diskussion über die Migrationskrise führt gerade auch zur Stärkung der politischen Extreme. Ich verstehe nicht, dass sie den Zusammenhang bis heute nicht begriffen haben.“
Joana Cotar (fraktionslos): „… und es sind nicht nur die Deutschen, es sind auch die Ausländer und es sind die Deutschen mit Migrationshintergrund, die sagen: ‚Genug ist genug‘. Die haben sich hier nämlich ein Leben aufgebaut, die haben etwas geleistet, die haben sich integriert, die haben nie die Hand aufgehalten, sondern gearbeitet, oft in weniger gut bezahlten Jobs und die sehen dann, dass andere hierherkommen, Forderungen aufstellen und mit Hilfe von NGOs auf alle möglichen Rechte klagen und dann rundum versorgt werden. Das ist nicht fair.“
Helge Lindh (SPD): „Wir erkennen an, dass es Probleme gibt, aber Probleme löst man doch nicht indem man die Problemdefinition der Rechtsextremen übernimmt. Haben Sie das denn nicht begriffen? Und das ist genau das was passiert. Wie nehmen denn Menschen wahr die hierher gekommen sind - ob nun geflüchtet oder als Arbeitskräfte oder deren Eltern - wenn sie permanent folgende Assoziationen lesen: Menschen flüchten oder wandern ein, weil Sozialleistungen zu hoch sind. Migration ist Kriminalität. Leute sind latent - sobald sie migrieren aus arabischen Ländern, so ihre Darstellung - antisemitisch, extremistisch.“
Es ist verständlicherweise nicht immer leicht, die Wirklichkeit zu akzeptieren, wenn sie so gar nicht zum eigenen Weltbild passen will. Aber auch wenn es der Genosse Lindh nicht glauben mag, gerade viele der Migranten, die kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, kommen wegen der vergleichsweise großzügigen Sozialleistungen nach Deutschland. Und dass die Folgen der Massenzuwanderung der letzten neun Jahre auch in der Kriminalitätsstatistik ablesbar sind, gehört leider auch zu den Tatsachen. Natürlich wäre es schöner, wenn es nicht so wäre. Und was Antisemitismus und Extremismus angeht, konnten wir doch gerade in den letzten Monaten gut beobachten, was in bestimmten Milieus geschieht.
Zitate aus TV-Berichten
Welt TV (5.November 2023): „‚Israel bombardieren‘ skandieren diese Teilnehmer einer propalästinensischen Demonstration in der Hauptstadt.“
Bild (9. Oktober 2023): „Es ist offen gezeigter Hass gegen Juden mitten in Deutschland. Jubel für die Anschläge und Morde der Hamas gegen Israel.“
Welt TV (5.November 2023): „Ortswechsel Düsseldorf: Bis zu 17 000 Menschen ziehen hier durch die Straßen. Es wurden mehrere Strafanzeigen gestellt. Schon im Vorfeld hat die Polizei antisemitische Transparente beschlagnahmt.“
Welt TV (5.November 2023): „Kein Vergleich zu den Szenen in Essen am Freitagabend, wo Demonstranten IS- und Taliban-ähnliche Fahnen schwenken und zur Errichtung eines islamischen Kalifats aufriefen.“
Bild (6. November 2023): „Auch Frauen nehmen an der Demonstration teil müssen allerdings mit einem Abstand von einigen Metern hinter den Männern herlaufen.“
Doch statt diese Realität wahrzunehmen trauert der SPD- Abgeordnete Helge Lindh lieber der Zeit nach, als sich die CDU noch hundertprozentig auf Merkel-Kurs befand und selbst im Wahlkampf kaum vom Verdrängen dieser Wirklichkeit abgewichen wäre.
Helge Lindh (SPD): „Was ist das für ein Bild von Migration? Was ist das für ein Zerrbild und wie weit ist das entfernt von der Offenheit, für die auch mal die Union gestanden hat? Ganz weit weg von Merkels ‚Wir schaffen das‘, was noch getragen war von Optimismus und der Bereitschaft, bei aller berechtigten Kritik, diese Gesellschaft zu öffnen und ein Herz zu haben und auch gesunden Menschenverstand walten zu lassen.“
Marcus Bühl (AfD): „Es ist schon erstaunlich dass ausgerechnet die CDU das Thema für sich entdeckt. Die gleiche CDU, die 2015 die Grenzen für eine ungebremste Masseneinwanderung geöffnet hat und damit einer der Hauptverursacher der Asylkatastrophe ist. Da kann ich nur sagen: Willkommen im Superwahljahr 2024, die Nebelkerzensaison ist eröffnet.“
Der AfD-Abgeordnete Marcus Bühl mag mit seinem Nebelkerzen-Vorwurf richtig liegen. Seiner Partei war es sicher nützlich, dass fundamentale Kritik an der deutschen Zuwanderungspolitik ihr Alleinstellungsmerkmal war. Für das Land wäre es besser, wenn es endlich mehr Parteien gäbe, die für ein schnelles Umsteuern, beispielsweise auf einen dänischen Migrationskurs, einträten. Die nächste Migrationswelle baut sich bereits auf. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion wurde übrigens von den Bundestagsabgeordneten mehrheitlich abgelehnt.
Alexander Throm (CDU): „Die Ankunftszahlen, Frühwarnung, auf den griechischen Inseln sind im Winter um 200 Prozent gestiegen und auf der Westafrika-Route um 1300 Prozent und wir wissen alle, wo die Menschen zum Schluss hin wollen, vor allem nach Deutschland“
Hier finden Sie die Durchsicht.