Henryk M. Broder / 05.07.2025 / 06:15 / Foto: Imago (bearbeitet) / 103 / Seite ausdrucken

Dunja Hayali und die Wege der Diplomatie

Dunja Hayali hat vor kurzem Sigmar Gabriel im heute journal interviewt, routiniert wie immer. Dabei berief sie sich auf das Völkerrecht und behauptete, Kriege würden „fast immer durch Diplomatie gelöst“. Eine originelle Lesart der Geschichte, zu der ihr später nichts mehr einfiel.

Wenn Dunja Hayali das heute journal moderiert, hat man als Zuschauer das Gefühl, hier sei eine besonders qualifizierte Fachfrau am Werk. Egal um welches Thema es geht, sie wirkt immer gut vorbereitet und dem Interview-Partner leicht überlegen. Das war auch der Fall, als sie am 17. Juni Sigmar Gabriel zur Lage im Nahen Osten befragte. Bis auf zwei Punkte, die man als Meinung vertreten, aber nicht wirklich belegen konnte. Also machte ich das, was Dunja Hayali immer macht, ich hakte nach und schrieb ihr eine E-Mail:

guten tag, liebe frau hayali,

in ihrem interview mit sigmar gabriel im heute journal von gestern erwähnen sie mehrmals das völkerrecht und sagen zum schluss: „am ende werden kriege fast immer durch diplomatie gelöst.“

dazu hätte ich zwei fragen: 

in meinem bücherschrank stehen das BGB, das StGB, die StVO, das „gesetz der anziehung“ (law of attraction), das „gesetz der annahme“, das „gesetz zur wiederherstellung der natur“ (im grunde eine eu-verordnung), das „gesetz zur wiedergutmachung nationalsozialistischen unrechts“ und eine reihe anderer gesetze. auf wikipedia lese ich, dass das „völkerrecht“ sich dadurch auszeichnet, was es nicht enthält: 

„Der wesentliche Unterschied zwischen dem Völkerrecht und dem innerstaatlichen Recht besteht im Fehlen eines kompakten Kodex, eines zentralen Gesetzgebungsorgans, einer umfassenden, hierarchisch strukturierten Gerichtsbarkeit und einer allzeit verfügbaren Exekutivgewalt zur gleichförmigen Durchsetzung völkerrechtlicher Grundsätze.“

das bedeutet: „Im Gegensatz zum nationalen Recht gibt es im Völkerrecht keine zentrale Gesetzgebung oder eine umfassende Gerichtsbarkeit mit verbindlicher Vollstreckung.“ 

wären sie bitte so freundlich, mir zu erklären, wie man bei dieser diffusen rechtslage sich auf „das völkerrecht“ berufen und es als prioritär gegenüber dem recht auf selbstverteidigung bewerten kann? dankbar wäre ich ihnen auch, wenn sie mir sagen würden, welche kriege seit dem westfälischen frieden von 1648 und dem wiener kongress von 1815 „durch diplomatie“ gelöst wurden? der erste weltkrieg, der zweite weltkrieg, der vietnamkrieg, der koreakrieg, der afghanistankrieg?

ich sehe ihrer antwort mit freude entgegen und grüße sie aus dem cafe bazar in salzburg

ihr hb

Zwei Wochen später warte ich immer noch auf eine Antwort von Frau Hayali. Gut, es waren zwei extrem schwierige Fragen. Aber ich habe sie nicht gebeten, mir die Quantentheorie oder das „Gesetz der großen Zahlen“ zu erklären. Was ich wissen wollte, hätte jeder KI-Automat innert Sekunden runterleiern können. Ich will zu ihren Gunsten annehmen, dass sie viel zu tun hat. Vermutlich bereitet sie sich auf ihr nächstes Interview vor, diesmal über die Zwei-Staaten-Lösung, zu der es keine Alternative gibt. 

 

Henryk M. Broder ist einer der Herausgeber der Achse des Guten.

Foto: Imago (bearbeitet)

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Leserpost

netiquette:

Dr. Joachim Lucas / 05.07.2025

Ihre Fragen waren rhetorisch, die Antworten liegen auf der Hand. Vielleicht nicht für diese gepamperte Vertreterin der GEZ-Staatspresse. Sie weiß es wahrscheinlich wirklich nicht. Die handelt nach dem Motto: lieber stramme Behauptungen (natürlich mit apodiktischem Anspruch vom moralischen Podest) als irgendeinen Beweis. Und das übliche Ablassen von heißer Luft und Spickzettel-Wissen reicht halt nicht. Da kriegen Sie nie eine Antwort und wenn, dann ist es das übliche GEZ-Geschwalle mit neuen apodiktischen Behauptungen. Diese Frau kann ich mir freiwillig beim besten Willen nicht antun. Da muss man schon berufliche Gründe haben wie Sie.

M.Müller / 05.07.2025

Es dürfte völlig egal sein, wie der Gazastreifen aussieht, wenn die Waffen dort schweigen werden. Frieden für Israel wird dadurch nicht erreicht werden. Insofern wird der Krieg durch Israels Sieg nicht beendet werden.

Walter Weimar / 05.07.2025

Wenn Sie Herr Broder mit der Bahn fahren, erwarten Sie dann vom Schaffner, das er ihnen die Dampflok erklärt oder auch nur, wieso es überhaupt möglich ist mit einem Sack Kohle und einer Badewanne Wasser einen Zug zu bewegen? Sicher nicht. Warum stellen Sie dann Dunja Hayali solche Fragen?

dr. gerhard giesemann / 05.07.2025

Was soll das Dummerchen auch antworten?

Wilhelm Keyser / 05.07.2025

Sie werden keine Antwort mehr bekommen. Der “Trick” der versuperlinksgrünten Polit- und Medien-“Elite” besteht darin, die Realität zu ignorieren. Genauso Zuschauer (& Leserbriefschreiber, dito: Wähler;-)), die auf die Realität hinweisen. Für die Polit- und Medien-“Elite”  gilt letztlich ohnehin nicht “das Völkerrecht” , sondern das Pippi-Langstrumpf-Prinzip.

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