Manfred Haferburg / 14.12.2021 / 06:15 / Foto: Heinz-Josef Lücking / 158 / Seite ausdrucken

„Drücken Sie persönlich den Abschaltknopf“

In nicht einmal drei Wochen werden die vorletzten drei deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet. Ein Bürger, der dem Kraftwerk Grohnde verbunden ist, schrieb dazu einen Brief an Niedersachsens Ministerpräsidenten.

Das große Abschalten und Verschrotten von erstklassigen Kraftwerken geht im besten Deutschland aller Zeiten auch in diesem Winter munter weiter.

In drei Wochen werden die vorletzten drei deutschen Kernkraftwerke verschrottet. Das sind die Anlagen Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen C – Kernkraftwerke, die im weltweiten Ranking der internationalen Safeguard-Organisationen zu den sichersten und besten gehören. Es werden rund 4.500 Megawatt Leistung abgeschaltet, die dann dem Netz fehlen wird. Dazu kommen noch ein paar Kohlekraftwerke.

Kein Politiker kann die Frage beantworten, wie diese fehlende Leistung ersetzt werden soll, man hofft auf besseres Wetter und gutes Glück. Und darauf, dass die Nachbarn bei schlechtem Wetter schon mit Strom aushelfen werden. Vielleicht erfindet ja auch ein findiger Erfinder endlich den fehlenden Superspeicher…

Aus den Vorstandsetagen der Kraftwerks-Eigentümer hört man zu diesem Vorgang nichts als dröhnendes Schweigen. Aber aus den Reihen der Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze sozialverträglich im grünen Nirwana verschwinden, regen sich ein paar Widerworte. Und im Gegensatz zur siebten Etage steht der Autor eines Briefes an seinen MP Stephan Weil auch mit seinem guten Namen zu seinem Wort.

Die Achse des Guten veröffentlicht den Brief von Hans Ambos aus Bensheim an den Ministerpräsidenten Stephan Weil im Wortlaut:

 

Herrn Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen
„Zur Abschaltung von KKW Grohnde“

Kommen Sie bitte persönlich am 31. Dez. auf die Schaltwarte und drücken Sie den Abschaltknopf! Der rote Knopf befindet sich auf dem Reaktorfahrpult etwas links von der Mitte unter einer roten Klappe. Bringen Sie Ihren Umweltminister Olaf Lies mit, der kennt den Weg schon. Er hatte am 1. Dez. schon mal nachgeschaut.

Es wird für Sie sicher großartig anzuschauen sein, wie der Leistungszeiger von 1.460 Megawatt auf null fällt. Dann war es das mit durchschnittlich sauberen 11 Mrd. kWh Strom pro Jahr. Sie schalten 15% sichere, preiswerte, CO2-freie, Tag und Nacht auch bei Windstille verfügbare Energiequelle für Niedersachsen ganz einfach ab. Zack. Aus für immer. In nur einer Sekunde Milliarden Euro vernichtet. Respekt. Aber Achtung, es besteht die Gefahr eines großflächigen Blackouts. Allerdings nur ganz kurz, denn die Nachbarländer liefern sofort als Ersatz Kohle- und Atomstrom. Sie sollten sich bei ihnen bedanken. Ganz nebenbei ist es wunderbar, dass das CO2 aus der Kohle nicht in Niedersachsen entsteht. Bringen Sie die Ö/R Medien und Ihre Freunde von den Grünen und die Fachberater von Greenpeace mit zum Jubeln. Die Betriebsmannschaft bringen Sie besser nicht ins Bild, denn denen ist eher zum Heulen zumute.

Herr MP Weil, Sie wollen doch jetzt den Atomstrom von Grohnde durch die Erneuerbaren ersetzen. Mit Wind? In Niedersachsen gibt es z.Z. 6.350 Windkraftanlagen, die 34 Mrd. kWh Strom pro Jahr produzieren. Sie brauchen also 2.050 neue, zusätzliche WKA, für schlappe 12,5 Mrd. Euro. Oder mit Photovoltaik? Ein m² PV-Anlage erzeugt 130 kWh pro Jahr. Sie brauchen also die gigantische Fläche von 85 km² PV-Anlagen, um 11 Mrd. kWh zu produzieren (ca. 34 Mrd. Euro teuer). PV-Anlagen nördlich der Mittelgebirge brauchen aber ca. 18 Jahre, bis sie die Energie erzeugt haben, die zu ihrer Herstellung benötigt wurden. Dann sind sie jedoch längst kaputt und müssen erneuert werde. Daher der Name: „Erneuerbare Energien.“ (Zitat: Heinz Becker).

Blöd ist nur, dass bei Dunkelheit oder Flaute kein Strom da ist. Und speichern kann man den elektrischen Strom auch nicht in dieser gewaltigen Menge. Mit Wasserstoff funktioniert es, wegen dem ganz schlechten Wirkungsgrad, leider auch nicht. Wie ist denn Ihr Plan? Strom aus russischem Erdgas? Oder haben Sie gar keinen Plan bei der Energiewende (ins Nichts)?

Vielleicht hilft es ja, wenn Sie die 1.000-Meter-Abstandsregel abschaffen und ein paar Windräder in den Herrenhäuser Gärten oder am Maschsee hinstellen. Dann bekommen Sie auch endlich etwas Akzeptanz bei der Landbevölkerung für die Verschandelung des schönen Niedersachsens. Schaffen Sie bei dieser Gelegenheit ein paar Gesetze ab. Z.B., dass die Windgeschwindigkeit in der 3. Potenz mit der Energie skaliert. Das heißt bei halber Windgeschwindigkeit gibt es nicht die Hälfte Strom, auch nicht ein Viertel, sondern nur ein Achtel! Schaffen Sie auch gleich den 2. Hauptsatz der Thermodynamik, die Bolzmannkonstante und noch ein paar andere hinderliche Sachen der Physik ab.

Lassen Sie sich, Herr Ministerpräsident Weil, nicht wegen dem weltweit einzigartigen deutschen Atomausstieg als energiepolitischen Geisterfahrer beschimpfen. Bleiben Sie ruhig standhaft dabei, dass alle anderen 160 die Geisterfahrer sind.

Niedersachsen hatte viele Jahre seinen Strombedarf zur Hälfte mit nur 3 KKW-Blöcken (2009: 46,0%) erzeugt. Das hatten auch die Niedersachsen dem Atomminister Franz Josef Strauß zu verdanken, der die friedliche Nutzung der Kernenergie nach Deutschland geholt hatte. Er hatte dadurch auch aus dem relativ armen Agrarland Niedersachsen einen modernen Industriestandort gemacht. Nicht vergessen, Herr MP Weil: Demnächst im KKW Emsland den roten Abschaltknopf auch noch drücken. Dann haben Sie die Kernkraft in Niedersachsen komplett beendet und bald den Standort Niedersachsen auf 1960 zurückversetzt. Eine große Leistung vollbracht.

Machen Sie eine Pressekonferenz noch auf der Schaltwarte und sagen Sie den Leuten die Wahrheit: 3,5 Cent pro kWh Strompreis durch die abgeschriebenen KKWs, das war einmal. Jetzt wird es richtig teuer für die Stromkunden und Steuerzahler. Denken Sie an Bertolt Brecht: "Wer die Wahrheit nicht kennt, ist nur ein Dummkopf. Wer sie kennt und sie Lüge nennt, ist ein Verbrecher.“ Herr MP Weil, schenken Sie den Niedersachsen reines Herrenhäuser Bier ein.

"Wenn die Sonne der Erkenntnis langsam untergeht, werfen auch Wissenszwerge lange Schatten.“

Hans Ambos
Bensheim

Noch eine letzte Anmerkung vom Atomfuzzi: Lieber Herr Weil, vergessen Sie nicht, den letzten Kühlturm von Grohnde umgehend medienwirksam sprengen zu lassen und darauf mit dem letzten Herrenhäuser Bier anzustoßen. Denn erst wenn das letzte Kraftwerk abgeschaltet und der letzte Kühlturm gesprengt ist, werden die Menschen darauf kommen, was ihnen fehlt.

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Victor Kleinpeter / 14.12.2021

@Stanley Milgram, achten Sie bei Ihren Teelicht-Öfen auf Belüftung des Raumes. Wenn Sie zwölf Stunden lang damit herumkokeln, verfeuern Sie 330 Gramm Kerzen. Das ergibt ein Kilogramm Kohlendioxid. Auf zehn Kubikmeter Raumluft sind das fünf Volumenprozent Kohlendioxid. Und der Ruß ist auch nicht gut. Kanonenofen ist besser. Und Blutzucker 250, das ist 14 für Ossis, ist nicht so wild. Ich kenne da auch so einen, der bei 13 zwei Stück Sahnetorte isst, und danach 18 hat. Das macht der seit Jahren.

Victor Kleinpeter / 14.12.2021

@Thomas Bronx, Sie haben für Wind onshore, offshore plus Fotovoltaik 167 TWh pro Jahr, also 19 GW veranschlagt, ich für Wind alleine 24GW. Vllt ist es einmal mit und einmal ohne Leitungs- und Transformator-Verlust. Vmtl lag ich aber falsch und Sie richtig. @Thorsten Bayer, Cem Gigabyte, nicht Gigahertz. Und er hat es zwei mal gesagt, also sich nicht versprochen.

Stanley Milgram / 14.12.2021

p.s.: Für meine Sürweiwel-Projekte habe ich gerade mal Zeit, weil mein zu Pflegender gerade im Krankenhaus liegt. Wie ich in einem anderen Strang schrieb, musste er sich ja trotz Zuckerspiegel im dunkelroten Bereich (über 250) trotzdem weiter von Kakao und Kuchen ernähren. Heute laut eigener Aussage wieder runter auf 150 mg/dl… ich hoffe, er hats jetzt endgültig kapiert.

Bernd Gottschalk / 14.12.2021

...wie wäre es,..diesen Brief einfach x-mal privat auszudrucken und im näheren Umkreis in den Briefkästen zu verteilen…? Nur jammern bringt ja nichts…!

Stanley Milgram / 14.12.2021

Ach ja, übrigens habe ich mir mal so einen Teelichtofen gebaut und getestet. Konnte bei 0 Grad draußen in meinem kleinen Zimmer mit 8 Teelichtern ohne Heizung knappe 20 Grad erreichen. Je Teelicht kann man 40 Watt rechnen, bei 2 Öfen mit je 4 Teelichtern also 320 Watt. Und obendrauf kann man sich auch noch etwas warm halten. Zum Kochen oder Braten würde ich dann schon eher einen heißen Stein nehmen. 100 Teelichter im Baumarkt 4 Euro. Nein, ich bin kein Prepper, aber wenn ihr hungert oder Ravioli kalt futtert, gibts bei mir noch einen Monat lang Licht und Lecker… vorausgesetzt, ihr habt überhaupt Ravioli gebunkert. ;-)

D. Brauner / 14.12.2021

@Franz Klar: Doch, der Kühlkasten läuft immer! Auf Youtube gibt es jede Menge Bauanleitungen für perpetua mobilia. (Ich scheisse auf diesen bekloppten Hauptsatz der Thermodynamik!) Ich habe mir jetzt ein dynamisches Mikrofon besorgt, damit kann man jede Menge Sonarenergie erzeugen. Das speichere ich im hauseigenen Grasfasernetz! Das geht, ich hab’s zwar noch nicht ausprobiert, aber ich bin da wirklich total sicher…

Hans-Dieter Sommerlatt / 14.12.2021

Aus Info 1: „Energiewende-anschaulich“ Die Abschaltung aller konventionellen Kraftwerke (Kohle, Atom) bedeutet: Windenergie: Ein 3000MW-Kraftwerk muß an Land durch 4545 Windräder, z.B. von Nordex (3,3MW, ø131m, H≤ 230m), ersetzt werden, weil sie Wetter-bedingt im Mittel nur ca. 20% ihrer Nennleistung bringen. Windparks in der Nord-/Ostsee sind mit ca. 35% besser ausgelastet, d.h. 1MW-konventionell muß nur durch 3MW-Wind ersetzt werden. Allerdings ist der Aufwand erheblich größer. Nachteil 1: Um im Jahresmittel den Bedarf zu decken, muß die 5- bzw. 3-fache Erzeugerkapazität installiert werden. Frage 1: Kaufen Sie 5Autos & bauen 5Garagen, wenn Sie nur eins/eine brauchen oder statt 5Kleinwagen 3leistungsstarke SUV? Nachteil 2: Im Bereich zwischen „kein Wind“ und „Auslegungs-Windgeschwindigkeit“ liegt die Strom-Erzeugung zwischen 0 und 500(300)%. Mit diesem bereits jetzt problematischen „Flatterstrom“ wird die Stromversorgung/Netzstabilität extrem gefährdet. Frage 2: Schaffen Sie es, mit einem 250km/h-8Zylinder-Sportwagen auf einer Berg- & Tal-Strecke genau (50± 0,2)km/h zu fahren, wenn sporadisch von einem, mehreren oder allen Zylindern die Zündung ausfällt? Dieses Beispiel zeigt u.a. die regelungstechnische Herausforderung, die mit der unerprobten, aber extrem aufwendigen Zukunftsvision „Smart Grid“ gelöst werden soll. - Solarenergie: Ein 3000MW-Kraftwerk erfordert eine Fläche von 239km²=7,7x Tagebau Garzweiler (12,53 W/m² aus EnBW-Plan-Daten für den BRD-größten SP Weesow – SP Finsterwalde erreicht nur 4,38 W/m² !!!). Die Auslastung beträgt Wetter-bedingt nur 11%. D.h. jetzt muß 1MW-konventionell durch 9MWp-Sonne ersetzt werden. Und wehe die Sonne scheint voll oder nicht.  PV-Ausbau-Grafiken Wen diese Zahlen noch immer nicht vom Irrsinn dieser Energiewende überzeugen, sollte mehrmals an den 24 Stunden eines Tages aus dem Fenster oder aus dem Baumhaus schauen und sich fragen – falls die Sonne nicht scheint und sich kein Ästchen am Baum bewegt – Woher kommt jetzt der S

Manfred Westermann / 14.12.2021

Ein wunderbarer Brief, Herr Ambos! Perlen vor die Politiker. Mit welcher Nonchalance hier allein das Volksvermögen vernichtet wird, das ist mit dem Wort Verachtung gegenüber den Deutschen nicht ausreichend beschrieben. Auch ich kenne KKWs und andere kerntechnische Anlagen von innen. Es ist ein Jammer, was da vernichtet wird. Nur eins mal nebenbei: Der Genitiv, Herr Ambos! Wegen dem Dativ tut es mir schmerzen. Nix für ungut!

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