Gab es eigentlich tatsächlich einmal eine Zeit, in der es normal war, zu einer großen öffentlichen Party zu gehen, ohne sexuelle Übergriffe fürchten zu müssen? Die Antworten auf diese Frage fallen höchst unterschiedlich aus und das scheint nicht am Gedächtnis der Befragten zu liegen. Wer vermeiden möchte, dass die seit Ende 2015 verstärkt bemerkten Übergriffe und Überfälle junger Männergruppen – meist „Menschen, die zu uns gekommen sind“ – mit den Folgen der überfordernden Zuwanderungspolitik in Verbindung gebracht werden, glaubt, dass es nie besser war. Um jedweden Generalverdacht gegen Araber, „Nafris“ oder andere Zuwanderergruppen zu vermeiden, soll er mit dem ganz großen Generalverdacht gegen Männer zugedeckt werden. Vielleicht soll das ja gerechter sein.
Skeptiker, die den Verheißungen unkontrollierter und mit einem Vollversorgungsangebot verstärkten Zuwanderung eher ablehnend gegenüber stehen, können sich hingegen nicht erinnern, dass es so massive Übergriffe früher gab, die solch massive Sicherheitsmaßnahmen nötig machten, wie heutzutage. Die Silvesternacht ist ja nun dank massiven Polizeieinsatzes relativ ruhig verlaufen, aber mancherorts kommt jetzt, nach Tagen, wieder zum Vorschein, dass es nicht ganz so harmonisch war, wie am Neujahrsmorgen offiziell gemeldet.
So hatte die Berliner Polizei am 1. Januar gemeldet, es hätte im Bereich der eigens bewachten Feiermeile an Brandenburger Tor und Siegessäule nur sechs Fälle von sexueller Belästigung gegeben. Keine Woche später musste diese Zahl nun auf vorerst 22 nach oben korrigiert werden. „In mindestens zehn Fällen näherten sich Einzeltäter den Opfern aus Gruppen heraus“, sagte eine Polizeisprecherin dem Tagesspiegel, der sich nicht weiter mit der Frage befasste, was das denn für Gruppen waren.
Sind 22 Übergriffe nun viel oder wenig?
Sind 22 Übergriffe nun viel oder wenig? Immerhin geht es nur um die Fälle, die sich in einem Bereich mit Zugangskontrollen ereigneten. Neben 1700 Polizeibeamten hatte der Veranstalter hier noch einmal 600 Sicherheitsdienst-Mitarbeiter im Einsatz. Das sollte maximale Sicherheit versprechen. Aber zurück zur Frage: Sind 22 sexuelle Übergriffe normal und hinzunehmen bei einer solchen Veranstaltung? Ganz und gar nicht, findet Anja Marx, die Sprecherin des Veranstalters:
„Das ist eine grauenvolle und bedauerliche Entwicklung“, sagt sie ebenfalls im Tagesspiegel. Für sie sind sexuelle Übergriffe auf öffentlichen Großveranstaltungen ein neues Phänomen. „Wir hatten das letztes Jahr zum ersten Mal, aber nur in zwei Fällen“, so Marx.
Es begann also Ende 2015. Womit das zu tun haben könnte, will nun aber niemand vertiefen. Berliner Innenpolitiker reagieren da auf eigene Weise. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Burkard Dregger, empfand ein Eingehen auf die Tätergruppen unnötig, sondern forderte lieber mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
Sven Kohlmeier, Innenexperte der regierenden SPD, bedauerte, dass es leider auf Großveranstaltungen immer wieder übergriffige Männer gebe, was sich aber mit Videoüberwachung auch nicht lösen könne. Und Hakan Tas von der mitregierenden Linken setzt auf Aufklärung: „Das kann durch vielsprachige Broschüren geschehen“, sagte er und verrät damit unfreiwillig, dass auch er offenbar Tätergruppen im Blick hat, deren Herkunft er eigentlich nicht wahrhaben mag. Eine Recherche, in welcher Sprache sich die übergriffigen Männergruppen verständigen, könnte auch bei der Umsetzung der Idee des Genossen Tas helfen. Seine Broschüre müsste vielleicht gar nicht in so viele Sprachen übersetzt werden.
Und was hat uns der Vertreter einer Regierungspartei sonst noch zu sagen? Es brauche generell mehr Zivilcourage. Das ist eine feine Aussage von politischen Verantwortungsträgern, die ihre Polizei lange kaputtgespart haben, so dass sie jetzt permanent überlastet ist. Gefährlich wird sie, wenn manche Bürger solche Aufforderungen zum Anlass nehmen, die innere Sicherheit selbst in die Hand zu nehmen, weil der Staat sich immer mehr zurückzieht.
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Dieser Beitrag erschien zuerst auf Peter Grimms Blog Sichtplatz hier.