Günter Keil, Gastautor / 31.07.2011 / 21:28 / 0 / Seite ausdrucken

Dreizehn und zwei Energiewende-Märchen – Teil 1

Von Günter Keil

Dies ist eine um zahlreiche Fakten ergänzte und überarbeitete Fassung der „Dreizehn Energiewende-Märchen“, die am 28. Mai 2011 auf achgut.com erschienen sind. Unser Autor Dr. Ing. Günter Keil arbeitete bis zu seiner Pensionierung 2002 in leitender Funktion im Bundesforschungsministerium

In Deutschland läuft zur Zeit ein Sozialexperiment ab, das erhebliche Folgen haben wird. Mehrere Jahre lang wurden die Menschen von den Medien systematisch einseitig und sachlich falsch über das Energieproblem informiert – also desinformiert - , was zu irrealen Vorstellungen über Chancen, Kosten, Gefährdungen und Auswirkungen von Energietechniken geführt hat. Profiteure dieser Entwicklung sind politische Parteien, die diese Entwicklung nach Kräften gefördert haben, wobei die Verbreitung von Angst als Mittel der Politik mit beängstigendem Erfolg eingesetzt wurde.
Bereits vor dem Fukushima-Unglück hatte die Regierung vor den Medien kapituliert – das Energiekonzept vom Herbst 2010 ist der Beweis dafür. Die extreme Angstwelle, die die deutschen Medien – als einzige auf der Welt – aus der Fukushima-Katastrophe erzeugten, stürzte die hilflose Regierung in einen hektischen Aktionismus, der in seinen Widersprüchen auch noch die Reste einer Energiepolitik ruinierte.
Von einem besonnenen,  verantwortlichen Handeln ist nichts zu erkennen. Im Ausland beobachtet man Deutschland mit Befremden. Vom G8-Gipfel wurde berichtet, daß die übrigen Industrieländer die Entwicklung in Deutschland als seltsames, riskantes Experiment ansehen, das mit einem wirtschaftlichen Desaster enden könnte.

Die Bundesregierung hatte am 28.9.2010 ihr Energiekonzept für eine „umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“  vorgelegt.
Zu den wichtigsten Vorhaben zählen darin:
Die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 80% bis 95% gegenüber dem Wert des Jahres 1990; um 40% bis zum Jahre 2020.
Der Ausbau der erneuerbaren Energie auf einen Anteil von 60% am Bruttoendenergieverbrauch bzw. 80% am Bruttostromverbrauch. Für 2020 sollen das 18% bzw. 35% sein.
Eine Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 um 50% gegenüber 2008 (2020: 20%). In Deutschland bestünden angeblich „weiterhin ganz erhebliche Potentiale zur Energie- und Stromeinsparung.“
„Die Laufzeit der Kernkraftwerke werden wir um durchschnittlich 12 Jahre verlängern.“

Allein diese wenigen Zeilen enthalten eine hohe Konzentration an stark übertriebenen und unrealistischen und auch sehr kurzlebigen Zielvorgaben; im Falle Kernkraft eine 180-Grad-Wende innerhalb weniger Wochen.  Bereits der erste Satz stellt ein bemerkenswertes Beispiel von Schönfärberei dar, denn – wie in den folgenden Kapiteln dargelegt wird – dieses Energiekonzept würde Deutschland in eine sehr unzuverlässige, unbezahlbare und zudem ganz und gar nicht umweltschonende Energieversorgung befördern, wenn es denn jemals ernsthaft versucht wird. Bereits der Versuch würde große wirtschaftliche Schäden anrichten und es ist ein nur schwacher Trost, daß die vollständige Umsetzung dieses Energiekonzeptes ohnehin unerreichbar ist, weil bei einem bestimmten Ausmaß der angerichteten Schäden – Arbeitslosigkeit, Einbruch der Steuereinnahmen, Auswandern der Industrie, Verarmung der sozial Schwachen -  die Regierung davongejagt werden würde.

Die Bundesregierung selbst hat nun gerade einmal 5½ Monate nach der Verabschiedung dieses bis zum Jahre 2050 reichenden Energiekonzepts und 3 Monate nach der zu diesem Konzept gehörenden Laufzeitverlängerung für die Kernkraftwerke (am 14.12.10 in Kraft getreten) mit dessen Verbrennung begonnen.
Das Kernkraftmoratorium und die wohl folgende Stillegung von mehreren Kernkraftwerken, deren Laufzeit soeben noch verlängert wurde,  und die 180-Grad-Wende in der Nuklearpolitik, die plötzlich verkündet wird, befördern Deutschland in das mit teuren „Erneuerbaren“ angereicherte Kohle- und Gaszeitalter zurück und mit den Klimabroschüren des BMU kann man nun sein Haus heizen.

Es lag nahe, alle Widersprüche dieser Energiepolitik, die eigentlich diese Bezeichnung nicht verdient, zu kommentieren, wobei sich die Erzählform, die die Gebrüder Grimm begründet haben, als Rahmen anbot.
Einmal dabei, wurden aber auch noch einige weitere politische Illusionen, Manipulationen und Irreführungen, die seit Jahren die deutsche Energiedebatte kennzeichnen, in diese Darstellung aufgenommen.

Nr. 1: Das Märchen vom deutschen Vorbild                                                                                                                                                                                                                              
Es ist schon erstaunlich, wie oft von Politikern erzählt wird, daß Deutschland für den Rest der Welt mit seiner Umwelt- und Energiepolitik ein Vorbild ist, dem in Kürze alle nacheifern würden.                                                                                     
Abgesehen davon, daß es seit Jahrzehnten in Deutschland eine langfristige, schlüssige und dem Standort dienende Energiepolitik, der man hätte nacheifern können,  niemals gegeben hat, stellt diese Ansicht nur einen Beleg für die völlige Unkenntnis der Meinungen über Deutschland im Ausland dar – und darüber hinaus ein Zeugnis von sehr unangebrachter Überheblichkeit ( “Am deutschen Wesen…”).
Eine Betrachtung der Meinung ausländischer Regierungen zur Erdbeben- und Tsunamikatastrophe von Fukushima und deren Konsequenzen für die Nutzung der Kernkraft ergibt ein eindeutiges Bild: Alle Länder, die selbst Kernkraftwerke bauen und betreiben, bleiben dabei. Ebenso alle Länder, die Kernkraftwerke nur betreiben - eventuell mit Ausnahme der Schweiz.  Und von allen Ländern, die deren Bau planten, gibt es bisher nur ein einziges, das seine Pläne zurückgestellt hat: Venezuela.
“Die Welt versteht die deutsche Energiewende nicht,” titelte der Bonner Generalanzeiger am 27. Mai seinen Bericht über das G8-Treffen in Deauville.
Zu den abrupten Stillegungs- und Ausstiegsplänen des weder von Erdbeben noch von Tsunamis bedrohten Deutschland gab es im Ausland nur Kommentare, die von Unverständnis bis zu beißender Ironie reichten.
Schließlich hat ja Deutschland soeben seine stolze Vorbildrolle als Klimaschützer abgebrochen und will jetzt zu Kohle- und Gasstrom zurückkehren. Die zugesagten nationalen Klimaziele sind Makulatur geworden:
Wird die bisherige Stromerzeugung aus deutschen Kernkraftwerken je zur Hälfte aus (Atom-) Stromimporten und neue hiesige Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt, dann würden im Jahre 2018 allein durch die deutsche Energiewirtschaft 62 Millionen Tonnen CO2 mehr emittiert.
(http://www.bdi.eu/pressemitteilungen_energiekostenstudie_24_04_2011.htm)
Allein in den 3 Monaten des Atommoratoriums vom März 2011 wurden in Deutschland rund 8 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich erzeugt.
Wer sich jetzt noch als Vorbild vorkommt und das auch noch verkündet, läuft Gefahr, nur noch Mitleid zu erregen.

Es wächst aber auch Ärger in unseren Nachbarländern über die deutsche Schnellabschaltung von sieben Kernkraftwerken: So sehr Frankreich und Tschechien ihre Kernkraft-Neubaupläne von Flamanville,  Penly und Temelin auf den massiven Atomstromexport für ihre angsterfüllten deutschen Nachbarn ausgerichtet haben, stört sie doch die plötzliche Ausstiegs-Hektik der deutschen Regierung.  Zum einen fürchten sie das Überspringen deutscher Netz-Zusammenbrüche über das europäische Stromverbundnetz auf ihr Land.
Zum anderen bringt der durch die beträchtlichen Kraftwerks-Abschaltungen nötig gewordene plötzliche Stromexport nach Deutschland die Preise an den Strombörsen zum Steigen – auch für unsere Nachbarn. So erhöhte sich dadurch der Börsenstrompreis schon jetzt um 12% und die Emissionszertifikate, die Kohle- und Gaskraftwerks-Betreiber kaufen müssen, stiegen im Preis um 10%.             
(Siehe: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke).

Seit dem 17. März 2011 importiert Deutschland im Mittel täglich eine Energiemenge von durchschnittlich 65 Millionen Kilowattstunden (kWh) – überwiegend aus Frankreich und Tschechien, aber auch aus Polen und der Schweiz. Das ist überwiegend Atomstrom. Die Betreiber dieser Kraftwerke orientieren sich für ihren Abgabepreis an dem Niveau der Strombörsen – und der liegt um rund 50 Euro pro 1000 kWh über den Kosten der stillgelegten deutschen Kernkraftwerke. Damit zahlen die Deutschen seit dem 17. März täglich gut 7 Millionen Euro mehr für ihren Stromverbrauch. Die ausländischen Atomkraftwerke zahlen ihre Steuern nicht in Deutschland, auch nicht die Brennelementesteuer.

Die Kanzlerin hatte übrigens zu dem Energiekonzept 2010, in dem zum Ärger der Regierung in mehreren der dem Konzept zugrunde gelegten Szenarien erhebliche Stromimporte zum Ausgleich der abzuschaltenden Kohle- und Kernkraftwerke prognostiziert waren, verkündet, daß Stromimporte – die weitgehend Kernkraftstrom betreffen - nicht in Frage kämen. Sie hatte dabei übersehen, daß das ihre Regierung gar nicht beeinflussen kann, denn im freien europäischen Energiemarkt entscheiden das die Händler an den Strombörsen – und zwar nach Verfügbarkeit und Preis.

Im Übrigen: Das größte Land der Welt, China, nimmt mit konsequenter Regelmäßigkeit alle 4 Tage ein neues Kohlenkraftwerk in Betrieb und hält unverändert an seinen massiven Kernkraft-Ausbauplänen fest. Gottlob, könnte man sagen, denn sonst würde China für jedes nicht gebaute Kernkraftwerk zusätzlich ein bis zwei weitere Kohlenkraftwerke errichten.

Eine wirkliche Energiewende wird es vermutlich weltweit geben, wenn die verschiedenen, inhärent sicheren – also aus physikalischen Gründen zu keinem Kernschmelze-GAU fähigen – Kernkraftwerks-Konstruktionen der 4. Generation, die derzeit in der Entwicklung sind, auf den Markt kommen. (Siehe Internationale Arbeitsgemeinschaft “Generation IV International Forum – GIF”; http://www.gen-4.org/ ).
Leider kann Deutschland bei dieser Energiewende kein Vorbild sein, weil hier die Reaktorentwicklung seit Jahren politisch verhindert wurde und Deutschland deshalb aus dem inzwischen auf 7 Nationen angewachsenen Kreis der Hersteller endgültig ausgeschieden ist.  Der gewollte Verlust dieses Milliardenmarktes kann auch nicht durch Beschwörungsfloskeln über großartige Exportchancen von Windmühlen, die inzwischen die verbliebenen Kunden selber bauen können,  wegdiskutiert werden.

Nr. 2: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke
Als die Regierung in einer überstürzten Aktion, als drohe in den nächsten Tagen ein Tsunami, das sog. Moratorium beschloß, das 7 ältere Kernkraftwerke stillegte, erhob sich bei der SPD und den Grünen sowie in den diesen Parteien zugetanen Medien großer Jubel, weil es nicht sofort landesweite Blackouts gab. Damit war nach Ansicht dieser selbsternannten Energieexperten bewiesen, daß diese Kernkraftwerke – und vielleicht auch noch weitere – von Anfang an vollkommen überflüssig gewesen seien.
Auf die Idee, daß die Betreiber dieser Kraftwerke, allesamt börsennotierte Aktiengesellschaften, diese Anlagen nicht allein als Hobby oder zum Ärgern der Grünen am Laufen hielten, sondern deren Strom in Deutschland und Europa tatsächlich verkauften, kamen sie nicht. Und daß sie zusammen mit den Netzbetreibern in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber ihren Kunden und ihren europäischen Nachbarn sämtliche Register zogen – auch recht problematische (s.u.) -  um Netzzusammenbrüche trotz der Panik-Abschaltung zu verhindern, wurde ignoriert.

Was aber im Hintergrund und ohne Medienbegleitung tatsächlich passierte, sah ganz anders aus:
Die Netzbetreiber verzichteten wegen der angespannten Stromnetz-Situation teilweise auf Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten am Höchstspannungsnetz, da auch zeitweilige Abschaltungen das Risiko flächendeckender Stromausfälle zu sehr erhöht haben würden.
Auch Bauarbeiten sind betroffen: So mußten die Arbeiten zur Erneuerung des Umspannwerkes Großkrotzenburg unterbrochen werden.
E.On-Chef Teyssen teilte mit, daß E.On seine Gas- und Kohlekraftwerke hochgefahren und fällige Wartungsarbeiten verschoben hat, um Stromausfälle zu verhindern. Auch Reparaturen wurden verschoben. Die Netzbetreiber hätten darum gebeten, weil sie kurzfristige Blackouts infolge der abgeschalteten Kernkraftwerke befürchteten. Teyssen: “Wir verschieben auf Bitten der Netzbetreiber auch Revisionen von Kraftwerken.”
Die Bundesnetzagentur warnte deshalb öffentlich vor weiteren politischen Abschaltungsverfügungen.

Für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit wurden sofort Stromimporte notwendig; sie wurden essentiell.
Die 4 großen Übertragungsnetz-Betreiber Tennet (früher E.On-Netz),  Amprion,  50Hertz (früher Vattenfall-Netz) und EnBW warnten am 23.5.2011 vor drohenden Versorgungsproblemen im kommenden Winter, wenn der Solarstrom ausfällt, die Windkraft eine Zeitlang nichts liefert und unsere Nachbarn ihren Strom selber brauchen. Zur Zeit sei die Situation nur durch den Solarstrom und vor allem hohe Stromimporte von zu beherrschen, wobei alle hiesigen konventionellen Kraftwerke bereits bis zu ihrer Leistungsgrenze hochgefahren wurden. „Das Netz ist gerade noch gemäß EU-Mindest-Sicherheitsstandards zu betreiben“. 
Im Winter würde eine andauernde Stillegung der 7+1 Kernkraftwerke (das achte ist das außer Betrieb befindliche KKW Krümmel, das man praktischerweise gleich zu den 7 abzuschaltenden KKW hinzu nahm) an kalten, windarmen Tagen zu Netzzusammenbrüchen führen.
Auch nach einem Bericht der Bundesnetzagentur vom 11.4.2011 wird Deutschland als Stütze für das europäische Netz ausfallen.

Von den Befürwortern des Kernkraftausstiegs werden die Stromimporte herunter gespielt und es wird auf deutsche Stromexporte verwiesen. Das ist ein Täuschungsversuch, denn auf diese Exporte kann wahrlich niemand stolz sein: Wenn wieder einmal Starkwind herrscht und das deutsche Verbundnetz durch das plötzliche Überangebot von Windstrom instabil zu werden droht, müssen diese überflüssigen Kontingente um jeden Preis ins Ausland verkauft werden. Dieses “um jeden Preis” ist wörtlich zu nehmen, denn die deutschen EVU, die diesen Windstrom ankaufen mußten, bekommen für diese Stromexporte nicht etwa Geld; sie müssen noch erheblich draufzahlen, damit man ihnen den Ökostrom überhaupt abnimmt.
Das ist eine der im Grunde irrsinnigen Folgen des zwangssubventionierten Aufbaus riesiger Überkapazitäten bei der deutschen Windkraft –  der jetzt verstärkt weiter geht.
(Prof. H. Alt, FH Aachen).

Daß auch schon vor dem Fukushima-Unglück und der folgenden Reaktorabschaltung in Deutschland Teile der Regierung erhebliche Sorgen hatten, zeigt der Elektrizitätsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums vom 20.1.2011, in dem vor Stromausfällen infolge überlasteter Netze durch den Ausbau “erneuerbarer” Energien gewarnt wurde.

Betrachtet man die mit diesem radikalen Kahlschlag in der Stromversorgung verbundenen Zahlen, dann werden die kommenden Probleme sichtbar:
? Die 17 Kernkraftwerke (KKW) verfügen über eine Gesamtleistung von 20.480 MW.
?Die 8 stillgelegten KKW haben 8.422 MW. Um diesen Betrag sank also die Grundlaststrom-
  Erzeugungsleistung in Deutschland.
? Vor Mitte März 2011 betrugen die täglichen deutschen Stromexporte zwischen 100.000 –
  180.000 Megawattstunden (MWh), was einer mittleren exportierten Leistung von 5.800 MW
  entsprach.
? Nach dem 15. März änderte sich die Situation völlig: Nun wurde Strom importiert, und zwar
  60.000 – 70.000 MWh täglich; entsprechend einer Leistung von 2.700 MW.
  Überwiegend Atomstrom aus Frankreich und Tschechien, was hier aber niemand stört.
? Die Summe aus dem nun unterbliebenen Stromexport und dem neuen Import ergibt exakt die
    weggefallene Leistung der 8 KKW.
    Die Anti-Atom-Politiker, insbesondere Herr Seehofer,  verkündeten triumphierend – nachdem
    die Abschaltung der 8 KKW keine sofortigen Stromsperren nach sich zogen - , daß diese
    Kraftwerke ganz offensichtlich überflüssig gewesen sind.  Was sie nicht begriffen hatten, war
    die Tatsache, daß Deutschland mit seinen Reaktoren bis zu diesem Zeitpunkt ein wichtiger
    Stromversorger für unsere Nachbarländer war.
    Nach einem Bericht der Bundesnetzagentur vom 11.4.2011 wird Deutschland als wichtige
    Stütze für das europäische Netz ausfallen - und statt dessen Stromimporte brauchen.
    Insbesondere in den Wintermonaten wird Deutschland so zu einem Stressfaktor für den
    europäischen Stromverbund.
    Zu der deutschen Geheimhaltungspolitik gegenüber den EU-Partnern s.u.
? Die gesamte Grundlaststrom-Erzeugungsleistung im Jahre 2010, d.h. die ganzjährige
    zuverlässige Stromproduktion mit mindestens 7.500 Versorgungsstunden pro Jahr, betrug
    40.500.000 MW.
    Davon lieferten die Braunkohlenkraftwerke 19.400 MW; die Kernkraftwerke 18.600 MW und
    Laufwasserkraftwerke 2.400 MW.
? Da die abgeschalteten KKW in der Grundlaststrom-Versorgung arbeiteten, sank diese
    Erzeugung auf jetzt 32.000 MW (40.500 minus 8.422 MW).
? Die Elektrizitätswirtschaft rechnet für einen Winter in Deutschland mit einem Grundlaststrom-
    Bedarf von 57.000 MW. Im Sommer mit 34.000 MW. (Holger Gassner, RWE).
    Somit müssen jetzt im Winter zusätzlich zum verbliebenen Grundlaststrom weitere 25.000
    MW (früher nur 16.500) aus anderen Quellen kommen.
    -  Die o.e. Importe bringen derzeit 2.700 MW.  Es ist aber damit zu rechnen, daß unsere
      Nachbarn im Winter ihren Strom selber brauchen.  Diese 2.700 MW sind unsicher.
    -  Man wird die Steinkohlekraftwerke, die 2010 18,7% der Gesamtstromerzeugung lieferten,
      die das aber normalerweise nicht in der Grundlastversorgung mit 7.500 Jahresstunden tun,
      länger als bisher laufen lassen müssen.  Das ist möglich, nur wird der Strom teurer. Ob das
      zum Ausgleich der o.g. Leistungslücke reicht,  kann hier nicht abgeschätzt werden.
    -  Die Gaskraftwerke kann man überwiegend nur für kürzere Zeiten einsetzen, z.B. zum
      Ausgleich von Lastspitzen. Ein andauernder Betrieb wäre zu teuer.
?  Möglicherweise wird es aber nicht bei der oben beschriebenen Leistungslücke von
    25.000 MW bleiben; weitere Risiken benannte das Deutsche Atomforum am 24.3.2011:
    - “Durch bereits geplante Revisionen in KKW könnten zusätzliche 6.600 MW entfallen.”
      Dann hätte man es mit einer Leistungslücke im Winter von 31.600 MW zu tun…...
? Die Mehrkosten für den Exportausfall und den Stromimport belaufen sich auf 7 Millionen Euro
    täglich (Prof. H. Alt, Aachen).
? Sogar in einer Zeit, in der die Stromnachfrage eher gering ist, hat das Moratorium mit der
    Abschaltung von 7 + 1 Kernkraftwerken eine Erhöhung des Börsenstrompreises um 12%
    geführt. (Ralf Güldner, Deutsches Atomforum, Mai 2011). Unsere Nachbarn dürfen nun die
    deutsche Energiewende mitbezahlen.
? Daß Deutschland nun seine stets betonte Vorbildfunktion in der CO2-Reduktion vergessen
    kann (geschätzt wird eine zusätzliche Emission von rund 8 Millionen Tonnen allein in den
    3 Monaten des Moratoriums) , ist im Gunde nur noch eine Randbemerkung.
    Die Anfang Juli 2011 erfolgte krachende Ablehnung einer weiteren Erhöhung der
    Selbstverpflichtung zur CO2-Veringerung von 20 auf 30 Prozent im EU-Parlament dürfte mit
    der nun zutage getretenen deutschen Unzuverlässigkeit und Unglaubwürdigkeit zusammen
    hängen.

Was nun im kommenden Winter mit der Stromversorgung in Deutschland passieren wird, liegt buchstäblich im Dunklen.  Wenn das notorische Russland-Hoch kommt und es mehrere Tage keinerlei Windstrom und bei trübem Wetter und sowieso nachts auch keinen Solarstrom gibt, wenn die Nachbarländer keinen Strom mehr schicken und dann irgendein Kraftwerk eine unaufschiebbare Reparatur durchführen muß....was wird dann geschehen ? Sicher ist nur eins: Das Risiko für großräumige Stromausfälle, die selbstverständlich auch unsere unschuldigen Nachbarländer treffen würden, ist durch diesen massiven Kahlschlag in der deutschen und europäischen Grundlastversorgung erheblich angestiegen.
Möglicherweise zocken wir jetzt in einer Blackout-Lotterie.

Ein in Deutschland bisher vollkommen unbeachtet gebliebener, aber sehr ernst zu nehmender Aspekt ist die brutale Brüskierung und Nichtachtung der europäischen Länder durch die von Deutschland ohne jegliche Vorwarnung oder gar Konsultation vollzogene energiewirtschaftliche Maßnahme, die selbstverständlich eine erhebliche europaweite Auswirkung hat.
Die Stimmung in den Regierungen unserer Nachbarländer gegenüber Deutschland ist nach zuverlässigen Berichten extrem schlecht. Die Wiederkehr alter Arroganz wird gesehen. Wieviel europäisches Porzellan Frau Merkel seit März zerschlagen hat, ist ihr anscheinend nicht bewußt – oder aber egal.

Nr. 3: Das Märchen von den geringen Kosten der “Energiewende”
Politische Befürworter der sog. Energiewende behaupten, daß deren Zusatzkosten – insbesondere beim Strompreis – sehr gemäßigt ausfallen würden. Sie sind sich sehr darüber im Klaren, daß sich die Bürger derartige Wenden nicht gefallen lassen werden, wenn sie sich durch exorbitante Preissteigerungen ausgeplündert vorkommen. Umfragen zeigen bereits, daß die Zustimmung zum Kernkraft-Ausstieg stark abnimmt, wenn diese Aussichten angedeutet werden.
Deshalb muß den Bürgern, damit sie still halten, durch optimistische Berechnungen diese Angst genommen werden. Wenn erst alles beschlossen und eingeleitet ist, so die Spekulation, werden es die Menschen schon hinnehmen.

An optimistischen bzw. extrem geschönten Rechnungen herrscht kein Mangel. Bei der Expertenbefragung des Ethikrates zum Kernkraftausstieg erläuterte einer der Wissenschaftler, daß es von sogenannten Expertisen nur so wimmele, “in denen die Kostensteigerungs-Schätzungen zum Kernkraftausstieg und der damit verbundenen   Energiewende zwischen dem Faktor 1 und dem Faktor 100 liegen.”
Mit anderen Worten: Diese Expertisen sind zwar wissenschaftlich dekoriert, aber der größte Teil davon verdient die Bezeichnung Expertise nicht, was durch diese unglaubliche Streuung der Ergebnisse bewiesen wird.  Es handelt sich dabei vielmehr um Scharlatanerie und Gefälligkeits-“Gutachten”, die politisch genutzt werden.
Die Energiewirtschaft ist ein durch eindeutige Daten und bekannte Abläufe präzise erfaßter Bereich, in dem die Gesetze der Mathematik bzw. der Betriebswirtschaft sowie die der Physik gelten und in dem es bei seriöser Herangehensweise vielleicht eine Streuung der Ergebnisse um den Faktor 1,5 aber niemals um den Faktor 100 geben kann.

Im Grunde kann aber jeder schon heute recht gut abschätzen, ob die Energiewende für ihn teuer wird: Der Schlüssel dazu sind die Vergütungssätze (Einspeisevergütung für Ökostrom gem. EEG) für jede Kilowattstunde (kWh) Wind-, Solar- und Biomassestrom im Vergleich zu den Gestehungskosten (ohne Steuern, Abgaben, Verteilungskosten, Gewinn) für Strom aus Kohle-, Kernkraft- und Gas-Dampf-Kombikraftwerken (GuD).
Die Höhe der Einspeisevergütungen ist ja genau danach bestimmt worden, was die Erzeugung durch die betr. Energieanlagen kostet – plus einer Rendite. Deshalb sind die Einspeisevergütungen pro eingespeister Kilowattstunde (kWh) ein exzellentes Maß für den Vergleich – und für das, was die Stromkunden bei ihrem weiteren starken Ausbau erwartet.

Gestehungskosten für die konventionelle Stromerzeugung
- Braunkohlekraftwerke…...............4,6 Cent / kWh (davon 20% Brennstoffkosten)
- Steinkohlekraftwerke…................4,9 Cent / kWh ( davon 42% Brennstoffkosten)
- Kernkraftwerk (abgeschrieben)...2,2 Cent / kWh   (davon   27% Brennstoffkosten )
- Kernkraftwerk-Neubau…..............5,0 Cent / kWh (davon 8,1% Brennstoffkosten)
- GuD-Gaskraftwerke…..................5,7 Cent / kWh (davon 74% Brennstoffkosten)
    (Daten aus:Panos Konstantin: „Praxisbuch Energiewirtschaft“, 2009, VDI-Buch)

Einspeisevergütung gem. Erneuerbare Energien-Gesetz (für 2011)
- Windstrom:  Landanlagen       9,2   Cent / kWh
                Offshoreanlagen   15,0 Cent / kWh
- Biomasse-Strom: Grundvergütung:   
—bis 150 KW: ............................11,67 Cent / kWh, absinkend bis
—5 MW – 20 MW: ........................7,79 Cent / kWh
Dazu kommen zahlreiche Boni: Nawaro-Bonus incl. Gülle-Bonus,
                                            Technologie-Bonus,
                                            Kraft-Wärme-Kopplungs-Bonus
                                            Formaldehyd-Bonus.         
- Photovoltaik-Solarstrom:
—Inbetriebnahme 1.1.- 30.6.2011: ...28,74 Cent / kWh
—Inbetriebnahme 1.7.- 30.9.2011: ...24,43 Cent / kWh.

Da sich an den zusätzlichen Kosten wie Steuern und Abgaben nichts ändern würde, weil der Staat das Geld braucht und sich die Netzkosten auch noch wegen der gewaltigen Erweiterungen für den Nord-Süd-Transport des Windstroms massiv erhöhen würden, steigen selbstverständlich die Strompreise deutlich. Der ehemalige Wirtschaftsminister Brüderle legte am 21.3.2011 Eckpunkte für den Stromnetzausbau vor: “Für den ehrgeizigen Ausbau der erneuerbaren Energien würden etwa 3.600 km neue Leitungen benötigt.”
Die Deutsche Energie-Agentur dena rechnet jedoch mit erforderlichen 4.500 km an zusätzlichen Höchstspannungsleitungen. Der dena-Geschäftsführer Stephan Kohler erwartet einen Strompreisanstieg von 20% bei einem Kernkraftausstieg bis 2020/25.

Der VDE wies bereits in seiner Prognose von 2008 auch darauf hin, daß ein Netzausbau mit Hochspannungs-Freileitungen “zunehmend an der ablehnenden Haltung der Bürger scheitert.” Die Folge sei der Bau von unterirdischen Leitungen, die jedoch “das Drei- bis Sechsfache einer Freileitung kosten.”

Immerhin prognostizierten sowohl Kanzlerin Merkel als auch Herr Brüderle, daß auf die Verbraucher damit höhere Strompreise zukommen würden. Zahlen nannten sie nicht.

Im Dilemma zwischen Reaktorstillegungen, Klimaschutz-Verpflichtungen und drohenden Stromsperren tendiert die Regierung zu mehr Gaskraftwerken, da diese eine bessere CO2-Bilanz als Kohlekraftwerke haben und somit das „kleinere Übel“ darstellen – obwohl das die teuerste Art der konventionellen Stromerzeugung ist, deren Preis auch noch von Monopolisten abhängt.
Die Russen finden die deutsche Energiewende deshalb großartig: Gazprom-Chef Alexej Miller schätzt, daß schon bis Dezember 2011 der Preis für 1000 Kubikmeter Erdgas von heute 354 Dollar auf 500 Dollar steigen wird. Sie haben durch die Schlafmützigkeit der letzten deutschen Regierungen eine bequeme Monopolstellung bekommen, weil Deutschland seit vielen Jahren auf den Bau eines Terminals für LNG (verflüssigtes Erdgas) in Wilhelmshaven verzichtet hat, was die Anlandung von Erdgas aus anderen Lieferländern – z.B. aus Nordafrika – ermöglicht hätte. Unsere westeuropäischen Nachbarn haben diese Chance konsequent genutzt. Auch dieses Kapitel gehört zum Generalthema “Nichtexistenz einer deutschen Energiepolitik.”

Analysten gehen im Gegensatz zu der deutschen Rettungs-Vision “Gaskraftwerke statt Reaktoren” davon aus, daß eine durch Kernkraft-Abschaltung entstehende Versorgungslücke keineswegs durch neue Gaskraftwerke gefüllt werden kann. Sie sagen voraus, daß die Stromversorger erst dann in neue Gaskraftwerke investieren werden, wenn die Gasimport-Kapazitäten stark erhöht werden. Und damit meinen sie nicht noch mehr Leitungen zum Monopolisten Gazprom.

Wie wäre es dann mit Kohle ? Erich Schmitz, Geschäftsführer des Vereins der Kohleimporteure, sagt: “Würden wir die Kapazität der jetzt vom Netz genommenen Atomkraftwerke vollständig durch Steinkohle ersetzen, müßten wie pro Quartal bis zu 3 Millionen Tonnen mehr einführen.” Und der Vorsitzende der Industriegewerkschaft IGBCE (Bergbau, Chemie, Energie) Michael Vassiliadis forderte bereits einen kräftigen Wiedereinstieg in die Kohleverstromung – Braun- und Steinkohle – bei einem Kernkraft-Ausstieg. Der SPD-Vorsitzende Siegmar Gabriel hat das vernommen und verwies bereits darauf, daß “wir die acht bis zehn Kohlekraftwerke brauchen, die sich derzeit im Bau befinden.” Offenbar sieht die SPD jetzt die Chance, ihre Atomausstiegs-Forderungen mit gewerkschaftlichen Wünschen in Einklang zu bringen.

“Bei einer konstanten Stromnachfrage werden bereits ab 2016 neue Gas- und Kohlekraftwerke als Ersatz für alte Anlagen benötigt. Um den Strombedarf im Jahr 2020 zu decken, wären 15 neue Kohlekraftwerke erforderlich. Bis 2030 müßten sogar 30 neue Kohlekraftwerke in Betrieb sein.
Doch so viele fossile Kraftwerke sind derzeit nicht einmal in der Planung. ...
Zu den Kosten: Werden allein die notwendigen fossilen Kraftwerke gebaut,  die bei einem konstanten Strombedarf bis 2030 erforderlich sind, kommt man auf ein Investitionsvolumen von 34,7 Milliarden Euro.” (Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, 28.10.2010).

“In Planung befinden sich Kohlekraftwerke mit einer Leistung von rund 13.000 MW. Projekte mit noch einmal dieser Leistung wurden in den letzten Jahren vor allem wegen öffentlicher Proteste aufgegeben…..Das heißt: Der notwendige Investitionsbedarf ist bei weitem nicht durch die Planungen gedeckt.”
(Michael Hüther, IW Köln, handelsblatt 16.3.2011).

Wie es aussieht, hat sich die Regierung völlig in eine Sackgasse hinein manövriert.  Bisher hat sie nach ihrem Kernkraft-Ausstiegs-und-Stillegungs-Beschluß nicht gesagt, daß zum Ersatz des wegfallenden KKW-Grundlaststroms viele neue Kohlekraftwerke gebaut werden müssen. Die Grünen, denen man es recht machen möchte, mögen leider auch gar keine Kohlekraftwerke. Deshalb Aussitzen der peinlichen Situation. Damit wird die ohnehin nicht ausreichende Kraftwerksplanung – s.o. – noch weiter hinausgeschoben.
Die Regierung wird die Kohleoption am Ende nutzen müssen, wenn sie nicht eine neue Kehrtwendung (“Wir brauchen die Kernkraft nun doch…”) machen will. Aber ganz ohne Kehrtwendungen geht es jetzt nicht mehr weiter:
Ein plötzlicher Abschied von bislang unantastbaren Umweltzielen steht ins Haus.

Nach einer Studie des BDI kämen durch den Kernkraftausstieg bis 2020 Mehrkosten von 33 Milliarden Euro zusammen;
- davon 24 Mrd. Euro für Industrie- und Gewerbekunden
- und 9 Mrd. Euro für private Verbraucher.
Rechne man noch die Kosten für den Ausbau der “Erneuerbaren” und des Stromnetzes (s.o.)  hinzu, würden aus den 33 Mrd. sogar 51 Mrd. Euro.

Im März 2011 wurden 8 Kernkraftwerke abgeschaltet – und 9 KKW blieben am Netz. Der Wegfall von knapp der Hälfte der Kernkraft-Stromerzeugung hat an den Börsen die Strompreise um knapp 1 Cent je Kilowattstunde in die Höhe getrieben. Bleibt es dabei, werden die privaten Haushalte um etwa 35 Euro mehr im Jahr belastet. Das erscheint verkraftbar.  Aber: “Ein Cent klingt nicht nach viel. Aber viele Millionen kleine Cents können die Wirtschaftlichkeit ganzer Unternehmen gefährden,” so Pof. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Gemessen am durchschnittlichen Stromverbrauch vergangener Jahre bedeutet dieser Preisanstieg Mehrkosten für die Industrie in Höhe von 1,9 Milliarden Euro im Jahr.  Besonders betroffen sind die energieintensiven Branchen. Die Papierindustrie sieht sich mit Mehrkosten von ca. 150 Millionen Euro jährlich konfrontiert, bei der Chemieindustrie sind es 340 Millionen Euro und die Metallbranche muß mit Mehrkosten von 460 Millionen Euro rechnen. Die Stromrechnung der Autoindustrie steigt durch den beschleunigten Kernenergieausstieg um 160 Millionen Euro pro Jahr. Dabei haben die stromintensiven Branchen schon heute wegen der hohen Stromkosten Nachteile gegenüber den internationalen Wettbewerbern.
(Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, 14.6.2011).

E.On-Chef Teyssen befürchtet bei steigenden Strompreisen eine De-Industrialisierung. 830.000 Arbeitsplätze seien in Gefahr. “Wenn die energieintensive Grundstoff- und Chemieindustrien uns verlassen, ist das für die ganze Wirtschaft schlimm.”
In einer Wirtschaft ohne Grundstoffindustrie, ohne Stahl- und Aluminiumerzeugung, gebe es auch keine heimische Werkzeugmaschinenindustrie mehr. “Dann werden auch keine Windkraftanlagen mehr bei uns gebaut.”
(Wirtschaftswoche 1.5.2011; http://wiwo.de/t/a/464720 )

Werden die Gewerkschaften dem zu befürchtenden Exodus der deutschen Industrie, vor dem bereits der EU-Energiekommissar Oettinger gewarnt hat, weiterhin tatenlos zusehen ?

Nr. 4: Das Märchen von den umweltfreundlichen “erneuerbaren” Energien
Daß Energie nicht erneuerbar ist, lernt man im Physikunterricht. Das widerspricht nämlich den Hauptsätzen der Thermodynamik. Deshalb sagt die Tatsache, daß die Deutschen einem energiepolitischen Gesetz diese falsche Bezeichnung gaben, bereits einiges über die Kenntnisse der Gesetzesmacher aus. Genauer ist die Bezeichnung regenerative Energien.
Gemeint sind Windstrom, Solarstrom- und –Wärme, Wasserkraft-Strom, energetische Biomassenutzung und Geothermie.

Was die bisherige Biomasse-Nutzung anbelangt, hat Umweltminister Norbert Röttgen schon den Rückzug angetreten. In seiner Verteidigungsrede für den von den Autofahrern abgelehnten E 10 – Sprit behauptete er schon gar nicht mehr, daß dieser der Umwelt nutzen würde. Zu groß war die Kritik von allen Seiten, sogar vom hauseigenen Umweltbundesamt: Verbrennung von Lebensmitteln bei weltweit – gerade deshalb – steigenden Lebensmittelpreisen, Hunger, Abholzung von Tropenwäldern für den Anbau von Ölpalmen, riesiger Flächenverbrauch, Monokulturen, Rückgang der Artenvielfalt, großer Düngemitteleinsatz, dazu noch eine negative CO2-Bilanz. 
Eine Studie des WWF beklagt den durch das EEG ausgelösten Kampf um Agrarflächen: Die EEG-Subvention liegt mit 3.000 Euro pro Hektar (ha) fast 10-fach über der EU-Subvention von 340 Euro/ha für traditionelle Bauern. Die Landwirte geraten in Bedrängnis, da sie bei Neuverpachtung nicht mit den Betreibern der Biogasanlagen konkurrieren können.
(FAZ vom 22.2.2011).
Auch mit seiner Förderung der Photovoltaik hat das EEG die energetische Zweckentfremdung von Ackerbauflächen beschleunigt: “Ein Landwirt wird künftig keine Flächen mehr für den eigenen Betrieb pachten können, wenn er gegen Pachtpreise von 1.250 bis 1.500 Euro pro Hektar (mittlerweile bis 2.000 Euro pro ha) konkurrieren muß. Dies sind nämlich die Pachtpreise, die für Photovoltaik-Freilandanlagen bezahlt werden.”
(“Freilandflächen boomen! Warum sie abzulehnen sind”, Hermann Bähr, Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., 10.12.2009).

Eine dermaßen die Menschen und die Umwelt schädigende Energietechnik, die wie die Biogaserzeugung aus Nahrungsmitteln wegen ihrer negativen CO2-Bilanz auch nicht das Etikett “erneuerbar” verdient, hat es noch nicht gegeben.
Dennoch gehört auch diese Technik zu den Hoffnungsträgern der Energiewende, denn im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom kann man mit Biogas zu jeder Zeit Strom erzeugen, obwohl statt dessen die Veredelung zu Erdgas und dessen Einspeisung in das Gasnetz die im Biogas steckende Energie wesentlich effizienter nutzen würde – was der deutlich kleinere Unfug wäre.
Aber seit die GRÜNEN an der Regierung waren, ist “erneuerbare” Stromerzeugung zu buchstäblich jedem Preis – siehe Photovoltaik-Solarstrom – ein energiepolitisches Prinzip jeder Bundesregierung. Auch wenn der hauptsächliche Energieverbrauch in unserem nicht vom Klima verwöhnten Land weit überwiegend in die Hausheizung geht und weil deshalb z.B. die Solarthermie, die Pelletheizung, die Wärmepumpe, die Modernisierung von Heizungsanlagen oder die Fernwärmenutzung Priorität vor jedem Stromerzeugungs-Krampf haben müßten. Das wäre ideologiefreie Energiepolitik.
Beschwichtigungsversuche unter Verweis auf die noch tief im Versuchsstadium steckende Biomassenutzung “der 2. Generation” (ohne Lebensmittel-Verbrennung) gehören zum Thema Hoffnungstechnologien – siehe das Märchen vom Technologiesprung – und sollten nicht ernst genommen werden, da dies bis zur Marktreife und –Durchdringung noch ca. 20 Jahre dauern wird.

Das Flächenverbrauchs-Argument trifft aber ebenso auf die Windkraft und den Solarstrom im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken zu, wobei allerdings ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, daß die hier erfolgende Gleichsetzung der Stromerzeugung von Kohle- und Kernkraftwerken, die kontinuierlich im Grundlastbereich fahren, mit den mittleren Erzeugungswerten der stark schwankenden Solar- und Windstromanlagen nur zur Illustration des Flächenbedarfs erfolgt.  Für Versorgungs-Gesichtspunkte ist diese Gleichsetzung, die gerne von Verfechtern der “Erneuerbaren” benutzt wird, falsch und undiskutabel.
Zur Verdrängung des Nahrungsmittel-Anbaus durch EEG-geförderte Biogaserzeugung und Photovoltaik-Freilandanlagen siehe die obigen Anmerkungen.

Windkraft:
Anlagen an Land: Um die Strommenge eines Kernkraftwerks der Größe des Meilers Philippsburg 2 (Nettoleistung 1.400 MW )  zu erzeugen, wären 3690 Windräder an Land (2 MWp mit je 0,2 km2 Flächenbedarf) nötig.  Das Kernkraftwerk produzierte 2010 die Strommenge von 11,8 Milliarden Kilowattstunden.
Der Flächenbedarf für die Windräder wäre etwa 370-mal so groß wie für das Kernkraftwerk. Insgesamt würden sie 738 Quadratkilometer beanspruchen.
Würde Deutschland im Jahr 2050 seinen Strom komplett “erneuerbar” erzeugen, benötigten die Windräder (dann 4 MWp , á 0,32 km2) für ihren Anteil an geschätzten 870 Mrd kWh etwa eine Fläche von 43.500 Quadratkilometern. Das wäre 90% der Fläche Niedersachsens.
(Technische Angaben für die Windkraft: Wolf v. Fabeck, Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., 27.8.2009).

Anlagen Offshore:  Um die o.g. Jahresstrommenge eines 1.400-MW-Grundlastkraftwerks (Kohle oder Kernkraft) von 11,8 Mrd kWh zu erzeugen, würden 650 Windkraftanlagen mit 5 MWp Spitzenleistung benötigt, die Offshore auf 3.600 Vollaststunden pro Jahr kommen.
Das sind 26 Windparks zu je 25 Anlagen. Jede dieser 5-MW-Windmühlen benötigt 50 Hektar Fläche (0,5 km2); 25 Anlagen eines Windparks somit 12,5 km2 .
Da um jeden dieser Windparks ein 10 km breiter Gürtel erforderlich ist, benötigt einer davon 540 km2 . Alle 26 Windparks also 14.000 km2. Die Gesamtfläche der Nordsee beträgt 41.000 km2.
Wohlgemerkt: Um nur ein konventionelles Großkraftwerk im Jahresmittel (und nicht etwa an einem konkreten Tag bei Flaute) zu ersetzen.
(Dr. Friedrich Weinhold, Norderstedt, 2009).

Biogas-Kraftwerke: Würde mit Biomasse – etwa Mais – das Gas erzeugt, um ein herkömmliches Gas-Dampf-Kombikraftwerk (GuD) zu betreiben, wären 667 Quadratkilometer Anbaufläche nötig. Dies entspricht etwa dem 11.500-fachen der GuD-Kraftwerksfläche und 93.417 Fußballfeldern.
Hierzulande wären 10.100 Quadratkilometer nötig für den Biomasseanteil einer komplett auf “erneuerbaren” Quellen basierenden Stromerzeugung.  Das wäre dann 174.137-mal die GuD-Fläche – und entspricht 6 Prozent der Landwirtschaftsfläche in Deutschland.

Solarstromanlagen:  Eine Photovoltaik-(PV)-Solarmodul-Anlage von 8 m2 liefert bei voller Sonneneinstrahlung eine Spitzenleistung von 1 kWp . Man rechnet mit 900 Vollaststunden im Jahr; damit ergibt sich eine Jahresstromerzeugung von 900 kWh.
Um die Jahresstromerzeugung eines 1.200-MW-Braunkohlekraftwerks von 9.000 Milliarden Kilowattstunden (7,5 TWh) zu liefern, benötigte man daher Photovoltaik-Anlagen mit einer reinen Modulfläche von 80 km2 . Freilandanlagen benötigen die doppelte Fläche. Da der Anteil von Freilandanlagen an der PV inzwischen über 95% beträgt, ergibt sich ein mittlerer Flächenbedarf für die PV von ca. 100 km2 .
(Dr. Friedrich Weinhold, Norderstedt, 2009).
Im Vergleich: Ein 1.400-MW-Kernkraftwerk besetzt maximal 2 km2 an Fläche. Der neue 1.600-MW-Europäische Druckwasserreaktor der 3. Generation EPR (in Finnland und Frankreich im Bau) besetzt 60 Hektar = 0,6 km2. Für Steinkohlenkraftwerke gilt das Gleiche. Bei Braunkohlenkraftwerken muß der Tagebau eingerechnet werden: 10 – 20 km2.

In der Frage des Flächenbedarfs der Photovoltaik gibt es eine in der Öffentlichkeit bisher nicht bemerkte gravierende Entwicklung und als Resultat einen bemerkenswerten Konflikt innerhalb der Solarstrom-Lobby:
Die “kleinen Gebäudeanlagen”, die typischerweise auf Reihenhausdächern angebracht sind und in ihrer Spitzenleistung bis 5 kWp gehen – also ca. 8 m2 Modulfläche haben - , sind dramatisch durch wesentlich größere Freiflächenanlagen zurückgedrängt worden.
? Im Jahr 2000 machten sie noch 53% der installierten PV-Gesamtleistung aus.
? Im Januar 2009 waren es noch 12% der in diesem Monat installierten Anlagen.
? Im Juli 2009 waren es nur noch 2%. Und im Mittel des 1. Halbjahres 2009 nur 3,1%,
  ganze 25 MWp .
Dazu schrieb Wolf v. Fabeck, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V. (SFV) am 21.9.2009:
“Hier setzt sich eine bedauerliche Fehlentwicklung fort.”
Der SFV lehnt PV-Freiflächen aus folgenden Gründen ab (W.v.Fabeck, 7.7.2009):
? “Sie belegen unnötigerweise Landflächen und treiben damit in ihrer Weise die Zersiedelung
  der Landschaft weiter voran.
? Freiflächen stehen in Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau.
? Freiflächen fangen viel Sonnenenergie ab; diese fehlt dann bei der Photosynthese.
  Das Pflanzenwachstum unter den Solarmodulen bindet bei weitem nicht so viel CO2 aus der
  Atmosphäre, wie es ohne Abschattung binden könnte.
? Als ökologisch bessere Alternative bietet sich die Nutzung der Windenergie an.
? Durch die Zunahme der Freiflächen nimmt die Akzeptanz für die Photovoltaik in der
  Bevölkerung ab, wie einige Bürgerinitiativen gegen Freiflächen-Anlagen belegen.”

Hier zeigt sich – ganz ähnlich wie bei der Windkraft und der Biogaserzeugung - , daß die angeblich kleinskaligen, dezentralen “Erneuerbaren” längst auf dem Weg zu industriellen Großtechnologien sind, wodurch sie insbesondere wegen ihrer im Vergleich zur konventionellen Energieerzeugung ungleich stärkeren Flächen-Inanspruchnahme unweigerlich in Konflikte mit den Bürgern geraten. Die Entwicklung von früheren Hoffnungstechnologien zur aktuellen Bedrohung ist unausweichlich.

Rechnet man die Ziele der Energiewende für den Anteil der “Erneuerbaren” an der Stromerzeugung in den Flächenverbrauch um, dann müßte Deutschland seine Landwirtschaft weitgehend einstellen – außer natürlich für Mais, Weizen und Raps.

Die Energiewende als ökologische Katastrophe ? Als Vorbild ungeeignet.

Nr. 5: Das Märchen vom großen Energie-Einsparpotenzial
Zum festen Bestandteil aller geschönten und grenzenlos optimistischen Prognosen über den kommenden Siegeszug der “Erneuerbaren” gehört das Märchen vom enormen Einsparungspotenzial an Primärenergie und insbesondere Strom. Denn setzt man große fiktive Einsparungsmöglichkeiten in seinem Konzept an, hat das den schönen Vorteil, daß man viel weniger regenerative Energiequellen und auch nicht so viele Stromspeicher braucht, um die Phantasieziele wenigstens auf dem Papier zu erreichen.

Kein Wunder also, daß auch wieder im Energiekonzept der Bundesregierung hoffnungsvolle Sätze stehen, wie “In Deutschland bestehen weiterhin ganz erhebliche Potenziale zur Energie- und Stromeinsparung” und “In der deutschen Industrie besteht nach wissenschaftlichen Studien ein wirtschaftliches Einsparpotenzial von jährlich 10 Mrd. Euro.”
Und dann auch noch: “(Es) bedarf aber noch vielfältiger Anstöße, um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen.”

In den quantitativen Zielen des Energiekonzeptes steht dann auch als eine der wichtigsten Vorgaben:
“Die Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis zum Jahre 2050 um 50% gegenüber 2008; und bis 2020 eine Verminderung um 20%. Das erfordert pro Jahr eine Steigerung der Energieproduktivität um durchschnittlich 2,1%, bezogen auf den Endenergieverbrauch.”
Und weiter: “Wir streben an, bis 2020 den Stromverbrauch gegenüber 2008 in einer Größenordnung von 10% und bis 2050 von 25% zu vermindern.”

1. Zur Energieproduktivität:
Üblicher ist es, die Energieintensität einer Volkswirtschaft zu verfolgen, das ist diejenige Energiemenge, die zur Erzeugung eines bestimmten Brutto-Inlandsproduktes BIP erforderlich ist. 
Gemessen wird sie international in Tonnen Öl-Äquivalent pro 1000 US-$ BIP.
Die Energieintensität ist somit umgekehrt proportional zur Energieproduktivität – die Wirtschaft arbeitet folglich rationeller, wenn die Energieintensität sinkt; also weniger Energie für den gleichen Produktionswert benötigt wird.
Die obige Forderung bedeutet also, daß die Energieintensität jährlich um 2,1% sinken sollte.
Zu den Tatsachen:
Das statistische Bundesamt hat berichtet, daß die Energieintensität in Deutschland vom Jahre 1991 – das man mit 100 Punkten angesetzt hat – bis zum Jahre 2006 auf 80,5 Punkte, also um 19,5%, zurückgegangen ist.  Und das ganz ohne Energiekonzept einer Regierung, sondern durch die ständigen Bemühungen der Industrie, die die Aufgabe der rationellen Energieverwendung seit den 50er Jahren als eine Selbstverständlichkeit systematisch betreibt.

Die Energieintensität ist folglich 15 Jahre lang mit durchschnittlich 1,3% jährlich gesunken – und das ist ein großartiges Ergebnis.
Diese unter hohen Kosten und Anstrengungen über einen langen Zeitraum erzielte Erfolgsquote kann nicht durch das Bedrucken von Papier mit der Zahl 2,1%  erhöht werden.

“Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung soll der Energieverbrauch in den nächsten 10 Jahren deutlich schneller sinken, als in den vergangenen 20 Jahren. Dieser Schuß kann jedoch nach hinten losgehen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht: Denn energieintensive Branchen könnten abwandern, was zwar den hiesigen Energieverbrauch senkt, gleichzeitig aber auch der Wirtschaft schadet.”
(Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, 16. 9. 2010).

Interessant ist auch ein Blick auf die Nachbarländer: Unter 25 europäischen Ländern liegt Deutschland in der Spitzengruppe an 5. Stelle bezüglich einer niedrigen Energieintensität.  Geringfügig besser sind Dänemark, Irland, Östereich und Italien. Berücksichtigt man aber die Tatsache, daß Deutschland mit seiner erfreulicherweise noch vorhandenen Schwerindustrie sowie weiteren energieintensiven Grundstoffindustrien und dem Maschinen- und Fahrzeugbau eine Industriestruktur besitzt, die wesentlich stärker als die der genannten Länder ist und deshalb für seine Produktion auch mehr Energie benötigt, dann erkennt man, daß Deutschland hier unter den Industrieländern eine Spitzenposition einnimmt.
“Deutschland hat mit dem Energieinhalt von 110 kg Öl für die Erwirtschaftung eines BIP im Wert von 1.000 Euro die fünfthöchste Energieeffizienz unter den 29 wichtigsten Industrieländern. Diese starke Position ist nicht selbstverständlich, denn in Deutschland sind zahlreiche Industrieunternehmen zuhause, die viel Energie verbrauchen. In vielen anderen Ländern gibt es diese Betriebe kaum noch – dennoch sind diese Staaten im Ranking weit hinter Deutschland platziert. Japan etwa verbraucht gut 20% mehr Energie, um in der Industrie 1.000 Euro Wertschöpfung zu erzielen.”
(Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, 16. 9. 2010).
Es bedarf deshalb keiner “Anstöße” durch eine Regierung, “um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen”, denn Deutschland ist längst der Spitzenreiter.

2. Zum Energieverbrauch, speziell zum Stromverbrauch
Auch hierzu gibt es für jedes Jahr präzise Zahlen.
Der Bruttostromverbrauch betrug in den alten Bundesländern:
- 1981 : 375   Mrd. kWh
- 1995:  462     ”    “.
  Das war eine Steigerung von 23,2% in 15 Jahren.

In Gesamtdeutschland verlief der Stromverbrauch wie folgt:
-  1990:  550,7 Mrd. kWh
-  1991, 1992 und 1993 ein Rückgang um 4,2% bis auf 528,0 Mrd. kWh
-  1994 bis 2007 ein stetiger Anstieg auf 618,1 Mrd. kWh
-  2008 und 2009 ein Rückgang um 5,8% auf 582,5 Mrd. kWh
-  2010 mit einem kräftigen Anstieg um 4,3% auf den Endstand von 607,5 Mrd. kWh.
  Das war eine Steigerung von 10,3% in 20 Jahren.

Daraus kann man folgende Erkenntnisse ableiten:
- Der Stromverbrauch steigt stetig und nur Wirtschafts- und Finanzkrisen können diesen
  Trend kurzfristig unterbrechen.
- Das Wirtschaftswachstum des Industrielandes Deutschland führt automatisch zu
  einem Anstieg des Stromverbrauchs.
- Die dank der Anstrengungen der Industrie sinkende Energieintensität – s.o. –
  verlangsamt den Anstieg des Stromverbrauchs – aber es bleibt ein Anstieg.
- Der einzige Weg zu einem deutlichen Rückgang des Stromverbrauchs ist eine harte
  Wirtschaftskrise. Genau das hat man beim Zusammenbruch des Ostblocks gesehen.

  Insofern sind die Wunschzahlen im Energiekonzept zu einer Verringerung des
  Stromverbrauchs wirklichkeitsfremd. Sie sprechen ein hartes Urteil über
  das Niveau des Sachverstands und das Vorherrschen reinen Wunschdenkens bei den
  Verfassern.  Und ein ebenso hartes Urteil über die Regierung.

Wenn es der Regierung um eine realistische Energiepolitik ginge, hätte sie z.B. die VDE-Prognose von 2008 “Effizienz und Einsparpotenziale elektrischer Energie in Deutschland – Perspektiven bis 2025 und Handlungsbedarf”  beachtet und ernst genommen.
Darin wurden die tatsächlich noch vorhandenen Einsparpotenziale identifiziert, vor allem bei:
- Kraft- und Wärme-Kopplung;
- Haushaltsgeräten;
- Wirkungsgraden von Kleinmotoren;
- und der Optimierung von Gesamtanlagen.
Es wurden optimistische und pessimistische Szenarien durchgerechnet und das dazwischen liegende, wahrscheinliche Ergebnis präsentiert:
“Unter der Annahme realistischer Verbrauchs- und Effizienzprognosen wird der Stromverbrauch bis 2025 um rund 30% zulegen.”
Der VDE erklärte zu diesem Ergebnis: “Bei diesem Szenario gibt es eine deutlich verbesserte Effizienz der Stromnutzung (s.o), jedoch einen Mehrverbrauch bei neuen und zusätzlichen Anwendungen.”

Man benötigt wenig Phantasie, um sich vorzustellen, was aus den “ehrgeizigen” (ein von vorsichtigen Kritikern an Stelle des Wortes “unrealistisch” gern benutztes Adjektiv) Zielen des Energiekonzeptes der Bundesregierung geworden wäre, wenn man den Schätzungen diesen Anstieg des Stromverbrauchs zusammen mit der Speicher-Misere und den absehbaren Stromnetz-Engpässen zu Grunde gelegt hätte.

Teil 2 und 3 folgen.

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