Wie viele andere wissenschaftliche Bereiche hat sich auch die Psychologie verrannt. Im deutschen Katalog für psychische Erkrankungen, ist, so glaube ich, nicht einmal die narzistische Persönlichkeitsstörung enthalten. So wird dann, wenn ein Pilot eine Passagiermaschine gegen einen Berg fliegt, von “Fachleuten” Depression diagnostiziert. Dabei ist Depression nur eine Begleiterscheinung bei einer narzistischen Persönlichkeitsstörung (wenn die Person nicht genügend Nahrung/ Anerkennung erhält, wird sie depressiv und will sich an der Umwelt dafür rächen). Von solchen simplen psychologischen Zusammenhängen liest man selten. Eher sucht man nach anderen Erklärungen, weil man nicht einsehen will, dass es sich schlicht um eine gestörte, böse Person handelt. Warum diese Person böse ist/ wurde, ist erst einmal zweitrangig. Bei einem Saddam Hussein fällt es den gleichen Leuten leicht, aber bei einem Kleinbürger… Dann haben wir noch die Entwicklung, welche auch in den USA zu beobachten ist, dass man glaubt mit Medikamenten Personen im Zaum halten zu können. Immer weniger Problemfälle sind in sicherer Verwahrung. So kann man sehen, dass bei vielen Amokläufen eben jene Medikamente und deren Nebenwirkungen eine Rolle spielten. Aber heutzutage muss man sich über nichts mehr wundern, wenn gelehrt wird, dass das biologische Geschlecht nur ein soziales Konstrukt ist…
In München gibt es ein PE-Modul (Polizeiliches Einsatztraining), das sich mit psychisch labilen Personen befasst. Allerdings kann kein PE-Training das komplette Einsatzspektrum abbilden, zudem finden diese Trainings viel zu wenig statt (Normalfall Teilnahme 1 mal im Jahr). Ausserdem fehlen wichtige einsatztaktische Mittel, wie der Taser, der eigentlich Mann/Frau-Ausstattung für jeden Beamten auf der Strasse sein sollte. Momentan läuft hierzu (leider immer noch, Ende offen) ein Modellversuch, der aber hauptsächlich in geschlossenen Einheiten statt findet, also nicht die tatsächliche Einsatz-Realität abbildet. Die Politik verhindert bis jetzt dieses Einsatzmittel, wahrscheinlich aus ethisch-moralischen Gründen. Aber was ist besser, jemanden gleich zu erschiessen, weil es nicht anders geht oder ihn zu “tasern”, auch auf die Gefahr (mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit) eines Herzstillstandes? Aber mit der sehr grossen Sicherheit, Leben, Gesundheit, Psyche aller Beteiligten zu schützen. Es ist wie mit so vielen Bereichen des Lebens, die Justiz, Politik und die (Gefälligkeits-)Gutachter scheren sich nicht um den einzelnen Polizisten, den einzelnen Bürger. Ihnen geht es nur um das ideologische grosse Ganze…
Der Aspekt des möglichen forensisch-psychiatrischen Falschgutachtens, insbesondere der unzutreffenden Gefährlichkeitsprognose mit fatalen Folgen, kann nicht wegdiskutiert werden. Retrospektiv weiß man aber immer mehr. Dass sich in der Prozessgeschichte eine krasse gutachterliche Fehldiagnose - Schizophrenie statt richtig Persönlichkeitsstörung - findet, ist skandalös! Die Paragraphen 20 und 21 des Strafgesetzbuches befassen sich aber mit der Minderung der Schuldfähigkeit bzw. der Schuldunfähigkeit des Täters, ohne die Entscheidung darüber mit einem konkreten Diagnosenkatalog zu parallelisieren. Unabhängig davon wird meiner Beobachtung zufolge im Strafrecht allgemein die Tendenz immer deutlicher, den vollen Strafrahmen nicht auszunutzen und stattdessen einer sozialpädagogischen Heilserwartung (“Resozialisierung”, “Reintegration”) anzuhängen. Wenn die Psychiatrie sich für kompetent und berufen hält, diese Aufgabe zu übernehmen, bleiben innere Sicherheit und Opferschutz freilich auf der Strecke.
In den siebziger Jahren stand im Fischer-Lexikon der Psychologie zu lesen, die Psychologie habe „ihren Newton“ noch nicht gefunden. Wie wahr! Und es kann noch Jahrhunderte dauern, bis ihr ein Newton geschenkt wird; in der Physik hat es gut zwei Jahrtausende gedauert, bis sie wenigstens in der klassischen Mechanik durch Isaak Newton zu einer axiomatisch aufgebauten Wissenschaft geworden ist. Psychologie und Psychiatrie sind Wissenschaften im Entstehen, im Gärzustand. Neben bewundernswerten Leistungen finden sich eben noch viele Mutmaßungen, Halbwahrheiten, in viele wohlklingende Worte eingepackte und gleichwohl ungefähre, wertlose Prognosen. Und so macht es fassungslos, in Herrn Meltzers Artikel zu lesen: „ Immer wieder kommen Täter auf freien Fuß, weil zu optimistische Gutachten erstellt werden…. Während sich Gutachter auf ihre „Unfehlbarkeit“ zurückziehen und Fachfremden jegliche Kompetenz absprechen, müssen Polizisten ihr Leben einsetzen, um Fehler im Sinne der Gesellschaft zu korrigieren und Menschenleben zu schützen.“ Die Richter sollten den bequemen Weg der Unmündigkeit verlassen, die Gutachten als bare Münze zu nehmen, und gemäß den Worten Kants im Sinne der Aufklärung den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes ohne Mithilfe eines anderen zu bedienen.
Was ist ein Gutachten wert - wenn der Gutachter letztlich nicht für den Inhalt verantwortlich ist, weil der Gutachter nämlich für das, was er geschrieben hat, nicht haften muss. Aber wehe, jemand parkt falsch: Der muss voll haften für seine “Tat”.
Es macht einfach nur wütend, wenn man immer wieder feststellen muss, dass der Staat seiner Aufgabe, die Bürger zu schützen, nicht nachkommt, sondern sie im Gegenteil vorsätzlich und wissentlich immer wieder Gefahren aussetzt. Jeder Gutachter, auf dessen unanfechtbare Meinung hin ein Gewaltverbrecher auf freien Fuss gesetzt wird und erneut andere Menschen achädigt, sollte gemeinsam mit dem Täter in den Knast, sein Vermögen gehört eingezogen und an die Opfer ausgezahlt. Unsere Gesetze geben das nicht her? Dann müssen sie eben geändert werden!
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