Henryk M. Broder / 27.05.2024 / 11:00 / Foto: Bernd Schwabe / 44 / Seite ausdrucken

Dr. Blume, der Bärendienst-Beauftragte

Mit einer skurrilen Einlassung zum Gaza-Krieg bestätigt Michael Blume eine Gerichtsentscheidung, wonach man ihn einen „antisemitischen Antisemitismusbeauftragten“ nennen darf, als eine präzise Beschreibung seiner beamteten Tätigkeit. 

Jetzt wird es langsam eng für Bibi Netanjahu. Kaum hatte Karim Khan, der Chefankläger beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, einen Haftbefehl wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen Israels amtierenden Ministerpräsidenten beantragt, meldete sich Michael Blume, der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg, zu Wort und legte kräftig nach. Netanjahu erweise mit seinem Verhalten dem Kampf gegen Antisemitismus „einen Bärendienst“, so Blume gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Wir merken deutlich, dass der israelbezogene Antisemitismus stark zunimmt, Rechtsextremisten aus Israel, den USA und Europa, aber auch die Regierung Netanjahu benutzen den Antisemitismus-Vorwurf inflationär und instrumentalisieren ihn – das hilft uns überhaupt nicht, wenn wir Antisemitismus ehrlich bekämpfen wollen.“

Der Antisemitismus-Beauftragte von Baden-Württemberg redet gerne im Pluralis Majestatis, wenn er sich meint. „Wir“ bedeutet „ich“, klingt aber besser. Ein „Wir“ am Satzanfang verleiht dem Gesagten Autorität und Glaubwürdigkeit, und wenn es der letzte Unsinn ist.

In Zeiten, da der antisemitisch-moslemische Mob in den Straßen tobt, die Einführung eines weltweiten Kalifats fordert und Israel das Existenzrecht abspricht, grenzt es an geistige Umnachtung, für die Zunahme des „israel-bezogenen Antisemitismus“ Rechtsextremisten aus Israel, den USA und Europa und die Regierung Netanjahu verantwortlich zu erklären. Allerdings ist das auch ein klassisches antisemitisches Narrativ: Am Judenhass sind die Juden schuld, was faktisch nicht ganz falsch ist. Wen sollten die Judenhasser hassen, wenn es keine Juden geben würde? 

Allzu erfolgreich war der Beauftragte nicht

Blume wurde im März 2018 zum Beauftragten der Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben in BW ernannt. „Er ist Ansprechpartner für die Belange jüdischer Gruppen, aber auch für den Landtag, für Kommunen, Kirchen- und Moscheegemeinden sowie Bildungseinrichtungen.“ 

Man kann Blume nicht vorwerfen, während seiner inzwischen sechs Jahre währenden Amtszeit allzu erfolgreich gewirkt zu haben. Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in seinem Sprengel hat sich vervielfacht. Der Beauftragte der Landesregierung „gegen Antisemitismus“ hat immer noch die gleiche Planstelle, steuert aber einen anderen Kurs – nicht mehr gegen, sondern für einen Antisemitismus, der die Juden als seine Verursacher in die Pflicht nimmt – darunter Rechtsextremisten aus Israel, den USA und Europa und die Regierung Netanjahu, die den Antisemitismus-Vorwurf benutzen und instrumentalisieren.

„Das Verhalten der israelischen Regierung schadet uns in Europa sehr… Die Regierung Netanjahu hat viel dafür getan, dass die Menschen nicht mehr an eine Friedenslösung glauben.“ Mit Skurrilitäten wie diesen bestätigt Blume die Entscheidung eines Hamburger Gerichts, wonach man ihn einen „antisemitischen Antisemitismusbeauftragten“ nennen darf, auf den ersten Blick eine Contradictio in adiecto, auf den zweiten aber eine präzise Beschreibung seiner beamteten Tätigkeit. 

Ohne Wenn und Aber zur Republik Israel

Zum Standard-Repertoire eines jeden Antisemiten, egal welcher Couleur, gehört der Verweis auf seine jüdischen – inzwischen israelischen – Freunde, denen er sich verbunden und verpflichtet fühlt. Da macht Blume keine Ausnahme: „Ich stehe ohne Wenn und Aber zur Republik Israel und meinen jüdischen Freundinnen und Freunden dort wie auch in Europa.“

Das wird seine jüdischen Freundinnen und Freunde in der Republik Israel über vieles hinwegtrösten, auch über den Verlust von Freunden und Verwandten am 7. Oktober letzten Jahres. Manche werden sich vielleicht ein wenig wundern, warum ein eher kleiner Beamter aus Baden-Württemberg sich dermaßen weit aus dem Fenster lehnt und den schlimmsten Massenmord an Juden (und Jüdinnen!) seit 1945 zum Anlass nimmt, um über die Verantwortung der Regierung Netanjahu am Nichtzustandekommen einer „Friedenslösung“ zu räsonieren, die – ginge es nach dem Antisemitismus-Beauftragten von BW – längst umgesetzt worden wäre.

Das ist eine Frage, über die „wir“ nachdenken müssen. Möglich, dass es immer noch Deutsche gibt, die sich dafür zuständig fühlen, Juden Manieren beizubringen. Nachkommen von WK-2-Teilnehmern, die eine Ausbildung zu Bewährungshelfern gemacht haben und nun darauf achten, dass die Juden nicht rückfällig werden. 

Mehr über Michael Blume: Hier

 

Henryk M. Broder ist Herausgeber von Achgut.com

Foto: Bernd Schwabe CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Christa Born / 27.05.2024

Die Logik ist unübertrefflich: gäbs keine Juden (und Jüdinnen!) gäbs auch keinen Antisemitismus. Dann bräuchte es auch keinen Blume mehr und er könnte sich endlich anderen wichtigen Aufgaben zuwenden. Vielleicht in der Produktion oder in der Homophobie. Auch für die Schwulen gilt ja dieselbe Logik wie für die Juden (und Jüdinnen natürlich!). Und gäbs keine Rächten, bräuchte es auch keine Linken mehr. Auf die Grünen kann man in jedem Fall verzichten die sind für nix brauchbar.

Martin Schau / 27.05.2024

Ich wollte eigentlich nicht lachen, weil das Thema zu traurig und Herr Blume mir zuwider ist, aber der Großmeister des galligen Humors schafft es immer wieder.

Dr. Joachim Lucas / 27.05.2024

Blume ist ein Mann, der Probleme da sieht wo sie nicht sind und keine Probleme da sieht, wo sie sind. Was könnte man mit dem Geld nicht alles Gutes tun, was seine überflüssige Planstelle und dieser Mann uns Steuerzahlerdeppen kostet?

Klaus Brand / 27.05.2024

Endlich mal wieder ein echter Broder! Touché! Bitte mehr davon, ich benötige das als Gegengift.

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