Rainer Bonhorst / 17.07.2020 / 10:00 / Foto: Alicia Brand / 33 / Seite ausdrucken

Donald Trump jetzt als grauer Wolf?

Donald Trump, der Macho, hat auch eine weibliche Seite. Jedenfalls indirekt. Mehr als bei seinen Vorgängern spielt sein Äußeres in den Medien eine Rolle. Angela Merkel war als Frau sicher nicht überrascht, dass die Entwicklung ihrer Frisur und ihre lange Suche nach dem idealen Hosenanzug ein Seiten füllendes Thema in den Medien war. Frauenschicksal eben. Inzwischen ist der Merkel-Style eine feste Größe im politischen Weltgeschehen. Dem Mann hingegen steht in der Politik – wie im wirklichen Leben – nur eine eingeschränkte optische Variationsbreite zur Verfügung.

Das heißt nicht, dass der männliche Politiker optisch waffenlos dasteht. Helmut Kohl beeindruckte durch seine körperliche Wucht. Gerd Schröder erregte Aufsehen, als er unter Strafandrohung der „Unterstellung“ entgegentrat, er würde sich die Haare färben. Barack Obama pflegte eine medienwirksame afroamerikanische Coolness. Aber Donald Trump beschäftigte die Medien seit seinem Amtsantritt mehr als üblich dank seines Äußeren.

Dies auf dreifache Weise. Erstens: überlange Krawatte bei stets offenem Jackett; zweitens: Sonnenbank-Bräune; drittens: rötlich-blonde Elvis-Tolle.

Die überlange Krawatte hat er im Laufe seiner Amtszeit nach und nach etwas eingezogen und an üblichere Positionen angenähert. Ein hübsches Thema für Psychologen und Körpersprache-Experten.

Die Sonnenbank-Bräune, die seine politischen Gegner gerne als gelb bezeichnen, hat er beibehalten. Warum auch nicht. Ein altersgemäßer Grauton im Teint ist politisch nicht hilfreich. Auch Joe Biden, sein 77-jähriger Konkurrent, versucht, so gut es geht, jugendlich fit auszusehen. Allerdings hat Biden schon lange darauf verzichtet, das Grau seiner Haare zu verbergen. Ein politischer Vorteil, der ihn als ehrliche Haut ausweist?

Mag sein, aber diesen Vorteil hat er nun nicht mehr alleine. Auch Donald Trump bekennt sich neuerdings zum Grau seiner 74 Jahre. Und zieht daraus einen noch beträchtlicheren politischen Vorteil. Während das graue Haar Joe Bidens sozusagen als alter Hut keine mediale Erwähnung wert ist, hat Trumps Wechsel vom jugendbewegten Blond zum senioralen Grau weltweit Aufsehen erregt. Ein Tsunami des journalistischen Staunens ist um den Globus gerollt, dem auch ich nicht widerstehen kann.

Über die Auswirkungen des Trumpschen Ergrauens auf die Wahlchancen kann nur spekuliert werden. Sicher ist: Joe Biden hat in Sachen Grauhaar sein Alleinstellungsmerkmal verloren. Trump hingegen hat einen Schritt in Richtung Haar-Ehrlichkeit getan, was sich zumindest auf den ersten Blick positiv auswirken sollte. Andererseits werden seine demokratischen Gegner darauf hinweisen, dass graues Haar heute den Status des Coolen erworben hat. Auch jüngere Menschen färben sich die Haare grau, weil es angesagt ist.

Die entscheidende politische Frage lautet also: Ist Donald Trump grau geworden, weil er sich in schöner Ehrlichkeit zu seinem Alter bekennen will? Oder ist er grau geworden, um auf seine Wähler noch cooler zu wirken? Oder, dritte Alternative, will er sich als noch kämpferischer grauer Wolf präsentieren? Erst die Wahl am 3. November wird zeigen, ob und wie sich sein Farbspiel auswirkt.  

Der Präsident selbst hat sich zum Wechsel seiner Haarfarbe nicht geäußert. Er hat bei seinem ersten grauhaarigen Auftritt lediglich, als sei nichts Weltbewegendes geschehen, neue Sanktionen gegen China angekündigt. Was in diesem Zusammenhang natürlich keine große Rolle spielen kann.

Foto: Alicia Brand via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Renate Bahl / 17.07.2020

Also ganz ehrlich gehen mir solche Banalitäten am Allerwertesten vorbei. Es ist nicht wichtig, was jemand auf dem Kopf sondern im Kopf hat. Offensichtlich gibt es keine wichtigeren Dinge für unsere “Qualitätsmedien” als sich darüber auszulassen. Bei den deutschen Politikern würden mir gleich zwei männliche Personen einfallen, über die man sich ebenso echauffieren könnte: Konfirmantenanzug-Maas und den dicken Altmmaier. Das würde mich auch nicht interessieren, sofern die einen guten Job machen würden, leider Komplettversagen. Soll sich die Journaille doch anTrump abarbeiten. Ich denke dass ihm das auch am Allerwertesten vorbei geht. Einfach nur lächerlich….

Cornelius Angermann / 17.07.2020

Die zuletzt gestellten drei Fragen würde ich so beantworten. Alles dreis richtig und alles gereicht ihm zur Ehre. Übrigens: Zitat: “Die überlange Krawatte hat er im Laufe seiner Amtszeit nach und nach etwas eingezogen und an üblichere Positionen angenähert.” Wer im Gefolge von Freuds Küchenpsychologie immer noch glaubt, dass die Krawatte dazu da ist, den Sexualprotz heraushängen zu lassen, der sollte sich mal damit beschäftigen, woher Krawatten wirklich kommen und was sie bedeuten. Sie bedeuten nämlich Ehrfurcht vor Gott und Erinnerung an unsere Vergänglichkeit, die zu Zeiten der Krawattenerfindung stets in einem Erdgrab endete, auf das die Spitze der Krawatte hinweist. Beides steht einem 74jährigen, dem ich Demut vor Gott durchaus zutraue, gut an…

A. Stricker / 17.07.2020

Mir wäre ein Bericht mit genauer Analyse seiner politischen Vorhaben lieber gewesen. Davon hätten die Leser weitaus mehr gehabt als von dieser Haaranalyse. Ehrlich gesagt ist es mir tatsächlich sowas von egal, welche Haar-, Haut-, Hosenfarbe irgendwelche Politiker haben, denn das hat keine Auswirkung auf mein Leben. Deren Beschlüsse dagegen schon. Auch ist es mir sowas von egal, was Andere (Menschen wie Medien) vom Aussehen irgendeines Politikers halten. Ich würde mir ein paar sachliche Analysen zu neuesten Gesetzesbeschlüssen des Weißen Hauses wünschen, anstelle solcher Kopfwuchsanalysen hier. Argumente, Wissen und Bildung, das ist, was ich mir persönlich auf der Achse zu finden wünsche (und vielfach auch vorfinde!)

Stefan Riedel / 17.07.2020

Donald und Boris, das war mein Schicksal ! Wie wäre es mit einem Buch ( John Bolton, Mary Trump, Rainer Bonhorst). Wir warten! Herr Bonhorst!

Th. Rosché / 17.07.2020

Das stärkste Tier der Welt ist auch groß, grau und hat eine “lange Krawatte” !!!  Er möchte ihm einfach ähnlich sein.  Es gibt natürlich auch graue Mäuse, zum Beispiel in Berlin ;-))

Gabriele H. Schulze / 17.07.2020

Ich find’s cool. Optisch und strategisch und die Kopfhautgesundheit betreffend.

Steffen Huebner / 17.07.2020

Lieber ein erfahrener grauer Wolf, als eine dumme graublonde Pute :)

Rolf Mainz / 17.07.2020

Immer wieder erstaunlich, wie sich gerade westeuropäische Medien an Donald Trumps Äusserem abarbeiten. Leute, denen im Traum nicht einfallen würde, den (mangelnden) modischen Stil der deutschen Kanzlerin anzusprechen, lassen sich über Trumps Frisuren und Haarfarben sowie Anzahl wiederholt getragener Kleider der Trump-Gattin usw. aus. Zufall? Sicher nicht. Überhaupt: wieso erfahren wir derart viel über das Privatleben von Spitzenpolitikern anderer Länder, aber praktisch nichts über “Angelas” Alltag und privates Umfeld? Ich will gar nicht von bestimmten Lücken in deren Vita sprechen, es reichen bereits Kleinigkeiten: wieviele Deutsche kennen nicht einmal den Nachnamen von Frau Merkels Gatten? Wer weiss, wie jener aussieht? Was er beruflich macht(e)? Wer weiss etwas von Merkels erstem Ehemann? Wer kennt die Gründe für das Scheitern der Ehe? Geht uns nichts an? Mag sein - aber warum hängen wir dann unsere Nase in eben solche privaten Details bei bestimmten anderen Staaten? Nochmals: Zufall? Keineswegs, lediglich eine subtile andere Form der Propaganda.

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