Gunter Weißgerber / 22.01.2025 / 16:00 / Foto: Danilo Škofič / 11 / Seite ausdrucken

Donald ruft die Bohrer

So ein Pech aber auch. Donald Trump ruft die Bohrer, und ich werde dieses Jahr 70. Abgefahren ist der Bohrtrupp. Jedenfalls für mich. Schade und Jugend vor: Noch immer kann man in Deutschland geologische Bohrungen studieren.

In seiner Inaugurationsrede hob der US-Präsident meine Berufszunft der Bohrer in den Olymp wirtschaftlichen Wachstums zum Wohle der Existenzsicherung der US-Bevölkerung. Deutschland und die Europäische Union mögen sich ein Beispiel am Bohr-Cowboy in Washington nehmen. Noch sind diese Aussichten allerdings trübe. Am 23. Februar bewerben sich hier vor allem Parteien mit grüner Unterwäsche unterm Kleidchen. (Noch) Nix mit Vernunft, Erholung und Aufschwung in good old germany. Wörtlich sagte Donald Trump am 20. Januar 2025 in Washington: 

Wir bohren, Baby, Bohrer. Amerika wird wieder eine Produktionsnation sein, und wir haben etwas, das keine andere Produktionsnation jemals haben wird: die größte Menge an Öl und Gas eines Landes auf der Erde. Und wir werden es nutzen. Wir werden die Preise senken, unsere strategischen Reserven wieder nach oben bringen und amerikanische Energie auf der ganzen Welt exportieren. Wir werden wieder eine reiche Nation sein. Und es ist dieses flüssige Gold unter unseren Füßen, das dazu beitragen wird. Mit meinen heutigen Aktionen werden wir den Green New Deal beenden …“ (CBS NEWS, Übersetzung google).

Ich falle also raus, aus der Trumpschen Bohrerei. Aber noch ist Deutschlands technischer Nachwuchs für den Cowboy nicht verloren. Noch immer kann man in Deutschland geologische Bohrungen studieren und dann halt, weil es hier ziemlich blöd läuft, in die Staaten zum Bohren gehen. Die älteste montanwissenschaftlichen Universität der Welt – die Bergakademie Freiberg bietet im Studiengang Bohrtechnik, Spezialtiefbauausrüstungen und Bergbaumaschinen das Rüstzeug für ein uraltes Zukunftsberufsbild, welches in den Vereinigten Staaten nun seine Renaissance erfahren wird. Auch die TU Clausthal fällt mir bei dem Thema ein. Einige Kommilitonen, die in den 70er/80er Jahren zu den Brüdern und Schwestern in den freien Westen entwichen, setzten ihr in Freiberg begonnenes Studium im schmucken Clausthal-Zellerfeld (Genießer sprachen von Saufthal-Zecherfeld) fort.

Überhaupt ist es in Deutschland (noch?) an verschiedenen Standorten möglich, was Vernünftiges, wie die Bohrerei, zu studieren. Die Website Geowissenschaften studieren in Deutschland bietet diesbezüglich Informatives. Wie heißt es doch in der Freiberger Langversion des Steigerliedes so schön:

Glück Auf!, Glück Auf!, der Steiger kommt!
und er hat sein helles Licht bei der Nacht
und er hat sein helles Licht bei der Nacht
schon angezündt, schon angezündt.

Schon angezündt, das gibt ein Schein
und damit so fahren wir bei der Nacht 
und damit so fahren wir bei der Nacht 
in’s Bergwerk ein, in’s Bergwerk ein.

In’s Bergwerk ein, Wo die Bergleut‘ sein,
die da graben das Silber und das Gold bei der Nacht 
die da graben das Silber und das Gold bei der Nacht
aus Felsgestein, aus Felsgestein.

Aus Felsgestein, schlagen sie das Gold
und dem schwarz-braun Mägdelein bei der Nacht 
und dem schwarz-braun Mägdelein bei der Nacht 
dem sind sie hold dem sind sie hold. 

Und kehrt er heim, zu dem Mägdelein,
erschallt des Bergmann’s Gruß bei der Nacht, 
erschallt des Bergmann’s Gruß bei der Nacht, 
Glück Auf!, Glück Auf!, Glück Auf!, Glück Auf!.

Die Bergtgeister sein’s, sein’s kreuzbrave Leut‘, 
denn sie spuken am Mühlgraben, wo sie ihr Zuhause haben, 
denn sie spuken am Mühlgraben, wo sie ihr Zuhause haben, 
und machen Quatsch, und machen Quatsch. 

Die Bergleut‘ sein’s, sein’s kreuzbrave Leut‘, 
denn sie tragen das Leder vor dem Arsch bei der Nacht, 
denn sie tragen das Leder vor dem Arsch bei der Nacht, 
und saufen Schnaps, und saufen Schnaps.

Die Ölleute sein’s, sein’s kreuzbrave Leut‘ 
denn sie bohren und sie pumpen und sie bleiben doch nur Lumpen 
denn sie bohren und sie pumpen und sie bleiben doch nur Lumpen 
und saufen auch, und saufen auch.


Donald Trump gebührt die Ehrenbohrerwürde. Glück auf!
 

Gunter Weißgerber (Jahrgang 1955) trat am 8. Oktober 1989 in das Neue Forum ein und war am 7. November 1989 Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Er war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als “Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

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Leserpost

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Holger Chavez / 22.01.2025

Habe mir Ihre verlinkte Rede auf der Montagsdemo angeschaut: Chapeau!!! Es lohnt sich.

W. Renner / 22.01.2025

Deutschland bohrt gerade seinen arroganten Zeigefinger in den eigenen Hintern. Genug der Bohrerei.

Wolfgang Richter / 22.01.2025

@ Stefan Hofmeister - “anstatt einfach selber die Bohrer zu rufen”—Im Boden der norddeutschen Tiefebene soll es Gasvorkommen geben, die Deutschland für Jahrzehnte autark mit Gas versorgen könnten. Stattdessen kaufen wir selben “Stoff des Wirtschaftlichen Überlebens” für teuer Geld im Ausland ein, von wo er auch noch unökologisch nach mehrfacher Umarbeitung her geschippert wird. Aber “wir” sind ja vorausschauend, daß wir “unser” Gas für zukünftige Generationen verwahren, die dann vielleicht ohne öko-ideologische Scheuklappen im Sinne ihres Vaterlandes und ihrer “Liebsten” Entscheidungen treffen. Allerdings könnte es dann sein, daß Technik und Personal zum Bedienen derselben aus dem Ausland eingekauft werden müssen, weil mit Gender-Abschluß und Philosophie im wahren Leben nichts zu reissen ist.

Sam Lowry / 22.01.2025

Ich habe gerade gegoogelt, wie man einen gefrorenen Spinatblock teilen kann, weil der gewürfelte so teuer sei. Beste Idee war noch “...mit dem Bohrer ein paar Löcher reinmachen.” Nö, da kaufe ich lieber den preiswerten Spinat und schütte den Rest ins Klo…

Stefan Hofmeister / 22.01.2025

Donald ruft die Bohrer ... und die Deutschen kaufen ihm das Gas zu Mondpreisen ab, anstatt einfach selber die Bohrer zu rufen, damit auch ja kein Laubfrosch aus seinem Winterschlaf geweckt wird. Dummheit muss weh tun, und sie wird verdammt weh tun. Viel Spaß!

A. Ostrovsky / 22.01.2025

Das Bohren ist auch so ein Job, wo man nicht jede Woche neue Richtlinien brauchen kann und neue Mitarbeiter, die nix verstahn. Klar kann man auch überall denglisch reden, so gut wie es alle können, kleinster gemeinsamer Nenner eben. Dann wird es nicht besser.

A. Ostrovsky / 22.01.2025

Hallo Herr Weisgerber, Gratulation, dass Sie nun den richtigen Beruf haben, obwohl es nichts mehr nützt. War bei mir mehrmals genauso. Zuerst Mikroelektronik und Maschinenbau im Osten, dann Medizintechnik, Einsatz Microcontroller und Signalprozessoren. War nicht falsch, aber das Tempo klappte nicht. Dann endlich Wessi, da ging die Elektronik gerade geschlossen nach Asien oder eben nach unten. Als Ossi “konnte man nichts”, also Computer und Netzwerke/TCPIP, war 90-91 der heiße Scheiß. Bill Gates wusste noch nichts davon, aber ich war ja weltmännischer ausgebildet mit Signaltheorie, Analog und Digitaltechnik, Programmierung, allem Pipapo. Also Netze in einer Firma, die zwei Standorte in Deutschland und zwei in der Zone aufbaute. Dann drückte Bill plötzlich mit aller Gewalt auch in diesen Bereich rein und machte die Programmiersprache madig, mit der ich unterwegs war und die heute “DIE” Sprache für große unternehmensweite verteilte Strukturen ist. Deutsche Firmen waren aber noch weitgehend zu dumm dafür. Dann ging ich in den Bereich Datenanalyse, Datenbanken und die Verbindung mit Kommunikationsprotokollen/Interoperativität proprietärer Systeme untereinader. Da wurde ich alt, nur um dann festzustellen, dass mir das Firmenklima nicht mehr passte. Überall woke Leute, ESG und Blablabla, DSGVO, buuoooh. Erfolgreich aber sinnlos. Ja, und nun gehe ich wieder zu den Microcontrollern, dieses Mal aus Asien, wohin ich damals nicht mit Familie und Hund wollte. Ich wackle noch ein bischen, aber man bekommt mehr Feinde, als man mit Stöcken abwehren kann. Es ist sinnlos. Auch Sie, würden das erkennen, wenn Sie noch bohren würden. Egal was Trump sagt, es ist nicht mehr meine Welt, es ist fremd. Ich verstehe die Kunden nicht mehr, was sie wollen, alles nur noch verworren. Stellen Sie sich mal vor, sie bohren irgendwo, sind kurz vor dem Tiefenrekord, dann kommt der Zampano und schreit rum “Das ist doch hier die falsche Stelle, ich habe doch die Präzisierung per Whattsap geschickt!!

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