Als Nichtdoktor wage ich doch noch ein paar Bemerkungen zum deutschen Doktorgate. Nun ist ja nach dem bestaussehenden CSU-Politiker auch die bestaussehende FDP-Politikerin in den Verdacht geraten, einen unsauberen Doktor zu tragen. Das wirft nicht nur die Frage auf, ob wir es hier mit einem Tsunami des besudelten Doktorwesens zu tun haben. Vielmehr will man jetzt auch wissen, ob es eine Korrelation gibt zwischen körperlicher Wohlgeratenheit und einer unerträglichen Leichtigkeit beim Erwerb eines Doktortitels.
Dies würde einen unschönen Verdacht auf die Doktorväter werfen. Neigen sie etwa zu der Ansicht, dass sich in einem gesunden Körper automatisch ein gesunder Geist befindet? Dass also für einen gut gewachsenen Menschen die Zuteilung eines Doktortitels im Grunde nur eine Formsache ist? Wo bleibt da der oder die kleine Dicke? Wo bleiben die Krummbeinige und der Glatzköpfige? Beginnt die Klassengesellschaft schon an den Startlöchern für das Rennen um die Doktorehre?
Dieser Verdacht hat sich bisher zum Glück nicht erhärtet. Der Doktorvater des ansehnlichen fränkischen Adeligen hat überzeugend dargestellt, dass er ohne Ansehen der Person einfach keine Ahnung hatte, was es mit der faulen Doktorarbeit seines Schützlings auf sich hatte. Das leuchtet ein: Wie soll ein Doktorvater denn wissen, wie es um so eine Arbeit steht? Soll er sie etwa lesen, ehe er sie mit dem höchstmöglichen Lob als doktorwürdig ausstattet?
Nun gut. Verabschieden wir uns von der These, dass Schönheit, ob gegelt oder in blondlockiger Pracht, allein schon die halbe Doktorwürde sei. Diese These wird ja historisch auch durch den ehemaligen Mister Universum, Arnold Schwarzenegger widerlegt. Sein Werdegang zeigt, dass man dank einer exzellenten bone structure zwar Conan der Barbar und Gouverneur von Kalifornien werden kann, nicht aber deutscher Doktor.
Gänzlich ungeklärt ist allerdings die Frage, wohin mit den als falsch erkannten, abgelegten Doktortiteln. Muss man sie zurückbringen oder kann man sie einfach wegwerfen? Gehören sie in den gelben Sack oder müssen sie als ausrangierte Wertgegenstände auf den Wertstoffhof gebracht werden? Oder gelten sie gar als gefährlicher Sondermüll, der in Zwischenlagern an den Universitäten untergebracht werden muss?
Wir Nichtdoktoren müssen uns mit einem ganz anderen Problem herumschlagen. Wir sehen uns plötzlich dem Verdacht ausgesetzt, die Zeichen der Online-Zeit nicht erkannt zu haben. Wir stehen als Leute da, die nicht in der Lage sind, sich aus Google, Facebook und Wikipedia einen zünftigen Doktortitel zusammenzubasteln. „Zu blöd, um seinen Doktor zu machen,“ lautet der Vorwurf, dem wir uns beim Bewerbungsgespräch, auf der Dinnerparty und auf dem Fußballplatz ausgesetzt sehen. Und das Dumme ist: Es stimmt ja.