Roger Letsch / 16.09.2022 / 14:00 / Foto: Pixabay / 29 / Seite ausdrucken

Disney ist nicht farbenblind

Disney verfilmt seinen Zeichentrick-Klassiker „Arielle“ – mit einer schwarzen Hauptdarstellerin. Natürlich ist dies ein reiner Zufall. Doch unter dem goldenen Glanz von Hollywood tritt die Scheinheiligkeit hervor, sobald man an der Oberfläche kratzt.

Es ist erst ein paar Monate her, dass Disney in Florida seine Steuer- und Exekutivprivilegien einbüßte, was die linke Journaille jedoch nicht als längst überfällige Gerechtigkeit und Stutzung von Konzernprivilegien feierte, sondern als düsteren Beginn eines „Krieges gegen die Maus“, wie sie nur einem Finsterling wie Ron DeSantis aka „Trump 2.0“ einfallen könne. Denn Disney, das steht für die selbsternannten „Progressiven“ seit Kurzem fest, gehört zu den Guten! Disney hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Zeitgeist von Black Lives Matter, Diversität, Gleichheit und die bunte Buchstabensuppe mit Regenbogengeschmack inhaltlich zur Blüte zu bringen, und wirbelt nach Kräften Drehbücher und Besetzungslisten durcheinander. Das ist natürlich ein genereller Trend im sogenannten Westen, egal ob es nun um europäische Filmförderung, das Nudging im deutschen „Tatort“ oder Hollywood-Blockbuster geht.

Stets wird „The Current Thing“ („Ich unterstütze den Trend“) hergenommen und dem Publikum um die Ohren gehauen, und wenn bei den plump Belehrten Unmut laut wird – etwa in Form von unterirdischen Verkaufszahlen (Beispiel: Ghostbusters 2016) oder vernichtenden Publikumskritiken bezüglich mangelnder Vorlagentreue (Beispiel: Die Ringe der Macht) – greift man zur Beschimpfung des Pöbels, der einfach nur von gestern sei und doch bitte endlich im 21. Jahrhundert ankommen und „The Current Thing“ begeistert feiern möge.

Knifflig wird es, wenn die Kritik auf die künstlerische Leistung der Besetzung zielt. Denn selbst wenn hölzerne Dialoge oder stumpfsinnige Schauspielerei die eigentliche Ursache der Kritik sind und diese auf den Inhalt zielt, immunisieren sich die Produzenten – so wie Disney und Netflix – gegen solche Frechheiten mit dem Hinweis auf die Verpackung. Soll heißen: Wenn das Publikum eine Filmfigur, die es seit Jahrzehnten kennt, plötzlich ablehnt, kann das nur an der Hautfarbe des Schauspielers liegen und was das über den Kritiker aussagt, steht ja wohl bolzenfest: Rassisten, überall!

Nun ist es ein Unterschied, ob es sich bei der provozierten progressiven Verwirrung um eine Person der Zeitgeschichte handelt (etwa eine schwarze Anne Boleyn im Netflix-Dreiteiler), eine kulturell fest verankerte Legende (ein schwarzer Achilles vor Troja, auch Netflix) oder die der Märchenwelt entsprungene Figur der Arielle, der sich Disney 1989 bekanntlich sehr erfolgreich im Zeichentrick annahm.

Colorblind Casting

Übrigens: Jodie Turner-Smith, die schwarze Anne Boleyn, verdankt ihr Engagement einer Besetzungspraxis, die sich „Colorblind Casting“ nennt. Der Letztvorwurf an die Kritiker lautet deshalb, dass bei der Besetzung nur das Talent zählen dürfe und eventuelle historische Unstimmigkeiten mit der korrekten Szene gefälligst übersehen werden müssen. Im Theater funktioniere das schließlich auch, man betrachte nur die Reihe der über die Jahre sich verändernden Inszenierungen des „Rings“ in Bayreuth. Was ist also dein Problem, Zuschauer? „Echt“ ist ja beides nicht, weder das Theater noch der Film. Das gilt natürlich nicht für den „Othello“ eines Laurence Olivier, die „Kleopatra“ der Gal Gadot oder den „Winnetou“ des… ich breche hier ab, Sie verstehen das Prinzip von Empörung und Normalisierung, liebe Leser. Oder muss ich Sie erst „kulturelle Aneigner“ nennen?

Doch wenn es einerseits bei den Schauspielern nicht auf solche Belanglosigkeiten wie die Hautfarbe ankommt, jedoch andererseits wie in der Netflix-Serie über Anne Boleyn bei Stil, Gestik, Requisiten und Kostümen der allergrößte Wert auf Details gelegt wird, spüren viele Zuschauer die Absicht und sind verstimmt. „Colorblind Casting“ ist eine prima Sache, wenn Literaturvorlage, Rolle und Talent es erlauben.

Für die Filmreihe „The Equalizer“ ist Denzel Washington die perfekte Wahl, Eddy Murphy ist „Beverly Hills Cop“, Halle Berry ist das wohl meistvergötterte Bond-Girl und könnte Marvel einen besseren Nick Fury gefunden haben als Samuel L. Jackson? Die Hautfarbe spielt keine Rolle, wo sie keine Rolle spielt. Im Film tut sie das aber manchmal. Ein Christoph Waltz, so gut er auch sei, kann keinen Nelson Mandela mimen und Chris Rock wird trotz seiner flinken Zunge im Film nie den Goebbels geben. Nur auf der Bühne wäre das alles sehr unterhaltsam. „Colorblind Casting“, das steht fest, ist eine sehr einseitige, woke Filmveranstaltung und funktioniert nach der einfachen Regel „Schwarz gut, Weiß böse“.

Womit wir beim aktuellen Aufreger wären, dem neuen Disney-Streifen „The Little Mermaid“, von dem bisher nur ein kurzer Trailer zu sehen ist. Der Film kommt 2023 in die Kinos und wir wollen mal unterstellen, dass die Post-Produktion noch einiges verbessern wird, was die Kritiker bemängeln – etwa die düstere Bildsprache. CGI braucht eben viel Zeit. Die überwältigende negative Reaktion auf den Trailer führen Disney und die woke Medienblase jedoch auf die Tatsache zurück, dass die Rolle der Arielle mit Halle Bailey besetzt wurde, einer 22-jährigen Sängerin, deren dunkle Haut so ganz anders aussieht als die der bleichen Gestalt aus jenem Zeichentrickfilm, den jedes Kind kennt.

Der Rolle gewachsen

Zunächst das Positive: Wie in allen Disney-Produktionen, die sich an die Zielgruppe „Kinder“ richtet, wird auch in „The Little Mermaid“ viel gesungen und niemand wird bestreiten, dass Baileys Stimme ihrer Rolle mehr als gewachsen ist! Der maritime Halbbackfisch und Frischluftfan ist außerdem keine historische Person und das wachsbleiche Aussehen aus dem Zeichentrick ist nicht handlungsbestimmend – anders als die offensichtliche Jugend der Figur. Auch hier: check für Bailey! Die aufgeblasene Entrüstung über die kritischen Stimmen im Publikum, die sich doch nur empören würden, weil eine Afroamerikanerin eine weiße Märchenfigur spielt, sieht deshalb puren Rassismus am Werk, trifft aber eher einen wunden Punkt bei Disney selbst – wenn man genauer hinsieht.

Das sei kein wokes Spektakel oder der Versuch des „Blackwashings“, sagen die Verteidiger des Hauses mit der Maus. Disney habe in Bailey eben die beste Besetzung für die Rolle gefunden und überhaupt: Wer auf sowas wie korrekte Farbe bestehe, sei ja wohl ein ganz schlimmer Finger! Die Besetzung sei zufällig und mit Anwendung des „Colorblind Casting“ zustandegekommen!

Das ist in der Konsequenz hoffentlich richtig und man kann Bailey nur den besten und schönsten Erfolg mit dem Film wünschen. Da Auge und Sinn bei mir sowieso nicht sonderlich an Pigmenten interessiert sind, habe ich kein Problem damit, dass es ab sofort auch eine weniger blasse, aber „echte“ Arielle gibt.

Ich frage mich nur, wenn Farbe wirklich keine Rolle spielt, warum hat Disney der neuen, schwarzen Arielle dann die Haare rot gefärbt wie dem blassen Ginger-Original im Zeichentrick? Ist die Haarfarbe konstituierend für die Rolle, die Hautfarbe jedoch nicht? Und warum? Was stimmte nicht mit den schwarzen Haaren Baileys? Da ist es wieder, das mulmige Gefühl: Unter der vermeintlich progressiven Politik und dem goldenen Glanz von Hollywood tritt die Scheinheiligkeit hervor, sobald man an der Oberfläche kratzt: Rassisten, überall!

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Volker Kleinophorst / 16.09.2022

Die Hollywood-Pädos und der Wokismus. Ist ja ein Brüller. Demnächst: Mohammed geht zum Regenbogen?

Udo Kemmerling / 16.09.2022

Ich bin ein großer Fan von Denzel Washington, Halle Berry, Samuel L. Jackson, Chris Rock, (Jamie Foxx, Idris Elba, uswusf.) auch von Will Smith, speziell auch von “Der Prinz von Bel Air”. Ich habe jahrzehntelang an gar nichts gedacht, wenn diese auftraten, weil es da nichts zu denken gab. Gerade fällt mir Wesley Snipes ein. Wenn mir aber plump ein Schwarzer vorgesetzt wird, damit es ein Schwarzer ist, bin ich genervt. Ein Elb kann nicht schwarz sein. Die ersten Elben wurden alle von Illuvatar in Cuivenen in die Welt gebracht. Wann zwischendurch sollten die schwarz geworden sein, während nachweislich nie ein Elbenvolk im Süden lebte. Schwarze Edain ist auch Unsinn, in der Folge auch schwarze Numenorer, Nordmenschen die mit den Noldor gegen Morgoth gekämpft haben, dann die Sterninsel geschenkt bekamen und nicht Afrika. Bei schwarzen Zwergen wird es richtig hanebüchen, weil in Khazad-dum die Sonne so feste scheint, oder was? Es beleidigt die Intelligenz, wenn man so beschmiert wird. Nichtsdestowenigertrotz liebe ich diese Serie, weil sie es nicht so dermaßen plump übertreiben wie im deutschen Werbefernsehen, und ich den Blödsinn schon im Preis hatte. Im Vergleich zu dem Dorf, in dem “Das Rad der Zeit” beginnt, ist “Die Ringe der Macht” fast ein Parteitag in Nürnberg. Huch, ist mir so rausgerutscht. Bei mangelnder Vorlagentreue komme ich aber nicht ganz mit. Die Akallabeth gibt für die Zeit des Ar-Pharazon nur einen groben Rahmen vor. Gut, der, der vom Himmel fällt, ist mir wirklich nicht in Erinnerung. Gerade sind mir noch Laurence Fishburne und Thandie Newton eingefallen, Danny Glover und Forest Whitacker, und LL Cool J…

Claudius Pappe / 16.09.2022

Habe diese Woche nur kurz bei ARD und ZDF reingeschaut. In jedem neuen Film ( gibt es ab und zu mal ) spielt mindestens ein Schwarzer mit. Ob als Kind oder Erwachsener. Noch nicht so lange Hierlebende kommen immer vor und fast immer ist eine Frau die Hauptpropagandistin. Fußball schaue ich immer seltener-der Mittelkreis mutiert zum Antiatomkraftzeichen, an den Werbebanden wird für den Respect vor dem Green Deal geworben, Eckfahnen und Spielführerbinden leuchten in Regenbogenfahnen, nur das hinknien für einen drogensüchtigen Verbrecher hat man eingestellt. Dafür trommeln Vorstände und Spieler für Migration und wüten gegen die Rechtsaußen. Und auf dem Spielfeld sehe ich bunte Spieler aus allen Erdteilen, die ihre Interviews in gebrochenem Englisch der Türkdeutsch   geben.

Fred Burig / 16.09.2022

Vielleicht sind heute einfach nur mehr Menschen “braungebrannter” ?! Frank Ulrich Montgomery sah erst letztens im Interview sowas von braungebrannt aus, dass man mit ihm jede “Negerquote” hätte erfüllen können. Und die Protagonisten von “Grün” und “Rot” in der Politik ergeben ja - farblich als Gemisch und ökofaschistisch in ihrer gemeinsamen Ideologie – auch ein deutlich braunes Gebilde! MfG

Günter Dehren / 16.09.2022

Dann könnte die Arielle auch von einem asiatischen Mann gespielt werden?

Lutz Herrmann / 16.09.2022

Zwar sind rote Haare und bleiche Haut nicht bestimmend für das Märchen. Aber es trifft bei allen Neuverfilmungen immer die seltene Sorte von Menschen. Die darf nicht mehr dargestellt werden. “Wunderbare Jahre” musste man ja auch neu verfilmen mit dem gleichen Schema. Afrikaner ersetzen Europäer. Auch auf Disney+ zu sehen. Der nächste logische Schritt sind dann korrigierte Biopics. Den Bösewichten und Unsympathen wird man dann einfach den blassen Teint lassen.

Thomas Szabó / 16.09.2022

Neger in SS-Uniformen wären schön, die schwarz-weißen Uniformen von Hitlers Leibstandarte mit hart glänzenden silbernen Runen. Blitzende weiße Zähne & Augäpfel mit schwarzem Teint sind sehr malerisch. Idi Amin könnte die Rolle von Hitler spielen. (Er wollte Hitler ein Denkmal am Victoriasee errichten.)

Peter Robinson / 16.09.2022

Ich bin alle auch gegen «kulturelle Aneignung». Liebe Nichtweißen, verzichten Sie auf alle Technologien, Erfindungen, Errungenschaften, Maschinen, Fernseher, Telefonanlagen, Transportsysteme, Sozialhilfe, Krankenhäuser, Geburtenstationen, Pharmazeutika,  Infrastruktur und Großstädte, die allesamt von den bösen Weißen erfunden worden sind. Viel Spaß im Dschungel gänzlich ohne Billionen Entwicklungshilfe!

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