Henryk M. Broder / 27.10.2018 / 12:00 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 49 / Seite ausdrucken

Dieses Fischfilet stinkt vom Kopf her

Gestern nachmittag meldet Deutschlandfunk Kultur in seinen Kulturnachrichten, die Bundesregierung habe dem in Russland inhaftierten ukrainischen Filmemacher Oleg Senzow zum Erhalt des diesjährigen Sacharow-Menschenrechtspreises gratuliert; sie sorge sich um den Gesundheitszustand Senzows; der Bundesgerichtshof habe in einem Urteil entschieden, häusliches Musizieren und das damit verbundene Üben gehörten grundsätzlich zu den "üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung“ und müssten von anderen hingenommen werden; die irische Sängerin Sinead O'Connor sei zum Islam konvertiert, sie sei stolz, eine Muslimin zu sein und habe ihren Namen zu Shuhada Davitt geändert. Außerdem habe sie gesagt, alle Wege führten letztlich zum Islam. Alle anderen heiligen Schriften seien darum überflüssig. Und schließlich das hier:

Feine Sahne Fischfilet: Karten waren schnell weg

Band spielt im Brauhaus Dessau, statt im Bauhaus

Rasend schnell sind die Karten für das Dessauer Konzert der Punkband Feine Sahne Fischfilet verkauft worden. „Im Internet, wir brauchen nicht mal mehr den Link posten, da alle Karten nach 20 Sekunden weg waren. Dolle Tage für uns“, schrieb die Band bei Facebook. Zuvor hatte die „Mitteldeutsche Zeitung“, die einen Teil der Karten verkaufte, von einer lange Schlange im Servicecenter Dessau berichtet. Vorher hatte die Band, die vom Bauhaus Dessau ausgeladen worden war, über den neuen Veranstaltungsort im Brauhaus Dessau informiert. Das Konzert ist wie ursprünglich auch für den 6. November geplant. Die Stiftung Bauhaus hatte das ZDF-Konzert der Musiker in der Reihe „zdf@bauhaus“ abgelehnt, nachdem rechte Gruppierungen im Internet zum Protest gegen den Auftritt aufgerufen hatten. Feine Sahne Fischfilet bestand darauf, das Konzert dennoch in Dessau zu veranstalten.

Ja, darauf hat die Kulturwelt mit angehaltenem Atem gewartet, ebenso wie auf die erlösende Meldung, die irische Sängerin Sinead O'Connor sei zum Islam konvertiert. Was in der Kulturnachricht nicht gesagt wurde, war, welche "rechten Gruppierungen" zum Protest gegen den Auftrutt aufgerufen hatten; es fehlte auch jeder Hinweis auf den Inhalt der Songs, mit denen FSF für eine bunte, offene, tolerante, fremdenfreundliche und energiesparende Gesellschaft eintritt.

Je später der Abend, desto dümmer die Gäste

Später am Abend bei „aspekte", gleich am Anfang "das kulturpolitische Aufregerthema dieser Woche", das Bauhaus Dessau hat einen Auftritt der Punkband Feine Sahne Fischfilet "verboten". Jetzt werde diskutiert, "ist das Bauhaus eingeknickt vor Rechtsradikalen, die zu einer Gegendemo aufgerufen hatten, was ist mit der Kunstfreiheit, und welche Rolle spielt die Politik?"

Es folgt ein Beitrag, der mit den Worten anfängt, FSF sei "schrill, laut, links und provokant", linke Punkrocker aus Meck-Pomm. Die Bauhaus-Direktorin verteidigt das "Verbot", man wolle nicht von "Neoanzis" vereinnahmt werde, hinzu käme "eine Risikoabwägung", das Bauhausgebäude, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, könnte beschädigt werden. Auch die Direktorin verliert kein Wort über die "Neonazis", die sie zu ihrer Entscheidung veranlasst haben.

Dann kommt ein Professor der Bauhaus-Universität Weimar zu Wort, Max Welch Guerra, Er sagt, was gerade in Bauhaus Dessau passiert sei, stehe in einer "furchtbaren Geschichte":

"Das Bauhaus wurde von den Rechten, nicht nur von den Deutsch-Nationalen, später auch den Nazis, verfolgt, deshalb mussten sie damals Weimar verlassen, 1925, deshalb sind sie nach Dessau gegangen, dann mussten sie auch noch Dessau verlassen, und jetzt passiert wieder so etwas, ohne Not!"

Auch andere "namhafte Wissenschafter und Künstler", so heißt es danach aus dem Off, bezeichnen die Absage des Konzertes als "erschreckend geschichtsvergessen". 

Haben die alle einen an der Klatsche? Erst wurden die Bauhaus-Gründer, zum großen Teil Juden, von den Nazis aus dem Bauhaus vertrieben, jetzt sind es linke Punkrocker aus Meck-Pomm? Setzt sich da eine "furchtbare Geschichte" fort? Haben denn die Deutschen nichts dazugelernt?

Dieses Land ist krank bis unter die Zahnwurzeln. Würde FSF "islamkritische" Songs singen, würden dieselben Kretins, die sich über das "Verbot" aufregen, nach einem Verbot schreien, well so ein Auftritt "kulturell unsensibel" wäre und die Gesellschaft "spalten" würde. Das gilt aber nicht für Songs dieser Art:

Helme warten auf Kommando, Knüppel schlagen Köpfe ein, Wasser peitscht sie durch die Straßen, niemand muss Bulle sein! Und der Hass – der steigt! Und unsere Wut – sie treibt! Unsere Herzen brennen, unsere Herzen brennen! Zieh lieber eine Linie Zement als down zu sein mit Rainer Wendt. Ich mach mich warm, weil der Dunkelheitseinbruch sich nähert. Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt. Heute wird geteilt was das Zeug hält. Deutschland ist Scheiße, Deutschland ist Dreck! Gib mir einen „like“ gegen Deutschland. Deutschland ist Scheiße, Deutschland ist Dreck.

Gehört, begutachtet, freigegeben und empfohlen von Frank-Walter Steinmeier, Chefarzt der Offenen Anstalt Deutschland.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Thomas Taterka / 27.10.2018

Lieber Herr Broder, wenn Sie hören , was Migranten in Frankreich aus einem russischen Volkslied alles machen können, kehren Sie vielleicht nie wieder in diese musikalische Klippschule zu- rück. Les doigts de l’homme : Russian Melody. Erhältlich bei YouTube. Ein schönes Wochenende !

Peer Munk / 27.10.2018

Punks im Regierungsauftrag - das ist wahrlich ein Irrenhaus.

Klaus Müller / 27.10.2018

Der Standort in Deutschland ist selbst FSF. Das gilt insbesondere für die Industrie, Arbeitsplätze, Bildung, Infrastruktur und Finanzen von Bund, Ländern, Gemeinden und Privathaushalten. Der Linksextremismus in diesem Land hat sich tief in die Mitte der Gesellschaft eingegraben. Dieses Land legt gerade Hand an sich selbst ohne Bewußtsein seiner Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch gegenüber dem gesamten Kontinent. Was hier in der nächsten Wirtschaftskrise entstehen wird ist ein Venezuela Europas mit absehbaren Folgen über die Grenzen hinaus. Schwarzmalerei? Die Wette gilt. Wv. 2030.

Fritz Neumann / 27.10.2018

Herr Broder, da Sie hier regelmäßig höchst lesenswerte Anfragen und Schriftwechsel mit bekannten Persönlichkeiten veröffentlichen,  hätte ich da eine Idee. Denn der Bundespräsident über den Sie uns hier in den letzten Zeilen Ihres Textes berichten ist ja unser Staatsoberhaupt und gilt protokollarisch als ranghöchster Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland. Nun ist der amtierende Bundespräsident offensichtlich Fan einer Band, welche gerne Aussagen wie „Deutschland ist Scheiße, Deutschland ist Dreck“ vorträgt. Jetzt wäre es doch einmal interessant von unserem Bundespräsidenten zu erfahren, ob sich als oberster Repräsentant Deutschlands dann konsequenterweise auch als oberster Repräsentant von „Scheiße und Dreck“ betrachtet? Ich könnte mir vorstellen, dass sich zahlreiche Achse-Leser für diese Frage und die Antwort des verehrten Herrn Bundespräsidenten interessieren würden.

Harry Haertl / 27.10.2018

Sehr geehrter Herr Broder , wie wir lesen können, kam Prof.  Guerra als “unbegleiteter Minderjähriger” aus Chile nach Deutschland, 1974. Er hat, wie viele Andere, sehr viele Andere, Deutschland alles zu verdanken. Deshalb muß er sich wohl mit einer Polizeihasser Band gemein machen. Pfui Teufel.

Alexander Mazurek / 27.10.2018

Herr Broder, Sie haben ja so recht. Unser säkularer (“linker”) Leviathan und das islamische Kalifat haben mehr gemeinsam, als mancher sich das vorstellen kann. Beide sind u.a. inklusiv, jeder, ohne Ausnahme, der sich unterwirft, gehört dazu, #unteilbar. Ohne Unterwerfung geht’s aber nicht, dann ist man ein Kufr oder Nazi, oder gar beides, ein “Unmensch”.

Gottfried Meier / 27.10.2018

Deutschland, das Land der Dichter und Denker!

Bärbel Schneider / 27.10.2018

Manche Bauhaus-Mitarbeiter haben mit den Nazis zusammengearbeitet, manche sind in der Sowjetunion, also von “Linken”, ermordet worden, wie Don Alphonso in seinem sehr lesenswerten Beitrag “Stalin, Ulbricht und dem NKWD gefällt das” beschreibt. Man könnte also neben der Angst vor Randalen und der inhumanen Niveaulosigkeit und Verfassungsfeindlichkeit der Texte dieser Band auch anführen, dass das Bauhaus nicht nur unter National-, sondern auch unter Internationalsozialisten gelitten hat.

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