Dirk Maxeiner / 20.11.2018 / 06:15 / Foto: Thamizhpparithi Maari / 40 / Seite ausdrucken

Diesel-Fahrverbot gefährdet Essener Tafel. Wer wirft das erste Ei?

Es sind oft kleine Anlässe, die ein Fass zum Überlaufen bringen. In Frankreich gehen Hundertausende gegen Emmanuel Macron auf die Straße, drei Viertel der Franzosen stehen hinter den Protesten, Millionen kündigten an, sich selbst an den Protesten zu beteiligen. Es geht um den Kaufkraftverlust und ständige Steuer- und Abgabenerhöhungen. Eine Strafsteuer auf den Kraftstoff der auch in unserem Nachbarland besonders beliebten Dieselautos war dann eine Erhöhung zu viel. Da fruchtete auch der Hinweis auf angebliche Bemühungen um die Luftreinheit nicht mehr. Die 51 Jahre alte Jacline Mouraud protestierte mit einem Video auf Facebook gegen die hohen Spritpreise und wurde zum Protest-Kult. Das Erkennungszeichen der Bewegung sind die gelben Warnwesten „Gilets jaunes“. 

Den Deutschen ist so ein anarchischer Ausbruch wohl nicht zuzutrauen, aber das Murren hierzulande wird allmählich auch lauter. Auch bei uns werden Einschränkungen, Gängelungen und immer neue Belastungen stets so begründet, dass derjenige, der dagegen protestiert, sich moralisch ins Unrecht setzt. Wer kann schon was gegen saubere Luft in den Städten haben? Die Deutsche Umwelthilfe, ein Abmahnverein, der mit dieser Begründung gerade Deutschland lahm legt, strotzt nur so vor moralischer Selbstgerechtigkeit. Diese Leute haben keinerlei Bezug mehr dazu, was sie tatsächlich anrichten – und welches moralische Urteil später einmal darüber gefällt werden dürfte.

Und wieder ist es eine kleine, scheinbar nebensächliche Episode, die den ganzen Irrsinn wie in einer Nussschale konzentriert – und die Verhältnisse zum Tanzen bringen könnte. „Aus für Essener Tafel wegen Diesel-Fahrverbot?“ fragte die Bild-Zeitung vor zwei Tagen. Die Essener Tafel machte vor einiger Zeit Schlagzeilen, weil Ihr couragierter Chef, Jörg Sartor, nicht länger hinnehmen wollte, dass bei der Essensverteilung zunehmend das Recht des Stärkeren Einzug hielt – und aus diesem Grund bis auf weiteres keine weiteren Zuwanderer mehr akzeptieren wollte. Bis hinauf zur Bundeskanzlerin ging daraufhin Entrüstung durch die Reihen der Abgehobenen in diesem Lande, Jörg Sartor fand sich ruckzuck auf der Rassisten-Strafbank, obwohl er aus schlichter Notwendigkeit eine praktisch vernünftige Entscheidung durchsetzte.

Unter der Mustertapete der hohen Moral

Inzwischen „ist die Oma wieder da“, freut sich der Tafel-Chef. Statt dessen droht jetzt erneutes Ungemach. Und wieder sind es die Moralapostel in ihren Wolken-Kuckucksheimen, die die Existenz dieser von Freiwilligen getragenen sozialen Einrichtung gefährden. Sartor droht mit einer Schließung der kompletten Essener Tafel. Grund ist das Dieselfahrverbot in Essen, das ab 2019 gelten soll. Laut Sartor verfügt die Essener Tafel für den Transport von gespendeten Lebensmitteln über sechs Kühlfahrzeuge der Marke Mercedes Sprinter und zwei weitere Transporter. Die Fahrzeuge seien zwischen zwei und fünf Jahre alt und erfüllten lediglich die Euro-Normen 4 oder 5. Die Essener Tafel mit Sitz im Huttroper Wasserturm an der Steeler Straße liegt mitten drin in einer „Verbotszone“. Für neue Transporter fehlt das Geld, also müsste man dieses Projekt, das immerhin 22.000 Bedürftige in der Stadt mit Lebensmitteln versorgt, aufgeben. Ob es eine Ausnahmegenehmigung geben wird, steht in den Sternen.

Und damit wären wir bei der Moral der Geschichte. Zweifelhaft ermittelte Grenzwerte für Stickoxide, deren Einhaltung mit noch zweifelhafteren Messstellen überprüft wird, gipfeln in absolut zweifelhaften Hochrechnungen „vorzeitiger Todesfälle“. Diese wiederum werden von einem zweifelhaft finanzierten Abmahnverein genutzt, um seiner Kampagne gegen das Auto Schwung zu verleihen. Das führt dann ganz unzweifelhaft zur Enteigung hunderttausender Autofahrer, die man im übrigen jahrelang verleitet hat, sich ein Dieselauto zu kaufen, weil das mit seinem niedrigeren CO2-Ausstoß besser fürs Klima sei. 

Aber es sind eben nicht nur die Autofahrer. Willkürlich herbeigeführte Wohlstandsverluste treffen immer die Ärmsten der Armen am schlimmsten. Und das wären in diesem exemplarischen Fall die 22.000 Menschen in Essen, die sich noch nicht einmal mehr den Einkauf von Lebensmitteln leisten können. Menschen im übrigen, die bereits unter exorbitanten Strom- und Heizungspreisen leiden, die ebenfalls im Dienste einer höheren Moral, nämlich einer dubiosen „Klimarettung“ aufoktroyiert wurden – von den gleichen dubiosen Weltrettern, die jetzt mit der Luftreinhaltungskeule das Auto abservieren wollen. Unter der Mustertapete der hohen Moral modert die gute alte Feindschaft gegenüber der Industriegesellschaft. 

Zutiefst antihuman und misanthropisch

Das Beispiel Tafel Essen zeigt noch zwei weitere Charakterisika dieser zutiefst antihumanen und misanthropischen politischen Agenda: Private Initiative und bürgerschaftliches Engagement werden unterminiert, das Individuum gilt nichts. Es soll weder selbstbestimmt fahren können, wohin es will, noch helfen können, wem es will. Die entsprechenden Gesetze, die die Voraussetzungen dafür schaffen, werden stets unter dem Deckmantel eines noblen Anliegens verabschiedet, so sie denn nicht ganz unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung gehalten werden. Gerne spielt man dabei auch über die europäische Bande oder „unverbindliche“ UN-Resolutionen. Auf dem Weg von dort oben nach unten verkehren sich die guten Vorsätze dann nach und nach ins Gegenteil. 

Gerd Held hat dieser Tage auf Achgut.com in seinem Beitrag „Die Industrie-Verabschiedungskultur“ geschrieben: „Es wird so getan, als fände auf deutschen Straßen eine Art Weltkrieg oder eine organisierte Massenvernichtung statt. Es soll ein Klima der Angst und der Empörung geschaffen werden, in dem keine vernünftige Abwägung von Belastungen und Erträgen mehr stattfinden kann. Die Argumentation entzieht sich jeder Verhältnismäßigkeits-Vernunft. Auf diesem Weg kann jeder industriellen Aktivität die Legitimität entzogen werden“. 

Genau das stellen die Vorgänge um die Essener Tafel nun ganz lebenspraktisch unter Beweis. Bei dieser Gelegenheit sollte man auch noch einmal das sogenannte „Vorsorge-Prinzip“ ansprechen. Wenn man es richtig handhabt, dann darf man nämlich nicht nur die Folgen der Anwendung einer Technik betrachten, sondern muss sie gegen die Folgen ihrer Nicht-Anwendung abwägen. Im Falle des Diesels sollte die Entscheidung gar nicht so schwer fallen. Unzählige Menschen wurden und werden mit Fahrzeugen oder Aggregaten gerettet, die von Dieselmotoren sparsam und zuverlässig angetrieben werden. Jedes Krankenhaus hat ein Diesel-Notstromaggregat im Keller. Eine noch viel größere Rolle spielt die indirekte Funktion des Dieselmotors als Wohlstandsmaschine und Überlebenshilfe. Jeder, der einmal in Afrika oder Australien reiste, kennt das nächtliche Tuckern des Dieselaggregats, das den Kühlschrank kalt und die Glühbirne hell werden lässt.

Dieser nachweislich millionenfachen lebensrettenden Funktion stehen hypothetische und wissenschaftlich nach wie vor umstrittene Studien gegenüber, die entgegen der Kolportagen nicht in der Lage sind, einen kausalen Zusammenhang zwischen Stickoxiden und Erkrankungen nachzuweisen. Eine Abwägung von Nutzen und Schaden findet nicht mehr statt. Es geht nicht um Abgase und schon gar nicht um Menschen. Es geht um eine Ideologie der tabula rása. 

Von Dirk Maxeiner ist soeben in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ein ideales Geschenk für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, gleichsam als Zündkerze für das Fest der Ruhe und Besinnlichkeit. Portofrei zu beziehen hier.

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toni Keller / 20.11.2018

Gäbe es die Achse nicht, würde ich mich noch verzweifelter fühlen, angesichts des Irrsinns der um uns herum geschieht. Ich fahre ÖPNV, heute war der Anschlussbus weg, d.h 15 Minuten später zuhause, dabei beträgt die Fahrzeit mit dem ÖPNV sowieso doppelt solange wie mit dem Auto und das ohne, im Regelfall, lange Wartezeiten. Richtig angenehm ist es nur in Ferienzeiten und da eigentlich nur während der Sommerferien, zur Zeit ist stehen angesagt, teilweise ab der ersten Haltestelle. Ich frage mich dann immer, wie das gehen soll, wenn nur 10 Leute mehr noch Bus und Bahn fahren wollen? Gleichzeitig sind beständig mindestens 5 Flugzeuge am Himmel und manchmal ist der Himmel weiß von den Kondensstreifen, aber da traut sich kein Grüner dran, weil wie soll man den sonst zum regelmäßigen meditativen Teeworkshop nach Goa fliegen? Ginge es den Leuten wirklich um die Umwelt.  würden sie dafür sorgen, dass Fliegen der Luxus ist, der er sein sollte, und dafür sein, dass die deutsche Bundesbahn ihre Bahnhöfe besser ausbauen kann und gleichzeitig dafür sorgen, dass der Verkehr rollt und nicht steht. Man schädigt also die kleinen Leute und tut gleichzeitig so, als sei man deren Fürsprecher und das ganz schlimme ist, man wird dafür auch noch gewählt

armin wacker / 20.11.2018

Ja und wenn ich das jetzt richtig gerechnet habe dann sind das vier Prozent der Essener, die diese Tafel brauchen. Da fallen die ja glatt unter die fuenf Prozenthuerde.

Anders Dairie / 20.11.2018

Ab 2008 musste die BRD Europarecht in Deutsches Recht umsetzen. Es entstand die 39. BImSchV ( Bundes-Immissions-Schutz-VO).  Danach gibt es 2 Kriterien: Staub und Stickstoffoxid wird begrenzt auf im Mittel 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahr.  Sowie maximal 18-malige Überschreitung im Jahr bis 200 Mikrogramm.  Ausnahmegenehmigungen lehnt Brüssel mindestens in der Hälfte der Anträge ab,  weil die Kommunen diese Kriterien technisch zumeist nicht nachweisen können.  Mein Daimler weist in den Papieren von 2013 einen Dauer-Ausstoß von 135 Mikrogramm aus.  Damit war ich,  rückwirkend, bereits im Jahr 2008 im Arsc….  Die Sache ist klar:  Die politischen Experten haben mit Brüssel extrem falsch verhandelt.  So wie mir ging es allen “Dieseldeutschen” seit 2008.  Man kann nicht mal von kleinen Motoren ausgehen, die abhelfen.  Auch die können per Nachmessung Stinker sein.  Ergo:  Letztlich verdanken wir der Merkel das ganze Desaster.  Die Staaten außerhalb der EU,  mit einem günstigeren Schutz-Gesetz (Schweiz) ,  haben das Problem nicht.  Wie Brüssel zu den Grenzwerten kam, ist ein großes Geheimnis.  Es wird per Daumen mal Pi abgeschätzt sein.  Meine Empfehlung:  Solange niemand abstraft,  den Blödsinn voll ignorieren !

Constanze Rüttger / 20.11.2018

Was für ein Glück, dass im Dezember der Migrationspakt unterschrieben werden soll. Dann haben die armen Menschen, die dank EU und DUH nicht mehr über die Tafeln versorgt werden können, immerhin die Möglichkeit, in ein Land ihrer Wahl zu mirgrieren und dort in vollem Umfang Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen *Ironieaus*.

W.Schneider / 20.11.2018

Lieber Herr Maxeiner, Sie gehen doch in der Tat davon aus, dass sich irgendjemand in unserer Regierung Gedanken über die Folgen von Spontanentscheidungen macht! Köstlich! So wie man durch einen natürlich völlig unverbindlichen Migrationspakt die in Deutschland gemachten Fehler für alle Länder, die den Braten nicht riechen, verallgemeinern will, so wird man sicher in absehbarer Zeit mit einem internationalen, regulären Dieselnutzungsverbotspakt, vorangetrieben durch die deutsche Bundesregierung, die oben geschilderten Probleme für alle Länder verallgemeinern. Fehler zugeben ist unmöglich.

HaJo Wolf / 20.11.2018

Diesel Dieselfahrverbot ist nur ein weiteres Verbrechen auf der Liste derjenigen, die uns derzeit terrorisieren. Ich hoffe inständig, dass die kommenden Generationen, die unter der Zerstörung der deutschen Wirtschaftskraft zu leiden haben werden, die Verantwortlichen, sofern sie dann noch leben, konsequent zur Verantwortung ziehen werden.

Sonja Bauch / 20.11.2018

Zehn Meter weg vom Fahrbahnrand, 25 Meter weg von der nächsten Kreuzung und in vier Meter Höhe, das sind die Vorgaben der EU für die Messstellen. Wo und wie wird aber in Deutschland gemessen? In Mainz und Ludwigshafen z.B. stehen die Messstellen auf einem Grünstreifen inmitten einer vierspurigen Fahrbahn. Man misst sozusagen direkt am Auspuff.

Marc Hofmann / 20.11.2018

In einer Kernenergie- und CO2 FREIEN Gesellschaft wird es weder eine Wirtschaft und Wissenschaft mehr geben…keinen Wohlstand und Fortschritt….es wird nur eines geben…Mangel und Armut!

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