Cora Stephan / 02.09.2022 / 16:00 / Foto: Quirinale.it / 20 / Seite ausdrucken

„Kein Sieg für den Feminismus“

Giorgia Meloni könnte die erste Frau an der Spitze der Regierung Italiens werden, doch gerade diejenigen, für die es sonst ungemein wichtig ist, Frauen in hohe Ämter zu bekommen, warnen nun davor. Die meisten Wähler scheint anderes zu interessieren.

Mit Giorgia Meloni könnte erstmals eine Frau Regierungschefin Italiens werden. Warum nicht? Die entscheidenden Fragen dabei sind doch, ob sie dafür die nötigen Qualitäten mitbringt und ob ihr Sieg von Vorteil wäre für Italien. 

Nun, eine Autorin in der Neuen Zürcher Zeitung hielt kürzlich anderes für weit wichtiger, nämlich dass Melonis Sieg „kein Sieg für den Feminismus“ wäre. Denn Meloni gehört nicht dem linken Lager an, das sich sozusagen naturgemäß für Frauenrechte stark zu machen hat, sondern die Chefin der postfaschistischen Fratelli d’Italia ist „der neue Star der italienischen Rechtspopulisten“. Und das, schließt der Leser messerscharf, darf man als Frau nicht sein.

Denn Frauen müssen sich nun mal für weibliche Interessen einsetzen, nicht etwa für die des ganzen Landes, und davon sei im Programm des von Meloni dominierten Parteibündnisses nicht die Rede. Was man unter „weiblichen Interessen“ zu verstehen hat, folgt der üblichen Ideologie: die Gleichstellung der Geschlechter, nicht etwa, wie es selbstverständlich ist, die Gleichberechtigung. Die allerdings gibt es bereits, in Italien ebenso wie in Deutschland. Auch, dass Meloni sich für den „Schutz der Arbeit junger Mütter“ einsetzt, wird kritisiert, denn „berufstätige Frauen existierten für die Rechten offenbar lediglich als Mütter“.

Nun, ich finde, ein anderer Gedanke liegt da näher: Womöglich brauchen berufstätige Frauen, die nicht zugleich Mütter sind, keinen besonderen Schutz unter der Rubrik „Familie und Geburt“. Und warum soll es eine dringende Aufgabe der Politik sein, „die Berufstätigkeit von Frauen zu fördern“, was angesichts der Erwerbsquote der Italienerinnen von unter 50 Prozent dringend geboten sei? Dürfen die Italienerinnen das nicht selbst entscheiden?
Doch das ist der große Trugschluss vieler linker Feministinnen: Sie tun sich schwer damit, dass Frauen, wenn sie tun dürfen, was sie wollen, nicht das tun, was sie feministischerseits sollen. Dieser Trend zeichnet sich jedoch in westlichen Ländern schon lange ab: Frauen sehen ihr Glück offenbar nicht ausschließlich jenseits der Familie auf dem Arbeitsmarkt und sie machen sich sogar freiwillig abhängig von jener verrufenen „geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung“, kurz: von Männern.

Keine Quoten und falsche Täter

Giorgia Meloni scheint da realistischer zu sein. Sie lehnt Quoten für Frauen ab. Solche Krücken hat schließlich auch sie nicht nötig gehabt. Und wie man in Deutschland so schön beobachten kann: Quoten begünstigen nicht die Befähigten, sondern oft genug jene, die sonst nichts können.
 Den größten Skandal nun sehen einige Frauen darin, dass Meloni das Video einer Vergewaltigung verbreitet hat. Darin sieht man zwar nicht das Opfer, eine ukrainische Frau, man hört indes ihre Schreie. Die Polizei nahm einen 27-jährigen Asylbewerber aus Guinea als Tatverdächtigen fest.
 Meloni will mit der Verbreitung des Videos ihre Solidarität mit der Frau ausgedrückt wissen und verspricht, alles zu tun, „um die Sicherheit in unseren Städten wiederherzustellen.“ Was ist daran falsch? Sie betreibe propagandistischen Missbrauch, heißt es empört, und zeige nicht genug Sensibilität, schließlich könne es passieren, dass auch das Opfer auf das erschreckende Video trifft. Die Empörung ist ziemlich vorgeschoben. Man ist wohl eher deshalb so erzürnt, weil Meloni damit den blinden Fleck der Frauenbewegung getroffen hat.

Es fällt schon lange auf, dass in der Frauenbewegung zwar häusliche Gewalt beklagt wird, jene nämlich durch den Partner, also in unseren Breiten, nehmen wir mal an, durch einen toxischen weißen Mann. Ausgeblendet aber bleiben die zunehmenden, oft tödlichen Übergriffe durch importierte Gewalttäter, meist aus Kulturen, in denen der Respekt vor Frauen und ihrer körperlichen Unversehrtheit unterentwickelt ist, um es höflich zu sagen. Auch das reaktionäre Frauenbild in islamisch geprägten Kulturen wird nur von wenigen Mutigen thematisiert, andere behaupten gar, die Verschleierung sei ein Ausdruck freier Entscheidung der Frauen, ja geradezu ein modisches Accessoir.

Was für ein Witz. Denn dass es auch die freie Entscheidung von Frauen sein könnte, sich nicht dem kapitalistischen Verwertungszusammenhang des Arbeitsmarkts zu unterwerfen, übersteigt den normalen feministischen Horizont.

Egal, inwiefern Meloni post- oder sonstwie faschistisch ist: offenbar hat sie einfach nur die Chance ergriffen, die sich im linken Lager offenbar keiner Kandidatin geboten hat. Das spricht für politische Chuzpe. Und es spricht womöglich auch dafür, dass kluge Frauen längst begriffen haben, dass der linke Feminismus samt Quote und Gendergetue mit der Lebenswirklichkeit aller, Frauen wie Männer, nicht das Geringste zu tun hat.

Foto: Quirinale.it CC BY 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Nico Schmidt / 02.09.2022

Sehr geehrte Frau Stephan, offensichtlich sind nicht nur die Deutschen verrückt geworden. Am Besten, wir fragen vor jeder Wahl die Qualitätsmedien, ob diese oder jene Person oder Partei wählbar ist. Betreutes Denken. Mfg Nico Schmidt

Mathias Rudek / 02.09.2022

Dem ist nichts hinzuzufügen. Danke, Frau Stephan.

Rainer Niersberger / 02.09.2022

Ich habe bis heute nicht verstanden, woher die Begeisterung der “Liberal konservativen” fuer die NZZ kommt, eine lupenreine Systemzeitung mit entsprechend grosser Schnittmenge zum linksgruenen Lager, es sei denn, es gibt derartige Schnittmengen nicht nur bei der NZZ. Jürgen Grosse hat sie ja in einem interessanten Essay in der aktuellen Tumult - Ausgabe zumindest angedeutet.  Dass es den “Feministinnen” weder um gleiche Rechte, noch um “die Frauen” geht, ist nun wirklich eine Binse, aehnlich der vermeintlichen “Sorge” des WEF und seiner nationalen (gruenen) Vertreter oder der Herrn Gates und Soros um das Wohlergehen ” der Menschen”. Die Transformation ist es und die braucht Narrative. Offenbar werden diese immer noch geglaubt. Und nochmal : Eine skandinavische Politikerin hat durchaus zwischen der “ganz schlimmen” Vergewaltigung durch einen weissen Mann und der nur etwas schlimmen durch einen Migranten differenziert. Klonovsky brachte es seinerzeit in einem seiner Tagebücher. Schoen, leider aber vergeblich, dass damit das Wesentliche geklärt ist oder das, worum es tatsaechlich geht und das ist keineswegs die Tat. Die Damenwelt und ihre “maennlichen” Helfer haben ja ohnehin aus dem guten, alten Tatstrafrecht ein sehr spezielles, sprich ideologisches Taeterstrafrecht gemacht. Erfrischend ist es zudem Imker wieder, wenn die Damen selbst “gestehen”, vermutlich ohne die Folgen zu überblicken, dass es ihnen nicht um “die Frauen und deren Unversehrtheit” geht, sondern um Macht, Ideologie und vor allem sich selbst, sicher auch um ihre psychischen (Selbstbewusstseins) Handicaps, die regelmaessig von weissen! Herren, nicht von andersfarbigen natuerlich, getriggert werden.  Aber auch das verhält unverstanden, aehnlich den (unfreiwilligen) Geständnissen der Gruenen oder den Offenbarungen des Karl L..  Und so klappt sie dann auch, die grosse Transformation, allen Artikeln und gewonnenen Prozessen zum Trotz.

Frank Stricker / 02.09.2022

Lieber “Meloni” in Italien, als “Bananen”-Republik in Deutschland…......

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